Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 107.

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Freitag, den 3. Juni.

( Nachdruck verboten.)

Um die Freiheit.

1898

setzte sich auf die Ofenbant, auf der sich die Bäuerin inzwischen niedergelassen hatte.

Muß eins denn nit?" seufzte die Frau. Je schwerer für uns die Zeiten werden, je härter werden die Herren.

Geschichtlicher Roman aus dem deutschen   Bauernkriege 1525. Morgen wird's wieder jährig, daß die drei heidnischen

Von Robert Schweiche I.

Simon Neuffer blickte mit seinen Klugen braunen Augen seinen Amtsgenossen durchdringend an und fragte: Nu, Wendel, was dünket Dir? Ob der heilige Jüngling wohl die Herrenleute fannte?"

Könige aus dem Morgenland mit kostbaren Geschenken zu dem armen Christkindlein in der Krippe famen, und heut waren es Christen, die dem Konz   Hart und den Seinigen den Strohsack unterm Leib und das Dach überm Kopf wegnahmen." Sie wischte sich mit dem Zeigefinger die naß gewordenen Augen. Darum muß es halt anders werden," rief Simon, Ja, was half's ihm?" entgegnete der Angesprochene, Simons dessen Mienen finster und finsterer geworden waren, mit Nach­Blick vermeidend. Es war verspielt. Wir haben längst verspielt." druck. So kann es nicht weiter gehen." | " Ja, wenn Du unsere Freiheiten meinst," begann Vater Du kannst nichts ausrichten und bringst Dich selbst blos Martin. Der fraustöpfige Schreiber fiel jedoch heftig ein: ins Unglück," seufzte die Bäuerin. Der Stöderlein wird den Mit falschen Würfeln haben sie uns betrogen. Das gilt Mund nit halten und der Herr Schultheiß es Dir zum andern nicht!" aufs Kerbholz schneiden."

"

,, Nu, wir haben wohl noch einen Wurf frei, was meinet Mögen sie," entgegnete er fest. Was ich gesagt und Wer soll denn Shr?" fragte Simon mit bedeutungsvoller Miene. Und als gethan hab', das kann ich verantworten. Haim darauf seinen Filzhut mit einer unruhigen Geberde reden, wenn nit ich? Dazu hat mich die Gemeind' nicht tiefer in die querdurchfurchte Stirn zog, fügte er hinzu: zum Dorfmeister gemacht, daß ich das Maul halte, wo es ., Wir reden da wohl noch ein Wörtlein über. Behüt Gott." das Recht gilt." Er ging nach seinem Gehöft, das an dem Dorfplate lag. Der Gemeind' ist's freilich Recht, daß Du für sie einstehst", Die Baulichkeiten befanden sich in einem guten Zustande, und gab sein Weib zu. Sie lobt Dich darum, aber nachher mußt auf dem von Schrittsteinen durchkreuzten Hofe herrschte ziem- Du's allein ausbaden, vor dem Schultheiß, dem gestrengen liche Ordnung. Durch einen schmalen Flur, hinter dem die Herrn von Wernizer, ducken sie alle. Wie war's legt bei der Küche lag, betrat Simon die Wohnstube. Es war ein Fronleichnams- Prozession? Da hatten es die Hausväter aus­großer Raum, der durch Fenster aus dickem grünlichen gemacht, daß keiner von ihnen mitgehen sollte, und nachher Glase spärlich erhellt wurde. Hier standen das eheliche hast Du allein gefehlt, und das Sendgericht hat Dich um ein Himmelbett, das bis zu der niedrigen geschwärzten Pfund Wachs gebüßt." Balfendecke reichte, und eine kleinere Bettstelle für die Kinder. ,, Gebüßt wohl, aber der Bockel mag halt zuschauen, wie Wie ich legt bei Ein Ziegelofen, dessen Tünche in Rückenhöhe über der um- er's friegt," lachte Simon leicht auf. laufenden Bank ganz schwarz und blank gerieben war, drang meinem Bruder Andrä in Tauberzell   war-" weit in die Stube vor. Dem Himmelbett gegenüber stand Ach ja", fiel sie ihm ins Wort, wenn die geistlichen in dem sogenannten Herrgottswinkel ein schwerer Eichentisch Herren alle so wie der zu ihrer Gemeinde hielten, dann wär's mit einer Bank dahinter, die unter den beiden kleinen wohl gut." Fenstern fortlief. Zwischen dem Bett und dem Ofen

