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Heine unscheinbare Gewächs, den Adersteinsamen, den ziegelrothen geblühte Flieder machte einen wellen Eindrud. Indeß die neu­Gauchheil und manchen anderen Freund des Roggenfeldes. Mit den erwachte Rosenpracht, herrliche Nellen und Feuerlilien, brachten doch Kornfluren wechselten sauber behadte Kartoffeläder ab, deren buschige bereits einen üppigen sommerlichen Eindruck hervor. An Scheunen­Pflauzen sich in geraden langen Reihen weit hinzogen. Sie waren wänden und anderen vernachlässigten Plägen standen große bereits ziemlich hoch geworden und fingen eben an, ihre weißen Hollunderbüsche, dicht besäet mit großen weißen Blüthenscheiben. Blüthen zu öffnen. An regelrecht aufgestellten Stangen rantten die Bohnen bereits anderthalb Meter hoch empor, und weißblühende Zuckererbsen stützten sich auf dürres Reisig, das man, um ihnen Halt zu geben, in die Erde gesteckt hatte. An den Johannisbeersträuchern färbten sich bereits die Früchte roth und ließen an eine baldige Ernte denken. Das war die Zeit, wo Herr Tanzmann früher als Knabe im Garten der Frau Tanzmann Obst zu ernten anfing. Er hatte damals die Gewohnheit, die Früchte immer einige Zeit früher abzunehmen, Grüne Stachelbeeren er zum Entsetzen als sie reif waren.

Die Ränder der Straße waren mit hohem Gras bewachsen, das jezt ebenfalls blühte und mit seinen zierlichen Rispen und Achren im Berein mit weißen Doldenblüthlern, blauem Natterkopf und vielen anderen Blumen einen bunten Teppich bildete. Die Pflanzenwelt war nun auf dem Punkte, wo sie die Blätter vernachlässigt, um ihre ganze Kraft auf die Blüthen zu verwenden. Herr Tanzmann wanderte zufrieden weiter.

Der Juni bringt es fertig, sagte er zu sich, selbst magerem Sand­boden ein Ansehen von leppigkeit zu geben. Na, lange wird die Sache ja nicht dauern, eine Woche Hizze, und alles ist vertrocknet und verstäubt wie ein Mehlsack.

Auch die Bäume der Chaussee erregten seine Zufriedenheit. Sie waren in üppigem Triebe. Der beim Wegebau verwandte Lehm, die stete Bertrümmerung der Granitsteine, die einen nahrstoffreichen Boden bildete, und der Düngerabfall der Zugthiere gab diesen Bäumen den denkbar günstigsten Standplay. Es waren sch breitkronige Ahornbäume, phantastisch verzweigte Ulmen und, vereinzelte Schivarzpappeln und Eichen darunter.

Er war in tiefer Betrachtung über das Wesen und die Gestalt dieser einzelnen Baumgattungen vertieft, als die Klingel eines Rad­fahrers dicht hinter ihm schrillte, sodaß er aufgeschreckt zur Seite fuhr. Herr Tanzmann war empört. Als ob der Mensch nicht aus­weichen konnte, wo doch Plaz genug vorhanden war! Und da er nun einmal aufgebracht war, ließ er seinem Zorn freien Lauf. Ihr seid mir schon die windigsten Gesellen, ihr Radler, sagte er, frummbudlige Tretfüßler, schwindsuchtsberechtigte. schwindsuchtsberechtigte. Jhr Natur­verfahrer, die ihr an Baum und Strauch und Wald und Wiese unachtsam vorüberrast mit dem einzigen Gedanken an die Kilo­meterzahl, die ihr zurücklegen müßt, ihr armseligen Kilometer Philosophen. Ihr blinde Streber, die ihr die Herrlichkeit der Welt nach Meilensteinen und Nadumdrehungen berechnet und teuchend, athemringend, schweißtriefend Euer Tagespensum abhaspelt, blos um wieder 10 Meilen Radfahrt hinter Euch zu haben. Ein herr­liches Möbel, Eure Drehmaschine, die Euch das letzte bischen Natur­empfinden ausdreht und mit Euch durchbrennt, ehe ihr nur anfangen Tönnt, Euern Verstand zu sammeln. Ja, ja, Ihr Foht Recht, Euch gehört die Zukunft, so tapenbudelnd, mit dem e... gen Wunsche Cuch vorwärts zu drehen, so macht man Karriere!

der Frau Tanzmann mit großer Vorliebe, er fie, ohne den Mund zu verziehen, während sie bei dem bloßen Gedanken daran einen fauren Geschmad im Munde fühlte. Nun gab es aber sehr viele Sträucher im Garten, und wenn Herr Tanzmann nicht täglich seinen Freund Mewis, der nebenan die Gänse hütete, eingeladen hätte zu gemeinsamer Arbeit, so wären die Stachelbeeren sicher reif geworden, ehe fie abgeerntet gewesen wären.

