Anterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 112. dit sy mond nor Freitag, den 10. Juni.
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( Nachdruck verboten.)
8] m die Freiheit. Geschichtlicher Roman aus dem deutschen Bauernkriege 1525. dapurad Bon Robert Schweichel. jund in
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für sich aufzulesen und darüber mit einander in Streit geriethen. Die Dirne hielt er noch immer im Arme, ohne daß sie sich gesträubt hätte. Sie lachte vielmehr ebenfalls.
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Halt, ich hab' einen Einfall!" rief Junker Philipp, dem das strohgelbe Haar unter dem nach hinten geschobenen Barett in die weinrothe Stirn hing.
Pottausend, der Finsterlohr hat einen Einfall!" foppten ihn die jungen Patrizier. Er aber fuhr fort, schon im voraus über seinen Einfall so lachend, daß ihm der Bauch schütterte, den er sich trotz seiner Jugend bereits angeschlemmt hatte. „ Der Mann soll sein Geld wieder haben, der Narr soll es auflesen, jetzt gleich, mit dem Maul, auf allen Vieren, als wie ein Hund, der er ist." jest
Seine Freunde stimmten in sein Lachen ein, auch mancher unter den Zuschauern. Aber zugleich entstand ein Murren, und es wurde lauter, als Philipp von Finsterlohr fortfuhr: Platz da für den Hund! Vorwärts! Wird's bald, oder soll ich Dich prickeln?" Er zog seinen Dolch und richtete dessen Spige auf den Narren, der erblaßte und Hilfe suchend sich nach allen Seiten umfah.
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" Wehr Dich, Philipp, die Spazen kommen," höhnte der wilde Zeifolf. Denn Hans Lautner, der sich von Käthe, die ihn zurückhalten wollte, losgerissen hatte, stürzte sich auf den unter Philipp und schlug ihm mit seiner Klinge den Dolch aus der Hand.
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Den da hab' ich noch gekannt," äußerte der lange Lienhart, der mit Büttner hinter ihr stand, und zeigte auf das Bild Franzens von Sickingen. Im Jahr 19 war's, dazumal, als es dem Herzog Ulrich von wegen Reutlingen an den Kragen ging. War dabei, wie sich der Göz von Berlichingen ergeben mußte. Es war meine letzte Reis, und ich stand bei dem Fähnlein des Geyer von Geyersberg. Beim heiligen Jörg, ist das ein Kriegsmann, der Herr Florian! Und er hat ein Herz fürs Volt. Denn als er zu seinem Väterlichen fam, schenkte er seinen Leibeignen die Freiheit." 9 aid olm Eine freischende Trompete lockte zu der Vorstellung eines Seilschwimmers. Plöglich wich Käthe von der Seite ihres Vetters und drängte sich zwischen den Leuten hindurch. Sie hatte den jungen Goldschmied entdeckt, den seine Aufregung Das ist ein nichtswürdig Spiel," schalt Megler. Schämt in das Tauberthal getrieben und der nun, durch das Kobol- Euch, Junker!" zeller Thor zurückgekehrt, über den Markt gehen mußte, um Ein paar von den jungen Patriziern schlichen sich davon. feines Meisters Haus auf dem Marienplatz zu erreichen. Wie Der von Finsterlohr aber rief, mit seinem Dolche fuchtelnd: mich das freut, oaß ich Dich noch find'," rief Räthe, deren Augen Auf die Pfoten, Du Hund!" noch deutlicher als ihre Worte ihre Freude ausdrückten, ergriff feine Hand und zog ihn fort zu den anderen, die stehen geblieben waren. Gelt, der Hänselin ist jetzt auch Dein bester Freund," wurde sie von Kaspar genedt, und sie versetzte mit heiterer Schlagfertigkeit: Weiß nit. Wann ihr zwei Beid' nach Ohren bach kommt, will ich's Dir sagen." Kaspar schnitt ein Gesicht. Von allen Seiten wogten die Neugierigen auf den Seilschwimmer zu. Der Meister blies die Trompete und sein Narr unterhielt einstweilen die Leute mit saftigen Späßen, Fraßenschneiden und Gliederverrenkungen. Sein Anzug war auf der einen Hälfte der Länge nach roth und weiß, auf der anderen in die Quere gelb und schwarz gestreift, der eine Aermel eng, der andere von unförmlicher Weite und am Zipfel mit einer Schelle versehen. Eine solche hing auch an der Kappe, die alle vier Farben vereinigte und nur das Gesicht frei ließ. Dieses war so grotest, daß die Menschen schon lachten, bevor er den Mund aufthat. Eine braune Dirne in phantastischem Buzz, die ihr schwarzes Haar mit blanken Metallstücken durchflochten hatte, wand ihre üppigen Glieder aalgeschmeidig