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Unser Bürgermeister ist ein weiser Mann, Seiner Nasenspitze sieht man das schon an. Nach oben bücken,

Berlin hat einen neuen Bürgermeister. Das Blatt des Weise Auskunft gab. Ja, er geleitete sie sogar über die Schloßbrücke preußischen Finanzministers hat ihn willkommen geheißen und ihm und zeigte ihnen das Schloß und die Denimäler, sowie die links liegenden gleichzeitig unter der Hand einige gute Lehren gegeben und be- Museen und die Nationalgallerie und was sonst noch alles an merk­sondere Verhaltungsmaßregeln empfohlen. Folgt Herr Kirschner der würdigen und schönen Bauten im Lustgarten lag. Sie sahen sich einen Stimme im Kastanienwäldchen, dann kann er ein Bürgermeister Augenblick schweigend um. Das Mächtige und Schöne der Bauten werden, wie ihn der Dichter also gezeichnet: erregte sie nur mit ehrfurchtsvoller Scheu, nur das Gewaltige daran imponirte ihnen. Im übrigen aber ging es ihnen wie allen Klein­städtern, das großartige Leben auf den Wegen und Plätzen forderte ihre Bewunderung heraus. Auf dem großen asphaltirten Platz flimmerte die grelle Mittagssonne. Durch den von den Wagen auf­gewirbelten Staub eilten viele hellgekleidete junge Mädchen und viele Männer. Wie sich die hastenden Gruppen durcheinander­wanden und hinter dem Schloß oder hinter dem von der Sonne und dem Staub gebleichten Grün des Lustgartens verschwanden! Und immer wieder kamen die eilenden, erhitzten Menschen vorbei, immer wieder..

Nach unten drücken,

Ist die Parole des weltklugen Herrn." Uebrigens, man wird ja sehen, wie sich die Dinge entwickeln. Herr Bronsart von Schellendorf , den unlängst der Mann der Bukunft" zum Zeugen anrief, wie unbändig heutzutage in deutschen Landen gelogen wird, hatte sich seinerzeit vermessen, den Umsturz" mit einer Feuersprige zu bestehen. Dieser Tage wurde in Erfurt und Heilbronn bei ganz gewöhnlichen Straßenkrakehlen die Probe auf das Erempel mit Hydranten gemacht, und diese Proben, sie fielen ganz jämmerlich aus. Was als Schreckmittel dienen sollte, trug zur allgemeinen Erheiterung bei. Ja, auch bei Striegsministern thur's Wasser allein nicht, und wenn ihre Stiefel auch noch so hoch stehen. Bei dem Krawall in Heilbronn wurde übrigens dem viel­genannten Herrn Hegelmaier ein furioses Erlebniß zu theil. War da ein Schultheiß von einem benachbarten Orte am Stichwahltage nach Heil bronn gekommen, um schnell und aus erster Hand zu erfahren, ob fein Freund Hegelmaier gewählt sei, und um ihn dann gleich zu gratuliren. Der Dorfoberste tam gerade auf den Marktplatz, als das Militär an­rückte. Sofort schrie die Staatsstüte:" Hoch das Militär!" Er konnte aber nicht Bah! sagen, da hatte er von den Umstehenden schon eine gesalzene Tracht Brügel weg. Jetzt wurde der Ordnungsmann auch fuchtig. Er faßte feinen Stecken und schlug wie blind um sich Dabei versetzte er auch Hegelmaier, den er hatte beglückwünschen wollen, einen Schlag auf den Kopf. Der schlägt zurück, und im Nu gleicht die Schultheißnafe einer Gurte. Schußleute trennen die Duellanten, der Schultheiß muß nach der Polizeiwache.