Der Wanderer setzte seinen Weg weiter fort. Wieder führte die Landstraße an großen Korn- und Kartoffelfeldern vorüber, bis sie nach einiger Zeit einen Ileinen Kiefernwald durchschnitt. Es war ein etwa vierzigjähriger Baumbestand, der aber durch eine plan- und verständnißlose Privatwirthschaft sich in schlechtem Zustande befand. Der Boden war ganz mager, da ihm die Waldstreu, die herabgefallenen Nadeln, Jahr für Jahr entzogen worden war, die Bäume waren verkrüppelt, und der Bestand wies große Lücken auf. Eine dürre, trodene Luft herrschte über dem armen Boden, in dem nur ein dürftiges gelblichgrünes Moos einigermaßen gedieb und höchstens hier und da eine magere Grasnelfe ihren röthlichen Blüthenkopf auf langem, dürrem Stiel erhob. An den Privatwald schloß sich ein staat­licher Forst an. Das Bild war fofort ein ganz anderes. Gerade hohe Stämme schossen fast üppig aus dem grünen Boden hervor, auf dem selbst junge Ahornbäumchen und Eichen, die sich offenbar von der Chauffee her ausgefäet hatten, einige Jahre ein wenn auch fümmer­liches Leben fristen konnten. In großen Lagern hatten sich niedere Heidelbeersträucher und Erdbeerpflanzen angesiedelt, die voller Früchte hingen. Herr Tanzmann setzte sich an den Waldesrand neben einen blühenden Brombeerstrauch und that sich an den köstlichen blauen und rothen Beeren gütlich. Er hatte das volle Gleichgewicht seiner Seele wieder erlangt, und als ein Radler keuchend an ihm vorbeistürmte, winkte er ihm freundlich grüßend zu. Curt Grottewig.

Kleines Feuilleton.

