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Kleines Feuilleton.

and wir werden gute Freunde; dieser geschäftsmoralische, sehr feiner Arie von Händel  , deren verschnörkelte Aufdringlichkeit durch kein torrette Standpunkt des Herrn v. Bülow mußte geradezu entzücken, und pietätvolles Bedenken genießbarer gemacht wird, rivalisirte fie Goethe's   Zitat von den fernen Kämpfen in der Türkei  " thut heute vergebens mit der obligaten Flöte. Aus dem Holzinstrumente flang noch jeder wackeren Seele wohl. Nur schade, daß es bei mehr Seele und reinere Intonation, als fie die Sängerin zu bieten Goethe schon Persiflage bedeutet; und Goethe, der Mann, vermochte. Auch Ophelia's Wahnsinnsszene aus Thomas' seltsamer der überall dem einheitlichen Zusammenhang der Dinge nachspürte, Oper" Hamlet  " war taum die Wahl eines vornehmen musikalischen empfand sehr wohl, daß auch kulturgeschichtliche und politische Be- Geschmackes: Dekorationsmusit, deren Lichtblick ein Volkslied von echt wegungen nicht willkürlich zu fassen sind. Wir leben auf bebendem standinavischer Melancholie bildet. Man hatte für frühere bessere Boden. Jeder Schlag, auch drunten fern in der Türkei  , kann bei Leistungen der Frau Sembrich so viel dankbare Erinnerung, daß man sie zu uns einen Nachhall wecken. Man konnte nie und im Zeitalter einer Zugabe veranlaßte; sie fang die Gartenarie aus Figaro's des Verkehrs" fann man es ganz sicher nicht Isolatoren an den Hochzeit", und der zugegebene" Mozart   rettete auch diesmal ein Grenzen irgend eines Reiches oder Landes aufstellen. Der legère fragwürdiges Kehlkopf- Akrobatenthum. Die instrumentale Novität Spaß macht sich ja ganz nett, nur trifft er die Sache nicht. des Abends, ein Graziella" benanntes Orchesterstück von Pfohl, setzt Uebrigens, ein müdes Parlament ist jedem dankbar, der es be- sich aus Grazie und Farben zusammen; anstatt Gedanken giebt der ruhigt. sems Alpha. Komponist fleine zierliche Einfälle und launische, fast nervöse Rhythmik. Man kann der geistreichen Bagatelle nicht gram werden, wenn sie auch schließlich mit ihrem allzulangen seinen Ge­- Vom europäischen   Sklavenmarkte. Aus Wien   berichten Ideen und sattem Instrumentationsefprit lebt, fand diesmal nicht die plauder langweiligt. Liszt's Mephistowalzer", der von mageren dortige Blätter: Die Bonne Hermine Drescher, eine junge Wienerin Anerkennung falscher Feinschmecker. Erst mit Beethoven's   8. Symphonie von auffallend schöner Erscheinung, hatte hier ihren Posten ver- drang wieder ein frischer Strom ungefünftetter Musit auf das Bublikum loren. Da bekam sie einen Antrag für ein vornehmes Budapester ein. Mit Wagner's Faust- Ouverture war das Konzert eröffnet worden. Haus. Im November vorigen Jahres reifte ſie nach Budapest  . Auf dem Bahnhofe wurde sie von einer sehr elegant ge- phonie Konzert der Königlichen Kapelle. Vielleicht war es Mit derselben Duverture begann auch das siebente Sym­tleideten Dame empfangen, welche das Mädchen für seine neue Ge- das Ergebniß widriger Zufälligkeiten, aber das Stück entfaltete bei bieterin hielt. In einem Fiafer fuhren Beide nach einer stillen den Philharmonikern weit pathetischere Größe und eindringlichere Gasse Budapests und in einem glänzenden Salou   hieß die Herrin, deren Name Madame Rosa Bentö auf einem feinen Schilde Dynamit, als bei den Symphonikern. Neben Haydn's   D- dur und an der Thür glänzte, die neue Hausgenoffin willkommen. Die Um- Beethoven's mächtiger 7. Symphonie erschien als Neuheit Richard an der Thür glänzte, die neue Hausgenossin willkommen. Die Um gebung gefiel dem Mädchen gleich vom Anfang nicht. Es fand feine Henberger's Variationen fiber ein Schubert'sches Thema. Lebt auch in diesem nicht