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Vasco de Gama .

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fürchten, dem fühnen Genuesen könne es gelingen, auf einer zweiten Fahrt doch zu den richtigen indischen Gewürz- und Goldländern zu Am 25. März, nach anderen am 8. oder 9. Juli des Jahres 1497 gelangen. lief aus dem Hafen von Lissabon eine von dem erfahrenen Interessant ist bei dieser Eifersucht zwischen Spanien und Bartolomeo Diaz ausgerüstete Flottille aus, bestehend aus den Portugal , von welch' beiden Ländern jedes die Herrschaft und den drei Schiffen Sankt Rafael"( Kapitän: Vasco de Gama ), Sankt Besitz von allen noch unentdeckten Ländern begehrte, wie beide Gabriel"( Kapitän: Paolo de Gama, der Bruder Vasco's) und" Sankt Länder vom Papste in Rom die Ermächtigung zu solcher Besty­Michael)( Kapitän Nicolao Coelho). Der Raumgehalt der Schiffe ergreifung ver- und erlangten. Der Oberherr der christlichen Kirche betrug je 100 bis 120 Tons. verfehlte nicht, großmüthigen Herzens zu vergeben, was ihm nicht gehörte und was er nicht hatte. Portugal ließ sich so durch päpstliche Bullen 1443 und 1454 das alleinige Handelsrecht mit Guinea bestätigen. Alexander VI. sprach dagegen 1493 alle in der von Columbus eingeschlagenen Richtung noch zu entdeckenden Gemeinlich hören wir auf den Bänken der Klippschulen die Inseln und Länder Spanien zu. großen Entdecker und Eroberer preisen als Leute, denen die Daraufhin schlossen Spanien und Portugal 1494 einen Bertrag, idealsten Motive Muth und Ausdauer einflößten, den größten Ge- nach welchem eine von Pol zu Pol gehende Meridianlinie die fahren fühn zu trogen. Unbezähmbarer Wissensdrang, glühende Be- Interessensphären" beider Länder festsette: der Osten sollte Portugal , geisterung, den fremden, wilden" Völkern europäische Kultur, der Westen Spanien gehören.

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Am 20. Mai 1498 lief das Geschwader im Hafen von Kalikut der Seeweg nach Ostindien war festgelegt und entdeckt, wir dürfen dieses Jahr die vierhundertjährige Erinnerungsfeier an dieses Ereigniß begehen.

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und die Segnungen des alleinseligmachenden Christenthums Das moderne Flaggenhissen hat sein Vorbild in dem Sezen zu bringen, sollen ihre Seelen erfüllt und sie zu den fühnsten steinerner Wappenpfeiler mit lateinischer und portugiesischer Inschrift, Thaten entflammt haben. Weit weniger noch aber wie bei den padrãos genannt, welche die Entdecker an hervorragenden Küsten­noch stärker religiös gefärbten Kreuzzügen des frühen Mittelalters punkten aufrichteten, um ihr und ihrer Landesherren Vor­Land dokumentiren. Der ist dieser Firniß echt bei den handels- und kriegspolitischen Welt- recht auf das umliegende Erste, der solche fahrern des Zeitalters der großen Entdeckungen. solche steinerne mit Annegionsurkunden sich Reichthum, Ruhm und Macht zu erlangen dadurch, daß man nahm, war der Bortugiese Diogo Cam , der 1484 mit zwei die bisherigen Träger des Handels mit Ostindien ablöste und sich Schiffen in See stach und den Deutschen Martin Behaim als Kosmo­die Vortheile desselben sicherte, hat auch den portugiesischen Fürsten graphen mit sich führte. Den ersten Wappenpfeiler setzte Diogo Heinrich dem Seefahrer, Johann II. und seinem entdeckungsluftigen Cam am Kongo auf der Südküste unter 60 8 südlicher Breite, den Nachfolger Manoel, dem Auftraggeber des Vasco de Gama , und zweiten am Kap Agostinho unter 13° 27', den dritten am Kap Johann III. mindestens in gleichem Grade als Ziel ihrer Unter- Negro unter 150 40 südlicher Breite. Dieses Kap hielt auch Behaim nehmungen vorgeschwebt, wie die Ausbreitung des Christenthums für das südlichste des afrikanischen Festlandes. und ähnliche ideale Absichten.

