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Menschen leben laffen und werden auch dafür sorgen, daß das 1 Handwerk wieder zu Ehren kommt. Ein Handwerker muß nur

Kleines Feuilleton.

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was Tüchtiges fönnen, ein Paar Schuhe müssen unter cd. Religion und Geschäft. Wir möchten gern ein Boot seinen Händen ein Kunstwerk werden, dann wird's ihm miethen," sagten drei Touristen zu einem schottischen Bootverleiher, schon gut gehen, wenn ihm die Polizei nicht so nicht so viel der zu ihrem Leidwesen gerade in dem Augenblick, als sie bei seinem Scherereien macht. Seht Ihr, wat ein rechter Bürgersmann is, der Häuschen anlangten, dasselbe abschloß, um sich im Festgewand bestellt sich seine Stiebel beim Schuster. Aber Ihr und die Beamten und mit einem umfangreichen Gesangbuch bewaffnet, in die Kirche und Landräthe, die laufen immer in die feinen Geschäfte. Wenn zu begeben. man erst die Freifinnigen in die Regierung kommen!. denn die Am Sonntag! Unmöglich!" fagte der fromme Mann tief ent find doch regierungsfähig! Aber Thr?!... Ja, denn wird det rüstet, umso unmöglicher, als ich Kirchenältester bin." anders, als jetzt mit den Landräthen!"

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Wenn er auf dem Spaziergang, den er jeden Sonntag Nach­mittag mit seinen sechs Kindern machte, an dem Garten der Land­rathsvilla vorüberfam, zeigte er ihnen die Siesta haltende oder im Schatten spielende Familie und wies auf den Sandhügel hin:" Seht Jhr, diesen ausgedörrten heißen Fled lassen sie Euch zum Spielen. Dabei tönnten in dem Garten sich noch' ne ganze Menge Kinder tummeln. Und das ist doch Staatseigenthum! Ja, wenn da so' n freifinniger Bürgersmann drin wäre, der immer mit dem Volke gelebt hat, der würde schon die Gartenthüre für die armen Leute öffnen. Der würde auch den Weg über den Sandhügel nicht scheuen, um bei Eurem Vater sein Schuhwerk machen zu lassen. Und dann könnte ich doch zeigen, was für feine Stiefeletten ich machen kann. Und dann würde es uns anders gehen. Dann könnten wir uns bald ein Haus kaufen, denn alle feinen Leute würden nur zu Eurem Bater kommen."

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Bär's denn aber wirklich garnicht zu machen?" legten die Ruder­luftigen sich aufs Bitten. Nicht für Geld und gute Worte? Wir zahlen das Doppelte von dem sonst gebräuchlichen Sah." Der Kirchgänger dachte ein wenig nach und sah sich dann vor­sichtig nach allen Seiten um.

" In jener Bucht liegt ein Boot," sagte er mit gedämpfter Stimme. Lösen Sie es ab und fahren Sie ohne Umstände davon. Ich werde hinter Ihnen her schimpfen; aber kehren Sie sich nicht daran. Morgen früh komme ich in Ihr Gasthaus und hole mir das Miethsgeld ab."

Und die drei Reisenden hatten eine sehr vergnügte Bootfahrt, trotz des Hagels von Schimpfworten, die der fromme Kirchenälteste zum Schein hinter ihnen her schleuderte. Und pünktlich am andern Morgen stellte sich der Fromme im Gasthause ein, um sein Geld in Empfang zu nehmen.

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Kunst.

