Anterhaltungsblatt des Horwärls Nr. 130. Mittwoch, deir 6. Juli. 1398 (Nachdruck verboten.) L61 Mm die Fvvihvik. Geschichtlicher Roman aus dem deutschen   Bauernkriege 1525. Von Robert Schwcichel. Nur noch wenige Schritte, und sie waren auf dem Platze bei der Steineiche, den er ihr als Stelldichein der Jagd gesellschaft vorgespiegelt hatte. Es war niemand dort als sein Knecht mit den beiden Pferden und noch ein in einen Mantel gehüllter Reiter, der eine schwarze Maske vor dem Gesicht trug. Dieser sprengte gegen den Junker an, der ihm zurief:Geschwind Deinen Mantel, damit ich der wilden Katze den Mund verstopfe." Während jener dem Junker den Mantel zuwarf, riefen zwei Stimmen zugleich:Halt! Halt I" und Hans und Kaspar, welche durch die fortivährenden Rufe um Hilfe von ihrem Wege abgelenkt worden, brachen aus dem Gebüsch hervor und stürzten sich, ihre Schwerter ziehend, auf die Mädchenräuber. Es war dem Junker Zeisols noch nicht geglückt, Gabriele den Mantel über den Kopf zu werfen und er hatte nur noch so viel Zeit, sie seinem Spießgesell hin- zureichen, damit er sie auf das Pferd nehme, als er schon von Hans, der ihn auf den ersten Blick erkannt hatte, mit einem Wuth schrei angefallen wurde. Während der Junker von Rosenberg sein kurzes Jagdschwert aus der Scheide riß, schrie Gabnele vor Schmerz gellend auf. Sie hatte sich den Armen des maskirten Reiters entwunden und dieser griff ihr in das Haar. Der Federhut war ihr schon im Ringen mit dem Junker Zeisols entfallen. Kaspar stürzte sich auf den Reiter und dieser mußte seine schöne Beute wohl fahren lassen, wenn er nicht wehrlos niedergestochen werden wollte. Die schöne Gabriele entfloh mit lautem Geschrei in den Wald; die beiden Freunde kämpften mit stummer Erbitterung, Hans wie ein Rasender gegen den Junker Zeisolf. Plötzlich erscholl der Ruf:Auf siel Auf die Junker!" Fünf bis sechs unheimlich wüste Gestalten, die mit Aexten, Schwertern, Büchsen und Spießen unterschiedlich bewaffnet waren, tauchten unter den Bäumen hervor und warfen sich auf den Junker von Rosenberg und seinen Helfershelfer Der Kampf währte nicht viel länger als eine Minute. Es gelang dem wilden Zeisolf in den Sattel zu springen und gefolgt von seinem Spießgesellen und dem Reitknecht, stoben alle drei westwärts. Die Banditen, wie man die Heimath- losen nannte, stürmten ihnen nach. Kaspar hatte in ihrem Anführer den aus Ohrenbach   vertriebenen Leibeignen Konz Hart erkannt und er starrte den unerwarteten Helfern noch einen Augenblick nach, ehe er sich nach seinen: Freunde umsah. Hilf Himmel l Hans Lautner lag am Boden und sein Blut färbte das welke Laub roth. Zeisolf von Rosenberg hatte seine lange Klinge unterlaufen und ihm sein Jagdschwert in die Brust gestoßen. Kaspar warf sich neben ihm nieder und hob mit stummem Jammer fein Haupt auf seine Kniee. Er war ebenso bleich wie Hans, dessen Blut fort und fort rann. Kaspar sah sich allein mit dem sterbenden Freunde, aus dessen Mienen allmälig der wilde Kampfzorn wich. Ueber ihnen breitete die alte Steineiche ihre mächtigen, noch kahlen Acste aus und un- weit von ihnen graste friedlich Gabriele's Rappe. Hans richtete seine Augen mit einem unbeschreiblichen Blick auf den Freund und bewegte die bleichen Lippen. Kaspar neigte sein Ohr dicht zu dessen Mund. Die Ahne," flüsterte er nach einer Weile.Sag' ihr" Ja, Hans, ich weiß, was ich ihr sagen soll," rief Kaspar mit einem kläglichen Gesicht.Um Gottes willen, stirb nicht! Ich höre Geräusch. Es kommt Hilfe. Hans, lieber Hans?" Ein Lächeln glitt über das Gesicht des jungen Goldschmied- gesellen.Käthe I" hauchte er kaum vernehmlich, und in diesem Hauch erlosch sein Leben. Hans I Hans I Hans I" ächzte Kaspar und starrte auf das bleiche Gesicht, dem der Tod sein Gepräge aufzudrücken begann. Das Haupt desselben auf seinem Schooße, saß er un- beweglich. Wie lange, wußte er nicht. Und es war ihm an- fangs wie ein Traum, als es dann unter den Bäumen lebendig wurde. Die Waidgesellschaft. Herren und Damen. Jäger-! knechte, Treiber, Hundejungen, welche die Meute führten, tauchten bei