schalten die anderen auf ihn und sagten, er wäre dumm undwürde niemals was kapiren, obgleich er so schrecklich ziehenmußte, daß er Schmerzen in der Seite hatte. Das Laviren,das war die abscheulichste Arbeit an Bord— huh!Die ganze Mannschaft war nun endlich dazugekommen undder Kapitän übernahm das Steuer.Venn ermüdete seine gebeugte Stellung, und er richtetesich auf, um den Schmerz im Rückgrat auf eine andere Stelledes Körpers abzulenken, und das schien ihm eine Erleichterung.Es war auch merkwürdig, wie bald er müde wurde, seitdemer an Bord kam. Oivind stellte sich neben Ben», der das letzteEnde der Brasse hielt..Siehst Du dort!* flüsterte er, damit die Offiziere es nichthören sollten, und zeigte nach der Küste hin,»siehst Du, dassind die Thorunger vor Arendal".*)»Ach, nicht möglich,* sagte Beim. Er glaubte, der anderescherzte.„Wir sind doch wohl schon weiter. Es ist ja vierTage her, seit wir dort vorbeikamen.*»Aber wir sind wieder so weit zurückgetrieben, siehst Du.*»Toppsegel halt!*Benn ließ die Hände so schnell wie möglich gleiten, umdas Segel zu unterschlagen"), so' ild das Tau kam; aber ervermochte den anderen nicht zu folgen. Es weinte in ihm;noch nicht weiter gekommen, als vor vier Tagen— ach, HerrGott, wieviel schwere Tage hatte er noch vor sich, bevor sienach New- Jork hinüberkamen, und dann folgte noch dielange Rückreise nach Europa, und er hatte sich für zwei Jahreverheuert! Aber er brannte durch, wenn er wieder in eineneuropäischen Hafen kam, falls man ihn nicht abmusterte.Mutter mochte denken und thun, was sie wollte, diese Höllehielt er nicht länger aus.»Fest dort!"»Was stehst Du und glotzt. Junge!* Es war Jokum,der niemals vergessen konnte, daß er zu dieser Tour endlichals Leichtmatrose geheuert war.Benn schlug das Braßende um einen Pflock, von dem erhoffte, daß es der richtige war.»Nicht dort!" schrie ihm Jens Christian zu. Oivindmachte das Ende für ihn fest.„Goddam! Ob er well weiß, wo die Großbrasse steht?"sagte Toni, ein Engländer, der Leichtmatrose war.»Er ist nun schon vier Tage an Bord!* fuhr Jokumhöhnisch fort.(Fortsetzung folgt.)SonntsgsplsuveLer.»Die Gazetten sollen nicht geniret werden* Dies geflügelteParadeworl wird Friedrich II. in den Mund gelegt und giebt innnerden Trumpf ab, wenn irgend wer die wirkliche Geistesfreiheit desPreußenkönigs einer Kritik unterwirft. Die Zeiimige» sollen nichtgenirt werden, wie prächtig sich das anhört, und an, Ende wieder-holt selbst Herr v. Metzsch in Sachsen diesen berühmt gewordenenAnsspnich, wenn er in gehobener Stimmung an irgend einem Fest-bankett theilnimmt.Die Gazetten, daS ist ein allgemeiner, unbestimmter Ausdruck.Etwas anderes ist es um dm Zeitungsschreiber, um das hergelaufeneLiteratengesmdel. Hier hat man einen Begriff, an den man sichhalten kann; das war schon zu Zeiten des alten Fritzen so. DieGazetten sollten nach einem frommen Wunsch nicht genirek werden.Aber die infamen Zeitungsschreiber, die aufzumuckm wagten undunbequem wurden. sollten mit Stockprügeln zur Raison gebrachtwerden. In der Theorie gab's da eine ideale Forderung. In derPraxis aber sah es unter dem ausgeklärten Absolutismus trübseliggenug aus.Später schwärmte man für die freie Presse, und