Schon das klassische Alterthum malte fich Indien als ein Land der Wunder und vor allen Dingen als eine Schatzkammer voll unermeßlicher Reichthümer aus. Was ganz unglaublich schien, Eigenschaften, die man nur einem Schlaraffenlande, einer phan tastischen Utopia zutraute: für Indien war das eben angemessen, das seit den Zügen Alexanders des Großen allzeit von einem Schimmer des Märchenhaften umglänzt war. Ganz unbestimmt im Umfange und Grenzen umfaßte der Begriff Indien alles Land von Madagaskar und Sansibar bis China ; zu Karls des Großen Zeit theilte der gelehrte Alcuin die ganze Welt in Europa , Afrika und Indien . Das Sinnen, Dichten und Trachten der großen, so hoch ge­feierten Seefahrer und Entdecker, wie der Fürsten , von denen sie entsendet wurden, war ganz besonders auf den Gewinn von Ge­würzen und Gold gerichtet. Selbst im Schiffstagebuch des Kolumbus, das uns Las Casas theilweise erhalten hat, finden sich derartige Ausrufe der Goldsehnsucht unterm 15., 16., 19., 22. und 27. Oftober, ebenso unterm 4., 5., 6., 12. 2c. November 1492. So fühlte und dachte Kolumbus , derjenige unter den großen Entdeckern, bei dem noch am meisten ein religiös- mystischer Zug wahrzunehmen ist: auch sein Christenthum war eben äußerst" praktisch", wie sich sehr deutlich in seinem Tagebuche zeigt.

Das wirkliche füdlichste Kap zu entdecken gelang erst 1486 dem Bartolomeo Diaz ; er nannte es Sturmtap, sein König, Johann II. von Portugal , taufte es um und nannte es Kap der guten Hoff­ nung . Den äußersten Wappenpfeiler errichtete Diaz auf der Insel Santa Cruz in der Algoabucht östlich vom Cap der guten Hoffnung. Wie schon erwähnt, ging Diaz auch mit der Expedition Vasco de Gama's , ward aber dann bei dessen steigendem Ansehen in den Hintergrund gedrängt.

Am 20. November umfegelte Gama das Kap der guten Hoff­mung; nach mehreren stürmischen Wochen, unter großem Mißmuth der Mannschaft und arbore secco( mit trockenem Baume, d. i. mit gerefften Segeln) ward Port Natal erreicht am Weihnachtsabend 1497. Bierzehn Tage später liefen die Schiffe in der Delagoa- Bai ein. Fünfzig Meilen nördlich von Sofala , dem südlichsten Punkt arabischer Siedelungen an der Ostküste Afrikas , lief Gama im Sambesifluß ein und gönnte seinen ermatteten und zum theil skorbutkranken Leuten einen Monat Rast. Nach der Errichtung eines Wappensteins ging die Fahrt nach Mozambit, wo auf einer kleinen Küsteninsel ein zweiter Wappenstein errichtet wurde.

Von dem dortigen arabischen Scheich erbat sich Gama Lotsen, die ihn nach Indien führen sollten, mußte aber bei dem er­wachten Mißtrauen der Araber, welche Konkurrenten in den dem Kulturmittel der Feuer­Fremdlingen fürchteten, zu.

Auch für die lebendige Waare fehlte ihm das Schäßungsvermögen feineswegs. Sklaven zu machen, zu verhandeln und auszubeuten waffen greifen. Ebenso galt es, an dem nächsten Haltepunkt in nach Kräften, bertrug sich mit seinem christlichen Glauben ganz Mombas, einem Ueberfall beim Wasser- Einnehmen aus dem Wege vortrefflich. Am 12. Oftober 1492 ward die Insel Guanahani zu gehen. entdeckt; freundlich und harmlos näherten sich die braunen Ein- Freundlichere Aufnahme fanden die Portugiesen in Malindi, geborenen den Fremdlingen, welche sie mit Glasperlen, Nadeln und mit dessen Scheich Gama ein Freundschaftsbündniß schloß, den fleinen Schellen beschenkten. Und schon am 13. Oftober schrieb letzten Wappenpfeiler setzen durfte und einen zuverlässigen Lotsen Kolumbus in sein Tagebuch:" Diese gutmüthigen Menschen müssen erhielt. ganz brauchbare Sllaven abgeben." Mit Frachten von Sklaven fuchte Kolumbus den Zorn der Königin zu besänftigen, welche un­geduldig Gold und Gewürze aus Amerika erwartete.

