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Große, blutrothe Flecke flimmerten ihm vor den Augen, und Imännchens, das immer wieder auf einen entfernteren Baum der er fühlte in den gaeimen Tiefen feiner Seele das unbezwings Landstraße flog, fobald Herr Tanzmann in feine Nähe tam. bare Verlangen erwachen, seine Schande, das ihm zugefügte Während der Gefang der Lerchen ein ununterbrochenes Trällern Unrecht reinzuwaschen im Blute des Erstbesten dieser gesättigten, war, fang der Fink eine kurze Melodie und wartete dann eine stolzen und für seine Leiden offenbar keinen Sinn habenden Weile, um das Liedchen von neuem zu beginnen.
Leute.
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,, Da kommt Redlich" sagte einer der Offiziere und fügte zum Hauptmann gewendet hinzu:" Er wird Dir die Sache am besten erklären."
" Ja wohl", riefen noch einige im Chor, und wenn er es nicht thun will, dann wird einer von uns Dir gerne zu Diensten stehen."
( Fortfehung folgt.)
Spaziergänge eines Naturfreundes.
März.
Seltsam, dachte Herr Tanzmann, fönnte man nicht wirklich glauben, was die Dichter sagen, daß die Vögel nur dazu da find, den Menschen Lieder zu fingen? Aber am Ende waren in diesem Falle die Dichter profaischer als die Wirklichkeit. Daß die Vögel Liebeslieder fingen, um ihre Geliebten zu bethören, das ist ja frech und unkirchlich, aber tief künstlerisch empfunden von der Natur!
Die Fluren, an denen der Weg vorüberführte, waren theils Roggenfelder, deren junge Saat jeßt einem wunderschönen grünen Teppich glich, theils Sturzäcker, deren braune Schollen lange unregel mäßige Linien bildeten. Diese Aecker schienen allen Pflanzenwuchses zu entbehren, als Herr Tanzmann aber näher zusah, fand er die Erde bedeckt mit den unzähligen unscheinbaren weißen Blüthen des Hungerblümchens.
Da können Sie sehen, Herr Tanzmann, meditirte der Wanderer für sich, es kommt ganz auf den Standpunkt an. Hält man die Nase hoch, so sieht man nichts als ein leeres Feld, bückt man sich aber liebevoll herab, so jubeln Millionen blühender Existenzen einem entgegen freilich Hungerblümchen!
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Der Buchenwald vereinigte die Merkmale des Herbftes und des erwachenden Frühlings. Herr Tanzmann stapfte durch das rostbraune Laub, das den Boden mehrere Zoll boch bedeckte und aus dem die filbergrauen Baumriefen ihre glatten Stämme terzen gerade in die Höhe streckten. Ihre vielverzweigten Kronen waren noch ganz fahl, und wenn man das Gesammtbild dieses Buchen waldes mit feiner rostbraunen, raschelnden Laubdecke und feinen hechtgrauen blätterleeren Bäumen auf sich wirfen ließ, fo bekam man den vollen Eindruck des Herbstes. zwischen. In der Ferne hörte er einen Specht an einen Kiefern
Aber Herr Tanzmann ließ sich nicht irre machen. Um diefe Jahreszeit war er immer sehr poetisch geftimmt und wie ein Spürbund darauf bedacht, die Zeichen des Frühlings zu er spähen. Mit seinem scharfen Blick entdeckte er denn auch sehr bald hier und da ein liebliches, hell veilchenblaues Leberblümchen, das fein zartes Köpfchen auf langem, dünnen Stiele aus der Laubdecke hervorstreckte. Herr Tanzmann betrachtete diese Blume mit befonderer Zuneigung. Sie gab ihm die Gewißheit, daß die Vegetation jezt mit Macht hervorbrach und sogar schon anmuthige bunte Blumen erblühen ließ. Freilich konnte eine Blume, die mitten im dichten Walde wächst, nur zu dieser Jahreszeit blühen, wo die Bäume noch kein Laubdach besitzen, das alles am Boden befindliche beschattet und erstickt.
