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Merten, und die Mauer war zu hoch, um sie zu erklettern. I die wohlweisen Dreizehn des Innern Rathes schon würdevoll Das wüthende Pochen mit den Schwertern und selbst mit in ihren schwarzen langen Schauben und flachen schwarzen den bloßen Fäusten schaffte nichts und die Steine, die über Baretten auf den hochlehnigen Eichenstühlen um den grünen die Mauer in den Hof flogen, thaten keinen Schaden. Tisch. Mancher von ihnen hätte der Ruhe wohl gern etwas

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Die Junker ließen die Belagerer pochen, schreien und toben länger gepflegt; denn die Feuergeister des Leisten, Stein- und und löschten derweilen ihren Durst am fühlen Klosterwein. Rheinweines hatten sich an der Tafel des ersten Bürger­Sie waren bis auf Zeisolf von Rosenberg mit heiler Haut meisters ein übermüthig Spiel mit den ehrsamen, günſtigen, davon gekommen, nur ihre Kleider waren übel zugerichtet. Der lieben Herren erlaubt. Auch wirkte der umständliche Bericht, Junker von Haltenbergstedten hatte in den rechten Oberarm den der Stadtrichter Georg Hörner über den gestrigen Tumult einen Hieb erhalten; jedoch war derselbe durch den dicken erstattete, nicht sonderlich erquickend. Raufereien auf Märkten Buff des Aermels abgeschwächt worden, und das geronnene Blut und Kirchweihen waren zudem ein zu gewöhnliches Ereigniß, verschloß die Wunde. Er verlangte nach Rache an den um darauf großes Gewicht zu legen. Nur Konrad Eberhard Hunden, die draußen heulten," wie er sich ausdrückte, schnitt mit der scharfen Bemerkung hinein:" Das sind die und er machte Philipp den Vorschlag, daß sie satteln ließen Folgen der gotteslästerlichen Hochzeit eines eidbrüchigen und mit ihren beiden Knechten aus dem Kloster ausfielen. Pfaffen!" Der Junker von Finsterlohr stachelte ihn noch), indem er ihn In den Augen des Altbürgermeisters flammte es auf. damit hänselte, daß er die braune Seiltänzerdirne für die Georg von Bermeter jedoch, der gern vermittelte, wo er es mit schöne Gabriele gehalten hätte, und wie diese über ihn lachen Ehren konnte, denn Zaut und Streit waren ihm verhaßt, würde, wenn sie von ihrem tapferen Rückzuge vor den Roß- warf Herrn Ehrenfried einen bittenden Blick zu. Er war muden, Schneidern und Schustern hörte.

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außer diesem der Einzige im Innern Rathe, der wenigstens in seinem Herzen der Reformation zugeneigt war, und er fagte: Aber es erhellt aus dem Bericht, daß die fremden Junker die Schuld an den Händeln tragen." Was? Was?" rief der Rathsherr von Winterbach  . Heißt das Händel anfangen, wenn ein Edelmann mit einem Narren einen Scherz macht?" Erasmus von Muslor hob seine weiße, etwas fleischige Hand auf und mahnte: Hören wir den Bericht weiter, wohl­weise Herren!"

Die Stadtjunker legten sich ins Mittel. Dennoch wäre der waghalsige Versuch wahrscheinlich unternommen worden, wenn nicht der Stadtrichter Hörner mit der gesammten Rathhaus wache auf der Klingengasse erschienen und den Zusammen­gerotteten mit weithin schallender Stimme im Namen des Rathes geboten hätte, sich zu zerstreuen. Die aus ehe­maligen Lanztuechten geworbenen Stadtknechte, welche ihre Hellebarden zu Stoß und Hieb bereit hielten. gaben der Aufforderung Nachdruck. Die Klingengasse war bald geräumt, mehr Mühe kostete cs, um das Gedränge in dem Kloster- Der Stadtrichter trug daher weiter vor, daß der Seil­gäßchen zu lichten, und hier bekamen, wenn nicht die schwimmer und der Buchführer, dem in dem Getümmel der Schneiden, so doch die Stiele der wuchtigen Partisanen manche Tisch umgestürzt und die ausgelegten Schriften unter die Arbeit und etliche Widerspenstige mußten verhaftet werden. Füße getreten worden, auf dem Markte ein großes Die Aufregung verrauchte aber nicht sobald. In den schmalen Geschrei vor den Bürgern erhoben hätten und Schadenersatz und engen Gassen, durch welche sich die Menschen allmälig verlangten. Sie warteten vor der Rathsstube, um ihre Klagen von der Klingengasse verliefen, bildeten sich immer wieder anzubringen. Auch der Narr warte draußen auf ein Schmerzens­Gruppen und sprachen und stritten lebhaft über das Ge- geld für die ausgestandene Todesfurcht. schehniß. Da ficl von den Bürgern manch scharfes Wort wider den Rath, daß er die Vorrechte der Klöster in Schutz nehme, ja daß er die letzteren überhaupt noch dulde. got Der lange Lienhart, Hans und Fritz Büttner, welcher sich der Schwebestange des Seiltänzers als Waffe bemächtigt hatte, waren nicht bis vor das Kloster gelangt. Bei der Die große breite Landstraße zog sich mit ihren schnurgeraden Trinkstube die ersten an den Gegnern, waren sic, als die Baumreihen meilenweit dahin. Herr Tanzmann stapfte wader dar­Menge Kehrt machte, unter den nach dem Kloster Stürmenden auf los auf dem weißgetrodneten festen Fahrdamm. Den so ziemlich die Ießten gewesen. Da hatte Büttner bemerkt, Freunden, die ihn diesmal hatten begleiten wollen, hatte er sich sanft daß das Wams des jungen Goldschmiedes in der rechten entzogen. Weiche aufgeschlitzt und blutig war. Hans, der bisher nichts gefühlt, meinte zwar, es sei nichts; der lange Lienhart aber hielt ihn auf dem Kirchhofe zurück und nahm die Wunde in Augenschein. Die feindliche Klinge hatte ersichtlich zuerst die Schwertgurt getroffen, und war durch diese glücklicherweise die Kraft des Stoßes gebrochen worden.

