- 475
Garderobenhändler hinzu.„ Er hat sich bei mir wiederholt Gesellschaftsanzüge für sehr feine Gesellschaften bestellt."
So lange man ihm nichts nachweisen kann, und so lange er Geld hat, ist er natürlich ein Ehrenmann!" sagte der ironische Schullehrer.
" Ja, da fällt mir ein," sagte der Vorsitzende, ohne den Schullehrer eines Blickes zu würdigen. Bei Einem in der Wahlliste steht vermerkt, daß er Armenunterstützung empfangen hat. Ich bitte Sie, Herr Protokollführer, darauf zu achten, daß der Mann nicht wählen darf. Sie wissen, das schließt die Wahlberechtigung aus."
Wer ist es denn?"
„ Ach, es steht da Bureauschreiber Werner der Mann ist 72 Jahre alt," sagte der Vorsitzende.
„ Na, der wird dann auch gar nicht kommen," meinte einer der Behäbigen.
der
In demselben Augenblia humpelte eine seltsame Gestalt herein. Eine einst riesengroße Figur, die aber entsetzlich ausgemergelt war und infolge von Gicht etwas seitlich gekrümmt; ein langer schneeweißer, sogenannter Kaiser- Wilhelmbart umrahmte ein tiefzerfurchtes, greifenhaftes, mageres Gesicht, dessen Züge noch Spuren von Energie aufwiesen. Seine Kleidung bestand in einem ganzen, fchwarzen Anzug, aber sehr abgeschabt war und in allen Nähten glänzte. Das auffallendste aber war eine lange Ordensreihe auf der Brust: ein eisernes Kreuz, Kriegerdenkmünzen, auch eine Rettungsmedaille. Er lahmte stark auf dem einen Fuß und schleifte ihn etwas nach. Mit der Rechten stügte er fich auf einen Stock. Als er nun aber mitten vor dem Tisch stand, raffte er sich mit einem Ruck empor, stand wie ein Grenadier in der Front da und sagte:
„ Bureauschreiber Werner, meine Herren!"
-
" Was geht das uns an? Du kannst doch nicht unserer ganzen Gemeinde einen solchen Schlag ins Gesicht versehen!"
"
mit
"
Als ob das die Sache an sich milderte! Laß ihn doch in Boston seinen schwarzen Brüdern beten!"
,, Aber er ist ein Mann von fünf Millionen Dollars." „ Ein Mann wovon?"
,, Ein Mann von fünf Millionen Dollars!"
"
-
Fünf Millionen Dollars! Bruder Smith stelle mich dem Mann vor!"
-
Theater.
-
-Bahr contra Schlenther. In der Wiener Wochens schrift:„ Die Zeit" veröffentlicht Hermann Bahr einen wüthenden Artikel gegen den Direktor des] Burg- Theaters. Der Artikel hebt an:" In diesen Tagen soll es sich entscheiden, ob Herr Schlenther gehen muß oder am Burg- Theater bleiben darf. Da ist es wohl an der Zeit, einmal die fünf Monate seiner Thätigkeit kann man das ja kaum nemmen, aber sagen wir: Anwesenheit bei uns ein wenig zu bedenken. Ich will referiren, wie es ihm ergangen ist, wie er begonnen hat, was er that, was er ließ, wo er am Ende verblieb und wie wir uns also mit ihm, für ihn oder gegen ihn, wenn es ihm erlaubt werden sollte, daß er bleiben darf, zu verhalten haben werden. Es dauerte ein bischen lang, bis er überhaupt begann. Er hatte etwas viel mit Bücklingen durch alle Instanzen, Rührungen über den gewissen Geist des Burg- Theaters" und Angelobungen an seine Clique im Kottage zu thun und kaum war er mit der Bewunderung des alten Intendanten fertig, so fing er mit der des neuen von vorne an: nie ist allen Funktionären inständiger, flehentlicher hofirt und geschmeichelt worden. Ich