Gie fehen daraus, lieber Herr Tanzmann fagte der Wanderer zu sich, daß man die paffende Zeit zum Blühen benuzen muß. Nachher tommt die Finsterniß und die Nacht. Sie haben es freilich in Groß- Berlin nun soweit gebracht, daß sie auch in der Nacht blühen. Dafür laffen sie aber dann auch am Tage die Köpfe und Nerven welt hängen wie vertrocknete Kohlrüben.
Nun sah er in einem Gebüsch von wildem Gaisblatt auch die zierlichen Anemonen in voller Blüthe. Dabei schien die Sonne so mildwarm herab, daß Herr Tanzmann feinen großen Calabreferhut vom Kopfe nahm und sich von den vielen Strahlen bescheinen ließ. Früh war leichtes Frostwetter gewesen, und weißer Reif batte auf den Fluren gelegen. Aber die Sonne hatte ihn schnell aufgefogen und den Boden weich gemacht. Nun war daraus das lieblichste Märzenwetter geworden, eine weiche milde Luft, die erschlaffte und beglückte, und die Sonne schien in zartem, sanftem Lichte aus dem weißverschleierten Blau des Himmels.
An der anderen Seite ging der Wald allmälig in eine ges mischte Formation über. Es waren viele Kiefern in die Buchen eingeftreut, und diese letzteren waren, da wohl der Boden etwas magerer wurde, weniger start entwickelt als vorher. Einzelne weißstämmige Birken und Ebereschen standen wie Unkraut da stamm Klopjen. Und jetzt wäre er beinahe erschrocken. Mit krachens dem Sprunge hatte sich ein Eichtäbchen von einem Aft zum anderen geschwungen, und als Herr Tanzmann nun in die Hände klatschte, fonnte er die Akrobatenfünfte des flinken Thieres betrachten, welches fliehend mit wunderbarer Geschicklichkeit von Aft zu Ast, von Baum au Baume sprang. Als darauf fürchterlich schnatterndes Geschrei in der Luft ertönte, da wußte Herr Tanzmann schon genug, noch ehe er die Radaubrüder sah. Ava, die wilden Gänse natürlich! Er mußte wieder an die Frau Tanzmann denken, seine Mutter, die von Ende Februar bis Ende März, bei jedem neuen Zug von Wildgänsen sagte: Gieb acht, was ich Dir sage. Nun kommt der Frühling tus Land! Er kam auch jedesmal wirklich, darin hatte ne recht; einmal früher, einmal später. Nun flogen die wilden Gänse, i regelmäinen eigen, ein Sänferich an der Spize, ſchnatternd über Himmelsbogen dahin.
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Grüßt Andree von mir, sagte Herr Tanzmann, wenn ihr wieder in eure nordische Heimath zurückkehrt, und gewöhnt euch das ab scheuliche Schnattern ab, das partout zum Frühling nicht paßt! Besser paßte dazu schon das Gaukelspiel eines Fuchs- C metters lings, den die warmen Märztage zu einem vorzeitigen Ausflug veranlaßt haben mochten. Er schien einer der windigsten Gesellen seiner Art zu sein. Ohne Beständigkeit fab er sich ein Paar Gänseblumen am Wegrande an, dann flog er an Herrn Tanzmann's Nase vorbei und dann in weitem Bogen über den Leg und dann war er verschwunden. Er war absolut nicht mehr aufzufinden, obwohl Herrn Tanzmann's Augen ihre ganze Ehre einfegten, ihn zu entdecken. Ohne Zweifel hatte er sich ins Gras geduct, die Flügel mit den glänzenden Oberfeiten zusammengeklappt, daß er aussehen mochte, wie ein welkes Blatt. Nun sollte ihn einer unter den tausenden von Blättern, die im Grafe des Wegrands lagen, berausfinden!
Beim Suchen im Grafe bemerkte Herr Tanzmann, daß auch das kleine Gethier schon lebendig geworden war. Schwarze Spinnen huschten über das geloe Gras, und aus der Deffnung eines kleinen fandigen Erdbügels trugen fleine geschäftige Ameisen Sandkorn um Sandforn heraus.
