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und Baumrinde bedeckt und oben wird eine Kleine Oeffnung gelassen zum Durchzuge der Geister bei ihrer Ankunft und Abreise. Be waffnet mit seinem Manitu( die besondere Gottheit" eines jeden Wilden) kriecht der Zauberer auf Händen und Füßen in sein Heilig­thum. Jedes Feuer im Lager muß ausgelöscht werden, um nicht die Geister zu erschreden. Alsdann beginnt die Zeremonie der Anrufung derselben. Die anfangs leise Stimme wird allmälig stärker, das Piano und Adagio wächst zum Forte und zum Fortissimo, und endet mit einem entseglichen Heulen und Brüllen. Die Hütte selbst scheint erschüttert, verheyt zu sein; sie rührt sich, sie biegt sich, sie krümmt sich bis zur Erde mit solch einer Gewalt, daß man meinen sollte, die Pfähle müßten brechen.

In der Meinung der Wilden giebt der Böse durch alle diese Zeichen seine Ankunft zu erkennen. Der Geist ist da, diese feine, diefe grelle Stimme ist die seinige", jubeln laut die Draußenstehenden. Sie wenden sich alsdann vertrauensvoll an ihn und bitten ihn, daß er auch seine Gesellen wolle kommen lassen. Unharmonische Töne und verworrene Stimmen beweisen, daß der erste Geist Verstärkung erhalten. Jetzt beginnt das Fragestellen. Was ist es für eine Krankheit? Wer oder was hat sie verursacht? Wie wird sie be­feitigt? Man mußt die Gelegenheit aus und fragt über andere Sachen. Wann werden die Jäger heimkehren? Haben sie Glück gehabt? Wie lange dauert noch der Winter? Ein jeder kommt mit seinen Ungewißheiten und Zweifeln heraus, denn der Geist ist ja allwissend. Die Heilmittel, die infolge dieser Unterredung mit dem Geiste vorgeschrieben werden, sind mitunter recht drollig. Festgelage, Tanz, Tanz, Spiel werden gewöhnlich ver­ordnet. Es geschieht auch, daß der Zauberer als Ursache der Krankheit, die ein ganzes Lager ergriffen hat, eine in der Achtung aller gesunkene Person angiebt und deren sofortigen Tod unabiveis­bar fordert.

