Original ist kein Theilcheu der angenehm prickelnden Leichtfertigkeit, der zart durchsichtigen Anspielungen, der drolligen Mißver- ständniff« und Verwcchfelnngen. der erstaunlichen Szenentechnik der französischen Posse verloren gegange». Ist einmal die etivas gedehnte Exposition überivnnden, so entwickelt sich hierauf viel unverbrauchte Heilerkeil der Situationskomik. Heuberger's Musik krankt an der übertriebenen Scheu vor melodischen Nncksichlslostgkeitc», am Mangel einer natürlich humoristischen Behaglichkeit, an einer Ueberfeinerung des Geschmackes, für welche die Bühne sich stets recht undankbar erweist. Im Orchester wetde» hie und da Proben eines seinen Uebermuthes laut, gehe» aber in dem fortwährenden Bestreben nach einer etwas prätentiösen Eleganz der Jnstrnmentalsprache wirkungslos unter. Das Gesammtresultat dieser stilisirteu, sauber gearbeiteten und gut gesellschaftlich lächelnden Mnsik ist eine ehrbare, korrekte Langeweile, welche durch keinen vehementen musikalischen Ueberfall seitens eines gefunden Gassenhauers oder einer melodischen Trivialität gestört wird. Die mangelnde Vertrautheit init dem dezenten Stile des musikalischen Lustspiels ließ das Darstellungspersonal des Linden-Theaters nur den Halberfolg erzielen, über den mit der An- erkennung des guten Willens und des hingebenden Fleißes der Mit- wirkenden quittirt werden kann. Frl. Marie E h r i ch allein bildete eine liebenswürdige Ausnahme im Reiche der verdienstlichen Mittel- Mäßigkeit; auf sie, eine fein abtönende Schauspielerin und Sängerin, fiel das hellste Licht des Abends. Medizinisches. Das Stechen von Ohrlöchern bei Kindern behufs Einhängitng von Ohrringen hat schon öfters Erkrankungen zur Folge gehabt. Neuerdings ist wieder in Wien ärztlicherseits ein Eall von Wundrose festgestellt worden, der von frisch gestochenen hrlöchern seine» Ausgang genommen hat. Die kleine Operation war, wie es häufig üblich ist, von einem Goldarbeiter vorgenommen worden, aber ohne die geringste Reinigung und Desinfektion der Haut. Der Wiener Magistrat hat ans diesem Anlaß den Mit- gliedern der Genossenschaft der Goldschmiede ein« Belehrung über die beim Stechen der Ohrlöcher zu beobachtenden Vorsichtsmaßregeln übermittelt. Danach soll diese Operation nur an ganz gesunden, von Hautausschlägen freien Kindern nach vorausgegangener Reini- gung der Ohrenmnschcl mit zweiprozentiger Karbollösung mit des- infizirten Nadeln vorgenommen, in den Stichkanal sollen nur sterilisirte Seidensäden eingelegt werde». Aus dem Thierreiche. t. Musizirende Spinnen. Der bekannte amerikanische Gelehrte R. Pocock hat neulich imZoologist* einen Aussatz über die Lebensweise von Spinnen veröffentlicht, worin er hauptsächlich von der Familie der Niesenspinnen handelt, welche unter dem Namen Mpgale in der Wissenschaft bezeichnet wird; wegen ihrer Größe habe» diese Spinnen im Englische » auch den Name» Krabbe »- spinnen erhalten, in der deutschen und lateinischen Sprache nennt man sie nach dem Vorgange von Lamarck Vogelspinnen wegen. ihrer angeblichen Neigung, kleine Vögel zu fangen und zu verzehren. Der Name Avieularia ist noch heule für einige südamerikanische Arte» dieser Spinnenfamilie in Gebrauch. Früher gab man diesen Vogel- spinnen im zoologischen System nur den Rang eines Geschlechts, seit den letzten 50 Jahren aber hat sich unser Wissen von demselben derart erweitert, daß