in den jungenTagen der Konstitution war die Zeitungswelt wohl über Gebührangesehm worden. Man bedachte sie mit einein Glorienschein, undGustav Freytag schrieb das deutsche Lustspiel„Die Journalisten",das heute schon wie eine rühreud-naive Rückeriunerung an ver-gangeue und verträumte Jugendlage aussieht. Trotzdem hagelte esund nicht blos bei den Reaklionärei«— die alten Flüche, iveun dasFedervieh sich erlaubte, unbequem zu werden. Alan entrüstete sichwohl öffentlich, wenn ein Haudegen behauplete, die achtnndvierzigerBewegung sei von zusammengelaufenem Literalengesindel angeregtworden; aber im nächsten Augenblick war man selbst gern bereit, indieselbe Kerbe zu hauen.Seitdem sind manche schöne und minder schöne Gleichnisse überZeitungen und Zeitungsschreiber gesunden worden. Man rühmtedie„siebente Grobmacht", man sprach von den»Wach-Hunden der Zivilisation,"— und wie viele dieser armen*) Zwei Leuchthürme vor dem Hafen von Arendal.") Das Straffziehen des Taues, um das Segel sestzuziehen.Hunde vergaßen zu bellen, wenn ihnen ein Brocken Fleischhingeworfen wurde; man verglich die'Preßthätigkeit miteinem schwiegermütterlichen Beruf, wie«ine sorgliche Schwieger-mutier wurde sie verlästert und verhöhnt; und selbst im dunkelstenOstelbien ward vermnthlich während einer Wahlperiode manchZeitungsschreiberlein zu einer Respektsperson. Allein alles in allem:der Begriff Literatenpack behauptet bei uns sein angestammtes Bor-recht; und hätte auch irgend ein deutscher Bürgersmann oder seineliebende Hausfrau vom Literatenthum so viel Ahnung, als dasGraulhierchen vom Lauteschlageu, das vogelfreie Lileratengesindildürfen sie beschmeißen, so viel sie Lust haben.In Frankreich, da ist es ein wenig anders. Wen» da einMann kommt und er stellt sich dreist als domrao cko lettres vor,braucht er darum nicht roth z» werden vor Scham, und es ist bei-nahe so, als sei derselbe Mensch im Vollbesitz bürgerlicher Ehren-rechte. Bei uns fühlt sich das Federvieh gleichsam insgeheim schuld-bewußt, und vor Fremden gesteht man nur verschämt ein, welchemBeruf man angehöre. Diese Verschämtheit fand auch ihren klassischenAusdruck in unserer Literatur. Der Romantiker Cleniens Brentanoerzählt, eS sei ihm bange ums Herz, wenn er sich als Schriftstellererklären solle. Ihm käme die Schriftstellerei wie eine Krankheit,wie eine Ueberfütterung vor; der Mann, der von ihr befallen sei,erinnere ihn an eine Gänse-Stopfleber, die doch auch einem Ent-artungsprozeß ihre Existenz verdanke.Darum erscheint es mir immer als lächerliches Gehaben, wennunsere deutschen Schmierfinken zusammenhocken, wie die würdevollenGesellen, und sich über Schelte aushalten oder entrüstet thuu. Undes wird immer schlimmer mit ihnen, feit sie sich gar in geselligenVereinen oder in Klubs zusammenthun, als wären sie den ehrsamenSchneiderzünsten oder de» weniger ehrsamen Komödianten ebenbürtig. Die Ueberhebung ist in Wahrheit eine Zeitkrankheit.Da wurde in diesen Tage» vor dem Schöffengericht zuSchwarzenbek ein Prozeß verhandelt, dessen Eutstehuugsursache vorherbei allen Schmierfinken, die sich eine gewisse Würdigkeit anmaßen,einen kleinen Sturm verursachte.Der Held des Prozesses, der einmal in Friedrichsruh