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Er spazirte ganz langsam durch die Markgrafenstraße und deutsche Familienheim beschmugen, man wollte dem Schmierfinken hatte unzählige gute Vorsäße. Dieses ganze schenßliche schon die Federn rupfen, und Zola war der peinigende GeschäftsAgentenleben mit Hinterthüren und Leutebeschuppen würde Spekulant, der unsere zarten Nerven martere. Damals brüllte noch nun aus sein, jetzt sollte man zu sehen bekommen, welcher die Welt der Anständigen, wie nur diese Welt brüllen kann: Spudt treffliche Kern in ihm steckte und bisher nur verdeckt war durch Genau, wie die Menge heute vor dem Pariser Juftiftpalast ruft; dem Naturalisten Zola und seinem frechen Anhang ins Gesicht. das widerliche Gestrüpp der Tagessorgen und der ewigen Ar- und diese Menge wird doch auch nicht aus lauter Buhältern und muth. Er kam an dem Denkmale Schiller's vorbei und blieb ähnlichem Gesindel" bestehen, wie man uns glauben machen will. einige Zeit sinnend davor stehen. Ihm war, als sei er dem Es werden wohl auch die Auständigen mitzählen. Geistesheroen jetzt näher gerückt und als bewege er sich nun in Sphären, hoch erhaben über der gemeinen sorgenden Alltagswelt. Vielleicht lächelte die Marmorstatue in dem zitternden Mondlicht ein wenig, der glückliche Agent aber sah es jedenfalls nicht. ( Fortsetzung folgt.)
Sonntagsplandevei.
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In Sudermann's Heimath" sigen die alten Militärs im Haus des Obersten beim gewohnten Spielchen. Sie unterhalten sich zugleich über allerlei Begebenheiten der Stadt und einer der oft preußischen Herren giebt dabei furz und bändig mit soldatischer Offenherzigkeit seine Weltanschauung zum besten. Sie ist sehr einfach und theilt das gesammte Männervolk ohne viel Grübelei in zwei Ordnungen: Soldaten und Drückeberger. Sudermann, der gern mit Kraft- und Schlagworten arbeitet, meinte mit dem Witz von den Soldaten und den Drückebergern einen ganz besonderen preußisch- militärischen Geist getroffen zu haben. Allein der militärische Geist ist so einförmig, daß seine Lebensäußerungen in den verschiedensten europäischen Landschaften erstaunlich wenig Abwechselung zeigen. Der militaristische Werthbegriff wird so weit gesteigert, daß neben ihm gehalten alle übrigen Verdienste tief niedersinken; daß sich wirklich Anschauungen heraus. bilden, die man für farritirt halten könnte, wenn sie nicht so naiv vorgebracht würden.
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Ein General legt vor dem Schwurgericht Zeugniß ab; ein General, nicht etwa ein fubalterner Offizier; ein Mann, der eine hervorragende gesellschaftliche Stellung einnimmt, von ihr aus also menschliche Dinge freier beurtheilen tönnte. Diesem General steht als angeklagter Antläger ein Schriftsteller von Weltruf gegenüber. Um den Schriftsteller verächtlich zu machen, spricht der General in großer volltönender Phrase: Wir die Offiziere- haben für das Vaterland Blut vergossen, während andere daheim blieben. Da haben wir nun die Grundauffassung wieder: Es giebt unter den Männern zweierlei Kreaturen, die Soldaten und die Drückeberger. Fm gegebenen Falle heißt der Soldat General Pellieux, und den Drückeberger nennt die Welt Emil Zola . Man möchte es bedauern, daß Zola der Soldatenphrase mit einer anderen Schönrednerei entgegentrat, wenngleich man feine Erregung in diesen Tagen begreift. Solchen militaristischen Offenbarungen sollte man nichts hinzusetzen und sie durch nichts abschwächen. Sie laffen in ihrer gedrängten Einfachheit das Innerste des militaristischen Seelenlebens erkennen; sie beweisen, daß selbst nationale Unterschiede nicht gegen einen gewissen uniformen geistigen Drill aufkommen.
