127

-

Ludwigs XIV. von Frankreich um die Mitte des 17. Jahrhunderts:| stücke, die zu einem anderen Prozesse gehörten, sich in Alexis' Atten die Patins, welche unter dem Namen Steckelschuhe" auch in verirrt" hätten; aber trotzdem behauptete er, daß der Schriftsteller Deutschland allgemeine Tracht wurden. An diesen Schuben wurden während der Kommune etwas" begangen haben müsse. Ein Alexis die spiß zulaufenden Abfäße so übertrieben hoch gemacht, daß sie babe zu den Mördern des Erzbischofs gehört. Wenn man also den den Fuß in einem Winkel von 40 bis 45 Grad zur Erde stellten; Schriftsteller Alexis auch nicht für Lebenszeit deportiren wolle, so manche Venetianerinnen sollen Stelzenschuhe von zwei Fuß Höhe müsse man ihn doch zu schweren Zuchthausstrafen verurtheilen, sei getragen haben. Der Absatz wurde sogar von solcher Be- es auch nur, um ein Exempel zu ftatuiren. Aber das Gericht stellte deutung, daß es Absahmacher von Profession gab, welche die Schuh- feft, daß der Alexis, den man beschuldigte, sich an dem Kommune­macher versorgten. Durch derartige, eher zum Fallen als Gehen Aufstande betheiligt zu haben, ein Tagelöhner Paul Alexis war, und eingerichtete Schuhe wurde der ganze Körper gezwungen, sich nach nicht ein Journalist; deshalb wurde der Schriftsteller freigesprochen. vorn zu neigen, und daher bediente man sich eines Stockes als Der Ankläger gab sich aber noch nicht zufrieden. Mein Paty Stüße, besonders die Frauen. de Clam", schreibt Alexis, fab mich scharf an und schleuderte mir die Worte ins Geficht: Man hat Sie freigesprochen, Herr, aber hüten Sie sich, wir werden Sie im Auge behalten!"

Theater.

Obgleich durch die sonderbare, unschöne Mode des Steckel schuhes der Gang alle Grazie verlor und zu häßlichem Hüpfen wurde, verschwanden die Patins erst bei dem radikalen Kehraus der französischen Revolution am Ende des vorigen Jahrhunderts. In der Mitte dieses Jahrhunderts tauchte der Steckelschuh unvermuthet wieder Im Berliner Theater wurde am Sonnabend Herr auf. Als nämlich die Damenwelt die Beobachtung machte, wie sehr Dr. Burckhardt, der frühere Direktor des Wiener Burgs der Absatz geeignet sei, den Fuß vors Auge zu rücken und seine Theaters, gefeiert. Anders kann man die Aufnahme, die Herr Schönheit deutlich zu machen, tamen die hohen Absätze wieder zu Burckhardt fand, nicht gut nennen. Warum er gerade jetzt gefeiert Ehren, allerdings, um bald wieder von der Schaubühne zu verwurde, ist nicht leicht zu sagen. Um seines Volksstückes willen, schwinden; denn die Schneider verdarben den Schustern das Hand- 3 Kather!", das zum ersten Male aufgeführt wurde, gewiß werk und ließen die Kleider, welche bisher den Fuß unbedeckt ge- nicht. Tenn es ist nicht viel mehr, als eben ein brauchbares Theater­Tassen hatten, immer mehr anwachsen, bis sie endlich mit der be- ftück. Aber es war in der letzten Zeit viel vom Burg- Theater die rüchtigten Krinoline den Fuß in Nacht und Dunkel verbannten. Rede, von Koulissen Geheimnissen, durch die Herr Burckhardt verdrängt worden sei; und das genügt den Herrschaften mit den Spaßenbirnen, die im Theaterdasein aufgehen.

Gewichste Schuhe und Stiefel sind heutigen Tages eine selbst verständliche Sache. Und doch ist es noch nicht lange her, seit dieser Brauch fich allgemein einbürgerte. Seit dem Jahre 1675 etwa be steht die Sitte, das Schuhwerk nicht mehr in der Naturfarbe zu tragen, sondern zu schwärzen. Den Schaft bestrich man mit zer­Taffenem Wachs und glättete ihn dann mit einem Eberzahne da her stammt der Ausdruck wichsen" während man die übrigen Theile glanzlos mit Rienruß schwärzte. Von Melac , dem grausamen Zerstörer Heidelbergs ( 1689), wird berichtet, Laß er hohe Stiefeln trug, die mit Ofenschwarz bestrichen" waren.