ganz das große Genie des Wiener   Liederfürsten, so traurigen Ahnungen bald bestätigt. Minna Drescher verlangte, als fie über die Natur ihres Engagements im Klaren war, aus dem vermochte es dennoch Heuberger zu vielen freien Gestaltungen zu in= Freudenhause entlassen zu werden. Man verweigerte ihr dies und phantafereicher ließ ihr Herr Joseph Wieniawski hat sich zu viel originelle nur die Alternative, in dem Hause zu bleiben Schöpfungskraft, dem Publikum zu wenig Urtheilsfähigkeit zu oder ein Engagement" nach Ronftantinopel anzunehmen. Als eine Gefangene behandelt, fand das Mädchen erst mitte gemuthet, indem er einen Abend ausschließlich mit eigenen Arbeiten Dezember Gelegenheit, sich einem Gaste des Salons, einem bestreiten wollte. In einer Klavier- Violinsonate, die er mit Joachim jungen Magnaten, anzuvertrauen und um ihre Befreiung zu bitten. lischen Abendunterhaltung ein, und das Niveau besserer Salon spielte, ladet er in anständiger Kunstform zu einer bequemen musika­Er versprach ihr dies und da er die Intervention der Behörde nicht musik hob sich auch in einzelnen Liedern und Klavierstücken nicht anrufen wollte, griff er zu dem Mittel der Entführung. Am erheblich. Eines ist sicher, will Herr Wieniawski   seinen Sachen 14. Dezember, in einer mondhellen Nacht, hielt vor dem Hause sein wenigstens den oberflächlichen Schein guter Mufit retten, dann möge Wagen und der Graf ließ einen lauten Pfiff hören. Minna Drescher öffnete darauf behutsam ein Fenster im ersten Stock und er sie von jemand anderem spielen lassen, dem die Manirirtheit sprang von da in der leichten Kleidung, die sie eben trug, auf die pester Pianistin Gizella Grosz hat sich als eine starte weniger die fünstlerische Klarheit genommen. Eine junge Buda­Straße. Das Paar fuhr davon, und die Equipage hielt erst vor musikalische Natur eingeführt, welche die Individualitäten der vor­dem Schloffe des Grafen. Hier verblieb die ehemalige Bonne geführten Musikgrößen so sicher erfaßte, daß die außerordent furze Zeit und tehrte dann nach Wien   zurück. Nach wenigen Tagen liche Technit faft wie selbstverständliche Nebenfächlichkeit erschien. ihres Aufenthalts wurde das unglückliche Mädchen wegen Ver. In dem Sängerpaar Marie Thoma( Sopran) und Leopold brechens des Diebstahls verhaftet und dem Wiener Landgerichte ein- öschte( Bariton) betrat wieder breiste Mittelmäßigkeit das geliefert. Rofa Bento hatte nämlich nach der Entdeckung Podium. Nichts ist reif, weder Ausdruck noch Stimmen, der Flucht gegen das Mädchen die behördliche Anzeige erstattet, daß es mit ihm nicht gehörigen Kleidern, die Eigenthum des unterbricht da die Entwickelung von vor die Deffentlichkeit gezerrte Dilettantismus Hauses gewesen seien, entflohen sei. Es wurde ein Steckbrief noch vor etwaiger Blüthe zum Welten gebracht werden. Anlagen, welche so gegen Minna Drescher erlassen, der zu ihrer Festnahme in Clotilde Kleeberg  , gehört zu ben auserwählten Klavier­Wien führte. Vor einem Erkenntnißfenate des Wiener Landgerichts spielerinnen, welche mit der Seele eines Kunstwerts stets innigen hatte sie sich nun wegen dieses Diebstahls zu verantworten. Sie war Verkehr pflegen und aus ihr die Kraft und Innigkeit des unmittel des Thatsächlichen geständig und ihr Vertheidiger bat unter Geltend- bar wirkenden Ausdrucks holen. machung ihrer Zwangslage um die weitestgehende Milde des Gerichts- Schumann und Chopin   und verlieh auch einigen graziösen Kleinig So spielte fie wieder Beethoven  , hoses. Derselbe schloß sich den Erwägungen der Vertheidigung an feiten von Henfelt, Chaminade u. s. w. den Schmelz ihrer durch­und verurtheilte die Angeklagte zu einem Monate einfachen gebildeten Kunst und ehrlichen Empfindung.

