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faß weiter. Noch war mit Christian's Gelde zweierlei zu beforgen; ein Paar hellgrauer tadelloser Handschuhe und ein Rosenboquet mit Atlasschleife. Die Thurmuhren schlugen fechs, als er endlich vor dem Hause des Justizraths Simon hielt. Er bezahlte den Kutscher und gab ihm zwanzig Pfennig extra für Hinaufschaffen des Fasses. Nun stand er oben, neben ihm das Faß, und er klingelte.
Anfänglich war wieder alles still geworden. Erst als jeder mehrere Glas Bier oder Schnaps getrunken hatte, wurden die Gespräche wieder aufgenommen und die Trauermaske abgelegt. Biele zogen ihre Thoupfeifen hervor und qualmten, daß die Beauf und rückten sich die Stühle bequem. leuchtung immer grauer wurde. Einzelne gaben die steife Haltung
Nach einiger Zeit erhob sich der mit einer blauweißen Schärpe gefchmückte Fahnenträger. Seine rothen Haare strich er zitternd Rieke machte ziemlich erstaunte Augen, als der fremde aus der schrägen Stirn, aus der eine unten umgestülpte Nase ents Herr ihr das Butterfaß übergab und zugleich sich erkundigte, sprang. Dann zog er mit der Rechten fortwährend an seinem am ob Fräulein Kreiser zu sprechen sei. Natürlich wurde Kinn ausrafirten Backenbart, während er, mit den Augen zwinkernd, er sofort vorgelassen, denn Zeit ihres Lebens hatte die Männer musterte. Als endlich vollständige Stille eingetreten war, Menuchen noch keinen Besuch mit Visitenkarte erhalten. Sie begann er: the mind gin war eben beschäftigt, in dem von Riefe entliebenen Räuberroman zu lesen und bei der romantischen Entführung und Gefangennahme Bertha Kollignanis heiße Thränen zu vergießen. Nun trocknete fie rasch ihre Augen, warf die Hefte unter das Sopha und ließ Riete schleunigst untersuchen, ob ihr Anzug in Ordnung sei.
Artiger konnte kein Kavalier vor seiner Dame sich verneigen, als der Agent vor Fräulein Aennchen Kreiser. Er erwähnte in Kürze das Butterfaß, das er doch selbst habe bringen wollen, und überreichte ihr dann wenn auch ohne rechten Uebergang, so doch mit feiner Grazie das Bouquet. ( Fortsetzung folgt.) ( Nachdruck verboten.)
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Der falte Morgenwind spielte mit den herabgefallenen Blättern und jagte sie über die Pfützen, die zum ersten Male im Jahre mit einer dünnen Eisdecke belegt waren. In den Räderspuren des Weges zog sich das Eis glatt hin wie eingelegte Schienen, die geradeaus nach der Stadt führten. Ab und zu flog vom Wege eine Schwarzgraue Krähe auf und hob sich mit langsamen Flügelschlägen über die braunen Sturzäder.play
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war, zog fie an mir vorüber.
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wir heute zur letzten Rube geleiten mußten wir erwiesen Meine lieben Vereinsgenossen! In dem braven Mann, den ihm gern die letzte Ehre haben wir ein unschätzbares Vereinsmitglied verloren. Wir alle wissen, daß er uns nicht nur ein bie Vereinsgenosse, sondern einem jeden von uns ein werther Freund war, dessen Verlust doppelt schmerzt. Und wie rührig war er, wo es galt, Gutes, Ebles zu thun! Wer denkt nicht an den letzten Sommer, wo unsere Stadt von der unheimlichen, würgenden Typhusepidemie heimgesucht worden ist? Da war er es, der mit des Wohlfahrts- Ausschusses stellte, dem wir es zu verdanken haben, noch einigen gleichgesinnten, edelherzigen Männern sich an die Spize daß jener greulichen Seuche endlich Einhalt gethan ward."
Der dem Redner gegenübersißende Alte hatte immer mit dem Kopfe genickt. Der Redner, den dies störte, hielt einen Augenblick inne. Doch bald kam ihm ein neuer Gedanke.
