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tho geschehen. Ihr habt den Grafen und seine Gesellen in trat jegt vor den Grafen auf seinem letzten Gange hin, nahm Eurer Gewalt, so Ihr wirklich nach ihrem Blut lechzet wie ich, dann kommt dem Kriegsrath zuvor und vollstrecket das Urtheil selbst. Ich werde ihr Blut trinken, wie ich diesen Wein trink!" Mit dämonisch funkelnden Augen griff sie nach einem Becher und trank.

,, Sie hat Recht", rief Jäcklein Rohrbach   aufspringend Als Verräther haben sie an uns gethan, und ehrlos sollen sie sterben nach Kriegsrecht auf der Stelle."

ihm den Federhut vom Kopfe und setzte ihn sich mit den Worten auf: Das hast Du nun lang' genug gehabt; will auch einmal ein Graf sein." Er fuhr fort: Hab' ich Dir einst lang genug zu Tanz und Tafel gepfiffen, so will ich Dir jetzt erst den rechten Tanz pfeifen." Damit schritt er lustig spielend ihm bis an die Gasse voran.

Schon beim dritten Schritt stürzte der Graf, von un zähligen Spießen durchstochen, todt zu Boden. Melchior ,, Durch die Spieße mit ihnen", schrieen alle und sprangen Nonnenmacher salbte mit dem Fett der Leiche seinen Spieß. auf, um zum Wert zu schreiten. Sie sammelten von den Die schwarze Hofmännin gab der Leiche einen Fußtritt, stach Heilbronnern und Weinsbergern so viel sie ihrer fauden. dem Schelm", wie sie ihn nannte, ihr Messer in den Bauch Jäcklein Rohrbach   holte mit ihnen die Gefangenen aus dem und schmierte sich mit dem herausquellenden Fette die Thurm und führte sie auf die schmale Wiese am Unterthor. Schuhe. Ihre Nasenlöcher blähten sich dabei weit auf, als Es waren ihrer vierzehn vom Adel und etliche Knechte. An ob sie den Blutgeruch mit Wollust einsog. der Seite des Grafen von Helfenstein   ging gebeugten Hauptes Helfenstein's Knappe und sein Hofnarr waren die nächst­seine Gemahlin, ihr Söhnlein auf dem Arm. Es beachtete folgenden Opfer. Und so ward einer nach dem andern in den Zug kaum jemand. Die Bauern hielten ihr Mittagsmahl die schreckliche Gasse gestoßen unter dem Tönen und Dröhnen in den Schänken, Herbergen und Häusern der Bürger, und der Pfeifen, Trommeln und Zinken, das den Todesschrei der die Hauptleute waren auf dem Rathhause. Auf der Wiese Erstochenen erstickte. bildete die bewaffnete Schaar einen Ring, und in demselben Die Leichen wurden von den Bauern geplündert. Einer verkündete Jäcklein Rohrbach   den Gefangenen das Urtheil. stolzirte in des Grafen Harnisch; Jäcklein Rohrbach   trat in Sie sollten durch die Spieße gejagt werden. Das war die des Grafen Ueberwurf vor die unglückliche Wittwe und fragie Strafe, welche das Kriegsrecht auf Verrath und Ehrlosigkeit sie: Frau, wie gefalle ich Euch in der damastenen Schaube?" Auch sette. Da wurden die stolzen Gesichter bleich und die Gräfin die Gräfin, die vor Schmerz und Angst halb ohnmächtig war, wurde wäre in Ohnmacht gefallen, wenn ihr Gatte sie nicht gehalten beraubt. Rohe Fäuste rissen ihr das Geschmeide und prächtige hätte. Festgewand ab, wobei der Knabe von einer Lanzenspitze leicht an der Brust verwundet wurde. Die Narbe blieb ihm fürs ganze Leben. Die schwarze Hofmännin nahm die Gräfin vor weiteren Mißhandlungen in Schutz. Nachdem ihr Racheðurst befriedigt war, erwachte in ihr wieder das Weib. Die Gräfin wurde in ihren zerfeßten Unterkleidern mit dem Kinde auf einem Mistwagen nach Heilbronn   geschickt. Bürger von Weinsberg  liefen mit ihren Weibern eine Strecke nebenher und höhnten sie:

