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Was wünschen Sie?"

Schüchtern begann Herr Bornah seine Angelegenheit zu er

zählen:

Sie bogen in eine Seitengasse ein. Jedes Haus hatte im Knopfloch trug. Er grüßte mit leichtem Kopfniden und fragte in hier einen fleinen Garten, und das verlieh der Gegend ein schleppendem Tone: ländliches Gepräge. Die nackten, schwarzen Zweige der Bäume streckten sich über die Gartenzäune zum düsteren Winterhimmel empor. Man sah nur wenige Menschen auf der Straße und keiner von ihnen beachtete Merry und Benn. Hier herrschte eine tiefe Stille, die angenehm wirfte, besonders nach all dem Lärm, aus dem sie herkamen. Es war, als wären sie plöglich in eine andere Stadt versetzt.

( Fortsetzung folgt.)

Novelle von Harry Alis  .

( Nachdruck verboten.)

" Schon gut," unterbrach ihn der hohe Beamte. Ich werde Sie an meinen Subdirektor Herrn Blanchut weisen."

dann:

Er flingelte und gab den Befehl, die Besucher zu geleiten. Bon Neuem durchschritten sie schwarze, mit grünen Kartons angefüllte Korridore. Herr Planchut, der eine weniger große Rosette als sein Direktor trug, empfing fie in seinem Kabinet, wo fleinere und weniger hübsche Schiffsmodelle auf Sockeln ruhten. Herr Planchut war mager, seine Haare spielten ins Graue. Er war sehr geschwägig, ließ Herrn Borneh sich längere Zeit aussprechen und wiederholte Der Erfinder. ,, Ach ja, die Erfindungen... Wir haben darin solche nicht Deutsch von Wilhelm Thal untergehbaren Schiffe zu Hunderten.. ( Schluß.) Dabei deutete er ironisch auf eine Reihe von Aftenstüden und III. in seiner Stimme lag die Verachtung des in sicherer Stellung be findlichen Mannes gegen den Abenteurer, der Entdeckungen nach jagt. ,, Aber, mein Herr..." sagte der alte Mann blaß werdend. ,, Ach ja, ich weiß; die anderen sind nichts werth und die Ihrige ist gut. Das ist immer dasselbe Lied... Sie wollen also Bescheid wissen? Fragen Sie Herrn Ballot, meinen Bureauchef." Sie gingen hinaus. Diesmal ließ der alte Mann den Kopf hängen und sagte auf dem Flur in muthlofem Tone: Es ist zu Ende. Sie werden nichts geben." " Doch, doch," versezte die alte Frau. Sonst würden sie sich .. Du hast doch gesehen, fie find gar nicht erst stören lassen. dekorirt."

Plöglich erhob sich Herr Bornay und erklärte:

Es ist Zeit, ins Ministerium zu geben."

Sie grüßten und verließen das Lotal. Unter dem Eindruck des schönen Wetters, das draußen herrschte, fühlten sie sich gestärkt und gekräftigt. Ihr nachdenkliches Gesicht hellte sich auf. Die Frau hing sich an den Arm ihres Gefährten.

" Ich glaube, es wird gut gehen; nicht wahr, Herr Bornay?" offen wir... es ist unsere lette Hilfsquelle... Da ist das Ministerium."

Sie traten unter den Bogen, wo sich die Beamten mit den Be­suchern kreuzten. Mehrere trugen dice Papiere unter den Armen; biele waren dekorirt. Angesichts der vielen Höfe, Treppen und Thüren blieben sie verlegen stehen. Links bemerkten sie einen grauen Menschen in blauer Livree mit goldenen Knöpfen und Galons, der ruhig feinen Backenbart strich. Verzeihung, mein Herr," sagte der alte Mann näher ,, könnten Sie mir vielleicht das Bureau des Herrn zeigen?"

tretend, Gérard Der Portier betrachtete ihn, ohne den Kopf zu wenden, verächtlich von der Seite, dann antwortete er nach einer Bause: Gérard?... Kenne ich nicht.... Wenden Sie sich an einen

"

Nuntius."

Auch der Nuntius fannte ihn nicht. Jm Marineministerium gab es wohl einen Guérard, einen Girard, einen Gorard, aber feinen Gérard.

" In welcher Angelegenheit kommen Sie denn?"

"

Wegen einer Erfindung," versezte die Frau nähertretend. Dann ist es jedenfalls Herr Guérard, mit dem Sie sprechen wollen.. Im Hof hinten, Treppe rechts, im ersten Stod." Sie stiegen hinauf und erkundigten sich weiter. Er wäre heute nicht gekommen... aber morgen. wenn nicht...

Die alten Leute waren ganz niedergeschlagen und berathschlagten einen Augenblick mit einander. Im Korridor ging ein Herr vorüber; dem seßten sie ihre Angelegenheit auseinander. Der Herr gehörte zwar nicht zum Ministerium, rieth ihnen aber doch, sich an die Materialdirektion zu wenden.

Sie fragten nach dem Chef der Materialabtheilung; und auf die unklaren Angaben eines Bureaudieners hin liefen sie längere Zeit in einer Flucht von dunklen Korridoren, Thüren und Treppen hin und her. Beamte huschten wie Schatten an ihnen vorüber; an manchen Stellen mußten sie Treppen hinabsteigen und oft hielten fie sich an den Wänden fest, um nicht zu fallen.

Die alten Leute fingen an, unruhig zu werden, sie fannten sich in diesem Labyrinth nicht mehr aus. Die Angaben, die man ihnen nach und nach ertheilte: Schiffbau  ... Flottenbewegung. Treppe links... dritte Thür tanzten in ihrem Kopfe eine wahre Sarabande. Endlich kamen sie an der richtigen Thür an.