"

-

-

Etwa um die Mitte unseres Jahrhunderts erfand man die ,, Schuh­wichfe", welche, weil bequemer, bald die bisherige Wachsmethode außer Mode brachte.-

Kleines Feuilleton.

c. e. Ein Schriftsteller vor dem französischen Kriegsgericht. Der Fall Dreyfus Zola hat unter vielen anderen Dingen auch ein das vor Jahren gegen einen jungen Schriftsteller eingeleitet wurde. Der bekannte Romanschreiber Paul Alexis , dem die Geschichte paffirt ist, hat sie in diesen Tagen in dem Blatte Aurore" erzählt. Der " Fall" ereignete sich im Jahre 1875. Eines schönen Morgens treten in das Zimmer des jungen Schriftstellers, der damals seine ersten Werke veröffentlicht hatte, zwei Männer von wenig Vertrauen er­weckendem Aussehen und fragten ihn furz: Sind Sie der Journalist Paul Alexis ?" " Ja, 1D habe das Ver Dann haben Sie" o gnügen." die Güte, uns zum

"

"

Ein fluger, scharfsinniger Mann beosachtet das Thun und Ge haben der fleinbürgerlichen Kreise von Wien ; die Seelen der Menschen, ihr besonderstes Leben erschließt er uns nicht, wie ein Poet es vermag. Den Eindruck etwa nimmt man vom Katherl Burck­hardt's heim. Es brauchte nicht auf dem Theaterzettel zu stehen: Leopold Koberl, Kaufmann. Es fönnte ebenso gut rein typisch heißen: Ein Wiener Gewürzkrämer aus der Vorstadt. Denn nicht ein besonderer Herr Koberl wird uns vorgestellt, sondern der Typus eines guten Tschaperts", eines braven fleinen Menschen, den seine Hausehre, eine eine bülldungs" stolze Beamtentochter tyrannisirt. ' Ratherl selber ist eine arme Näherin. Mit fünfzehn Jahren hat sie sich für ihre Familie, die im Elend war, verkauft oder besser, sie wurde verkauft. Der Vater starb dann, der Bruder strolcht drent im Boarischen", wenn er nicht gerade ift.' Ratherl ist in Wien von einem ehrlichen Verwandten in einem bayerischen Buchthause zum Stillfiken verdamint aufgenommen worden. Den Fleck auf ihrer Ehr hat sie durch Tüchtigkeit weggewaschen, und das Mädel, dem kein Mensch etwas nachfagen darf, lernt Franz, der Sohn vom alten Robert, kennen und lieben.' Ratherl liebt ihn wieder, und es tritt die Frage an sie heran: Enthüüft du ihm deine Vergangenheit oder nicht? Eine Frage, die in vielen Thesenstücken auf dem Theater auftaucht. ' s Kather schweigt, sie weiß sich frei von innerlicher Schuld. Da tritt ihr verlumpter Bruder, der gerade aus einem bayerischen Zuchthause entlassen worden war, da= zwischen. Er will von seiner Schwefter erpressen, daß sie und der Bruder vergilt gleiches mit gleichem. Im Jähzorn weift mann unterbringe. Sie ist gezwungen, die Wahrheit zu enthüllen, Franz feiner Braut und ihrer Familie, dem ganzen Gesindel", die Thüre. Für ein Wiener Volksstück wäre dieser Ausgang zu raub, also wird ein sentimental- versöhnliches Ende angefnüpft. Der brave Franz'l berent seinen Jähzorn und als er hört, daß sein Katherl fchiver frank im Spittel liege, eilt er hin zu ihr und verföhnt sich wiederum. Glück ist die beste Arznei.' Katherl wird wieder hüpfen und fröhlich sein.

Das Stück war mit besonderem Eifer einstudirt worden. Herr Wehrlin( Leopold Koberl). Frau Meyer( seine Frau) halten sich in der Komit ihrer Gestalten, ohne allzu derb zu übertreiben; einfach und gewinnend blieben Sommerstorff( Franz) und Cäsar Bed( der Onkel vom Ratherl). Ganz prächtig echt war Herr Stahl( Katherl's Bruder); ein Strizzi vom Kopf bis zu den Füßen; wahr im Mienenspiel und in der äußeren Erscheinung, wahr von der fliegenden Kravatte an bis zum Strohhalm der Virginiazigarre und dem Goldblechring im Ohr. Mit dem Kather allein haperte es. Frl. Geßner, die Hermione bei Shakespeare ,