man sie zu einer Familie aufrücken ließ. Abgesehen von ihrer ungewöhnlichen Größe und ihrem plumpen Bau unterscheiden sich diese Spinnen von der großen Mehrzahl ihrer Stammesgenosten durch den Besitz von zwei Paaren von Lungensäcken»nd ferner da- durch, daß die Kieser wagerecht am Kopfe vorwärts stehen, während die Fangscheeren der Länge nach rückwärts gerichtet sind. Fast keine der Vogelspinnenarten bereitet Netze zum Fang ihrer Beute, die meisten leben auf der Erde unter Steine» oder in tiefen Löcher», die sie in den Boden grabe» und mit einer Lage zäher Seide auspolstern, damit die Wände dieser Behausung nicht einstürzen. Bei Anbruch der Nacht kann man die Spinnen am Eingang« ihrer Höhle auf vorüberziehende Insekten lauer» sehen. Während der Brutzeit ziehen sich die Spinnenweibche» in de» tiefsten Winkel der Grube zurück, um dort ihre Eier zn bewachen. Andere Arten leben auf Bäumen und webe» sich dort in einer Astgabel oder in Höhlungen des Stammes oder endlich in großen aufgerollten Blättern«ine seidene Wohnung. Ihre Hauptnahrung besteht zweifellos aus Insekten verschiedener Art, jedoch sollen sie auch zuweilen kleine Reptilien, Vögel und auch Säugethiere angreise». Beiläufig sei erwähnt, daß diese riesigen und für so viele Thier« furchtbaren Spinnen einem Feinde gegen- aber fast völlig wehrlos sind, nämlich gegen einigt große Wespen- arten, die sich auf die größten Spinnen stürze» und sie mit ivenige» Stichen tödten. Musikalische Organe wurden unter diesen Spinnen zum ersten Male von Professor Wood-Mason 187K entdeckt, und zwar zuerst an einer aus Affam in Indien stammenden Art, welche jetzt in der Wissenschaft unter dein poetischen Namen ilusazotes stridulans bekannt ist. Seither wurden solche Organe auch bei »iner größeren Zahl anderer Arten gefunden, d. h. nur in Asien und Australien . Letzthin hat nun Pocock auch an einigen afrikanische» Vogelspinnen solche musikalischen Organe entdeckt, die von denen ihrer Verwandten im tropischen Asien stark ver- schiede» sind. Einmal findet sich ein solche? bei der im Kap- lande wohnenden Art(Harpactira). Es handelt sich bei diesem Organ um eine Art von Schrillleiste, wie sie auch die Heuschrecke» besitzen, die bei der südafrikanischen Spinnengaltung zwischen den beiden Kiefern gelegen ist. Welchem Zwecke diese Organe dienen, ist noch nicht genügend festgestellt. Man hat an» genommen, daß der durch sie hervorgebrachte Ton ebenso wie bei der Heuschrecke und der Grille eine Beziehung zum Geschlechtsleben habe, jedoch ist dieS wahrscheinlich unrichtig. Einmal hat man keinen Beweis dafür, daß Spinnen überhaupt zu hören vermöchten, und zweitens finden sich die musikalischen Organe beim Männchen ebenso wie beim Weibchen, und zwar auch schon vor Erlmigung der geschlechtliche» Reife. Wahrscheinlicher ist die Annahme, daß die Spinnen durch diese Töne ihre Feinde erschrecken wollen, geradeso wie die Klapperschlangen mit ihrer Klapper, aus demselben Grunde, aus dem manche Insekten mit einer warnenden Färbung versehe« sind. Humoristisches. Der verkannte Sänger. Ein melancholisch drein» schauender Basfist hat soeben mit seiner tiefsten Stimme in einer Matinee ein Solo vorgetragen. Da hört»ran plötzlich ein kleines Mädchen ausrufen:Du, Mama, ist der Herr jetzt ganz fertig mit Gurgeln?" Sie wünschte, sie hätte nicht gesprochen- Mutter zu ihrem fünsjäbrigen Söhnchen:.Ja, Freddy, Du darfst heute zum Dessert herunterkommen, aber das Du keine Benrerkung über Onkel Alwins rothe Nase machst, hörst Dil?" Freddy(bei Tisch, nachdem er feinen Onkel lange angestarrt hat):Du, Mama, Onkel Alwins Nase ist ja gar nicht so roth, wie Du ge- sagt hast."