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weigerst dich! Du läßt dich plöglich aufs Teck fallen; dann dürfen sie dich nicht mehr hinaufjagen! Da müssen sie glauben, du wärest krank!"
Er stützte sich auf der Luvwart- Seite halb liegend, halb fizend auf einen Spir. Die Kameraden stellten sich an geschützten Stellen weiterhin auf. Einige lachten, andere schimpften oder fluchten. Der Kapitän ging bleich und stumm mit dem Gucker in seinen zitternden Händen umher und starrte hie und da hinaus. Der Steuermann stand in seiner Nähe und wartete auf Drdres. Der Sturm heulte und die See schäumte brüllend in die Schute hinein. D Wahrlich keiner von ihnen hat' nen Schimmer, wo wir nun sind," meinte Michel.
Holland und England ist gleich fett für fie," rief Jokum mit Hohnlachen, in das einige Kameraden einstimmten.
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Sie stammelte, während ihr die Thränen in den Augen standen: Vier Franks, auch 4 Franks 50."
Die Bauernfrau betrachtete sie erstaunt von der Seite und fragte dann: Ist die denn frank, daß sie weint?" Er wußte nicht, was er sagen sollte und stotterte:„ Nein nein... aber sie... sie hat unterwegs... unterwegs ihre Uhr verloren, eine schöne Uhr, und das thut ihr weh. Wenn sie jemand findet, können Sie es uns mittheilen."
über.
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Die Mutter Benedikt antwortete nicht, denn sie hielt das für Schwindel; plößlich aber rief fie: Da tommt mein Mann!" Sie allein hatte ihn kommen sehen, denn sie stand dem Zaun gegen Erde und wand sich trampshaft auf ihrem Stuhle. Bor ihnen, etwa D'Apreval sprang auf, Frau v. Cadour aber fiel beinahe zur zehn Schritte entfernt, stand feuchend ein Mann, der eine Ruh an einem Stricke zog. Ohne sich um die Besucher zu kümmern, sagte er: Verflucht! solch Biest!"
" Wenn wir nur nicht ins Mittelmeer hinabgetrieben Die Thränen der alten Frau waren plöglich versiegt; und sie find," fuhr er fort. Da schrie Jens Christian so laut, daß die blieb entsegt ohne Worte, ohne Gedanken. Ihr Sohn! das war ihr Offiziere es durch das Sturmgebrause und den Höllenlärm des Sohn! Meeres mußten hören können: Herr v. Apreval, den derselbe Gedanke durchbligt hatte, fragte " Hol' der Teufel den ganzen Kasten! In den Grund damit zitternder Stimme:„ Das ist also Herr Beneditt?" mit! Dann entginge man wenigftens dem, sich hier zu Tode Bänerin mißtrauisch. " Wer hat Ihnen denn seinen Namen genannt?" fragte die zu rackern. Eine Ursach muß der Tod doch haben!"
( Fortsetzung folgt.)
( Nachdruck verboten.)
Der Verlassene.
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Der Schmied an der Ecke der großen Landstraße," versetzte er. Dann schwiegen Alle und hielten die Augen starr auf die Stallthür gerichtet. Sie bildete eine Art schwarzes Loch in der Wand des Gebäudes. Man sah nichts darin, doch vernahm man wirres Geräusch, Bewegungen und Schritte, die durch das an der Erde liegende Stroh gedämpft wurden. Der Bauer erschien wieder
Bon Guy de Maupassant . Deutsch von Wilhelm Thal. auf der Schwelle, trocknete fich den Schweiß und kehrte
( Schluß.)
Vor dem Hause schrie Herr v. Apreval:" Jst jemand da?" Ein Kind erschien; ein kleines Mädchen von ungefähr zehn Jahren, das mit einem Hemde und einem wollenen Rock bekleidet war, mit nackten, schmußigen Beinen und schüchterner Miene. Sie blieb in der Thüröffnung stehen, gerade als wenn sie den Eingang vertheidigen wollte und fragte:" Was wollen Sie?"
" Ift Dein Vater da?"
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Nein."
Wo ist er?"
Das weiß ich nicht!"
" Und Deine Mutter?"
" Ist zu den Kühen gegangen."
" Wird sie bald zurückkommen?"
" Das weiß ich nicht."
Und plötzlich rief die alte Frau, als fürchtete fie, man wolle sie mit Gewalt fortbringen, mit haftiger Stimme:" Ich werde nicht fortgehen, ohne ihn gesehen zu haben."
Wir wollen ihn erwarten, liebe Freundin." Als sie sich umwandten, bemerkten sie eine Bäuerin, die auf des Haus zukam und zwei Sicheln trug, die sehr schwer zu sein schienen und auf welche die Sonne zeitweise mit weißlicher, leuchtender Flamme schlug.
Sie hinkte auf dem rechten Bein und die Brust in eine braune, schmutzige, vom Regen ausgewaschene, und von der Sommerhiße gedörrte Tritotjade gepreßt, machte sie den Eindruck einer armen, elenden und schmutzigen Magd.
Da ist Mama!" sagte das Kind.
Als fie bei ihrer Wohnung angelangt war, betrachtete sie die Fremden mit böser und mißtrauischer Miene; dann betrat sie das Haus, als hätte sie sie garnicht gesehen.
Sie erschien alt und hatte ein rungliges, hartes, gelbes Gesicht; das Holzgesicht der Bäuerinnen.
Herr von Apreval rief fie an: Hören Sie' mal, Frauchen, wir sind bei Ihnen eingetreten, um Sie zu bitten, uns zwei Gläser Milch zu verkaufen."