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von 10 bis 14 Jahren, welche Schreiben und Lesen lernten. Sie faßen in einem mäßig großen Zimmer. Jeder hatte einen Stuhl und einen Tisch, auch standen einige Schlafstätten in dem Gemach. Ein zweiter Raum enthielt ebenfalls einige Schlafstätten; er diente gleichzeitig als Speisesaal. Ein Hofraum, fünf Meter lang und 4 Meter breit, vollendete das Institut. Die Knaben gehörten den Mittelständen an; sie sahen intelligent und geweckt aus und legten uns ihre recht guten Schriftproben vor. Der Lehrer sagte, daß die Jungen für ein Jahr bei ihm aufgenommen wären und den ganzen Tag über arbeiten müßten; Spielstunden und Bewegung würden ihnen nicht gegönnt. Sie schlafen in der Schule, und der einzige Ort, an dem sie das Sonnenlicht sehen können, war der kleine Hof, nach dem auch die Zimmerfenster gingen. Es ist ein Prinzip der chinesischen Schulerziehung, daß der Geist während der Lehrjahre auf einen Gegenstand konzentrirt sein muß. Zu verwundern ist es, wie die kleinen Köpfe im stande sind, sich den ganzen Tag, wenn auch in einer durchaus mechanischen Weise, geistig zu beschäf= tigen. Der erste Schreibunterricht besteht im Nachmachen verschie dener Schriftzeichen auf durchsichtigem Papier. Die Vorschrift ist in dicken starken Strichen gemalt, und der Schüler lernt den Pinsel halten und gebrauchen. Er muß dieselben Charaktere sehr vielemale immer wieder malen, um sich an ihre Form zu gewöhnen und genau die festuormirte Zeitfolge kennen zu lernen, in welcher die einzelnen Striche zu machen sind. Auf die Aussprache und die Bedeutung wird zunächst feine Rücksicht genommen, da der Schüler eben nur eine große Anzahl fester Bilder im Kopfe behalten soll. Es wird vor= ausgesetzt, daß, wenn dies erreicht ist, die Verbindung der Ideen mit den Bildern ihm später leicht fallen wird und er ohne Schwierig­keit vieles hinzulernen kann. Es ist schwer, sich eine Vorstellung von der psychologischen Wirkung zu machen, welche diese Art des Erlernens der Begriffszeichen haben muß, da sie sehr weit von der Interessant ist die Heilung" des Kranken durch die Trommel. verschieden ist, welche mit dem Erlernen der Buchstabenschrift ver­Ueberhaupt spielt dieses Instrument unter den Wilden eine bedeutende bunden ist. Einerseits zwängt diese Methode die Dentthätigkeit in Rolle. Ein ordentlicher Trommellärm versezt sie in Verzückung. bestimmte Formen und trägt jedenfalls zu der Pedanterie bei, Sogar die Geister können dem zauberischen Klang der allmächtigen" welche den Sacriftkundigen späterhin eigenthümlich bleibt. Anderer­Trommel des Zauberers nicht widerstehen. Die Heilung durch die seits entwickelt die Schriftfunde an sich, wegen der Verbindung Trommel geschieht auf folgende Weise: Der Zauberer reibt zuerst jedes einfachen Schriftzeichens mit ganzen Bereichen von mit kräftiger Hand die wunde Stelle. Dann rührt er mit nicht ge- Ideen, den Geist, besonders wenn sie in geschickter Weise gelehrt ringerer Heftigkeit seine Trommel. Durch diesen Lärm soll das Thier, wird. Mein Besuch schloß mit einer kleinen Episode, welche, diesen welches er in sich zu befizen vorgiebt, und das entweder ein Frosch, Unterschieden des Lehrsystems gegenüber, die internationale Aehnlich­ein Fischotter oder eine Natter ist, aus des Bauches Tiefe oben in feit der Schüler zeigte. Einer der Knaben mit einem hübschen und die Mundhöhle kommen. Er braucht nunmehr nur den Mund an flugen Gesicht zupfte mich am Rockschooß und bat durch Pantomimen die geriebene franke Stelle zu legen, und das Thier, das im Munde verstohlen um eine Zigarre. Durch andere Knaben, die sofort auf ift, saugt allerhand Gegenstände, wie kleine Knochen, Eisenstücke, seiner Seite waren, vor den Blicken des Lehrers geschützt, streckte er Haare, Leder und dergleichen aus dem Körper der Kranken. Mit die Hand unter dem Tische vor. In kraffem Verstoß gegen die Befriedigung zeigt der Quacksalber die Krankheitsstoffe den Um- pädagogischen Prinzipien, über die ich eben noch nachgedacht hatte, stehenden. Hält er die Krankheit nicht für tödtlich, oder steht ihm erfüllte ich die kleine Bitte, die hier im Innern China's , weit entfernt eine gute Belohnung in Aussicht, so verspricht er eine gute Wendung von Europäern und von Orten, wo man Zigarren raucht, an mich zum bessern. Fühlt sich der Patient, beherrscht durch seine Ein- gerichtet wurde. Offenbar war schon vor mir ein Fremder von bildungskraft, nachher wirklich besser, so ist das für den Bauberer lagen Grundsätzen in dieser Schule gewesen."- Waffer auf seine Mühle; hat die Krankheit einen schlimmen Ausgang, so weiß die fertige Zunge stets alle Schuld abzuwälzen. Nicht minder absonderlich als die Kur des Aussaugens der Krankheitsstoffe ist jene andere Methode, bei welcher der Zauberer in den Mund, die Ohren und die Nase des Patienten mit vollen Backen pustet, um, wie er sagt, wieder das Leben und die Gesundheit in den Körper einzuführen.

Kulturhistorisches.

- Ein unheimliches 8eugniß erhielt vor hundert Jahren, am 1. September 1798, der Scharfrichter von Tecklen­ burg , Jobst Stolle, ausgestellt:" Daß der Scharfrichter Jobst Stolle zu Tecklenburg , Bruder der Scharfrichterin Maria Jungmann, den für einige Zeit hier zu Hallenberg inhaftirt gewesenen Heinrich Scheuering wohl und zu meinem besonderen Vergnügen enthauptet, und auch zu meines Brudes, des Syndici Zeiten einen daselbst inhaftirten Dieb über die Maßen wohl gehentt hat, also daß man in dergleichen Fällen wohl und ergöglich von ihm bedient wird, solches bescheinigt hiermit nach Gebühr Joseph Heerde, Gaugraf zu Meeste im Amt Wollbach." Völkerkunde.