Der letzte deutsche Aerztetag hat sich gegen die Zulassung der Frauen zum medizinischen Studium ausgesprochen und damit gezeigt, daß auch diesen Herren der Kochtopf über alles geht. Man hat alle möglichen Gründe, die diesen Beschluß rechtfertigen sollen, angeführt, wenn man aber genauer zusieht, so war nur einer ausschlaggebend: die Furcht vor der Konkurrenz. Die ältesten Ladenhüter wurden wieder hervorgeholt: Zu umfassenderen Operationen sei die Frau zu schwach; die Frau memorire, der Mann aber studire; die An­strengungen des Studiums brächten die Frauen törperlich her­unter; das medizinische Frauenstudium würde den Stand des Unterrichts an den Universitäten herabdrücken; man brauche nicht gelehrte und halbgelehrte, sondern geistig und körperlich kräftige Frauen, befähigt, ihren Männern zur Seite zu stehen und ihre Kinder zu erziehen; die Durchführung der Bestrebungen der Frauen­bewegung würde das Bild der deutschen Frau zerstören; die Frauen sollten überhaupt nicht studiren. Wenn man die Neden, die auf dem Aerztetag gehalten wurden, liest, hat man sehr oft das Gefühl, als wäre man im preußischen Landtage und hörte einen ostelbischen Krautjunker gegen die Neuschule wettern. Der preußische Junker ist ein rüdständiges Element und nicht zu ändern. Den deutschen Arzt hielt man für einen Mann des Fortschritts. Der Aerztetag in Wies­ baden aber hat bewiesen, daß der Fortschrittsdrang sehr vieler Mit­glieder des Standes nur sotveit geht, als es die persönlichen, materiellen Interessen gestatten. Werden die Herren noch den Muth finden, Zeter und Mordio zu schreien, sobald der Arbeiter einige Pfennige mehr Lohn verlangt?

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" Ach, sieh' mal, Mama, der kleine Junge hier!" rief der Tertianer Heinrich. Die Familie wendete sich von dem Straßen­treiben ab. Dicht an der Brücke, im Schatten eines Figurensockels, hatte sich ein barfüßiger Junge auf die Steine gekauert. Vor sich hatte er ein Stück Pappe ausgebreitet, auf dem Stöckchen lagen, die er bedächtig abzählte. Die Familie aus Schlaudorf freute sich, nun auch diese echte Großstadtgestalt zu sehen, von der sie so manches ein wahres Glück, daß sie ihn sahen, denn in den Straßen, in die Der kleine Kerl fah so drollig aus. Das war ja gehört hatten. Fremde kommen, findet man nur selten so ein Stückchen Großstadt­ Was soll denn das da? Was?!" schrie es auf einmal neben ihnen. Sie schraken zusammen. Der kleine Fliegenstockhändler raffte mit einem Griff seine Waare zusammen und riß aus.

Elend

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Ja aber, war denn das der liebenswürdige Schutzmann, der jetzt mit so drohender Miene dem Jungen nachsah? Nein, war das häßlich!" sagte die Mama, als sie in die kühlen Näume des Museums traten.

" Ja," meinte der Papa, fie scheinen hier zwei Gesichter zu haben. Eins für Wohlgekleidete und das andere für die mit Flicken und Arbeitsschmuz."

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gb. Berliner Bade- Anstalten in alter Zeit. Die älteste Berliner Badestube" befand sich am Krögel, jenem kleinen Gäßchen, das vom Molkenmarkt nach der Spree hinunter führt. Wie bei denen anderer Städte war auch ihr Bau veranlaßt durch die von den heimkehrenden Kreuzzüglern eingeschleppte Lepra, deren heftiges Auftreten den Bürgern des Mittelalters doppelte Reinlichkeit gebot. Das Vadhaus" bestand aus zwei gewölbten Stuben, in denen die Geschlechter abgesondert badeten. In der zweiten Hälfte des 16. Jahr­hunderts wurden diefelben um zwei vermehrt. Ein origineller Brauch des Mittelalters verlangte, daß bei Hochzeiten die ganze Festgesell­schaft vor der Trauung ein Bad am Krögel nahm. Waren die Gäste sehr zahlreich, so badete inmer erst der eine Theil, während der andere sich unterdessen in den Gesellschaftsräumen vergnügte. Gegen die Mitte des 18. Jahrhunderts hatte Berlin schon dreizehn Badestuben. Davon lagen die ältesten eben am Krögel, vier am Neuen Markt, zwei auf dem Werder, drei in der Friedrichstadt und vier vor dem Spandauer Thore. Von der ureigenthümlichen Be­stimmung dieser hygienisch so wichtigen Anstalten war indessen wenig zu merken. Die Befizer betrieben viel mehr das Barbierhandwerk und beschäftigten sich nebenbei mit Schröpfen, Aderlassen und leichten chirurgischen Hilfeleistungen. Sie bedurften dazu einer Konzession, die sie einem Inhaber abkaufen mußten, denn sowohl die Zahl der Bade- wie der Barbierstuben war festgesetzt und durfte nicht über­schritten werden. Die Barbiere hatten als Geschäftsschild fünf, die " Bader " drei Messingbecken. Die Barbiere durften die ganze Wund­arzneikunde ausüben, die Bader blieben auf die oben erwähnten Fächer beschränkt. Erst 1799 erhielten auch sie die Erlaubniß, als Chirurgen zu wirten und fünf Beden auszuhängen, fie mußten dazu indessen einen Kursus in der Anatomie durchmachen und vom Ober- Medizin­Kollegium approbirt sein. Ihre Geschäfte hießen im Gegensaze zu denen der Barbiere Bad- und Barbierstuben". Daß neben diesen in die Manern der Stadt gezwängten Anstalten das Flußbad gleich­falls beliebt war, bedarf kaum einer Erwähnung, mur hatte man dazu teine eigenen Baulichkeiten. Die Landschaft lag noch frei vom Verkehr, die Einsamkeit der Ufer ersetzte die schüßende Zellenwand.

