Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 124.

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19031

Dienstag, den 28. Juni.

( Nachdruck verboten.)

Mm die Freiheit.

munde od 1898

zu ändern vermocht hätten, so schwieg sie über die großen Kosten, in die er sich um Else's willen gestürzt hatte; auch wollte sie der Tochter die Mädchenfreude nicht verderben, mit der diese den prächtigen Stoff in der vollen Tagesbeleuchtung flimmern ließ.

Geschichtlicher Roman aus dem deutschen Bauernkriege 1525. Else selbst aber faltete ihn bald wieder zusammen und legte

Von Robert Schweiche I.

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ihn mit den Worten bei Seite:" Das ist viel zu kostbar für mich. Darin könnte eine Grafentochter zu Hofe gehen." " Ich widerspreche Herrn Hipler mit nichten," versicherte Und warum Du nicht?" fragte der Vater mit einem May. Das römische Recht ist der Schwamm in unserem Stirnrunzeln. Die Menzingen sind ein tournierfähiges Ge­Hause. Wie die Fauft aufs Auge, so paßt es auf unsere schlecht und wer weiß, ob der Tag nicht näher zur Hand ist deutschen Verhältnisse. Das römische Recht hat unsere Dorf- als Du ahnst, der Dich an einen Fürstenhof führt." gemeinden um ihr Eigenthumsrecht an Grund und Boden Elfe sah ihn mit weit geöffneten Augen an, schüttelte und um ihre Freiheit gebracht. Es hat den Freien zum im stummen Widerspruch die Locken und trug den Gewandstoff Hörigen und den Hörigen zum Sklaven heruntergedrückt. hinweg. Benn Junker und Landesherren, gleichviel ob weltlich oder hr solltet nicht versuchen, das Kind ehrgeizig zu machen, geistlich, sich jeden Uebergriff, jede Unterdrückung erlauben, stellte die Mutter dem Ritter vor. Fürstengunst, was hat sie worauf stüßen sie sich, als auf das römische Recht? Es hat Euch eingetragen, mein Gemahl? Der eine hat es still­den Eigennutz und die Selbstsucht großgezogen und heiligt sie, schweigend geschehen lassen, daß Ihr ihm Euren guten Leu­denn sie sind sein Grundgesez; auf ihnen baut es sich auf." mund opfertet, der andere hat Euch mit in seinen Untergang Mag sein, werther Doktor," sprach der Ritter gleich gerissen. Der Sinn unseres Kindes ist schlicht und ernst, Glanz müthig. Allein wie die Welt nun einmal ist, so sind es nicht würde es nicht glücklich machen." die schönen und großen Ideen, sondern der Eigennut, der sie regiert. Frei ist nur, wer macht hat, denn er hat Recht. Darum sage ich: Macht! Macht! Macht! Das ist die Wünschelruthe, die alle Schäze hebt."

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Laz' Else ihn nur erst kennen lernen," bersetzte Herr Stephan. Ihre Geburt weist sie in höhere Streise als der­jenige ist, welchen dieser Adel von Elle, Scheffel und Kelter bildet. Adelig wollen Sie sein, es ist zum Lachen."

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Und dennoch wähltet Ihr aus diesem Kreise Eure eigene Gattin," betonte sie.

Wohl, wohl!" rief er verdrießlich. Der Mann hebt die Frau zu sich empor, oder er zieht sie zu sich herunter. Doch sorge Dich nicht um die Zukunft, sondern nur, daß Else ihrem Stande gemäß auf dem Tanzhause erscheint."

Frau von Menzingen schwieg bekümmert.

Seine Gattin betrachtete ihn mit bangen Blicken. Sie war nicht die Vertraute seines Stopfes. Er aber war in rosiger Laune und ließ Wein bringen, um auf das Wohl Wendel Hipler's und Florian Geyer's zu trinken. Er ersuchte Max, ihn dem letzteren bestens zu empfehlen, wann er wieder nach Giebelstadt schriebe. Dann sagte er, die Becher nochmals füllend: Ich würde meine Behauptung von vorhin Lügen strafen, lieber Doktor, so ich über dem Wohle jener vortreff- Während sie und Else in dem stillen Frauengemach mil lichen Männer unser eigenes vergäße. Ich bin auch ein wenig den Vorbereitungen zum Feste sich beschäftigten, erhielt die schöne Zeichendeuter und so bringe ich diesen Trunk Euch, lieber Gabriele aus dem Kloster, in dem sie erzogen worden, von Doktor, mit dem Wunsche zu, daß die glücklichen Aspekten, der ehrwürdigen Schwester Lamperta ein Brieflein, worin fie welche ich für unsere Sache in den Sternen lese, sich, und um ihren Besuch gebeten wurde. Schwester Lamperta zwar bald, erfüllen mögen!" unterwies die Klosterschülerinnen in den weiblichen