Also hatte der Schuhmachermeister geredet. Da kam die Wahl­Der jüngst verstorbene englische Maler Burne- Jones zeit. Als rühriger Fortschrittsmann ging er in die Versammlungen war mit William Morris eng befreundet. Im Erter Kollege der Konservativen, um ihnen ihre Sünden vorzuhalten. Am heftigsten zu Orford schloß er mit dem jungen Morris, der dort ebenfalls wurde er, als der Landrath selbst in Buffe's Salon auftrat. Da theologischen Studien oblag, eine Freundschaft, die ihr Leben hin­warf Knoblich ihm vor, daß er sich garnicht um das Fortkommen durch währte und sie oft zu gemeinsamer, fünstlerischer Thätigkeit der kleinen Leute bemühe, sondern sie nur fortwährend durch die verband. In der Clarendon Press" in Orford sahen beide Ab­Polizei schikanire. Bei Euch Konservativen sind wir fleinen Ge- drücke von Werken der Präraffaeliten, namentlich von Holman werbetreibenden schlecht aufgehoben!" Damit trat er, von der un- Hunt und Rossetti , durch die sie so begeistert wurden, daß gewohnten Anstrengung schwer feuchend, auf seinen Platz zurück. fie zu Weihnachten 1855 nach London pilgerten, um Rossetti Seine Kollegen flatschten ihm heftig Beifall. Da verschwand das tennen zu lernen. Burne- Jones sah Rossetti in Arbeiter- Kollegium überlegene, wohlwollende Lächeln des Herrn Landraths, und er be- Beichenunterricht ertheilen, scheute sich aber, ihn anzusprechen; sprach sich sehr eingehend mit dem Vorsitzenden der Versammlung. Dann stand er mit der alten, amtlichen, verständnißinnigen Miene auf und versprach, von jetzt an ganz besonders" für die kleinen Gewerbetreibenden eintreten zu wollen. Aber die Handwerksmeister verließen mit ihrem Wortführer, dem Herrn Meister Knoblich, un­gläubig und unwirsch den Saal.

Am nächsten Vormittag Klappten die eilenden Hufe zweier Equipagenpferde durch die Eisenbahnstraße. Die in den Läden ein­faufenden Frauen sahen erstaunt hinaus; hier hörte man sonst nur den langsamen Trott von Last- und Ackerbürgerwagen, und nun mit einem Male eine Equipage! Und, o Wunder! Der Landrath stieg

bei Knoblich aus.

Als am Abend mehrere Arbeiter ihre Stiefel, wie verabredet war, holen wollten, sagte Knoblich ganz fkühl: Ja, da stehen sie noch; ich habe jetzt keine Zeit dazu. Erst muß ich des Herrn Land­raths Stiefel machen!" Er beugte sich über ein großes Stück Leder und rechnete und maß, und maß und rechnete.

Das arbeitende Volt hatte mitleidiges Nachsehen, wie es bei Unglücklichen und Kranken stets gutmüthig die tollsten Streiche ver­zeiht. Zwar verlangte es, durch zu lange Wartezeit ungeduldig ge worden, sein Recht. Es erinnerte den Meister Knoblich daran, daß er nur durch die Arbeiter existire; ein junger Mann meinte sogar, Knoblich habe darum die Pflicht, es auch bei der Wahl mit den Arbeitern zu halten. Dann würde es auch ihm besser gehen. Aber Knoblich meinte, er wisse, was er zu thun habe. Der Landrath sei ein feiner Mann, der fühle mit dem kleinen Mann, der müsse ge­wählt werden. Und diese Meinung konnte er auch leicht seinen Kollegen beibringen, die, wie alle Spießbürger, immer dem ihrer Kameraden folgen, der den größten Mund hat, und die der Meinung sind, wer viel redet, denkt auch. Und es ist ihnen ganz bequem, so einen zu haben, der für sie denft....

So kam es, daß die Freisinnigen diesmal nicht durchkamen, sondern der Landrath. Das heißt, er fam wenigstens in die Stich­wahl mit dem Arbeiterkandidaten. Das machten des Herrn Land­raths neue Stiefel.

schließlich lernte er ihn aber durch Vermittelung eines Freundes fennen, und nachdem Rossetti die zeichnerischen Versuche des jungen Studenten gesehen, gab er ihm den Rath, die theologischen Studien aufzugeben. Fortan lebte Burne- Jones mit William Morris zu­sammen in London , beide mit fünstlerischen Studien beschäftigt. Von Morris, der dem modernen englischen Kunstgewerbe die Wege wies, wurde Burne - Tones zu dekorativen Arbeiten angeregt. Er lieferte Zeichnungen für Tapeten, Stickereien und hat selbst in Metall gearbeitet. Seine weithin verbreiteten Glasmalereien wurden früher bereits erwähnt. Auch zahlreiche Illustrationen für Bücher hat er entworfen. Mit Morris zusammen schuf er die berühmte Ausgabe Chaucers, ein Wunderwerk der Kelmskottpresse.

