rief:„Du fängst Grillen, Freund, das kommt davon, daßDu hier einsam wie ein Schuhu hockst. Zum Henker, warumninimst Du Dir nicht ein Weib? Ich wüßte eine, die zu Dirpassen thäte."„Laß' mich aus," murrte der andere und trank.„Nein, denn Du fängst an abzustehen. Hab's Dir erzählt,daß ich zum Fasching in Würzburg war. Die Blume-wardie Adelgunde von Thüngen, sah sie im Haus ihrer Mutterund schloß mit ihrem Bruder Adam Freundschaft. Du weißtwohl, daß er ein Vetter des Bischofs ist, des Herzogs inFranken, wie er sich nennt," setzte er lachend hinzu.„Ist einsauber Frauenbild, die Adelgunde, und der Bischof hat einenNarren an ihr gefressen. Der Junge, der Wilhelm von Grumbach, scharwenzelte um sie herum. Er will hoch hinaus, aberer mag sich den Mund wischen. Der Adam giebt sie keinemLehensmann feines Vetters und am wenigsten einem jüngernBruder, wie es der Grumbach ist. Ich will meine eigeneZunge fressen, wenn Du sie nicht kriegst, so Du nur willst."„Aber, zum Henker, ich will sie nicht," schrie Zeisolf.„Weil Dir. die Gabriele noch immer im Kopf herum-spukt, was?"Junker von Rosenberg faßte seinen Becher bei der Mündungund stieß ihn mit solcher Gewalt auf den Tisch, daß der Weinzwischen seinen gespreizten Fingern hoch aufspritzte. Es glommdrohend in seinen blassen Augen. Der Finsterlohr zuckte dieAchseln und jener fragte:„Hältst Du mich denn für verrückt?"„Nu, damals warst Du's und wolltest nicht auf michhören,- obgleich ich Dir voraussagte, daß die Geschichte miß-glücken müßte," erwiderte Junker Philipp gleichmüthig.„Ichkann ja von Glück sagen, daß nicht ich selbst, sondern blosmein Mantel dem rabiaten Gesellen in die Hände fiel. Ver-dämmt hübsch ist sie ja, das muß ihr der Neid lassen."Der wilde Zeisolf antwortete nicht. In Sinnen verlorenstrich er sich wiederholt die beiden Zacken seines rothen Bartes.Auch sein Freund schwieg. Wie er den Becher zum Mundeführte, zögerte er und sah nach dem Fenster. Es war ihm,als ob sich draußen ein starker Wind erhoben hätte. Ebenbegann der Rosenberg wieder; so trank er und wandte ihmseine Aufmerksamkeit zu.„Wer kennt sich aus in den Weibern? Du weißt, wiesie sich damals sträubte und schrie. Auch soll mich der Rathbeim Kammergericht verklagt haben— an mich ist von dortnoch nichts gelangt— und jetzt, wenn ich wollte--"„Nu?" fragte Junker Phüipp gespannt und beugte, aufbeide Ellenbogen sich stützend, den Oberkörper gegen ihn vor.„Es ist halt zu toll," rief der wilde Zeisolf.„MeineMuhme schreibt mir aus dem Kloster, daß die Gabriele sie be-sucht habe. Sie sei zwar sehr böse auf mich, aber doch nicht ganzabgeneigt, mir zu vergeben, wenn ich selbst sie darum bäte. Abernicht schriftlich, sondern mündlich müßte ich es thun. Ichsollte sie wissen lassen, nämlich die Muhme, wann ich zu ihrkommen wollte, sie wurde dann bewerkstelligen, daß ich dieschöne Gabriele träfe. Es sei aber von meiner Seite die größteVorsicht nothwendig; denn da inzwischen das Garten-pförtlein vermauert sei, müßte ich meinen Weg durch dieStadt nehmen."„Donnerwetter!" rief der Junker von Finsterlohr.„UndDu willst das Abenteuer bestehen?"„Gelt, jetzt wär' ich nicht verrückt, wenn ich's thäte?" ver-höhnte ihn der andere.