P

trunt!"

246

-

die Hand, gnädige Frau, und schönen Tant für den Labe- herrlichen. Heute meinen Sie, daß die Reihe an Sie gekommen fei, von mir zu sprechen, und ich bin stolz darauf. Wir lieben uns feit vierzig Jahren und sind nicht einmal todt! Sie möchten weder, wie ich sicher bin, diese Vergangenheit, noch diese Zukunft auss löschen. Machen Sie mit meinem Buche, was Ihnen gut dünft. von Ihren Händen kann nichts als Licht tommen.

Sie füßte Angela wirklich die Hand, die ganz bewegungs­los auf dem Tisch ausgestreckt lag, und ging fort, ihr gute Nacht wünschend.

Angela bewegte sich nicht, blickte ihr nicht nach, sie saß wie eine Statue da. Minuten, Viertelstunden, ja Stunden vergingen, fie faß noch immer ohne jede Bewegung, nur das ruhige, gleichförmige Athmen verrieth ein lebendes Wesen. Wäre der Hauptmann, der eben zu dieser Zeit an dem Haus­thore geläutet und gleich darauf den schrecklichen Kampf in seinem Innern ausgefochten hatte, in diesem Augenblick ins Zimmer gestürzt und hätte seinen, noch in Bosnien ge­schärften Säbel ihr in die Brust gestoßen, ihr Tod wäre nur ein unmerklicher Uebergang gewesen aus der jetzigen Erstarrung in die ewige, vollkommene Erstarrung, ein ruhiges, unbewußtes Hinübergleiten aus der Meerenge des Lebens auf den un­begrenzten, unergründlichen stillen Ozcan des Nichtseins.

Ihr alter Freund

II.

Bictor Hugo.

An den Herrn Bischof von Ségur, Hauteville- House, 17. September 1872.

Mein Herr!

Ihre Existenz war mir bisher unbekannt.

Heute erfahre ich, daß Sie existiren und sogar Bischof sind.

ge- ch glaube es.

Erst gegen 1 Uhr nachts änderte sich ihr Zustand so weit, daß sich die Augenlider langsam schlossen, der Kopf auf den Tisch sant, und die Hand sich mit einer unbewußten Bes wegung unter die Stirne schob, Angela schlief ein. In dieser Lage traf fie früh bei der noch immer brennenden Lampe die erschrockene Marie. ( Fortsetzung folgt.)

Bwet Briefe von Dickor Hugo. Vor kurzem erschien zu Paris ein neuer Band der gesammelten Korrespondenz Victor Hugo's , des größten Dichtergenies, das das Frankreich des neunzehnten Jahrhunderts hervorgebracht hat. Die Briefe, die uns hier geboten werden, umfassen die ereignisvollsten Jabre aus dem Leben des Dichters und entstammen der Zeit von 1836-1882. Alles was wir an Victor Hugo's Werfen schäßen, die unvergleichliche Lebhaftigkeit des Stiles, die treffende Sicher heit des Ausdrucks, die mannhafte Ehrlichkeit des Dichters, der immer fein Ureigenstes giebt, finden wir in erhöhtem Maße in diesen vertraulichen Dokumenten wieder, in denen er als Schriftsteller nicht zum Publikum, sondern als Mensch zum Menschen spricht.

1.

An Lamartine.

Hauteville- House, 24. Juni 1862. ( Victor Hugo lebte damals als Proffribirter der napoleo: nischen Gewaltherrschaft auf englischem Boden.) Erhabener Freund! Wenn das Radikale zugleich das Jdeale ist, ja, dann bin ich radikal. Ja, von jedem Gesichtspunkte aus verstehe, wünsche und begrüße ich das Beste; wenn das Sprichwort es auch verlästert, so ist das Beste doch nicht der Feind des Guten, denn das würde ja logisch darauf hinauslaufen, daß das Beste der Freund des Schlechten wäre. Ja, eine Gesellschaft, die das Elend, eine Religion, die die Hölle, eine Menschlichkeit, die den Krieg zulassen, erscheinen mir als eine minderwerthige Gesellschaft, als minderwerthige Religion, als minderwerthige Menschlichkeit, und gerade gegen diefe Gesellschaft von oben, gegen diese Religion von oben und gegen diese Mensch­lichkeit von oben wende ich mich:

