Mnterhattmlgsblatt des vorwärtsNr. 158.Sonntag, den 14. August.1898(Nachdruck verboten.)54] Mm die Freiheit.Geschichtlicher Noman aus dem deutschen Bauernkriege 1323.Von Robert Schwei chel.Um diesen Krebsschaden auszuschneiden, hatte WendelHipler vorgeschlagen, daß fortan jeder, der zum Zuzugaufgemahnt würde, bis zur Beendigung des Volks-krieges bei der Fahne verbleiben müßte. Es gelang aberihm und den Rathen nicht, die Bauern davon zu überzeugen,wie nothwendig zu ihrem eigenen Wohle die vorgeschlageneBestimmung sei. Eben wie Götz dem Ring sich näherte, erhobsich ein übettviegend Mehr der Hiinde auch hiergegen. EinDorfschneider hielt Götz seinen Spieß vor und forderte ihnauf, sich gefangen zu geben und vom Pferde zu steigen. Götz,der weit und breit gefürchtcte Haudegen, vermochte über daskomische seiner Lage nicht zu lachen.„Du hast gut reden,"antlvortete er,„so viele hast Du um Dich stehen; wenn Dunüch draußen im Feld allein fingest, wollte ich Dich loben.Ich bin doch zuvor gefangen."„Und ich sag' Dir, es ist Dein Tod, wenn Du nit unserHauptmann wirst," drohte der Schneider.„Ich will aber nicht!"„Daß Dich Gott's Marter schänd'. Du mußt," fluchte derDorfschneider.„Herunter vom Pferd!"Götz stieg ab und jener führte ihn in den Ring. Dieerregten Stimmen der Räthe und des Haufens bedeutetenihm, daß die Zeit des Hinhaltens vorüber sei.„Wohlandenn," sprach er,„da Ihr mich also dränget und zwänget,so sollet Ihr wissen, daß ich nicht anders handeln will, sofernmir Gott die Gnade giebt, denn was ehrlich, redlich undchristlich ist und ehrenhalb geziemt und gebührt; und wo Ihrnicht ehrliche und christliche Handlungen vornähmet, wollt' icheher sterben, als mich zu Euch bewilligen. Wenigstens werd'ich nicnials in eine so tyrannische Handlung willigen, wie dieErmordung von Weinsberg war."„Es ist geschehen," antwortete ihm Jörg Metzler mitcincnl Achselzucken,„wo nicht, geschah es vielleicht nimmer."„Die Verräther und Pfaffensrcunde müssen alle dran,"gellte eine weibliche Stimme und die Bauern schlugen klirrendihre Wehren zusammen. Die schwarze Hofmännin schrie es.Seitdem Jäckleiu Rohrbach nach Maulbronn gegangen war,zog sie mit dem hellen Haufen. Die Bauern sahen mit scheuerEhrfurcht seit dem Tage von Wcinsberg auf sie. Sie hieltensie für eine Prophetin und glaubten an ihre übernatürlicheMacht.Götz gelobte, ohne jede Bedingung, auf vier Wochen zu-nächst ihr Haupünann zu sein und leistete den Eid aus diezwölf Artikel. Kaum aber saß er mit den Hauptleutcn in derHerberge, so begann er an den Artikeln zu mäkeln. Sie solltender Obrigkeit wieder gehorsam sein, verlangte er, Zinsen,Gülten und Frohnden leisten, wie es Herkommen sei und dieBeseitiglmg aller Mängel ihren Herren anheimstellen. DieBauern lachten ihn aus und er brauchte für Spott nicht zusorgen.„Meinet Ihr, daß wir Euch darum zum Hauptmann ge-macht haben<" fragte Wolf Gerber von Oehringen mitstechenden Blicken.„Dann hätten wir keinen Aufstand zumachen nöthig gehabt, sondern hätten ruhig daheim bleibenkönnen."Hans Flur warnte ihn, das sei ein böslich Gelüsten.Götz bestand vorläufig nicht weiter darauf. Jedoch er-langte er das Versprechen, daß die festen Häuser undBurgen der Edelleute auf dem weiteren Zuge verschontwerden sollten. Daß dieser Zug auf Würzburg ging, war ihmsehr wider den Strich. Er brauchte, um sich in seinerStellung zu befestigen, einen Erfolg und er fürchtete, daßsein Feldherrntalent die Probe durch die Belagerung des sehrstarken Marienberges schlecht bestehen würde. Er schlugdeshalb vor, zunächst die Reichsstadt Schwäbisch Hall in denBund zu bringen, was kein schwieriges Unternehmen sei, undverbürgte sich, daß er nur zu schreiben brauche, um sogleichzweihundert Pferde dem Heere zuzuführen. Dann solltenalle Haufen herangezogen werden und mit dieser ungeheurenMacht wollte er dem Schwäbischen Bunde im freien Feldeentgegengehen. Nach ein oder zwei Schlachten, an deren glück-lichem Ausgange er nicht zweifelte bei solcher Uebermacht, mußtendann alle Festungen, Schlösser ihnen von selbst zufallen.Aber auch damit drang er nicht durch. Das Heer zogweiter durch das