weiß nicht, ob das so klug gewesen ist, als der Herr Schlenther meint. Er kennt die Wiener nicht. Die Wiener haben es nicht sehr gern, wenn jemand in alles hineinkriecht, und mit einem Erstaunen, das von Mißachtung nicht mehr gar zu fern war, sahen sie zu, wie der Berliner Gelehrte auf einmal die albernsten Phrasen der Wiener Vorstadt anzustrudeln mit jedem Bänkelsänger um die Wette beslissen war." Nach Bahr's Meinung ist Schlenther alles, was er unternommen, mißglückt. Die neuen Stücke, die er aufgeführt, find durchgefallen; die von ihm entdeckten" Talente find durchgefallen; die aus der Provinz herbeigetrommelten Gästesie fielen durch, alle fielen durch." Durch Schlenther's Direktionsführung ist das Burgtheater verödet. Die wenigen guten Momente, die unter der neuen Direktion zum Vorschein gekommen, seien alle noch auf die Thätigkeit Burchard's zurückzuführen. Es gebe nur eine Rettung: Man müsse wieder auf die Methode BurkNein, es ist nur eine Wahlvorschrift," suchte der Vorsitzende zu Hard zurückgreifen. Der Artikel kommt zu dem Schlusse: begütigen.
"
Wenn man vom Wolf spricht.." murmelte der Garderobenhändler feinem Nachbar zu.
„ Ah, Herr Werner," schnarrte der Protokollführer,„ nja aber zu meinem Bedauern muß ich Ihnen sagen.. Sie.. Sie dürfen nicht wählen!"
" Ich... Ich darf nicht wählen?!" fragte mit namenlosem Erstaunen der alte Mann. Er stand noch immer hochaufgerichtet. " Ja... bin ich denn ein Ehrloser, daß ich mein Bürgerrecht nicht ausüben darf?"
,, N... nein, Herr Werner... Wie können Sie denken.. aber Sie haben im letzten Jahre Armenunterstügung empfangen, die nicht zurückbezahlt ist."
-
"...... ha be." Der alte Mann sant plötzlich völlig in sich zusammen." Und dann... bin ich ehrlos?" stotterte er.
habe
er
.. es ist auch garnicht wahr", rief der Greis plößlich mit frischerwachender Energie." Das ist eine Niedertracht. Hören Sie, meine Herren," rief er sehr laut, fein Geficht glühte und seine matten Augen befamen plötzlich einen hellen Schein. „ Allerdings bin ich während meiner langen Augenkrankheit zum Armenvorsteher und gegangen ob ihn gebeten, nicht für mich alten Veteranen etwas thun könne. Ich hätte mir ja immer mit Schreibarbeiten so gut durchgeholfen. Aber nun ging es doch nicht! Und da hat er gesagt, er wolle mir etwas Geld aus einer Wohlthätigkeitskasse verschaffen. Da sagt' ich, es darf aber nicht die Armentasse sein, denn dann verliere ich meine ehrlichen Bürgerrechte. Nein, nein, sagte er, es ist eine Privatkasse. Und dann schickte er mir Geld, und ich meinte, es sei von einem Veteranenberein... wie er mir gesagt hatte."
" Ja, hier steht Armentasse!" sagte der Vorsitzende achselzudend.
Herr Schlenther mag wählen. Weigert er sich, die Tradition Burd hard's anzunehmen, und bleibt er dem Diktat seiner Währinger Klique gehorsam, so dauert es kein Jahr und man jagt ihn mit Schimpf und Schande davon. Ist er klug, nimmt er die Tradition Burchard auf und bescheidet sich, ihr großes Andenken treu zu verwalten, dann werden wir vielleicht vergessen können, wie er zu uns gekommen ist und wie er bei uns begonnen hat. Mag er wählen. Er hat sein Schicksal in der eigenen Hand!"
-
Musik.