Bola verlor seine Ueberlegenheit. Er schrie in den Saal: dem Vaterlande fann man ebenso durch die Feder, wie durchs Schwert dienen. Meine Bücher find meine Siege. Der Name Zola darf sich neben dem Namen Bellieux sehen lassen!:
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Wenn man sich derlei Erinnerungen vorhält, wird man gegen manche Erscheinungen auf dem Markt des Lebens gleichmüthiger. Man liebt es jetzt, 3ola mit Voltaire zu vergleichen. Es ist ein sehr starker Vergleich, denn in Voltaire's Person drückt sich vielleicht das markantefte an französischer, scharfer Geiftesart aus. Der Vergleich soll aber wohl weniger der Intelligenz der beiden Schriftsteller, als dem Charakter der beiden Rechtsfämpfer gelten, von denen Voltaire die berühmte Revision des Prozesses Calas durchfette, während Zola für die Offenheit im Falle Dreyfus einsteht. Db in dem pathetischen Herrn Pellieur nicht die Einsicht aufdämmert, daß zu solchem Werke doch auch verdammt viel ganz persönliche Tapferkeit gehöre? Vielleicht bedauert sein militärisch gedrillter Geist es jetzt schon, daß dieser Zola nur ein Staatstrüppel und Drückeberger wurde. Donnerwetter, was hätte dieser dicke Bursche für einen schneidigen Soldaten abgegeben!
Noch ist der Prozeß wider den Antläger Zola nicht zu Ende. Meinung steht wider Meinung, Aussage wider Aussage; es wäre mindestens voreilig, richten zu wollen. Fast tritt der Rechtsfall Dreyfus vor dem Interesse zurück, das die Entwicklung des militärischen Lebens und der Rechtspflege im allgemeinen verursacht. Es ist gut, daß man das Andenken Voltaire's hervorholt. Das sei ohne Beziehung auf die Rechtsfälle des hingerichteten Protestanten Calas und des jüdischen Offiziers Dreyfus betont. Aber es hat niemand der Verbrüderung des Säbels und des Weihwedels schwerere Wunden bei= gebracht und niemand ist für volle Deffentlichkeit des Rechtsverfahrens beredter eingetreten, als Voltaire zu seiner Zeit; und Voltaire steht auch zeitlich in der ersten Reihe jener Männer, die statt der kriegshistorischen die kulturgeschichtliche Betrachtung der Dinge vorbereiten halfen, die zu mindest diese geistige Umwälzung kommen fahen und erkannten. An den Werthbegriffen des typischen Generals Bellieng gemeffen, waren diese Bemühungen fruchtlos. Für Herrn Pellieux von der Kriegerkaste ist der Soldat der Träger der Weltgeschichte, die Kriegsbegebenheit der einzig treibende Faktor. Man kann begreifen, wie bei so ausschließlicher Empfindung ein Bola, ein gewefener Beitungsschreiber und Romanerzähler wegkommen muß.
Eines allerdings ist an all diesen Erscheinungen mißlich: die Berallgemeinerung. Mehrere dugend Male habe ich in dieser Woche das Bitat aus Boltaire von den Franzosen , die halbe Affen, halbe Tiger feien, gelesen. Voltaire war eine eminent fritische Natur und wurde alt. In einem langen Leben, in einem fortgesetzten Krieg gegen Vorurtheil und Dummheit wird es immer Erregungsmomente geben, die bitter verzweifelt erscheinen. Wer heute die kulturgeschichtliche Bedeutung Voltaire's erkannt hat, wird gewiß nicht, wie ein feifend- moralisches altes Weib hinter den Schwächen und Unvollkommenheiten des Menschen Voltaire herlaufen; aber den Ausbruch: einer galligen Berstimmung nagelt man fest, wenn gerade paßt.