- Hausfrauen ertheilt dieSchwyzer Ztg." folgenden guten Rath:Kommt euch jemand nach Hause, von dem ihr ineint, daß er ei» Gläschen zu viel gehabt habe, so macht die Probe: Heißt ihn Lvmal schnell, laut und deutlich nacheinander sprechen: z' Schwyz schniits z' Schivyz schniits z' Schwyz schniits" u. s. w. tat er nun einen Zungenschlag, so zwitschert er blas einmal:z' chwi tschwi"; hat er aber keinen, so braucht's eine spitzige Zunge, sonst kann er's doch nicht." Vermischtes vom Tage. Ich habe nicht schlafen können, ich habe die ganze Nacht gehaßt," sagte Bismarck eines Morgens zu v. Tiede- mann, dem ehemaligen Chef der Reichskanzlei, wie dieser in seinen jüngst veröffentlichten Erinnerungen erzählt. In England wurde» im Jahre 1397 ISKZWX) Hekto» liter Schnaps, SK 999 000 Hektoliter Bier, 720 000 Hektoliter Wein und ebenso viel Most getrunken. Gekostet haben diese Getränke 3106 Millionen Mark, was pro Kopf der Bevölkerung über 77 M. für das Jahr macht. y. Die Untersuchung des P o st p a ck e t s, das ans dem Bahn» hose Rothenkrug explodirte, hat ergeben, daß die für eine Radfahrhandlung bestimnlte Sendung K n a l l b o m b e u für Rad» fahrer enthielt. Wegen Nahrungssorgen versuchte in Itzehoe ein Ehe» paar sich und seine vier Kinder mUtels Schweseldämpfe zu t ö d t e n. Die Kinder erwachten jedoch von dem erstickenden Qualm und riefen rechtzeitig Hilfe herbei. Ein Sträfling des Zuchthauses in M ü n st e r. der die Flucht ergriff und ans de» Hnltruf des Postens nicht stehen blieb, wurde von dem Soldaten erschossen. Ein Maler verwundete in B r e in e n die Tochter eines Postbeamten, die ihre Verlobung mit ihn, ausgehoben halte, durch vier Revolverschüsse schwer. Darauf nahm er Gift und schoß sich selbst in die Schläfe. y. In Hadenersleben(Kreis Wanzleben) ist der fiskalische B o h r t h u r n, niedergebrannt. Unter den Trümmern wurde die verkohlte Leiche des Thurmwächters gesunden. Bei M y s l o w i tz ertranken zwei Schmuggler, die verschiedene Maaren nach Rufsisch-Polen einznschmuggeln suchten, auf der Flucht vor Grenzkosaken im Przemsafluß. Nach einem Streit verfetzte ei» dem Trunk ergebener Reiß- zeugmacher in N n r n b e r g am Sonnabend seiner Braut und deren Mutter lebensgefährliche Dolchstiche und schnitt sich dann selbst die Kehle ab. Die norwegische Regierung hat den» Etorthing soeben einen Gesetzvorschlag bezüglich der F e u e r b e st a t t u n g unter- breitet. Die theologische Fakultät in Christiania hat gleichzeitig die Erklärung abgegeben, daß vom Gesichtspunkt der kirchlichen Lehre aus gegen eine Beftattungsart, durch welche die Auflösung des Leichnams in schnellerer, mehr humaner und sanitärer Weise als bisher vor sich geht, absolut nichts einzuwenden ist. Auch die norwegischen B i s ch ö s e haben sich im allgemeinen sehr entgegen» kommend geäußert. In Groß-Vecskerek(Ungarn ) hat eine Gutsbesitzerin aus Verzweiflung darüber, daß ein Nachbar ihr Gewalt angethan hatte, ihre vier Kinder erdrosselt und sich selbst erhängt. Verantwortlicher Redakteur: August Jacobey in Berlin . Druck und Verlag von Max Vadiug in Berlin .