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Lieben Freunde!" fuhr er mit erhobener Stimme fort; unter uns figt ein naher Verwandter des unvergeßlichen Todten, sein Onfel. Bezeugen wir ihm unser Beileid!"
Und sofort reichte er dem Alten die kräftige Hand, in die dieser zitternd seine eigene legte. Der alte Onkel stammelte einige unverständliche Worte, die er zu einem jeden, der ihm die Hand drückte, wiederholte.
Es dauerte nicht lange, so war der erhebende Eindruck dieser es erhigte Köpfe. Ein kleiner, fabltöpfiger, griesgrämig blickender Szene vergessen, das Stimmengewirr wurde immer lanter. Bald gab alten Herrn ein, der unter seinem Zylinder eine buntgestickte Mensch flüsterte ziemlich geräuschvoll auf einen neben ihm sitzenden Sammetmüße trug; er bebielt sie auf dem Kopfe, als Alle ihre Zylinder auf die Holzhaken an der Wand stülpten. Mit seinen granen Kinnbart glatt und schlürfte alle paar Minuten ein wenig steifen, an den Gliedern geschwollenen Fingern zog er seinen hellaus feinem Schnapsglas.
Endlich kam ich der ersten Mauer der Stadt näher. Es war eine lange, gelbe, gar nicht hobe Mauer, hinter der ich nackte Zweige fleiner Eichen und die Spitzen vieler Grabkreuze bemerken founte es war der Friedhof. Auf dem Wege kam mir eine dunkle Maffe entgegen. Dicht am Friedhofsthor, das weit geöffnet Zuerst hinter einer fleinen Musikbande einige schwarzbefracte Herren, denen der Morgenwind die Hände und Gesichter ganz roth ihnen zu sehen war, und nickte nach jedem Schluck mehrmals zu den Er fuiff die Lippen zusammen, so daß nichts mehr von gefärbt hatte. Sie trugen auf Sammet- und Seidenkissen Ordens - immer lauter werdenden Ausführungen seines Nachbars, dem der abzeichen. Hinter ihnen kam der von zwei mageren schwarzen Schnaps die Zunge gelöst hatte. Gäulen gezogene Leichenwagen, auf dessen Giebeldach ein silberner Neden des Kahlköpfigen aufmerksam. Auch ich konnte den Maun, Engel tniete. Der gelbe Sarg war mit Blumenkränzen überschüttet. Der jetzt ganz laut sprach, gut verstehen.
Bald wurden mehrere auf die
Dem Wagen folgte mit gefenftem Ropfe eine wohlgenährte Frau, von deren Hut ein dicker Flor wehte. Neben ihr gingen" Ja", sagte er, und was hat er denn so Großes gethan, das zwei glattrafirte Briefter, und dahinter schritt eine wohlgeordnete wir nicht auch gethan haben? Hat er mehr Geld gegeben wie wir, Schaar Männer in schwarzen Röcken und Zylinderhüten. Der damit die Wittwen und Waisen versorgt werden konnten? Das erfte von ihnen trug halb gesenkt ein Banner mit hat er nicht, trotzdem er reicher war als wir alle sind. In seinen fleinen Florschleifen, die anderen schulterten blanke, derbe vielen Häusern hat er faft garnichts machen lassen, troydem aus Gewehre- ein Kriegerverein. Nebenher liefen eme Kinder- allen seinen Ställen die Pferdejanche in die Brunnen floß. Und schaar und mehrere Erwachsene. Unter diesen fiel dann das Waisenhaus! Na ja, wenn er auch dazu den und ein dürrer, gebückter Mann Boden hergab auf, der seiner dunklen Grund wir wissen alle, warum Kleidung nach offenbar zit zu den Trauernden gehörte. Auf er's that. Seine zwei alten Liebsten hatten ihm ja genug Jöhren den Boden starrend, die Hände über der Brust in die Aermel hinterlassen, die er nu man so schön auf uns abwälzen konnte. Nu geschoben, trottete er langsam dahin. Die weiten, aber tönnen wir ja für sie sorgen!" zu kurzen Kleider schlotterten um seine hageren Glieder. Ais der Zug in den Kirchhof einbog, schwentte er mit ein, während die andern hinterdrein liefen
mir
Ich hatte im ersten Gasthof vor der Stadt Halt gemacht. Man erwartete bier offenbar viele Gäste. Der gescheuerte Fußboden war frisch mit Sand bestreut, und die Gläser flanden alle blant auf dem Schänttisch, während der Hausknecht eben seine blaue Schürze vorband.