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Jedenfalls hatte er, seitdem er in Rothenburg war, teine Handarbeiten, unter denen für die vornehmen Fräulein die Zeit verloren, um seine Sache zu fördern. Er war sogleich mit Kunst des Stickens obenan stand. Damit der Geist dabei nicht den Männern, die an der Spike der reformatorischen Bewegung müßig blieb, so ließ sie unterdessen die Schülerinnen ab­standen, in Verbindung getreten, indem er sich durch den Alt- wechselnd aus dem Leben der Heiligen" vorlesen, oder fie bürgermeister bei dem Fräulein von Badell hatte einführen lassen, öffnete das Schäßkäftlein ihrer eigenen Erfahrungen und er­deren Haus am Burgthor ihnen zum Stelldichein diente. War dieser zählte von dem Leben des Adels, von Tournieren und Hof­Verkehr schwerlich dazu angethan, ihn bei Rath und Ge- festlichkeiten und lehrte, wie edle Fräulein sich dabei zu be­schlechtern in guten Geruch zu bringen, desto mehr gereichte nehmen hätten. Sie war auch die Lehrmeisterin Gabriele's er ihm bei der Bürgerschaft zur Empfehlung. Auch benahm und Sabine's gewesen, und die Kissen, Decken und Deckchen, er sich gegen diese in leutseliger Weise, und die stolze Haltung, mit denen in dem gemeinsamen Zimmer der beiden Mädchen die er dem Patriziat gegenüber behauptete, galt ihr als ein alle Sessel, Betpult, Tische und Tischchen belegt waren, legten Beweis, daß er sich in seinem Gewissen von den An- rühmliches Zeugniß von der dort erworbenen Kunstfertigkeit ab, schuldigungen, die auf ihm ruhten, rein wußte. Es war ihm aus goldenen, silbernen oder farbigen Fäden auf Tuch, Seide feiner zu gering, und wann ihn sein Weg über den Haupt- und Sammet zierliche Gebilde herzustellen. Um der Wahrheit markt führte, so blieb er bei den Krambuden am Rathhause die Ehre zu geben, so rührte jedoch die Mehrzahl diefer stehen und unterhielt sich mit den Händlern und den Leuten, Arbeiten von der fleißigen Nadel Sabine's her. Ihre die sich dort zusammenfanden. Es fehlte hier gewöhnlich Freundin verfügte nicht über die dazu erforderliche Geduld, nicht an Müßiggängern; denn man erfuhr hier immer das wie ihr Handarbeiten überhaupt zuwider waren. Sie zog es Neueste aus der Stadt. Auch sorgten die Meister, mit denen vor, in einem der geschnitten, weichen Sessel zu liegen und er nächtens im Hause Kilian Etschlich's über die öffentlichen träumerisch die Gestalten und Muster der Teppiche, welche die Angelegenheiten berieth, dafür, daß sein Ansehen in der Wände verhängten, oder die goldenen, silbernen und krystallenen Stadt wuchs. Gefäße und die Majoliken, welche die Gesimse schmückten, zu betrachten. Wovon träumte sie? Trotzdem und obgleich fie weder ein fleißiges, noch artiges Kind, war sie der Liebling der frommen Schwester Lamperta gewesen und war es noch. Vielleicht weil sie in Gabriele's Wesen wie in ihrer verheißenden Schönheit den Stoff erkannt hatte, aus dem sich das Muster einer Edeldame formen ließ. Sie hatte deshalb auch nicht die Bemühungen ihrer frommen Mitschwestern unterstüßt, welche nach dem Tode von Gabriele's Eltern den Goldfisch für den Klosterteich zu gewinnen trachteten, während der da­malige Rath darauf bestanden, das Vermögen der Stadt und den Geschlechtern zu erhalten.

Eines Tages beschenkte er Else mit einem kostbaren Gewandstoff aus venetianischer Seide. Es stand ein Ge­schlechter- Tanz bevor und er wollte bei dieser Gelegenheit die Tochter in die Welt einführen. Es dünkte ihn an der Zeit, aus der bisherigen Zurückhaltung herauszutreten, sollte diese nicht von den Patriziern falsch gedeutet werden. Die Kost­spieligkeit des Stoffes machte Frau von Menzingen betroffen. Denn sie wußte nur zu gut, daß die Vermögenslage ihres Gatten eine so große Ausgabe nicht gestattete, und legte sich und den Kindern manche Einschränkung auf, um sein Ver­langen nach einer feinen Tafel befriedigen zu können. Er ge­hörte zu den Männern, die für ihre eigene Person sich jeden Wunsch erfüllen, und seine Gattin war geneigt, seinen Hang zum Lurus mit den Entbehrungen zu entschuldigen, die er im Dienste des Herzogs Ulrich nach dessen Sturz hatte ertragen müssen. Da nachträgliche Vorstellungen die Sache nicht mehr

Warum Schwester Lamperta ihren ehemaligen Zögling am folgenden Tage zwischen 10 und 11 Uhr zu sprechen wünschte, war in dem Brieflein nicht angegeben. Es war nicht das erste Mal, daß Gabriele einen solchen Zettel er hielt, denn die fromme Schwester hörte sie gern von der