Die Chaussee durchschnitt jeßt eine fleine Thalsenlung, die aber doch so tief lag, daß der Grundwasserstand den Feldbau nicht mehr lohnend machte. Die Thalsohle bildete daher eine kleine Wiese, die durch die Landstraße in zwei Theile getheilt war. Auf der einen Seite, die am wenigsten naß zu sein schien, war das Gras bereits gemäht und lag, einen - Galgenhumor. Am 5. Juni 1738 machte der Gutsbefizer würzigen Heugeruch verbreitend, in Haufen geordnet da. Ein Maul­wurf hatte hier, unter dem Nasen wühlend, lleine Erdhügel auf- Johann Böhne in Marienthal bei Zwickau seinem Leben freiwillig geschüttet. Auf der andern Seite der Chaussee stand das Wiesenland ein Ende. Böhme galt im Dorfe für einen guten Hauswirth und noch im üppigsten Graswuchse. Die Blüthenstände des Sauerampfers war stets frohen Muthes und lustiger Laune, die nur durch die gaben dieser Wiese einen röthlichen Grundton, in dem die Hahnen- Quälereien seines Weibes getrübt wurde. Schließlich glaubte er diese fußblüthe und Doldengewächse gelbe und weiße Schattirungen nicht mehr ertragen zu können und beschloß zu sterben, aber nicht, ohne vorher seinem Hausdrachen noch etwas auszuwischen und hervorbrachten. Den hohen Grundwasserstand konnte Herr Tanzmann damit zugleich der Gemeinde einen Spaß zu machen. nicht nur an dem satten dunklen Grün der Gräser wahrnehmen, er genannten Tage, wo seine Frau morgens nach erkannte ihn auch an den schilfig breiten und rohrartigen Gräsern, Binsen Am und Seggen, die sich hier bemerkbar machten. An der tiefsten Stelle 3widau gegangen war, schob Böhme sämmtliches Geräthe in Haus wurde das Wasser sichtbar, ein schmutziges, mit grünen Algen durch- und Stube bunt durcheinander, rasirte sich fein säuberlich und schlug fetztes Sumpfwasser, aus dem Weidengestrüpp, einige Erlen einen großen Nagel über der Stubenthür in die Wand. Nachdem er und Faulbaumgebüsch hervorragte. Das war der Tummelplatz eines Hausthür und Fensterläden geschlossen, band er drei Kissen um den Heeres von Stechmücken, die im Nu Herrn Tanzmann umschwärmten, Leib, darüber seiner Frau bestes Wams und darunter zwei Weiber­und ehe er sich ihrer erwehren konnte, ihre dünnen Saugrüssel in ärmel, denen er vorn die Spitzen recht ordentlich herauszog. Ferner band er drei blaue, eine schwarze und zwei weiße Schürzen vor, hing das Fleisch seiner Hände und seines Gesichtes einbohrten. Tanzmann konnte feststellen, daß die Stiche ihm ziemlich un- eine blaue und zwei weiße auf den Rücken und legte zwei Halstücher angenehm waren, während er früher, wie er noch bei der Frau um, deren Zippel er geschickt in den Schnürriemen band. Dann zog er Tanzmann war, seiner Mutter, sich nie etwas aus Mückenstichen ge- neun Weiberröcke übereinander an, setzte eine Cornette und darüber eine macht hatte, auch kaum von ihnen belästigt worden war. Diese Haube auf den Kopf, hing die Feuerkiepe um den Leib und einen Besen auf Thatsache gab ihm nun wieder genügende Veranlassung, böse Worte jede Seite und zog zuletzt sechs Paar Strümpfe übereinander an. über die Verweichlichung in Berlin und die Naturentfremdung der In dieser Verfassung hing er sich an dem über der Thür ein­Der Bericht über diese Hanswurstiade Städter auszustoßen. Trotz der Mückenplage und des nassen Bodens geschlagenen Nagel auf. trat der Wanderer etwas näher an den kleinen Buschwald heran. schließt:" Als die Frau abends nach Hause kommen, hat sie über Er sah, wie das Laub der Erlen von blauen Blattkäfern ganz und zwei Stunden nicht hineingekonnt und ihren gegenüberwohnenden gar zerfressen wurde und wie auch die Weiden und das Faulbaum- Schwager zu öffnen bitten müssen, da sie denn, als Licht angebrennet, gestrüpp von allerhand Insekten heimgesucht wurden. Das stimmte den Böjewicht in seiner" Masqueraden- Positur" mit großem Entsetzen in der Thür hangen sehen. Er wurde folgendes Tages abgenommen ihn wieder versöhnlicher. und an dem Orte, wohin solche Teufelsgenossen gehören, verscharrt. Es gab aber doch viele, welche über diesen vermeintlichen Narrens­possen gar weidlich lachten."

Herr

Zum Glück, dachte er, werden wir Menschen nicht allein ge­peinigt, jedes Thier, jede Pflanze hat Beiniger, die Eiche soll gegen 100 verschiedene Arten von Blutjaugern haben, warum sollte sich der Mensch also nicht mindestens zehntausend leisten können?

Geschminkte Früchte. Es wird nicht einem Jeden bekannt sein, daß die schönen, frischen Farben, das Roth der Aprikosen und das Wachsgelb der Pfirsiche, in Paris so täuschend nachgemacht werden, daß man diese Fälschung von der natürlichen Farbe der reifen Steinfrüchte nicht zu unterscheiden im stande ist. Das Färben Farbstoff enthält, bewerkstelligt werden. Die Arbeit ist äußerst müh­sam, zeitraubend und sehr kostspielig. Die Sanitätspolizei- Organe fönnen aber gegen die Fälscher nicht viel ausrichten, denn das Gefeß gestattet den Zuckerbädern und ähnlichen Gewerbetreibenden die Benutzung fleiner Farbenzufäße zum Aufpugen ihrer Artikel.

Die Chaussee war hier in der Bodensenkung mit schönen sieder­blätterigen Eschen bepflanzt, es befanden sich auch einige Linden darunter, deren unscheinbare Blüthendolden einen weithin duftenden Wohlgeruch verbreiteten. Die Landstraße zog sich dann wieder in langsamer Steigung einige Meter aufwärts zu dem vorherigen geschieht durch Einspritzungen, die mit einer kleinen Sprize, die den Boden- Niveau. Wieder führte sie an Roggenfeldern und Kartoffel­äckern vorüber. Dann berührte sie eine kleine Ortschaft, die zu dieser Zeit ganz in Akazien gehüllt erschien, deren große weiße Schmetterlingsblüthen einen starken füßen Duft aus strömten. Die Gärten waren bereits merklich verstaubt, und der ab­