Nach einem Weilchen hörte man dreimal ein unregelmäßiges
Knattern.
" Heut' schießen sie aber schlecht!" sagte der Hausknecht zu der eintretenden Wirthin, die sich, ohne zu antworten, auf einen Stuhl hinter den Schänktisch sette.
Nach einer Viertelstunde kamen die Gäfte. Die lustige Musik, mit der sie anmarschirten, brach vor dem Lotal ab.
Der ganze Kriegerverein füllte nach und nach das große Gaftzimmer, das nach drei Seiten Fenster hatte, fodaß stets die Sonne hereinscheinen konnte. Troydem heute der Himmel nicht bewölft war, tamen ihre Strahlen doch nur matt und gran herab, ein weißlicher Dunst schwebte in der Luft. Er ließ die Sonnenscheibe zwar größer, aber desto undeutlicher erscheinen. Ihr Licht beglängte die Hüte der Krieger derartig, daß sie noch viel schäbiger aussahen, als fie wirklich sein mochten.
Der Hausknecht lief mit vollen Händen hin und her zwischen den Männern. Als hier und da einer gesprächig wurde und die ftumpfe, feierliche Gedankenlosigkeit von den Gesichtern schwand, ging plöglich mit schrillem Klingeln die Thür auf und der alte, hagere Mann kam herein. Der Hansknecht schob ihm einen Stuhl all den Tisch, an dem die Ersten des Vereins faßen.
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Er schlug auf den Trich, daß die Gläser tanzten. " Und denn kriegt so'n Erzhallunke noch' n Diplom vom Wohlfabrts Ausschuß! Na, er saß ja selbst drin. Er tonnte es sich ja selbst geben!"
Ter Fahnenträger war mit schwankenden Schritten herübergekommen und drückte dem Kratebler den Mund zu. Der aber, als er merkte, daß Alle auf ihn hörten, schüttelte die Hand ab und schrie:„ Ich laß mir nicht den Mund verbieten! Was Recht ist, soll echt bleiben! Fragt mal den Ontel, ob ich nicht recht habe! Der wird's ja wissen, hat's ja am eigenen Leibe spüren müssen."
"
Der Dutel erhob sich. Mit der linken Hand erhob er sich. während er die Rechte lässig hintenüber legte. Seine Augen glitten mit gebietender Ruhe über die Anwesenden, als er sprach: Meine Herren! Ein edler Spruch heißt: Laffet die Todten ruhen! Was etwas an es von meinem Neffen eroulden mußte, geht niemand Wenn ich seinetwegen mich im hohen Alter quacksalbernd von Dorf zu Dorf unhertreiben muß, so habe ich es allein mit mir auszumachen. Ich glaube, meine Freunde,( Es zuckte um seinen Mund.) auch Sie hätten es nicht besser mit Ihrem Onkel gemacht."
Alle saßen verblüfft bei dieser Anklage; nur der Krakehler fletschte und spie wüthend aus.
Der Onkel beachtete das nicht und setzte ruhig seine Rede fort: Aber meine Herren! Anders stehen die Sachen, wenn es sich um die fanitären Wohlfahrts- Einrichtungen handelt. Da hat mein Neffe gesündigt, schwer gesündigt. Doch verstand er es besser? Sah er es irgendwo um sich herum anders? Ueberall mußte er bemerken, daß ein jeder auf das bischen eigenen Nugen bedacht war, ohne jedoch