Der Vader und der Schneider, die fliden halt beides bald wieder zusammen," tröstete der lange Lienhart und nahm feinen topfartigen Hut ab, um sich die heiße Stirn zu fühlen. Dabei gewahrte er, daß von den beiden Hahnenfedern die eine geknickt und von der anderen nur noch ein Stück vor handen war. Schau, schau, wie sie mir meinen schönen Buschen verhauen haben!" rief er mit einem melancholischen Kopfschütteln, das die beiden anderen zum Lachen reizte.

,, Dank' es dem Lautner, daß Dir der Hieb nicht den Schädel gespalten hat," sagte der Mergentheimer. Ich sah, wie er den Hieb des wilden Zeisolf abfing."

Die runden Eulenaugen des ehemaligen Lanzknechtes schauten Hans eine Sefunde lang an; dann ergriff er dessen Rechte mit seiner breiten Tage und rief, sie kräftig schüttelnd: Wann wir den stolzen Hahnen die Schwanzfedern ausrupfen, da findet sich schon eine Gelegenheit, es Dir zu vergelten. Hab' meine Freude dran gehabt, wie Du dem Rosenberg   bist zu Leib' gegangen."

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( Fortsetzung folgt.) 19

Spaziergänge eines Naturfreundes.

Juni.

Rein Kinder, hatte er gesagt, diesmal ist das kein Weg für Euch, dazu find Eure Augen und Eure Beine noch nicht reif. Geht Ihr heute lieber nach dem Grunewald   oder nach Biesenthal  . Ind er hatte ihnen geschildert, wie sie vor Hize und Staub auf der Chaussee verkommen würden, wie sie auf der endlos langen Fahrstraße nach und nach müde, verdrossen, wüthend würden, wie sie ihn erst einen närrischen Kautz, dann einen verrückten Dussel, dann einen hinterlistigen Hallunken nennen würden, der ihnen einen fost­baren Tag gestohlen hätte, wie sie ihm nach zwei Stunden Wande­rung schief anguden, später anrempeln und schließlich durchprügeln würden. So wanderte denn Herr Tanzmann allein dahin an Baum und Baum und Baum vorbei, vorbei an Kilometersteinen und Schutthaufen. Zum Glüd war der Tag nicht zu heiß. Gewitterregen hatten die Tage vorher die Luft abgekühlt, und ein frischer Nordwest milderte die Strahlen der Sonne, deren Leuchtkraft ohne hin durch einen zarten weißen Wolfenschleier etwas beeinträchtigt wurde.

Herr Tanzmann war einer von den wenigen, die jetzt noch die Poesie der Landstraße tennen. Drei Jahre war er einst, zumeist Stadt, von Dorf zu Dorf, ohne kaum je eine Eisenbahn zu benutzen. auf diesen Straßen in der Welt umhergewandert, von Stadt zu Ueberall war er nur furze Zeit geblieben, nur so lange, um wieder mit ein paar Sechsern weiter zu wandern auf der Landstraße. Offen gestanden, er hatte auch manchmal gefochten und die Nacht im weichen Rafen des Straßengrabens süß verträumt, nach altem Hand­werksburschen- Brauch die Jacke ausgezogen und sich damit zugedeckt. Doch das waren wilde Sachen, die Herr Tanzmann niemandem " Hätt' ich nur an ihn können, wie ich's wollte," versetzte erzählte, und außerdem war er damals erst 18 Jahre alt gewesen. Die Straße führte zunächst an ebenen Ackerfluren vorüber. Hans halb unzufrieden, halb durch das Lob des erprobten Der Roggen stand in Aehren, aus denen die unscheinbaren Blüthen­Striegsgefellen erfreut, und schnallte das abgelegte Schwert theile lose herabhingen. Er hatte bereits eine weißliche Farben­wieder um. Dann suchten sie den nächstwohnenden Bader auf. Die Stange des Seilschwimmers blieb auf dem Kirchhofe liegen, wo sie am folgenden Morgen gefunden wurde.

Viertes Kapitel.

Nach heutigen Begriffen war es noch früh am Tage, hatte der Wächter auf dem Rathhausthurme doch nur cben dje achte Morgenstunde an der Glocke angeschlagen, da faßen

tönung angenommen. Das Meer von Achren wogte schwer im Winde, tiefe Wellen liefen rauschend über das Millionenheer von Halmen. Im Innern dieser hohen geschlossenen Kornpflanzung war fein Unfraut zu sehen, aber am Rande des Feldes bis etwa ein Meter in das Innere hinein standen unzählige blaue Kornblumen, vermischt mit rothem Klatschmohn und violetten Kornraden. Diese Blumen konnte Herr Tanzmann schon von weitem erkennen, wenn er aber an das Feld herantrat, dann fand er unter ihnen noch manches