Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Str. 151.

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Donnerstag, den 4. August.

( Nachdruck verboten.)

Mm die Freiheit.

1898

Namen nach gefannt, waren es dann, die sie zu manchem Unfug verleiteten. Beichtstühle wurden zerschlagen, Altäre beschädigt, Heiligenbilder mit den Spießen durchstochen, manch

Geschichtlicher Roman aus dem deutschen Bauernkriege 1525. gemaltes Fenster eingeworfen. Der Wein erhigte den Aerger

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Von Robert Schweichel  .

Siebentes Kapitel.

der Leibeigenen und Frohnbauern darüber, daß sie die Zins­bücher nicht fanden, zur Wuth und sie drohten, die Mönche todtzuschlagen. Georg Mezler nahm sich ihrer jedoch so nach­drücklich an, daß die Bauern sich begnügten, sie aus dem Die Glocken des Cisterzienserklosters Schönthal sandten Kloster zu jagen. Nur einem von ihnen wurde dazubleiben ihr melodisch feierliches Morgengeläute weithin durch das gestattet, wofür er die Hauptleute bedienen mußte. lieblich grüne Jartthal. Das altgothische Kloster war eine Die Ankunft eines neuen Haufens lockte diese aus dem Stiftung der Herren von Berlichingen, deren Stammburg eine Refektorium, wo ihnen Pater Eusebius  , so hieß der zurück­Stunde entfernt auf einer Anhöhe am Flusse lag. In dem gebliebene Mönch, mit dem Besten aufwartete, was die Kloster­von gewaltigen Mauern und mächtigen Thürmen geschützten füche zu bieten vermochte. Wagenhans von Lehren, ein ehe­Schloffe Jarthausen hatte Gök als jüngster Sohn des ver- maliger Kriegsmann, kam mit den Bauern des Weinsberger storbenen Kilian von Berlichingen vor 45 Jahren das Licht Thales, in deren Banner ein Dreschflegel und eine zweizackige der Welt erblickt. Zur Zeit faß dort sein ältester Bruder Gabel über einem Bundschuh sich freuzten. Hans, während er selbst auf der Hornburg   am Neckar   hauste. Und so langte Schaar nach Schaar bei dem Kloster an, Seine Vorfahren lagen in der Klosterkirche zu Schönthal dessen Weinkeller und Wirthschaftshof Wein, Mehl und Korn bestattet. Die Mönche waren bei ihren Gemüsebeeten. Sie mehr als genug für alle auf viele Tage bot, und schlug ihr zogen allerlei neue Arten, wie Kohl, Rüben, Spinat und Lager in dem freundlichen Thale   den Ufern der Jart ent­Zwiebeln und sorgten für deren Kultur unter den Land- lang. Zunächst hielt unter Trommelschlag und Pfeifenklang Leuten. ein Fähnlein seinen Einzug, das allgemeines Staunen