Er bot den Bauern für sein Leben 30 000 Gulden. ,, Und giebst Du uns zwei Tonnen Gold, Du mußt dennoch sterben," scholl es ihm entgegen. Da fiel die Gräfin vor Jäcklein auf die Knie und flchte mit heißer Jubrunst um Gnade für den Gatten. Aber nicht die Demuth der stolzen, schönen Frau, noch ihre Bitten und Thränen vermochten die Herzen zu rühren. Voller Verzweiflung wandte sie sich der schwarzen Hofmännin zu, die sie mit ihren heißen Blicken berzehrte, und rief, ihre Kniee umschlingend:" Du bist ein Weib, Dein Mutterherz flehe ich an, um das Leben des Vaters meines Söhnleins. Gnade und Barmherzigkeit!"

Die schwarze Hofmännin strich sich das graue Haar aus dem Gesicht und sprach tief aufathmend:" Weißt Du, was die Herzen dieser Männer hart gemacht hat, so daß sie all' Deine Thränen nicht zu erweichen vermögen? Ich will's Dir sagen: Sie denken daran, wie oft ihre Herren sie mit Hunden gehegt haben, wie oft sie auf ihrem vom Hunger und Frohnen fleischlosen Rücken die erbarmungslose Peitsche der Herren ge­fühlt haben. Wie sie umsonst winselten und ihr Flehen und Heulen und Erbieten kein Gehör und Erbarmen fanden, wann hr Edelleute ihren Vater, ihren Bruder, ihren Sohn eines fleinen Vergehens wegen in die tiefsten Verließe Eurer Thürme hinuntergeworfen, wo sie ohne Speise und Trank verschmachten mußten. Ja, ich bin ein Weib wie Du," fuhr sie fort, sich hoch aufrichtend." Und mein Leib ward geschändet von den Herren, der Vater meines Kindes verbrannt von den Herren, der Mann meines Kindes mit Hunden zu Tode gehezt von den Herren, mein Enkel erschlagen von den Herren. Winde Dich im Staub' wie ich und verzweifle wie ich."

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" In einem goldenen Wagen bist Du zu uns gekommen, in einem Mistwagen fährst Du fort!" Zwölf lange Jahre blieben ihr noch, um über den jähen Wechsel ihres Schicksals nachzudenken. Die Worte der schwarzen Hofmännin ließen ihren Adels- und Weltstolz nicht wieder auffommen. Sie erkannte, daß ihr Leben in seiner Herrlichkeit nur von den Früchten des jahrhundertelangen Unrechts, das seine furchtbare Vergeltung gefunden, gezehrt hatte. Ihr Sohn trat in den geistlichen Stand. ( Fortjeßung folgt.)

( Nachdruck verboten.)

Meeresleuchten.

Das Meer! Immer fesselt und beschäftigt uns die weite Wasser­fläche, mag sie sich glatt wie ein Spiegel ausdehnen, mag sie sich, vom Sturm gepeitscht, zu schaumgekrönten Wellenbergen aufthürmen. und selbst, wenn die Sonne zur Nüfte gegangen, wenn die Nacht ihre dunklen Fittiche ausbreitet, auch dann interessirt sie. Dann be­ginnen die Wellentämme und Sturzwellen zu blinken und zu flimmern, und in märchenhaftem Schimmer entzückt uns das Meeres­leuchten.

alten farthagischen Seefahrer treffend als brennende See bezeichneten, So lange diese Erscheinung schon beobachtet worden ist, die die so sind ihre Ursachen doch erst in neuerer und neuester Zeit tlargelegt worden. Wir wissen jetzt, daß das Meeresleuchten hervorgerufen wird durch Bewohner der salzigen Fluthen, und daß zu dieser natürlichen Illumination eine ganze Reihe von verschiedenen Lebe­wesen beiträgt.