Archäologisches.

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Er

Neben

Ein für die Geschichte der malerischen Technik be deutsamer Fund ist dieser Tage in Hern- Saint- Humbert im Limburgischen in der Nähe einer alten römischen Straße von dem belgischen Archäologen uhbrigts gemacht worden. deckte nämlich ein römisches Grab aus dem dritten nachchrist­lichen Jahrhundert auf, welches offenbar einem Manne angehört, der gleichzeitig das Krieger- und Malerhandwerk ausübte. zahlreichen Waffen und Bronzegeräthen aller Art, einem aus 1500 blauen, hellgrünen und dunkelgrünen Glasperlen zusammengesetzten Halsband mit Verzierungen fand man nämlich 20 kleine Bronzenäpfe mit Farbe darin, 20 gut erhaltene Pinsel und mehr als 150 Farben­stücke in allen möglichen Nuancen. Sicherlich werden einige dieser Farbenproben alsbald Chemikern zur Prüfung übergeben werden, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß die vielumstrittene Frage, mit was für Stoffen die Alten eigentlich gemalt haben, nunmehr eine Lösung finden wird.

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Psychologisches.

f. Ist der Wahnsinn ansteckend? Einen interessanten Fall von psychischer Infektion und induzirtem Jrrsein theilt Riedel in der Vierteljahrsschrift für gerichtliche Medizin und öffentliches Da nun aber für die Stichwahlen nichts zu befürchten ist, lassen Sanitätswesen" mit: Ein Paranoifer überträgt seine Krankheit in die Arbeiter in ihrer schon erwähnten Nachsicht immer noch ruhig völlig gleicher Form auf seine erblich nicht belastete Ehefrau, die ihre Schuhe bei dem Meister Kenoblich flicken. Selbstverständlich hat wegen hallucinatorischer Paranoia mit Wahnideen in eine Jrrenanstalt er sich nicht nur im Innern verändert; auch das Aeußere drückt gebracht werden muß, und auch der Knabe der Eheleute zeigte feine konservative; Gesinnung aus: Sein runder, struppiger Fort - bereits Symptome einer psychischen Beeinflussung. Die Mittheilung schrittsbart ist gefallen. Nur der Schnurrbart strebt, ähnlich wie bei dem dieses Falles lehrt von neuem, daß die Möglichkeit psychischer In­Herrn Landrath und Hauptmann der Reserve, wie zwei breite Maler- fektion sowohl in der Form kritikloser Uebernahme der Wahnideen pinsel von den Backen in die Luft. Am meisten fränkt es dem des aktiven Partners, als auch selbständiger Weiterentwickelung ders Meister Knoblich, daß er keinem Kriegerverein beitreten kann. Das selben vorhanden ist. wäre sein größter Stolz, so mit dem Zylinder, den Schießprügel über der Schulter, in Reih' und Glied durch die Straßen ziehen zu fönnen. Aber leider ist er in seiner Lehrzeit so dumm gewesen, sich feinen Zeigefinger halb abzuschneiden. Num muß er sein Schicksal schon in Geduld tragen.

Kürzlich ging eine ganz gemeine Verleumdung durch die Stadt: Der Kutscher des Landraths, ein riesengroßer Kerl, trage die Stiefel, die Meister Knoblich dem Landrath angemessen hatte. Das ist selbst­verständlich nichts wie eine Verleumdung, ja Berleumdung! Hans Ostwald .

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Aus dem Gebiet der Chemie.

-ss- Das Jubiläum des Chlorkalts. Es sind gerade 100 Jahre verflossen, seitdem sich der Engländer Charles Tennant seine hochbedeutsame Entdeckung, das Chlor in großen Mengen an Salt zu binden und daraus eine Bleichflüssigkeit zu be­reiten, in Glasgow patentiren ließ( das englische Patent stammt erst vom 30. April 1799). Von diesem Ereigniß an beginnt die eigent liche Entwickelung der chemischen Großindustrie. Welch riesige Fort­schritte dieselbe im Laufe des verflossenen Jahrhunderts gemacht