Die Geister sind aber in ihren Launen unberechenbar und lassen manchmal ihre treu ergebenen Minister im Stich. Da war einmal in einem Judianerstamme eine anstedende Krankheit ausgebrochen. Der herbeigerufene Zauberer schlug sein Zelt auf und machte seine Kunststücke; aber es half nichts. Er machte den Vorschlag, große Festgelage und Tänze zu veranstalten. Während die einen mit unbeschreiblicher Gefräßigkeit volle vierundzwanzig Stunden ununter brochen dem Bären- und Büffelbraten zusprachen, ergößten sich die andern, angethan mit Holzmasken und glühende Eisenstücke zwischen der letzten Sizung Prof. Fritsch über die Entstehung der - Auf dem Anthropologen- Kongreß in Braunschweig sprach in den Zähnen haltend, an wilden Tänzen. Als auch dieses fehlschlug, Rassenmerkmale des menschlichen Kopfhaares. Zunächst rief der Herenmeister in voller Verzweiflung einige Gesellen zur müsse man sich flar machen, wie das Haar überhaupt entsteht, um Hilfe. Ein alter Invalide, halb erblindet und taub auf beiden die Entstehung des Nassenhaares zu begreifen. Es wird die Masse Ohren, erklärte, daß er zehn Tage fasten wolle, um Erleuchtung des Haares aus wuchernden Zellen gebildet, die durch seitlichen Druck vom Geiste zu erhalten. Nach Ablauf dieser Zeit erklärte er, daß zusammengepreßt und mit einander verklebt, die zugleich aber in es zur Abwendung der Krankheit nichts weiter bedürfe, als Stroh- einer bestimmten Richtung vorwärts getrieben werden. Die Stelle, halme auf ein jedes Belt zu stecken; das würde die Geister ver- wo die Wucherung erfolgt, heißt Haarpapille; die zum Knäuel fcheuchen. Bergeblich. Die Indianer waren voller Verzweiflung. geformten wuchernden Zellen bilden die Haarzwiebel; den Druck Die Männer warfen Tabak ins brennende Feuer, und einer nach liefert die Umhüllung, der Haarbalg. Aus den Wurzelscheiden dem anderen erhob sich und hielt dem Teufel eine Standrede; die wird der Haarpapille neuer Was Frauen liefen ums Lager herum und schrien und lärmten zum taub Bellenstoff zugeführt. nun die werden. Obgleich alle Zauberer hier gründlich hineingefallen waren, so ordnen einzelnen Rassenmerkmale des Haares Haares betrifft, zogen sie sich doch durch einige unverfrorene Anschuldigungen der Gruppirung auf dem Haarboden, Einpflanzung( senkrecht oder schief­fie fich etwa nach folgenden Gesichtspunkten: Kranten aus der Patsche. winklig), Querschnitt, Färbung, Krümmung, endlich die Umbiegung des unteren Haarwurzelendes und das wechselnde Auftreten der dus Kleines Feuilleton.scher Bedeutung ist die Färbung des Haares, die vor allen Dingen Anhangsdrüsen der Haare. Von überaus einschneidender physiologi­Eine chinesische Schule. In seinem foeben erschienenen weiter aufgehellt werden sollte. Unzweifelhaft ist die Haut der Buche Schantung und seine Eingangspforte Kiautschou" schildert dunkelgefärbten Rassen im höheren Maße Ausscheidungsorgan von Richthofen einen Besuch in einer chinesischen Pensionsschule von als die der weißen. Das ergiebt sich schon aus der Wangtiaying in folgender Weise: Ehe wir von Wangtiaying ab- Thatsache, daß dunkelhäutige Menschen nicht nur ungestraft, fuhren, besuchte ich eine der eigenthümlichen chinesischen Pensions- sondern sogar mit Behagen in der Sonne liegen, während die schulen, welche nahe dem Gasthaus lag. Ein langer, behäbiger, und Haut des Weißen sofort den stärksten Sonnenbrand unter Blasen­im Bewußtsein feiner klassischen Gelehrsamkeit stolzer Chinese mit bildung und unter Abstoßung von Haut zeigen würde. Dabei fühlt sich einer Hornbrille war der Lehrer. Er hatte acht Schüler, Knaben die schwarze Haut weich und fühl, sammetartig an, während die

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