„Ich weiß noch nicht, was ich thunsoll. Aber wie, wenn es eine Falle wäre, die mir die schöneTeufeliu aus Rache stellte?"„Im Kloster könnte man nicht an Dich l"„Aber auf der Gasse."„Nun, sei es, wie es sei, fein eingefädelt ist's, bei meinemDauch," rief Philipp von Finsterlohr und fuhr, beide Becherfüllend, fort:„Die schönen Weiber sind gemeinhin die klügstennicht; aber vor dieser Krämerprinzessin ihrem Kopf Hab' ichalle Achtung. Stoß an, Zeisolf l Die schöne Gabriele sollleben, hoch I"Sie stießen lachend an. Noch aber hatten sie die Bechernicht geleert, als einer von den Burgknechten mit verstörtemGesicht in die Stube gestürzt kam und rief:„Gnädiger Herr,die Bauern kommen!"„Was für Bauern, Du Tölpel?" schnob ihn der Burgherran und setzte den Becher hin, während Philipp von Finsterlohrvon der Bank aufsprang.„Ich Hab' von den unseligen etliche erkannt und auchandere siud's, alle mit allerlei Gewaffen," berichtete der Knecht.»Wie Ameisen kribbelt's den Berg herauf."(Fortsetzung folgt.)Dev Ourlk in dev Müffc.Von Ch. L. H e n n i n g*)Es ist eine bekannte Thatsache, daß Völker, welche unter sehrprimitiven Lebensverhältnissen und unter einem heißen und trockenenHimmelsstrich leben, im Ertragen von Hunger und Durst Unglanb-liches zu leisten im stände sind. Ich erinnere nur an die Busch-männer, die Bakalahari und an die Tubustämme der Sahara, vondenen Nachtigal eine so treffliche Schilderung gegeben hat. Von dereigentlichen physiologischen Wirkung. des Durstes und von den ver-schiedenen Stärkegraden erzählt uns Nachtigal jedoch nichts.Um so werthvoller dürste die Schilderung erscheinen, welche kürzlichProfessor Mc Gce über den Durst in der Wüste gegeben, und diebis in die kleinsten Einzelheiten uns die Schrecknisse jener furcht-baren Qualen vom ersten Verlangen nach Wasser bis zum Tode desLeidenden schildert.Mc Gee unternahm im Jahre tSSt eine wissenschaftliche Ex-pedition in das Gebiet der bis dahin kaum gekannten Papagos-und Seri-Jndianer von Arizona und Sonora in Mexiko, undmutzte dabei Gebiete passiren. die an Oede und Wassermangelmit der großen Sahara wetteifern. Er führt zunächst aus,wie im Innern Papagerias(dem Wüstenrand von Arizonaund Sonora) der Boden so heitz ist, daß dünn beschuhteFüße verbrannt werden; außerdem ist er so hart wie gebrannrerThon. Monatelang ist die Temperatur 45 Grad Celsius und darüberim Schatten und so trocken, daß ein Gefäß voll Wasser in einerStunde verdampft und kein Tropfen Schweiß auf Pferd oderWanderer zu sehen ist. Die einzigen Pflanzen, die einer derartigenHitze und Trockenheit Stand halten können, find wasserführendeMonstrositäten, wie Kakteen und Agaven, und die Indianer selbsthaben hier das Aussehen halbgedörrtcr Mumien.