"
-er-. Neues Opernhaus. Der heurige Sommerumzug zu Stroll hat sich mit einer Neueinstudirung von Auber's Stumme von Portici" vollzogen. In vielen Theilen gehört auch sie zu den fünfattigen Effettopern der einstigen Pariser„ Académie imperiale", über deren unwahrscheinlichkeiten und Uebertreibungen in szenischer, deren falschem Pathos und hohlem Spektakel in musikalischer Beziehung ein immer dichterer Staub sich lagerte. Einzig in dem Männerduett Nun bin ich also mit einem Male ehrlos nun steh' ich und in der Barcarole des zweiten Aufzuges, in einigen Rezitativen vor Ihnen allen da in gleicher Stufe mit einem Verbrecher, einem, und in den Volksszenen hat sich ein lebendiger dramatischer Ausdruck der im Zuchthaus gefeffen hat... Nun weiß ich es doch endlich erhalten, und melodische Beredtsamkeit besitzt nur das Schlummerlied - mit 72 Jahren mußt' ich es lernen das Armuth.... und der Abschied Majaniello's bon seiner Fischerhütte. Schande ist!" Eine in jeder Hinsicht kraftvolle Leistung bot Herr Sylva als Er preßte die freie linke Hand die rechte hielt den Stock Majaniello, wenn ihm auch zu entscheidenden Wirkungen der Glanz gegen die Augen, drehte sich sehr schnell herum und wankte faft einer frischen Höhe fehlte. Fräulein Dell'Era standen als Dar
taumelnd hinaus.
-
-
-
„ Es geht doch nichts über eine gerechte Gesetzgebung," sagte ironisch der Schullehrer.
Na, sollen denn auch noch alle Armenhäusler Wahlrecht haben?" fragte wüthend der Affeffor, offenbar in der Bemühung, durch die scharfe Antwort seine unbehagliche Stimmung abzuschütteln.-
Kleines Feuilleton.
cd. Der Geldsack thut es. In Toronto ging an einem Sonntage ein Mitglied einer sehr frommen Sekte in die Kirche und zwar in Begleitung eines Negers. Vor der Kirchthür begegnete ihnen ein anderes Gemeindeglied und nahm den frommen Bruder zu einer furzen Aussprache bei seite.
"
Bruder Smith, was fällt Dir ein?"
Was meinst Du?"
Du willst einen Neger mit in unsere Kirche nehmen?!" Warum sollte ich nicht? Er ist ein gescheuter, wohlerzogener
"
H
"
Mann.
Wer fragt darnach? Er ist ein Neger!"
Aber ich bin mit ihm befreundet."
stellerin der Titelrolle beredtes Mienenspiel und eindringliche Geberdensprache zur Verfügung; sie zeigte sich als bedeutsame Schauspielerin ohne übertriebene Balletzugaben. In zweiten Partien schufen Frau Herzog , die Herren Hofmann und Naval mehr als konventionelle Opernfiguren. Die Ausstattung erregte Be wunderung, und in den Volksszenen herrschte mehr als stereotypes Chor- und Statistenfeuer.-
-
Geographisches.
Ueber die dänischen geographischen Unters suchungen im Jahre 1898 schreibt der„ Globus ": Die Vermessung und Kartirung der Far- Oer, welche im Jahre 1895 begonnen wurde, wird in diesem Jahre die nördlichen Inseln umfassen, während Sandö und Syderö mit Fixpunkten und Nivellement versehen werden sollen. Der Schoner, Diana" wird in diesem Jahre Ver messungen an der Küste von Island vornehmen. Es ist die Absicht, die Untiefen und die Fischbänke bis hinaus zur 100- meterlinie zu vermessen und Untersuchungen über die Temperatur, den Salzgehalt, die Bodenbeschaffenheit und sonstige für die Seea und Fördenfischerei wichtige Verhältnisse anzustellen. In diesem Jahre sollen die Süd- und die Ostiüste in Angriff genommen werden