vomGrafen Rantzau, als dem Bismärck'scheu Familienvertreter, gehörigangeschnautzt worden war, Herr Brnns, Vertreter eines Tele-graphischen Bureau?, erhielt seine Genugthnung. Graf Rantzauwurde zu fünfzig Mark Geldstrafe vernrtheilt, weil er zu HerrnBruns gesagt halle: Scheeren Sie sich weg; ich bin nicht dazu da,jedem hergelaufenen Literaten Rede und Antwort zu stehen.Also sollte— mit Verlaub zu sagen— das Schmier-finkenlhum. das Literalenpack unter förmlichen Gerichts-schütz gestellt werden? Muß da das deutsche Volknicht stutzig werden? Der Minister im Parlament durftevon der Leber weg über daS Schmierfinkenthiun donnern,wenn ihm ein Dichterwort unbequem erschien. Der Spieß-bürger, der mit anderthalb Literatengedanken vor dem erstauntenVolk haustren zu gehen pflegt, durfte desgleichen zetern und wettern.Es war gewiffermaßen ein durch den Usus geweihtes Stammrecht.Und nun soll auf einmal der Literat und Zeitungsschreiber zart an-gefaßt werden?Wenn man noch dazu die Erregung des Herr» Grafen bedenkt!Und das moderne, wirklich nicht sehr appetitliche Zeitungsbandwerkdes Interviews! Ja, wenn alle Aushorcher wenigstens freundlich,zuvorkommend und liebreich von Gemüthe wären! Wenn sievon den Lippen deffen, dem sie lauschen, nur das Süßesteentnähmen. Aber so stehen die armen Kulis in elender Froh». Siegleichen den drefsirtcn Hunden, die ihrem Herrn getreulich apportirenmüssen. Man liebkost sie, nahen sie sich schmeichlerisch und wartensie allen Eitelkeiten»schön auf". Man stößt sie barsch bei feite,kommen sie nur auf das Kommando ihres Zeitungsherrn. Der be-sagte Zeitungsherr freilich bleibt aus dem Spiel, nnd ob es demSchmierfinken auch Freude mache, hin und her zu schießen, um dasEndchen einer Nachricht etwa zu ergattern, danach braucht mannicht zu fragen.Warum mußte Bruns gerade kommen, als Friedrichsruh vonReportern überlaufen war? An die Fenster preßten sie ihreNase», wie ein Bediensteter der Schlosses wahrgenommen habenwill. Aeh!Für das deutsche Literatengesindel wäre es bedenklich, wenn mitaltem Brauch gebrochen würde, wenn sich Formen einbürgerten, wiesie z. B. die gedruckten Zeugnisse des Herrn Reuß aufweisen. Meinlieber Theodor und darunter das lobende Bekeuntniß eines Bolschafts-Attaches, das macht sich nicht übel. Aber es verwöhnt den Zeilungs-schrciber und könnte ihn leicht übermüthig machen. Oder die Vereins-größe, wichtig und werthvoll als Zeilgenosse und Mitglied einerBezirkskörperschaft, könnte dem Literaten mit mitleidiger Herab«lassung auf die Schultern klopfen und ihn eineS ver«traulichen Gesprächs würdigen! Es ist ja schön, wen»der Gerechte sich seines Viehes erbarmt, aber die richtige Distanzsoll gewahrt werden. Auch radikal-politische Elemente, von stolzestemWerlhbeivußtsein erfüllt, pflegen ja an dem Grundsatz festzuhalten:Das Federvolk sollst Du gebrauchen, sonst aber verachten. Unddiesen alterserproblen Grundsatz aller Selbstgerechten sollte manpreisgeben?Beim Schmierfinken selbst ist das etwas anderes. Er hat dieArbeit anzuerkennen, wo immer er ihr begegne. Das ist seine ver-dämmte Schuldigkeil; und wenn er ein leidlich anständiger Menschist— Menschlichkeit giebt's ja auch unter dem Gesindel—, so wird