„Hier haust derDurst und in der Sonne bleichende Skelette und starrende Schädellegen Zeugniß von ihm ab."Aber selbst in der Wüste giebt es verschiedene Stufen vonDurst; sie steigen und fallen in dem Maße, wie es die Hitze undTrockenheit der Lust mit sich bringt. Im ganzen unterscheidetMc Gee fünf Stufen des Durstes, deren erste nur die Vorstufeder vier anderen Stadien genannt werden kann. In der Vor-stufe wird der Mund trocken und heitz; eine Spannung inder Kehle erzeugt eine unsteiwillige, schluckende Bewegungund beugt das Kinn; die Stimme ist geivöhnlich heiser.das Genick schmerzt zeitweise und ein Gefühl des llnbc-Hagens oder selbst der Aufregung zu lebhafterer Thätigteitführend, stellt sich ein. Dieses Gefühl wird ausgeglichen durchdas Tragen eines Kieselsteines oddr Zweiges im Munde, um denSpeichelfluß zu reizen; es wird gemildert durch eine Spur vonWasseraustiahme oder irgend welcher Flüssigkeit. Die Gefühle sindnoch thcilweise subjektiv; ist das Wasser schmutzig oder übelriechend,so genügt ein halbes Glas, und wenn ein Haar oder ein Insektdarin herum schwimmt, genügt noch weniger, obwohl die siebcrischeAufregung sehr schnell zunimmt. Dies ist der.beklagenswerthc Zu-stand" und kann vielfach bei Leuten, die in trockenen Gegenden wohnen,beobachtet werden.Im zweiten Stadium der Trockenheit oder dem ersten des Durstessteigt das Fieber; der spärliche Speichel und Nasenschleim schäumenträge an Lippe und Zimge, kleben an den Zähnen, erschweren dasSprechen und machen die Zunge am Gaumen kleben. Man hatdas Gefühl, als hätte man einen Klumpen in der Kehle, der mitdichten Schnüren aufgehängt ist, vom Kehlknorpel gegen die Ohrenhinlaufend, und die Hand sucht instinktiv diese Bande zu löse».kommt aber nur dahin, den Kragen zu öffnen und mehr Haut derVerdunstung auszusetzen. Der Kopf pocht rasch und mit jedemSchlage arbeitet das Genick, wobei die Schmerzen scheinbar dasRückgrat hinablaufen. Manchmal klingen die Ohren, dabei plötzlichden Ton ändenid, ähnlich demjenigen, weim ein Untcrgrundzug ineinen Tunnel einfährt. Die Einbildung ist launenhaft: grünendenBlätterfchmuck und reizende Feen in der Entfernung zaubernd, ob-gleich sie halb blind in der Führte ist. Das Gefühl der Unbehag-tichkeit wächst zu starker Erregbarkeit, verbunden mit einer ArtMischung von Lethargie und krankhafter Thätigteit. Wenn allein,ist der Durstende verdrießlich, stille, oft zu plötzlichem Selbst-gespräch geneigt; wenn mit anderen zusammen, tritt eine erhöhteSprechneigung ein, die aber nur ein Wort zum Gegenstande hat:„Wasser"! In diesem Zustande ist das Gesicht zmammengefallenund gedrückt, dir Augen blnttmterlaufen und thränenvoll, die Be-wegungen hastig und die Sprache launisch wechselnd. Der Leidendegleicht einem wandernden Fieberpatienten ohne Pflege.Dieser Zustand wird erleichtert durch den Genuß von 3— 4 LiternWasser, auf ein- oder zweimal getrunken, obgleich die Haut sich beiäußerlicher Anwendung von doppelt so viel dagegen sträubt. In diesemStadium sucht der Wanderer ängstlich nach der„bisnag»«— einerwild wachsenden Kaktusart, die giftftcies Wasser enthält—. schneidetdie spinnengcwebeartige Rinde durch und zieht den erfrischenden,limonadeähnlichcn Saft ein. Mc Gee bemerkt, daß die mexikanischenNomaden es gelernt haben, den an Durst Leidenden davor zu be«wahren, daß"er zuviel auf einmal trinkt, da sonst unmittelbar derTod einttitt.— Dies ist der Zustand der„beginnenden Ver-schmachtung".*) Aus der von Dr. R. A n d r e e herausgegebenen Wochenschrist„Globus"(Braunschweig, Verlag von F. Vicweg.u. Sohn).