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Kunft.

Zu den großen Städten der Union bestehen schon seit Jahren Milizregimenter, in in die mur die Söhne reicher und sehr reicher Leute aufgenommen werden. Die Kerlchen treiben einen un­geheuren Aufwand und sind sofort dabei, wenn die Absicht auftaucht, den Widerstand streitender Arbeiter mit blauen Bohnen zu brechen. Wie zu einem Feste treten sie dann an und wie einen Sport be­treiben sie die Menschenschlächterei. Als der Krieg zwischen der Union und Spanien ausbrach, fühlten in New- York diese Burschen das Bedürfniß, ihr Drohnendasein mit etwas Vaterlandsliebe zu vergolden. Sie thaten sich zusammen, 950 Mann" start, und sie, die Ueberzimperlichen, nannten ihr Korps Rough riders"( Rauhe Reiter). Nun waren sie unwiderstehlich und gingen nach dem Süden. Ein Theil kam wirklich nach Kuba und stellte sich an die Spitze des Heeres, um die ersten Lorbeeren zu pflücken. Aber die rohen Spanier hl. Große Berliner Kunstausstellung. Von schossen gleich scharf und eine ganze Anzahl der Muttersöhnchen mußten ins Gras beißen. Da fluchten die Rough riders" ganz mörderlich, Ludwig Dill's , des Münchener Sezeffionisten, tiefer und zarter so etwas war ihnen von streikenden Arbeitern daheim noch nie Kunst ist gelegentlich einer Kollektivausstellung im Ausgange des Die Ausstellung zeigt widerfahren. Die größte Todtenklage aber erhob sich um den Winters an dieser Stelle die Rede gewesen. , leber gefallenen Hamilton Fish . Der war daheim in New- Yort das Ober- eins seiner reifsten Werte( Saal 37, Nr. 181.) gigerl, und alle Damen nannten ihn Alcibiades". Wahrscheinlich schwemmte Salbey Felder in der Po- Ebene." Das Wasser hat einen schmalen Landrücken abgeschnürt, der hatte auch er einem schönen Hunde den Schwanz abgeschnitten. fich in leisen Krümmungen mitten durch das Bild hineinzieht, bis hinüber zu den Feldern, die sich im Hintergrunde unabsehbar weit und tief dehnen. Das weiche matte Blau des Salbey, der den Boden deckt, giebt den Grundton im Bilde. Vorn stehen zu beiden Seiten des Landstreifens hinter­einander ein paar Birken. Dichte Dunstluft, wie überschwemmte Gegenden sie zeigen, schwebt überall. Sie spielt um die Birken, sie läßt alle Farben in einen feinen grauen Ton zusammen klingen, sie wehrt den Strahlen der scheidenden Sonne, sodaß sie nur noch mit

Kleines Feuilleton.

-0- Zwei Gefichter. Diese Schutzleute! Das waren doch wirklich zu liebenswürdige Menschen! Die ganze Familie war entzückt. In ihrem Schlaudorf hatte man gemuntelt, daß die Schutz­leute alles weniger als freundlich und entgegenkommend wären. Und nun war dies schon der dritte Posten, der ihnen in freundlichster

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