zwischen den Zuschauern hindurch und sammelte in einer Schellentrommel, die sie zuweilen rasseln ließ, Geld ein. Der Narr erregte eben durch eine Zote, in ,, Schlagt sie todt, die Junker!" ergellte ein wüstes Gewelcher ein Mönchlein nicht gerade die Rolle des feuschen schrei, und gleich einer Springfluth drang die Menge vor. Die Josef spielte, ein wieherndes Gelächter, als bei der Herren Händler und fahrenden Künstler ergriffen die Flucht, die RathTrinfftube ärgerliche Ausrufe laut wurden. Die Veranlassung Hausbuden wurden hastig geschlossen, die Weiber und Kinder dazu gaben Zeisolf von Rosenberg und Philipp von Finster- schrien. Kasper riß seine Base trotz ihres Widerstrebens aus lohr, die mit einigen befreundeten Stadtjunkern für ihr Ge- dem Handgemenge.. Tage auf der Trinkstube einen würdigen Abschluß auf dem
Die Zuschauer jubelten, der Narr machte einen Luftsprung rückwärts und verschwand. In demselben Augenblicke stand der lange Lienhart neben Hans. Der Junker von Finsterlohr starrte den riesigen Bauer mit offenem Munde an, fein Freund aber wüthete:„ Hölle und Teufel, stich den Roßmucken über den Haufen!" Er stieß die Dirne von sich. Es gelang ihm jedoch nicht, sich sogleich Raum zu schaffen, denn er war inzwischen dicht umdrängt worden. Indessen war seines Freundes Staunen in Wuth übergegangen und er griff mit seiner Wehr den langen Lienhart, der ihn mit seinem mächtigen Schwert wie eine Wespe behandelte, hihig an. Mittlerweile hatte der wilde Zeisolf sich Luft gemacht und führte einen wuchtigen Hieb nach dem ehemaligen Lanzknecht. Seine Klinge glitt aber unschädlich an dem langen Degen Lautners ab, der sich wie ein Rajender gegen den Junker von Rosenberg fehrte.
Mord! Schlagt sie todt!" heulte es. Schwerter und Markte juchten. Alle diejenigen, die den Berauschten nicht Messer blikten in der Luft und trafen klirrend aufeinander. geschwinde Platz machten, wurden von ihnen rücksichtslos bei Die Junker und Patrizier mußten zurückweichen, es waren Seite gestoßen. Die braune Dirne des Seiltänzers schlüpfte ihrer allzuwenig, und sie wären trok ihrer heftigen Gegenwehr, ihnen sogleich entgegen, ließ ihre Schellentrommel erflingen die manche Wunde schlug, verloren gewesen, wenn nicht aus und lachte sie mit ihren Brandaugen an.
der Wachtstube im Rathhause einige Stadtknechte herbeigeeilt „ Alle Hagel!" schnaufte der Junker von Rosenberg und schlug wären und ihre Hellebarden zwischen die Kämpfenden ihr unter das Tambourin, so daß die Stupfermünzen, die es enthielt, gestreckt hätten. Das Getümmel hatte sich nach dem schmalen nach allen Seiten hinstoben, umschlang sie und verschloß ihr den Durchgange zwischen dem Rathhause und der Trinkstube geMund, der schreien wollte, mit seinen rothbärtigen Lippen. zogen und während die Stadtknechte ihre ganze Straft gegen Der Narr machte einen Luftsprung und rief: Wunder über die Bürger und Bauern aufboten, flohen die Junker hinter Wunder, die edlen Junker sind zu Säeleuten geworden. Und ihnen dem Münster zu. Hans, der allen anderen voraus, was säen sie? Geld!" immer nur den wilden Rosenberg bedrängt hatte, und der Es entstand ein Gelächter, das aber sogleich verstummte, lange Lienhart suchten vergebens den Widerstand der Stadtals Büttner mit kräftiger Stimme rief: Fremdes Geld! Knechte zu brechen. Plötzlich erscholl der Ruf:„ Nach den Wir fäen und sie prassen von unserem Schweiß." Dominikanerinnen!"
Und ihre Hörigen lassen sie verhungern", fügte der lange Lienhart dröhnend hinzu.
Der Seiltänzer aber schrie aufgeregt:„ Mein Geld ist's. Der Junker muß es ersetzen."
Er muß zahlen," rief es und viele Stimmen wiederholten: " Zahlen! Zahlen!"
Der wilde Zeisolf lachte nur über die von ihm verursachte Aufregung, zumal viele sich bückten, um die verstreuten Münzen
Der Losung gehorchend, stürmte die erhitte Menge auf der anderen Seite der Trinkstube bei der Georgengasse nach St. Jakob und auf dem Straßendurchgang unter dem Orgelchor der Kirche nach dem Kloster auf der Klingengasse. Aber die Klosterpforte hatte sich schon hinter den Flüchtlingen geschlossen, und die Verfolger stauten sich in dem kurzen Sträßlein vor derselben und auf der Klingengasse. Um das starke Thor einzuschlagen, fehlte es an Hämmern und