In das verhallende Geläut begann sich das Stimmen erregte. Es mochte mehr als 2000 Mann zählen und gewirr einer großen Menschenmasse zu mischen, die das Thal war durchaus kriegerisch geordnet und gegliedert. Ihr herauffam. Lauter und lauter wurde es und jetzt umbrauste Oberster, der auf einem Rappen saß, trug schwarze Rüstung, es das Kloster. Es waren die Bauern der Reichsstadt Hall jedoch keine goldenen Sporen. Schwarz war auch das wallende und des Schenken von Limburg  , welche als die ersten auf Banner und darein in Gold gestickt eine aufgehende Sonne. dem allgemeinen Sammelplate sich einfanden. Sie tamen Schwarz waren die Schärpen der Führer und jeglicher Mann aber in solcher Unordnung und Eile daher, als ob sie sich auf trug eine schwarze Binde um den linken Oberarm. Alle der Flucht befänden. Wie allerwärts im Reiche, wo die waren vortrefflich, wenn auch verschieden bewaffnet und dem­Bauern nicht schon früher aufgestanden waren, hatten auch sie gemäß geordnet. Die einen trugen den nackten Flammberg am Sonntag Judika zu den Waffen gegriffen. Aber un- auf der Schulter, den Dolch am Gürtel; die anderen Spieße erfahren in ihnen, waren sie wie auf einem Spaziergang hin oder Hellebarden nebst Schwert und Dolch. Die Mehrzahl und her gezogen, wobei sie die Hakenbüchsen, als ob es war mit Büchsen versehen und erschien in Eisenhüten und Holzfloben gewesen wären, auf Wagen mit sich führten, und Krebsen, das Schwert an der Hüfte. wo in den Dörfern die Pfarrer noch am alten Glauben Der Florian Geyer  !" rief Jörg Megler in das bei­hingen, da hatten sie ihnen die Kästen gefegt und die fällige Stimmengebrause und drängte sich durch die Menge, Säckel geleert. Eine lustige Fastnacht war es gewesen, bis unter der er stand, um den Obersten der Schwarzen Schaar die Bürgerschaft von Schwäbisch Hall   und der Limburger zu begrüßen. Friz Büttner aus Mergentheim   aber rief laut mit seinen Knechten über die sorglos Lagernden ge- den Hauptmann der Schüßen an, der niemand anders als sein fallen waren. Bei dem ersten Schuß über ihre Köpfe weg, Freund Simon Neuffer war. waren sie davongestoben, sechs Wagen mit Frucht, Mehl, Es waren die Ohrenbacher und Reichardtsroder, verstärkt Wein, Brot, Hühnern, Fleisch, Geschütz und Munition im Stich durch eine auserwählte Schaar von Lanzknechten, die Florian Lassend. Ihre Führer waren bis auf einen einzigen nach Geyer geworben und mit denen er zu jenen gestoßen war, Dehringen im Hohenloheschen, wo inzwischen die von Wendel als sie auf dem Zuge nach Schönthal unweit seiner Burg Hipler ausgestreute Saat ebenfalls aufgegangen war, geflohen. Halt gemacht hatten. Schon von Reichardtsrode aus hatte Wegmüde, hungrig und durftig, waren sie an dem Stamm- Simon ihn an sein Versprechen, das er in Ballenberg gegeben, schloß der Berlichingen vorübergezappelt und lagen nun erinnert. Wie wenig er dasselbe auch nur einen Augenblic vor dem reichsfreien Kloster. Seine Pforten waren geschlossen, vergessen, davon zeugte die schwarze Fahne, in welche Frau und sie zu erschöpft und niedergeschlagen, um sich mit Gewalt Barbara selbst die aufgehende Sonne gestickt hatte. Sie und das Eingang zu verschaffen. Da rasselte eine Trommel, Jörg Söhnlein hatte er zu ihrem Bruder Hans nach Rimpar unter dem Mekler aus Ballenberg zog heran. Im Schüpfgrunde hatte er Vorwande geschickt, dort das Osterfest gemeinsam zu feiern. seine Odenwälder und die Bauern aus den vielen Herrschaften, Mit tausend Schmerzen war sie von dem geliebten Manne, die dort zusammenstießen, gesammelt. Auch die Mergentheimer dem Vater ihres Kindes geschieden; ihn zurück zu halten waren zu ihm gekommen und wie er das Jaytthal herunter- hatte sie nicht versucht. Ihre Liebe sollte ihm in dem Bild zog, strömten die Hörigen des Klosters seiner Schaar zu. Seine der Sonne voranleuchten zum Siege. Paul Jckelsamer, der Standarte war ein Bundschuh auf einer Stange. Wie die feurige Krauskopf, trug das Banner. Haller das jedem Bauernherzen theure Zeichen erblickten, da ertoste das grüne Thal von ihrem Freudengeschrei und als ob es die Zauberkraft einer Wünschelruthe besessen hätte, so sprang plößlich das Klosterthor vor ihm auf. Der schon betagte Abt erschien an der Spike seiner Mönche. Hatte er die Absicht, eine Ansprache an die bedenklichen Pilger zu halten, so kam sie nicht zur Ausführung. Die weißen Gestalten mit den schwarzen Kapuzen machten die Bauern wohl einen Augen­blick stugig. Jm nächsten aber schoben, drängten und stießen sie die frommen Hirten beiseite und durchflutheten plündernd das ganze Kloster. Die Hörigen suchten vor allen Dingen nach den Zinsbüchern. Der Abt hatte aber alles, was er von wichtigen Papieren und Kostbarkeiten in der Eile hatte zusammenraffen tönnen, bereits nach Frankfurt am Main   in Sicherheit bringen lassen. Dennoch ward den Bauern noch viel silbernes und goldenes Kirchengeräth zur Beute. Den reichsten und ihren augenblicklich willkommensten Schatz bargen die Weinkeller. Die Geister der edelen Trauben, die sie bisher kaum dem

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Ebenfalls eine Sonne, aber eine vollstrahlende über einem goldenen Bundschuh mit der Umschrift: Wer frei will sein, der zieh unter diefem Sonnenschein", leuchtete von der weiß damastenen Fahne, welche der Bauernschaft der vier Dörfer. der freien Stadt Heilbronn   und vieler anderer am Neckar auf­und abwärts voran flatterte. Die schwarze Hofmännin schritt ihr voran an ihrem weißen Stecken und neben ihr als oberster Hauptmann der Schüler und Erbe ihres glühenden Hasses: Jäcklein Rohrbach   aus Böckingen  . Er entstammte einem sehr alten reichsfreien Geschlechte, das zu Weinwirthen geworden war. Es schien, als ob in dem letzten Sprossen desselben alle Untugenden und Leidenschaften des adeligen Blutes noch einmal zum Durchbruch kommen sollten, ehe es erlosch. Er lebte wild und wüst, war mit Schulden überhäuft und sollte selbst Blut vergossen haben. Seine Gläubiger fürchteten ihn und die Gerichtsdiener, die ihn ver­haften sollten, trieb er mit Gewalt ab. Sein Troß, feine Tollkühnheit und sein überlegener Verstand gewannen ihm die