Bolizeikommissar zu folgen; Sie sind zu lebenslänglicher ihn, den Gewohnheitsverbrecher, bei dem alten Robert als Vertrauens­Deportation verurtheilt, und endlich ist es der Justiz gelungen, Sie zu ergreifen." zu lebenslänglicher Deportation verurtheilt? Paul Alexis fiel aus den Wolken. Er hatte seit dem Jahre 1871 nichts mehr mit dem Militär zu thun gehabt. Was in aller Welt fonnte man ihm vorwerfen? Er fragte die beiden Männer, aber sie blieben stumm, denn sie hatten den strengen Befehl, nichts zu ver­rathen. Bevor Alexis ins Gefängniß wanderte, erhielt er die Gr­laubniß, feinen Freund Zola zu besuchen. Vom Kommissariat ging es dann ins Militärgefängniß, wo Alexis acht Tage blieb, ohne zu wissen, wessen man ihn beschuldigte. Zola besuchte ihn und schien selbst Verdacht zu hegen, denn er fragte ihn:" Mir gegenüber können Sie aufrichtig fagen, was Sie feit dem 18. Mai 1871 gethan haben." Das wußte Alexis aber selbst nicht; es mußte jedoch etwas ganz Fürchterliches sein. Auch ich hatte meinen Du Paty de Clam", schreibt er. Als endlich das Verhör kam, offenbarte sich sein Paty de Clam in der Person eines Majors Rouvaire, der ihn ganz plötzlich einem Matrosen gegenüberstellte, den Alexis im Gefängniß gesehen hatte. Kennen Sie diesen Herrn?" fragte Rouvaire den Matrosen. Der Seemann dachte lange ist im Volksstück immer so, als wäre sie eine verkleidete Prinzessin.­nach, während dem jungen Schriftsteller das Herz ge= waltig pochte; obwohl er fich ganz unschuldig fühlte, wußte er doch: Wenn er mich jetzt wiedererkennt, bin ich geliefert". Aber der Matrose erwiderte: Nein". Nun wandte sich touvaire mit derselben Frage an Alexis. Dieser beschloß, ihm einen Streich ,, ja, ich kenne ihn genau Der Major trium zu spielen. phhirte schon, als Alexis rubig fortfuhr: Ich erkenne in ihm einen Leidensgefährten wieder, der seit acht Tagen im Gefängnißhospital neben mir liegt." Wieder geben acht Tage ins Land, ohne daß der junge Schriftsteller etwas über sein Schicksal erfährt. Endlich wird er vor Gericht geführt, natürlich ist es ein Kriegsgericht. Großer Apparat, geschlossene Thüren; der einzige Entlastungszeuge ist Bola, der über die guten Eigenschaften und die Harmlosigkeit seines jungen Freundes aussagen will. Im letzten Augenblick haben die Herren vom Gericht selbst entdeckt, daß die ganze Sache Unsinn sei. Wer aber glaubt, daß sie es sofort zugegeben hätten,-s: Jm Schiller Theater gab man am Sonnabend eine der irrt sich; der Prozeß geht seinen Gang, und der Major Rouvaire dramatisirte historische Anekdote: Hans Wurst in Berlin ". erhebt furchtbare Antlagen gegen Alexis. Er giebt zu, daß Schrift. Schauspiel in 4 Aufzügen von Heinrich Lee. Von dem Preußen­

"

"

Einflüsse auf's

Eine Nachfeier veranstaltete der Bühnenverein Dramatisch e Er führte Burckhardt's Gesellschaft am Sonntag. Bürgermeister wabl" auf, ein Stück, das stofflich mit Wie hier Ruederer's Fahnenweihe" manches gemein hat. München aus torrumpirende Land von und die alte bäuerliche Wirthschaft zersetzen, bringen fo geschieht ähnliches dort von Wien aus. Nur erscheint Ruederer satirisch schärfer, giftiger, als der Wiener Burckhardt. Das Stück wird in Wien unbehindert gegeben, es wird also wohl auch in Berlin öffentlich aufgeführt. Dann soll es an dieser Stelle besprochen werden. Das Treiben der gegenwärtigen Bühnenvereine zur Förde= rung der Literatur ist unnüß und absurd. Anerkannte Talente vor­führen, ist billig; ihnen den Weg bereiten, darauf täme es an; vorausgesetzt, daß es neue Talente giebt.

"

-