Die Bäuerin erschien wieder auf der Schwelle und murmelte, nachdem sie ihre Sicheln weggelegt:" Ich verkaufe feine Milch."
Wir haben großen Durst. Die Dame ist alt und sehr ermüdet. Rann man nicht irgend etwas zu trinken bekommen?"
Die Bäuerin betrachtete sie mit mißtrauischen und unruhigen Augen; endlich aber entschloß sie sich und sagte:" Da sie einmal da find, werde ich Ihnen welche geben."
Damit verschwand sie im Hause. Dann kam das Kind heraus und brachte zwei Stühle, die es unter einem Apfelbaum niederfette, darauf erschien die Mutter mit zwei Näpfchen frischer Milch, die sie den Besuchern in die Hände gab. Sie blieb vor ihnen stehen, als wollte sie sie überwachen und ihre Absichten errathen. Sie sind aus Fécamp ?" fragte sie. den Sommer „ Rönnten Sie
" Ja", erwiderte Herr von Apreval, wir bleiben über in Fécamp ."
Eine kurze Pause trat ein, dann fuhr er fort: uns nicht alle Wochen Hühner verkaufen?"
Die Bäuerin zögerte, dann entgegnete fie: Aber gewiß! Wollen Sie junge haben?"
" Jawohl, junge!"
Wieviel bezahlen Sie denn dafür auf dem Markte?" Herr von Apreval, der das nicht wußte, wandte sich an seine Freundin: Wieviel bezahlen Sie denn für Geflügel, liebe Freundin, für das junge Geflügel?"
mit großen, langsamen Schritten nach dem Hause zurück. Wieder ging er an den Fremden, ohne sie anscheinend bemerken vorbei, und sagte zu seiner Frau:" Hole mir doch einen Krug Wein, ich habe Durst."
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Dann ging er in sein Haus, während die Bäuerin sich dem Keller zuwandte und die Pariser allein ließ.
Betäubt und bestürzt stammelte Frau v. Cadour:„ Gehen wir, Henri, gehen wir!"
Herr v. Apreval ergriff ihren Arm, hob sie in die Höhe, hielt fie mit aller Kraft feft, denn er fühlte, sie werde fallen, und zog sie dann fort, nachdem er auf einen der Stühle ein Fünffranksstück geworfen hatte.
Sobald sie aus dem Bereich des Hauses gelangt waren, begann fie zu weinen, ganz von Schmerz erschüttert und stammelte:" Oh! oh! was haben Sie aus ihm gemacht?"
Er war sehr blaß und antwortete in trockenem Zone.„ Ich habe gethan, was ich fonnte. Seine Befizung hat einen Berth von 80 000 Frants. Das ist eine Mitgift, wie sie nicht alle Bürgers tinder befizen."
Ganz leise, ohne ein Wort hinzuzufügen, gingen fie nach Hause. Sie weinte noch immer. Die Thränen stürzten ihr aus den Augen und rollten unaufhörlich ihre Wangen herab. Endlich blieben sie stehen, und sie trocknete sich die Thränen ab.
Herr von Cadour erwartete sie zum Diner. Als er sie bemerkte, fing er an zu lachen und rief:„ Schön, meine Frau hat einen Sonnenftich bekommen. Ich bin entzückt. Ich glaube wahrhaftig, fie verliert seit einiger Zeit den Kopf!"
Niemand antwortete ihm, und als der Mann, sich die Hände reibend, fragte:„ Habt Ihr wenigstens einen hübschen Spaziergang gemacht?" erwiderte d'Apreval:„ Einen ganz reizenden, mein Freund, einen ganz reizenden."
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Kleines Feuilleton.
-0- Störende Klänge. Pastor Diestelmar stand auf von seinem Sigplay hinter dem Pult. Er hatte sich ganz heiß geredet. Mit seinen weichen Händen zupfte er seinen langen Bart, während feine blaugrauen Augen mit zornigem Blick über die Konfirmanden glitten. Dieser Blick wollte gar nicht recht stimmen zu dem gutmüthigen, weichen Ausdruck des Gesichts, das trotz des großen wallenden Bartes nichts Rücksichtsloses an sich hatte.
Die Knaben sahen denn auch weniger furchtsam, als verwundert zu ihm auf. Es waren echte Gewächse der großstädtischen Weichbildgrenze. Einzelne zeigten die Schüchternheit der Kinder ehemals wohlhabend gewesener Eltern, die zwar wenig Essen, aber reichlich gute Lehren erhalten hatten. Andere konnten ihre, troß Hunger und Elend hochgeschossene Frühreise nicht verbergen. Nur wenige wiesen bei der richtigen Körpergröße auch fräftige Formen und rothe Backen auf. Die meisten von ihnen blickten herausfordernd um sich. In den ersten Reihen saßen einige beffergefleidete Jungen, die theils geweckt, theils eingebildet aussahen die Söhne der Haus besitzer und Kaufleute, Gymnasialschüler.
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Und nun hoffe ich, daß Ihr Euch vertragen werdet." sagte Pastor Diestelmar. Er kam langsam bervor und ging ge= Er schämte sich, messenen Schrittes nach dem Harmonium. daß er sich zu der Drohung, jeden, der wieder bei einer Schlägerei erwischt werde, nicht zu konfirmiren, hatte hinreißen laffen. Durch den gemessenen Schritt wollte er seine Erregung ver bergen. Als er sich aber am Harmonium niedergesetzt hatte und in die Tasten griff, fonnte er nicht anders, als seine Gefühle in einem machtvollen Vorspiel austönen lassen.