Der Vergleich der Leistung Vasco de Gama's mit derjenigen des Genuesen Kolumbus drängt sich unabweisbar auf. Nautisch betrachtet, leistete Kolumbus größeres: kühn ließ er das Land hinter sich und durchquerte das Weltmeer, im ersten Anlauf in eines halben Jahres Frist löste er seine Aufgabe, wenn auch nicht wörtlich, da er Vasco de Gama ist der nach Amerita, nicht nach Indien gelangte. Bollender hundertjähriger Arbeiten des portugiesischen Volkes.

Der Plan der Portugiesen bestand darin, den Rand von Afrika in altüblicher, durch die miltelalterliche Schifffahrtstechnik bedingter Weise der Küstenfahrt als Fahrbahn zu benutzen und so in den gelobten Often zu gelangen; eine Seefahrt quer über das Weltmeer war ursprünglich nicht beabsichtigt. Ferner wußte man, daß längs der Küste Ostafrita's arabische Siedelungen waren, zwischen denen und den indischen Häfen lebhafter Handelsverkehr stattfand. Es galt also, um Südafrika herumzufahren, jene Städte zu erreichen und ihnen den Handel nach und von Indien aus den Händen zu winden.

Vasco de Gama rechnete mit mehr bekannten Größen und auf Grundlagen, die von langer Hand vorbereitet waren. Er war portu­giesischer Edelmann, Staatsangehöriger des Entdeckerlandes; Kolumbus bagegen Ausländer, Genuese, in spanischen Diensten. Ja, Kolumbus ' Erfolg gab geradezu den letzten Anstoß, daß Vasco de Gama von seinem König entfandt wurde, nachdem Kolumbus diesem letteren, in den Hafen von Lissabon verschlagen, Vortrag gehalten hatte über seine westindischen" Entdeckungen. Nun stand für Portugal zu be­

*) Andere Ueberlieferung giebt dem dritten Schiff den Namen Berrio.

Nahe Kananor erreichte man die Ostküste Jdiens; am 20. Mai lief Vasco de Gama mit seinen Schiffen im Hafen von Kalikut , dem Hauptgewürzmarkt Vorderindiens, ein.

Seltsamer Willkommgruß ward ihm im Hafen zu Kalikut ge­boten: zwei Mauren von Tunis , welche spanisch und italienisch sprachen, riefen den Portugiesen zu:" Scheert Euch wieder zum Teufel, der Euch hergebracht hat."

Von ihrem Standpunkt hatten die Leute nicht so unrecht, Araber war es nun denn mit dem Handelsmonopol der bald vorbei, wie sie ganz richtig voraussahen. Nach Gama's statt gegen Zeit liefen portugiesische Schiffe Brasilien an, Wind und Meeresstürmen längs der afrikanischen Westküste nach Süden zu gehen, und ließen sich nun von günstigen Winden um Afrifa herum direkt nach Indien führen, so daß die ostafrikanische Küste mit ihren arabischen Handelsplätzen ganz ausgeschaltet wurde.

Zudem waren die Portugiesen als Christen die geborenen Feinde der maurischen, arabischen, egyptischen und jüdischen Inhaber des indischen Handels.

Der kaiserliche Oberherr der malabarschen Küste, Samudrin, wie die Portugiesen das Wort aussprachen: Samorin , d. H. Herr der See genannt, war sichtlich ebenfalls nicht erbaut von der Ankunft der Fremden. Gama's Klugheit und Selbstbeherrschung gewann ihn jedoch für Erlaubniß zum Handel.

Die bedrohten Händler aber jeßten natürlich alle Hebel in Be­wegung, den Samorin gegen die Portugiesen einzunehmen und Konflikte blieben nicht aus, bei deren Erledigung die ultimo ratio, der letzte Ueberzeugungsgrund der europäischen Kultur, die Kanonen das entscheidende Wort sprachen.

Gama segelte dann nach Kananor, nördlich von Kalikut , errichtete auf einer fleinen Insel einen Wappenpfeiler, und ging dann nach