Gesellschaft ohne König, Menschheit und Menschlichkeit ohne Grenzen, Religion ohne Buch und Buchstabenglauben! Ja, ich be­tämpfe den Priester, der die Lüge verhöfert, und den Richter, der ungerecht richtet. Das Eigenthum allgemein machen( was das Gegentheil von abschaffen ist), indem man den Parasitismus unter drückt, das heißt zu diesem Schluffe tommen: alle Menschen Eigen thümer und teiner Herr über den anderen mir scheint das die wahrhafte soziale, und politische Dekonomie.

Ich fasse kurz zusammen und wiederhole: Ja, soviel ein Mensch wollen tann, so will ich das Unglück unter den Menschen vernichten, so verdamme ich die Sklaverei, so verfolge ich das Elend, so kläre ich die Unwissenheit auf, so pflege ich die Kranken, so erhelle ich die Nacht, so basse ich den Haß.

So bin ich, und deshalb habe ich meinen Roman( die Elenden, les Misérables) geschrieben.

Nach meiner Absicht sind die Elenden" nichts als ein Buch, daß die Brüderlichkeit zur Grundlage und den Fortschritt als Gipfelpunkt hat.

Sie haben die Güte gehabt, einige Beilen über mich zu schreiben, die man mir übermittelt und die ich hier wiederhole:

"

Victor Hugo , der große, der erhabene Victor Hugo , der großartige Dichter der Demokratie und der universellen Republik ist ein armer Mann, der mit dreimalhunderttausend Frants Rente geschlagen ist( im Text unterstrichen), einige behaupten sogar mit fünfmalhunderttausend( im Text unterstrichen); sein infames Buch: Die Elenden hat ihm auf einen Schlag fünfhunderttausend Franks eingebracht. Man ver­gißt nur immer die Wohlthaten anzuführen, die sein großes Herz voll Menschenliebe sicherlich zwingt, seinen Freunden aus den unteren Klassen zukommen zu lassen. Man sagt, er sei gerade so habfüchtig und egoistisch wie er prahlerisch ist."

Es folgen zwei Seiten in gleichem Stil über Ledru- Rollin, der ein dider Mastbürger" ift, über Rochefort, der in Meaux mit einer Anzahl Banknoten im Futter feiner Kleidung gefaßt wurde, über Garibaldi , den Sie Garibaldi Pafcha nennen, der Krieg führt, ohne fich zu schlagen", der als Armee fünfzehn tausend Banditen hatte, feig wie Mondkälber", und der mit unseren Millionen aus­gekniffen ift" it. f. w. u. f. w.

Ich will meine Zeit nicht damit verlieren, mein Herr, Ihnen zu sagen, daß in den paar oben zitirten Zeilen so viele Lügen wie Worte find. Sie wissen das selbst. Ich begnüge mich damit, in diesen Beilen eine literarische Kritik festzustellen, die Bezeichnung infam" in bezug auf das Buch: Die Elenden ".

"

"

Es kommt in den Elenden" ein Bischof vor, ein guter, auf richtiger, bescheidener, brüderlich fühlender Mensch, der ein warmes Herz mit feinem Geiste verbindet und alle Tugenden seinen Segen? sprüchen hinzufügt. Deshalb nennen Sie offenbar die Glenden" ein infames Buch. Man muß also daraus schließen, daß die Elenden" ein bewundernswürdiges Buch wären, wenn der Bischof ein unverschämter und gebässiger Mensch wäre, ein Verleumder, ein dummer und grober Schriftsteller, ein elender Stribifax der traurigsten Sorte, ein Agent polizeilicher Niederträchtigkeiten, ein mit Krummistab und Mitra geschmückter Lügner.