Den wirklichen Eindruck des Vorfrühlings bekam Herr Tanzmann aber erst, als er den Rand des Buchenwaldes erreichte, wo dieser in freies Feld überging. Am Waldrande entlang führte eine breite Fahrstraße mit tiefen grasbewachsenen Gräben. Hier brachen aus dem graugelben Rasen eine Menge grüner Standen mit den mannigfaltigft gestalteten Blättern hervor. Blüthen hatte aber nur das Gänseblümchen, das den Graben mit freundlichen weißen Da wo der Wald zu Ende ging, stand ein altes Försterhaus, Sternen gierte. Der Waldrand war ein sehr geeigneter Standplatz mit dem cire Gastwirthschaft und eine Schmiede eine fleine in für eine Menge von Bäumen und Büschen, die im Buchenwalde siedelung biloeten. Der Garten des Försterhauses zeigte bereits die felbst nicht Licht und Luft genug gehabt hätten und anderswo ersten Spuren der Bestellung. Er war sauber aufgeräumt und die dem mörderischen Beile des Menschen längst zum Opfer gefallen Beete frisch gegraben. Aus dem schwarzen Erdreich guckten bereits wären. An dem Waldrande bildeten sie eine dichte natürliche die ersten Blätter der Erbsen und Radieschen hervor, die vor Hecke. Herr Tanzmann konnte bemerken, wie die Knospen einigen Wochen gefäet sein mochten. Herr Tanzmann mußte lebhaft von allen diesen Gehölzen schon lebhaft grünten. Die an seine Kindheit denken, 100 er jeden Tag einige junge Haselnüsse hatten hatten lange, blühende Kätzchen, und als er Radieschenpflanzen ausgerissen hatte, um nachzusehen, ob sie mit der Hand an einen Zweig faßte, brach eine gelbe schon eßreif waren. Ebe es aber wirklich soweit tam, waren Wolke von Blüthenstaub aus den Kätzchen hervor. Ein fesselndes gewöhnlich die Radieschen zum Entfeßen der Frau Tanzmann Bild bot eine alte graustämmige Espe, die dermaßen mit chenille- fchon alle herausgezupft. Sie glaubte dann, die Engerlinge hätten ähnlichen Räßchenblüthen bedeckt war, daß die Krone des Baumes fie abgefressen, setzte die Brille auf, was sie immer bei feierlichen wie mit rothbraunen Wollfranzen dicht und phantastisch umwickelt Gelegenheiten that und sagte: Es kommt eben, wie es kommt. Und fchien. tommt nichts, na so tommt eben nichts!
Den follte man nach Berlin mitnehmen, sagte Herr Tanzmann, ihn auf der Friedrichstraße aufstellen und jeden rathen lassen, was das sei. Wie würden sich die Berliner wundern, daß der Baum nicht aus Brasilien oder aus Japan stammt oder gar aus Kiautschau, sondern von einem Waldrande der Mark Brandenburg.
Von der anderen Seite des Weges her, über den Fluren erklang der unermüdlich trällernde Gesang der Lerchen. Die Thierchen schwebten hoch oben in der blauen Luft in kaum sichtbarer Höhe, und aus ihren Kehlen erscholl es wie ewiger Frohsinn und ewiger Frühling. In den Ackerfurchen liefen gefchäftige Bachstelzen, mit den Schwänzchen auf und nieder wippend, dahin und suchten Infekten. Nun erklang auch noch der seltsame Refrain eines Finten
An den Rändern der Beete standen buschige Stachelbeer sträucher, die bereits im zarten Grün der Blätter prangten. Die Jobannisbeeren waren noch weit zurück, aber auch an den Fliedersträuchern hatten sich die ersten fleinen Blätter aus den Knospentrieben abgewickelt. Das Auffälligste an dem Garten aber waren die schönen blauen Scillablüthen und die gelben Krokus; die anderen Zwiebelgewächie, die Tulpen und Hyazinthen, die Kinder wärmerer Gegenden, hatten nur eben erst ihre dicken Triebsproffen aus der Erde gesandt.
Das Försterhaus war mit Ephen umwachsen und von alten hohen Tannen umrahmt, die diesem Heim Sommer und Winter dasselbe malerische, ein wenig ernsthafte Aussehen verliehen. Eine