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Zola tann das Selbstverständliche mit noch so lautem Nachdruck Man wird auch in den Tagen der gegenwärtigen Verwirrung betonen: den Leuten um Bellieux wird es immer als Anmaßung nicht überall in Frankreich wider den Geist sündigen", um eine gelten. Und wenn Zola , der Zeit- und Sittenschilderer, in der zu ebenfalls beliebte Beitungsphrase anzuwenden; und zu überfünftigen Werthschäßung selbst ein Nummer Eins Mann großem Hochmuth hat man in Preußen- Deutschland sicherlich keinen würde, in der Rangordnung nach dem Herzen derer um Pellieur Anlaß. Auch bei uns sind die Ritter vom Geiste geprügelt worden; bleibt er ein Drückeberger. Was gilt der Welt Herr Pellieur? Wozu bei dem Heine'schen Wort braucht man nicht einmal an Seine felbft braucht Bola fich um dieses Mannes willen zu ereifern? Außerhalb und an die Geschichte seines Standbildes zu denken. Auch bei uns Frankreichs und des französischen Heeres war der Name von giebt es unter den verschiedensten Parteien ohne Wahl Leute genug, Bellieur gewiß wenig genannt worden und, welche Stellung die unters Bolf geben, sich an den eigenen Worten berauschen, sich immer bie abwägende Kulturgeschichte dem Epiter Zola dabei großmächtig vorkommen und als ganz subalterne Geister gerne einräumen wird: Das Eine läßt sich unschwierig voraus- vergessen, aus welchem Arsenal die dürftigen geistigen Waffen fagen, der Name Zola wird sich sehen lassen tönnen, tommen, in denen sie Tag um Tag einherstolziren. Auch solche manchmal auch offene wenn vom Namen Bellieng taum eine Erinnerung übrig Militärs haben eine geheime geblieben ist. Das kann man ruhig niederschreiben, ohne darum neigung gegen den Geist; und es könnte ein neuer Kant kommen, Bola zu vergöttern, wie es jetzt von einzelnen Dreyfus - Schwärmern er würde ihnen nicht imponiren. Wagt denn solch Drückeberger denkt und sinnt! um jeden Preis aus Tendenzgründen geschieht. sich in die Schlacht? Der sitzt daheim und Es schmerzen alte Wunden noch; und das ist das merkwürdige an den Kriegen: die Wunden, die der Krieg schlägt, fie than den Siegern fast ebenso, wie den Besiegten webe. In Deutschland hat die Kriegerlaste und ihr Beispiel zur Unterschägung des intellektuellen Muths, der geiftigen Wehrhaftigkeit geführt; in Frankreich ist man aus überreizter Krankhaftigkeit zu ähnlichem Ergebniß gekommen.
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Wer sich leidlich gut zu erinnern versteht, der glaubt nicht recht an bestimmte Zeitungs- Emphafen. Nicht allzu weit liegt die Zeit zurück, da man von gut bürgerlich- liberaler Seite den großen Kulturkämpfer Zola , Frankreichs Ruhm und Stolz mit ganz übelriechenden Rothklümpchen bewarf. Damals sprach man etwa so von ihm, wie weiland ein Kriegsminister vom literarifchen Schmierfinken Freiligrath. Damals lasen Leute, die den Ernst Zola's gar nicht begreifen konnten, seine Bücher auf heimliche Aufregungen hin und waren natürlich erbittert, daß der brutale Kraftmensch Zola das Lafter so wenig pitant und verführerisch zu malen verstehe. Die Sittlichen beiderlei Geschlechts ärgern sich immer am meisten, wenn sie bei sogenannten un- Der gesunde Menschenverstand hat schon so viel Kleinlich moralischen Darstellungen nicht mit Paul Lindau ausrufen feit gutgeheißen, in seinem Namen ist so viel turzsichtig dürfen Pfui, wie reizend! Ich erinnere mich noch Philiftröses gebilligt worden, daß man gerechterweise gegen Leute,
Nein, nein, wir haben Grund bescheiden zu sein; besonderen Grund in einem Augenblick, in dem man mit ein paar Iuftigen Zitaten und einigen nicht allzu theueren Scherzen, die sich an den sogenannten gefunden Menschenverstand wenden, zuni staatsmännischen, ruhmgekrönten Redner werden kann.
sehr gut einer Probe- Aufführung von Zola's dramatischem die ihm gerne schmeicheln, vorsichtig sein sollte.
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