Würde der zweite Bischof lebenswahrer sein, als der erste? Diese Frage geht Sie an, mein Herr. Sie kennen sich besser unter den Bischöfen aus als ich. Victor Hugo .

Die Geschichte hat uns die Antwort des also abgefertigten Priesters nicht überliefert. Es ist schade. Sie wäre wahrscheinlich ein Hochgenuß.­

Kleines Feuilleton.

"

-Chinesische Palmblätter- Fächer. Der französischen Zeitschrift Industrie" entnimmt der Prometheus" folgende hübsche Plauderei über den chinesischen Palmblätter- Fächer und dessen Herstellung: Jedermann kennt den Fächer aus Palmblättern, der zu Dutzenden ( man fönnte selbst sagen zu Tausenden) aus dem äußersten Osten zu uns gelangt und der jetzt selbst in den fleinsten europäischen Bazaren verkauft wird. Die Verfertigung dieses fleinen erotischen Gegenstandes hat in der Provinz Canton eine besondere Jndustrie geschaffen. In Canton wird auf dem Bezirk von Jan ni im Süden von einem Flächenraum

von 500 Quadratkilometern die Zucht des Palmbaumes, der die so verwendeten Blätter liefert, betrieben, und die Herstellung der Fächer selbst beschäftigt über 20 000 Per­sonen, sowohl Männer als Frauen. Der fragliche Palmbaum, der den bezeichnenden Namen Fächerpalme" führt, ist die livistona chinensis. Der Boden und das Klima der genannten Region find der Entwickelung jener Balmenart besonders günstig. Man zieht die Fächerpalme in Samenbeeten, woselbst nach einigen Monaten die jungen Triebe erscheinen. Nach Verlauf eines Jahres verpflanzt man diese ins Freie, wobei man zwischen den Stämmen um fo mehr Zwischenraum läßt, je feinere Fächer man erzielen will. Erst wenn der Baum sieben oder acht Jahre alt geworden ist, beginnt man damit, die Blätter desselben abzuschneiden und zwar jährlich etwa 5-15 Stück per Baum. Das Einsammeln der Blätter fann fich dann auf mehrere Jahrhunderte erstrecken. Die abgeschnittenen grünen Blätter werden an der Sonne getrocknet, bis sie vollständig dürr geworden sind; man nimmt sie jede Nacht hinein, damit sie. Lieber Lamartine , im Jahre 1820 es ist lange her war nie der Feuchtigkeit ausgesetzt werden. Nach dem Trocknen be­mein erstes fchüchternes Stottern als junger Poet ein enthu- schneidet man je nach der Gestalt, die man dem Fächer geben will, fiaftischer Gruß an Ihren strahlenden Stern, der sich über die Welt erhob. die länder des Blattes mehr oder weniger; fetzt hierauf jedes 11212 es zu bleichen, Schwefeldämpfen aus, polirt Diese Seite steht in meinen Werken und ich freue mich des; sie steht Blatt,

Und nun urtheilen Sie über mich. Die Achtungsbezeugungen untern Schriftstellern sind lächerlich, aber die politischen und sozialen Debatten unter Dichtern, das heißt unter Philosophen, sind ernst und fruchtbringend. Sie wollen, des bin ich sicher, wenigstens zum großen Theile, dasselbe wie ich; nur wünschten Sie vielleicht, daß diese Neigung noch mehr gemäßigt werde. Ich aber geftehe, daß mir, abgesehen von Gewaltthaten und Repreffalien, die streng zur Seite bleiben sollen, der kurze Weg der liebste wäre, wo ich so viel Leid um mich sehe.

-

darin neben vielen anderen, die Ihren Ruhm und Ihr Genie verschließlich den Stil, der später den Griff bilden soll, und der Fächer