der Eiche auf. Der Hirsch war erlegt und die Jäger hatten sich fröhlich zum Imbiß begeben wollen, der ihrer freilich an einer ganz anderen Stelle als unter der Steineiche harrte, als das Hilferufen Gabriele's von einigen vernommen und sie aufgesucht worden war. Wäre die alte Steineiche nicht dent Schultheiß und dem Waldvogt bekannt gewesen, Gabriele hätte sie nicht wiederzufinden ver- mocht. Mit weitgeöffneten Augen starrte sie auf die Leiche des armen Hans. Ihr Haar war zerzaust, ihr Jagdkleid von dem Ringen niit dem Junker in Unordnung und von den: Gesträuch, an dem es auf ihrer Flucht hängen geblieben, zer- rissen, die Schleppe hing in Fetzen. Während ein paar Jagdknechtc ihren Rappen einsingen und mit Schnüren, die sie wegen der Hunde im Nothfall bei sich führten, den zerplatzten Sattelgurt wieder haltbar machten, stieg Wernizer. dessen Miene noch finsterer war als gewöhnlich, vom Pferde und trat an die Leiche Hans Lautners. Seine Untersuchung überzeugte ihn, daß für Hans jede Hilfe zu spät kam.Er ist todt," sagte er, und die Worte fielen klanglos in die Stille, in welcher die Umhcrstehenden seine Entscheidung erwartet hatten. Aus Kaspar's Kehle rang sich ein Laut wie ein unterdrücktes Ausschluchzen. Der Schult- heiß von Wernizer winkte seinen Waldvogt und sprach mit ihm. Sabine lenkte ihren milchweißen Zelter zu Gabriele heran und sagte leise:Das ist der arme hübsche Mensch, der Dir Dein goldenes Kränzlein brachte." Die feinen Brauen Gabriele's zogen sich finster zusammen. Was kümmerte sie der arme Geselle, der für sie gestorben war? Oder dachte sie an denjenigen, welchen sie kurz zuvor dem Stahle des Rosenbergers überantwortet hatte? Ein Jagdknecht brachte ihren Hut, den er aufgelesen, ein anderer führte ihren Rappen heran. Ich danke Euch für Euren Beistand, guter Freund. Meldet Euch in der Stadt bei mir um eine Belohnung." So sprach sie zu Kaspar, der unterdessen deni Freunde die ver- glasten Augen geschloffen und die Leiche sanft auf den Boden gelegt hatte. Belohnung?" fuhr er zornig auf.Kann Euer Geld den da wieder lebendig machen, der für Euch gestorben ist?" Sie wandte sich ab. machte sich zurecht und der herbeigeeilte Junker Hermann von Hornburg durfte sie auf den Rappen heben Die Jagd ist für heute zu Ende, meine Herrschaften� kehren wir nach Endsee zurück," sprach der Schultheiß laut. Der bunte Schwärm verzog sich. Nur der Waldvogt blieb mit zwei Jägerknechten und einigen Treibern zurück. Während diese junges Stangenholz abhieben und eine Bahre herstellten, ließ er sich von Kaspar über sich und seinen Freund und den Hergang bei der Eiche genaue Auskunft geben.Aber das ist eine unerhörte Frechheit von dem Junker!" rief der schon graubärtige Waldvogt.Er muß sich besser wie ich in diesen Wäldern auskennen, wenn er hoffte, mit dem Fräulein ungefährdet die Tauber zu erreichen. Das geht ihm an den Hals, der Jungsernraub." Ne, sie henken blos die kleinen Diebe," gab Kaspar bitter zurück. Der Todic wurde aus die Bahre gelegt, und Kaspar breitete den Mantel über ihn, den der verlarvte Reiter auf dem Platze zurückgelassen hatte. Wer derselbe gewesen, ver- mochte er nicht anzugeben: er schloß aber aus dessen gelbem Haar und seiner Beleibtheit, daß es Philipp von Finsterlohr gewesen sei. Bon dem Erscheinen der Heimathlosen schwieg er um Konz   Hart's willen gegen den Waldvogt ganz. Der traurige Zug ging nach Gumpelsdors, welches das nächste Dorf an der Landstraße war. Dort wurde ein Ackerwagen mit einer Strohschütte in Anspruch genommen und Hans dar- auf gebettet. Die Dörfler kamen zu Hauf. Die Weiber weinten bei seinem Anblick und beklagten ihn, daß er so jung hätte sterben müssen.Was gilt das Leben von unsereinem den Herren?" rief Kaspar mit chneidender Bitterkeit. Die Männer schwiegen mit finsteren Blicken; sie scheuten den Waldvogt des Zentamts, der von hier aus mit seinen Leuten nach Endsee zurückkehrte. Nur der älteste Jagdknecht sollte die Leiche nach Rothenburg   be- gleiten, um den Stadtrichter vorläufig zu berichten. Der Zug hatte nur eben das Dorf verlassen, als Kaspar