mainzische Gebiet auf das reiche Benediktiner-kloster Amorbach, Götz von Berlichingen und Jörg Metzlerals oberste Hauptleute an der Spitze." Das Kloster erlitt dasSchicksal von Schönthal. Der helle Haufen brach herein undraubte alles, was nur einigen Werth hatte: Kleider, Gefäße,silberbeschlagene Bücher, Jnfule, und verschonte weder Orgelnoch Altar noch Reliquien. Und nach den Bauern kamen dieAmorbacher und ihre Nachbarn und trugen alles beweglicheGut fort, bis auf die Bretter, die Dachziegel und dievorräthigen Backsteine. Das Niederbrennen des Klosters,wozu schon der Befehl ertheilt worden, unterblieb aufdie Bitten des Raths von Amorbach. Nur die Ziusbücherwurden dem Feuer überantwortet. Die Beute wurde ver-kauft und jede Rotte erhielt ihren Theil. Götz erstand außerseinem Theil noch für einhundertundfünfzig Gulden Klein-odien, darunter eine blaue Insul, die seine Hausfrau zer-trennte, und aus deren Perlen und Edelsteinen sie sich einHalsgcschmeide machte. Von dem Kaufpreis ließen ihm dievergnügten Bauern fünfzig Gulden nach.Die schwarze Hofmännin betheiligte sich an der Plün-derung nicht. Sie hatte es bei früheren Gelegenheiten nichtgethan, und that es auch bei späteren nicht. Was sollten ihrSchätze? Ja, sie stieß sie mit dem Fuße fort oder zertrat sie,wann sie auf ihrem Wege lagen. Ihr Antheil an der Beutewar die Wollust, mit der sie zuschaute, wie das Eigenthumihrer bittcrgehaßten Feinde geraubt und verwüstet wurde.Wild machte es sie, daß das Kloster nicht niedergebranntwurde. Sie fuhr Jörg Metzler an, ob man die Nester nurstehen lasse, damit das Nachtgevögel sich flugs wieder ein-nisten könne, sobald die Bauern den Rücken wendeten? Erund die Siebener seien Weiber, denen die goldenen Sporendes Götz in die Augen stächen. Diesem legte ihr Mißtrauendie Verantwortung für die Schonung auf. Anstatt ihm beiseinem Beute-Einkauf fünfzig Gulden nachzulassen, hätte mansie auf einen Strick verwenden sollen, um ihn zu hängen. IhrHaß gegen den Adel nahm nur Florian Geyer aus; er alleinmeine es ehrlich mit den arincn Leuten. Und so hatte sie nurgrimme Verachtung für die Junker und Ritter, welche jetzt er-schreckt aus der ganzen Umgegend nach Amorbach geeiltkaiuen, um durch den Schwur auf den Artikelbrief Sicherheit derPerson und des Eigenthnms zu gewinnen! O, wie klein siesich jetzt machten und Rath und Hauptleute umschmeichelten,diese hochmüthigen Edellinge!„Ja, bück' Dich nur, so tiefDu kannst," rief sie dem Junker von Gollersdorf zu, den sieschon an der Thür des Wirthshauses, in dem die Siebenerihr Quartier ausgeschlagen hatten, sein Barett lüpfen sah.„Gott hat uns, die Unedlen vor der Welt und die Verachtetenerwählet, daß er zu nichte mache, was etwas ist und keinFleisch vor ihm sich rühme."Aber nicht nur die kleinen Tyrannen, welche gleich Wespenund Hornissen bislang die armen Leute blutig gestochen hatten,fanden sich ein. Von dem großen und mächtigen Grasen vonWertheim am Einfluß der Tauber in den Main kam das An-erbieten, in den evangelischen Bund zu treten und ihn mitGeschütz, Pulver und Kugeln zu unterstützen. Seine Mächt warvor der Empörung seiner Bauern zergangen, die sein stolzes, aufeinem Rebenhügcl thronendes Schloß stürmten, als er sie mitFeuer und Schwert zwingen wollte. Götze's alter Freund, derRitter Max Stumpf, geleitete eine Gesandtschaft nach Amorbach,die kein Geringerer schickte als der Erzbischof und Kurfürst vonMainz, Albrecht von Brandenburg. Ein Vetter des AltsbachersKasimir, trug er sich lange mit dem Gedanken, das Beispielvon dessen Bruder Albrecht nachzuahmen und sein Erzbisthumin einen weltlichen Staat umzuwandeln, wie jener das Deutsch-ordensland Preußen zu einem Herzogthum gentacht hatte. Erliebäugelte mit der Reforniation, erwies sich den Humanistengünstig und zog Ulrich von Hutten an seinen üppigen Hof, dersich mit Wissenschaften und Künsten putzte. Seine Maitresse redeteihm schließlich seinen Ehrgeiz aus, bei dem für sie nichtsherauskommen konnte. Denn es war nicht daran zu denken,daß er als weltlicher Kurfürst sie zu seiner Gemahlin machenwürde. Jetzt schickte er seinen Statthalter, den di« Straß»