Rerter 3.

Was eine große amerikanische Zeitung kostet. Dem

Batent- und technischen Bureau von Richard Lüders in Görlig ist

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der

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Erziehung und Unterricht.

Das egyptische Unterrichtsministerium hat aus Anlaß

Der Rektor der Universität in Upsala  ( Schweden  ) hat der eine Aufstellung über die Kosten zugänglich gemacht worden, welche eine Dozentin Fräul. Elva Eschelssohn den Auftrag ertheilt, zweimal täglich erscheinende New- Yorker Zeitung verursacht. Für Vorlesungen über Prozeßrecht zweimal wöchentlich zu Beschaffung des literarischen Stoffes 220 000 Doll., für Lokalberichte halten. 290 000 Doll., für Illustrationen 180 000 Doll., für Korrespondenz 125 000 Doll., für Telegraphen 165 000 Doll., für Kabeldepeschen 27 000 Doll, für Maschinen 410 000 Doll., für Papier 617 000 Doll., ber beabsichtigten Umgestaltung der arabischen Kleinkinders für Miethe, Beleuchtung, Bureau Utensilien 219 000 Doll. Die Addition dieser Zahlen ergiebt die Summe von 2253 000 Doll., nach deutscher Währung 9 567 000 M., ein Betrag, welcher das Budget verschiedener fleiner deutscher Staaten um ein bedeutendes übertreffen möchte. Die Zahl der Angestellten dieser Zeitung be­trägt 1300,

Literarisches.

- In Edinburg   wurde vor einigen Tagen eine Erstausgabe der Gedichte Robert Burus versteigert. Das zum Kauf ausgebotene Exemplar maß 6x9 3oll und befand sich im ursprüng­lichen Papiereinschlag. Es wurden ursprünglich 600 Exemplare ge­druckt, wovon 350 von Freunden des Dichters auf dem Sub­striptionswege angekauft wurden. Diese Kilmarnoc- Ausgabe war in einem Monat erschöpft. Der Gewinnantheil des Dichters belief fich ungefähr auf 20 Litrl. Für dieses einzige Buch hat ein Herr Sabin aus London   572 Lftrl. 5 Sh.( über 11 440 M.) bezahlt.

hul eu( Ruttah) einige statistische Daten über die Entwickelung biefer Anstalten sammeln lassen. Danach bestanden 1872 in ganz Egypten 2068 Ruttahs, 1873 war deren Zahl auf 2634 gestiegen und 1897 gab es 9660 derartige Schulen. Die Anzahl der Schüler betrug in den betreffenden Jahren 77 300, 82 256 und 181 200.­

Medizinisches.

k. Der Star als Berufstrantheit. Die Arbeiter in einer Reihe von Betrieben neigen, wie den Augenärzten schon lange bekannt ist, zu einer frühzeitigen Trübung der Krystallinse des Auges, welche man als Star bezeichnet. Es handelt sich dabei um ange ftrengte Arbeit bei starkem Feuer, um Arbeiter in Hochöfen, Glas­ hütten  , Schmieden und um Köche. Beispiele für einen dieser Berufs= stare brachte jüngst Professor Hirschberg in der Berl. Med. Ge­sellschaft" bei. Es handelt sich um eine Reihe von Glasbläsern, die in einer Glashütte   in Köpenick   bei Berlin   beschäftigt find. Von den 30 Glasbläsern, welche dort arbeiten, sind 5 vierzig Jahre und darüber alt, und 25-30 Jahre in diesem Gewerbe thätig. Alle -er-. Konzerte. Die Mitwirkung der Frau Marcella diese 5 haben eine Trübung der Krystallinse, während die 25 jüngeren Sembrich hatte in das 8. philharmonische Konzert eine noch keine Störung an ihren Augen bemerken. Die Arbeit des große Zahl neugieriger Enthusiasten gelockt, die ebenso wenig auf Glasbläsers zwingt ihn, einen großen Theil des Tages dicht am ihre Rechnung tamen, wie die Minorität ernster Musiker; es gab Feuer, in einer Temperatur von etwa 65 Grad Celsius zu ver weder Stimmsensation und Beifallstaumel, noch wirkliche Musit. In bringen. Die Folge dieser dauernden starken Wärme- Einwirkung ist

Musik.

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