-Da hat er mir aus einem Gesprächbüchlein verlesen", standen zwei Spinnräder mit einem nur noch ganz fuhr Simon fort, der neue Karsthaus war's geheißen, darin fleinen Rest von Flachs an den Rocken. Darüber stund: So ein Sendpfaff zu uns täm', daß wir ihn mit hingen an der Wand eine Sturmhaube und ein Brustharnisch Hunden vom Hof hezen wollten. Ich hab's gut behalten. Strebs genannt, und zu deren Seiten ein Schwert, ein Hand- Ein Pfund Wachs, weil ich unter den Schafen nicht mitlaufen jeuerrohr und der Spieß, dessen Martin Neuffer in seiner und mitplärren wollte! Wer hat denn unseren geistlichen Erzählung vorhin gedacht hatte. Wehr und Waffen fehlten Hirten dafür gebüßt, daß er an Mariä Geburt so betrunten in feinem Bauernhause des Rothenburger   Gebiets, und die war, daß er über die Altarstufen ist gestolpert, wie er die Männer waren in deren Führung wohl geübt. Mess' hat lesen wollen?"

Simon schritt auf dem Estrich von gestampftem Lehm in seinen schweren Bundschuhen, deren Riemen sich bis hoch die Waden hinauf kreuzten, nachdenklich hin und her. Nach einer Weile richteten seine Blicke sich auf die Waffen. Langjam streckte er den Arm nach ihnen aus, nahm das Schwert her­unter und trat damit an das nächste Fenster. Er entblößte die Klinge und betrachtete mit zusammengezogenen Brauen den blanken Stahl, an dem sich ein brauner Flecken zeigte. Es war nicht Blut, sondern Rost. Simon versuchte, ihn mit dem Aermel seines grobwollenen Bamses wegzupuzen. Darüber tam seine Frau aus der anstoßenden Küche herein. Obgleich jünger als ihr Mann sah sie doch älter aus als er und ihre Stim wies tiefe Querfurchen. Ihr Gesicht war schmal und in ihren Augen nistete die Sorge. Nach ihrer Gestalt zu schließen, mochte Zähigkeit den Mangel an förperlicher Kraft ersezen. Sie war betroffen, als sie das bloße Schwert in den Händen ihres Mannes gewahrte, und mit einem leichten Beben in ihrer etwas singenden Stimme fragte sie:" Was giebt's denn, was hast Du vor?" ispetrus

Es war gar arg, aber was hilft's?" feufzte Urfel. Wenn es uns armen Leuten gilt, dann ist die Oberkeit, geistlich und weltlich, wie Hand und Handschuh, Gott sei's geklagt!"

Aber ich laß mich nit mit Füßen treten von den Herren", rief Simon und richtete den Kopf tropig auf. Fap' Dir nur ein Herz, Bäuerin! Noch ist nicht aller Tage Abend. Hat's Kräuter, wo heute Nacht die bösen Geister ans Stuben und Ställen räuchern, daß Menschen und Vich im kommenden Jahr kein Schaden nit geschieht, so ist auch wohl ein Sträut­lein wachsen gegen diejenigen, to uns ärger brücken als die Nachtmaren." do durad

1998weites Kapitel opt

Dem rauhen Tage war ein milderer, wenn auch nicht flarer Morgen gefolgt. Schleierartig wie um das Antlitz einer Schönen, so umwoben die Nebel die Mauern und Thürme der freien Reichsstadt Rothenburg  , die hoch über dem Tauberthal thronte. Natur und Kunft vereinigten sich, die Nichts," erwiderte er barsch, stieß das Schwert in die Stadt zu festigen. Im Mittag und Abend von der Tauber Scheide zurück und bing es wieder an seinen Ort. Gemäßigter umflossen, gürteten fie gewaltig dicke Mauern mit etwa dreißig fuhr er fort: Du weißt ja, daß ich morgen nach Rothenburg   muß, starken Thürmen und verbanden sie mit der Burg der längst ber­um den Zins für die Gült des Neureuter zu entrichten, und daß flossenen Grafen von Rothenburg  . Diefe umfangreiche, von dem ich der Stäthe versprochen hab', fie mitzunehmen. Du besinnst chflopischen Pharamundsthurm beherrschte Burg trotte auf Dich wohl noch anders und kommst auch mit, gelt, Urfel?" der jäh nach allen Seiten abfallenden Felfenzunge, welche Sein Ton war ganz mild geworden und die Bäuerin die mittelfränkische Hochebene gen Westen in das liebliche dankte es ihm mit einem Blicke. Aber sie schüttelte den Kopf. Tauberthal mit seinen zahlreichen Mühlen, dem Toppler­Wer soll denn bei den Kindern bleiben? Ich bleib' gern schlößchen und dem gothischen Wallfahrtskirchlein Unserer daheim, da ist mir am wohlsten und ich ruh mich einmal lieben Frau von Kobolzell vorstreckte. Auf Seite der Hoch­rechtschaffen aus, derweilen ihr lustig seid." ebene, im Norden und Süden, berstärkten ein breiter und tiefer Graben und starke Doppelthore, innerhalb deren die Zug­

" Und machst Dir schwere Gedanken," ergänzte er und