Sie fehrte sich ab, und der Graf von Helfenstein   riß seine Gattin, die unter den Worten der Hofmännin wie von Keulen schlägen zusammengebrochen war, rauh vom Boden auf. Er gab sich für verloren und sie sollte sich nicht weiter demüthigen. Unterdessen hatte Jäcklein Rohrbach   die Gasse bilden glitzernden Diamantenschmuck verhelfen, gehören die Leuchtbakterien. Zu den niedrigsten Organismen, die dem Meer zu seinem lassen. Ein Bauer aus dem Odenwalde befehligte fie, boran Man tennt von ihnen bereits mehr als ein halbes Dußend Arten, standen die Böckinger. Dumpf, wie es bei standrechtlichen die theils in grünlichem, theils in bläulichem oder röthlichem Licht Hinrichtungen der Brauch war, schlug die Trommel. Der aufleuchten. Die Leuchtbatterien halten sich entweder frei im See­erste, der in die vorgestreckten Spieße der Bauern gejagt wasser auf oder sie siedeln sich auf größeren Meeresbewohnern an. wurde, war ein Knecht Konrads Schenk von Winterstetten  ; Dabei ist ihre Lichtentwickelung eine ziemlich bedeutende. Es gelang dieser selbst der zweite. Sie wurden nacheinander rasch B. Fischer, Schuppen eines Fisches, die er mit Reinfulturen von niedergestochen. Dann kam die Reihe an den Grafen von Leuchtbakterien infizirt hatte, nach 36stündiger Exposition zu photo­Helfenstein. Ein zu Rom   geweihter Priester, Jakob Leuß, graphiren, ja, es ließen sich sogar von ihnen nur mittelbar beleuchtete der sich dem Aufstande angeschlossen hatte und jetzt Feld- Gegenstände, wie das Zifferblatt einer Uhr, allein durch ihre Licht­entfaltung photographiren. Eine Infektion größerer Sec schreiber der Bauern war, hörte ihn Beichte und empfing thiere mit Leuchtbatterien vollzieht sich auch unter natürlichen Ver­von ihm seinen Rosenkranz  , den er fortan am Arm trug. hältnissen. Girard fand gelegentlich am Strande einen leuchtenden, Noch aber befand sich in dem bitteren Kelch, den der Graf fleinen Krebs, der träge umherkroch. Er erkannte unter dem sich selbst durch seinen Verrath eingeschänkt hatte, ein legter Mikroskop, daß das Leuchten von Batterien hervorgerufen wurde, die Tropfen, und auch dieser blieb ihm nicht erspart. War da ein sich auf den stark veränderten Muskeln des Krebses angesiedelt Mann, der höchst kunstvoll die Zinke blies, Melchior Nonnen hatten. Er impfte Sandhüpfer und Springkrebse mit dem mitroben macher war sein Name und war Pfeifer zu Jlsfeld. Der hatte reichen Blute des Krebses und erzeugte hierdurch das Leuchten. Diese in früheren glücklichen Tagen den Grafen oft durch sein Spiel Laboratorium abends einen feenhaften Anblick darbot. Das Leuchten Ueberimpfung glückte ihm sogar bei größeren Krabben, so daß sein bei der Tafel ergögt und bei ihm in großer Gunst gestanden. ist als eine Folge der Sauerstoffaufnahme der Batterien zu be Allein die Gunst der hohen Herren ist wetterwendisch, und trachten. Werden sie nicht in einem sauerstoffreichen Nährboden kultivirt, das hatte auch Nonnenmacher an sich erfahren müssen. Dieser so bemerkt man von dem Leuchten keine Spur.