Den Herrn Chef der Material- Abtheilung?" fragte Herr Bornay.

"

Sie meinen jedenfalls den Herrn Direktor" der Material­Abtheilung." berichtigte der Thürsteher. " Ja, ganz recht!"

Haben Sie eine Karte?"

"

" 1

Sie sagte das, um ihn zu trösten, doch die Furcht schnürte ihm das Herz ein.

Herr Ballot, ein dicker, untersetter Mann, war nur Ritter der Ehrenlegion  ; doch er war darauf nicht weniger stolz. Sein Band war sehr breit, und zeitweise warf er einen zärtlichen Blick auf sein Knopfloch. In seinem Bureau befanden sich keine hübschen Modelle mehr, sondern nur vergilbte, staubige Aftenstöße. Dagegen war alles mit den grünen Kartons angefüllt. In allen Winkeln, an den Wänden, auf den Tischen standen welche; und durch eine halb­geöffnete Thür bemerkte man in den Bureaus der Unterbeamten andere Stöße von Kartons, die symmetrisch aufgestellt und mit weißen Etiquettes versehen waren.

Zum dritten Male mußte Herr Bornay den Zwed feines Be­suches auseinandersezen. Aufgeregt, zitternd, in der Ueberzeugung, daß seine letzte Hoffnung scheiterte, legte er eine vollständige Beichte ab. Er erzählte von seiner Erfindung, seiner Verbindung mit dem Patentanwalt Caffaret, dem Wortbruch des letzteren und den Schritten, die er bereits im Marineministerium unternommen. Seitdem hatte er sich häufig im Ministerium eingestellt, um das Resultat der Ex­perimente zu erfahren; man hatte ihn stets ersucht, wiederzukommen, aber beim letzten Mal hatte man ihm fest versprochen...

Herr Ballot hörte mit ernster Miene zu und schüttelte von Zeit zu Zeit den Kopf; dann ließ er sich von einem Beamten mehrere alte Register fommen, blätterte dieselben durch, erklärte, in der Ver­waltung ginge nie etwas verloren und fand die Sache nicht. Glück licherweise erinnerte sich der Beamte daran und entdeckte das Fascikel. Herr Ballot durchflog es schnell. Die Berichte waren günstig; ab­gesehen von einigen Einzelheiten waren die Experimente alle geglückt.

Die Augen des alten Erfinders strahlten vor Freude, und der gebeugte Rücken der Frau richtete sich stolz empor.

"

Herr Bornay ergriff wieder das Wort; er wäre sehr glücklich, fein sehr glücklich. Aber... er schäme sich, es einzugestehen. Bruch mit Caffaret habe ihm seine letzte Hilfsquelle geraubt... Das Patent müsse erneuert werden... er müsse um jeden Preis bezahlen.

Da nun die Experimente so günstige Resultate ergeben hätten, fo hoffte er, werde der Staat. seine Erfindung habe ein wirk liches Interesse... und aus Menschlichkeitsrücksichten... dacht er... daß ein Vorschuß..."

Herr Ballot unterbrach ihn: eine Unterstüßung gewiß... es wäre zweckmäßig ein Gesuch einzureichen... das würde vielleicht bewilligt werden, wenn die Formalitäten

Der Ver

Der Greis zog, nachdem er einen Augenblick gesucht. aus seiner Rocktasche ein armseliges Notizbuch, aus dem zerknitterte, be­schmutzte, von der Zeit vergilbte Papiere hervorsahen. In Ein Gesuch? Aber darum wäre er ja gerade gekommen einer Ede befanden sich, sorgfältig in Seidenpapier gewvidelt, An die schriftliche Einreichung war nicht zu denken... einige Visitenkarten. Er nahm eine heraus und reichte sie falltag war schon morgen, und er hatte kein Geld, um das Patent ihm und der Thürsteher las mit halblauter Stimme: zu erneuern. J. Bornay, Zivil- Ingenieur. Er schnitt eine verächtliche Grimasse. und betrachtete den Erfinder. Dieser schlecht gekleidete Ingenieur, der nicht einmal eine Dekoration aufzuweisen hatte, flößte ihm fein Vertrauen ein. Trotzdem ging er in das Kabinet und kam einen Augenblick später wieder zurück:

"

Sie können eintreten."

Als sie den Fuß in den hellerleuchteten Saal setten, blieben die alten Leute geblendet stehen und sahen zunächst garnichts. Nach Seekarten und nach unterschieden sie die Wände, die mit behängt waren. In der Mitte des Gemaches standen ver Meinerte Schiffsmodelle in äußerst feiner Ausführung auf Kon­folen. Hinter einem Tisch aus Nußbaum, dem Kamin gegen über, saß ein dicker Herr mit weißen Haaren, der eine Rosette

Herr Ballot bedauerte, aber dann wäre nichts zu machen. Darauf könne fich die Verwaltung nicht einlassen... Sie begreifen die Vorschriften... Und er las ihnen mehrere darauf bezügliche Para­graphen vor.

Berzweifelt fragte Herr Bornah, ob man ihn nicht wenigstens ein Attest ausstellen könnte, das das Resultat der Experimente bestätigte. Damit konnte er vielleicht die Summe auftreiben, die er nöthig brauchte.

Der Bureauchef war dazu nicht im stande. Nach einem offiziellen die Verwaltung. Gesuch würde man zusehen. Aber, mein Herr," sagte die alte Frau hartnäckig, wenn das Patent morgen Abend nicht erneuert wird, so wird unsere Erfindung Gemeingut...