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burger von seinem Bischofsstuhl verjagt hatten, als Legaten fein gallenfreies Temperament erquidlich, und vieles an ihm erinnert an die Bauern. an die Natur jener selbstgerechten Herren, die sich gern bei dem Denn, ach! selbst in dem goldenen Mainz und wohligen Gedanken beruhigen, wie doch in ihrer Stadt alles so schön rheinauf- und abwärts frachte und barst die alte Herren bestellt sei. herrlichkeit, sodaß Erzbischof Albrecht es für weise erachtete, als beliebte Zeitungs- Spielereien auftauchen, beschäftigt sich diesmal Eine jener müßigen Umfragen, die alljährlich zur Sommerszeit sich anderwärts in Sicherheit zu bringen. Sein Schlemmer- mit dem Thema: Wie macht man Berlin zur schönsten Stadt der leben hatte seine ganze Energie aufgezehrt und er erinnerte Welt. In der Fragestellung schon drückt sich der bescheidene Sinn sich, daß sein Oheim Friedrich noch immer als Gefangener aus, der so manches Berlinische Gemüth auszeichnet. Man befragt seiner liebevollen Söhne in dem Thurm der Pleißenburg Gelehrte und Künstler, Politiker und Finanzgrößen? Auch Altschmachtete. bürgermeister Zelle wurde um seine Ansicht befragt. Herr Zelle schmunzelte und seine Antwort klang beinahe, als wäre er verwundert, als wollte er sagen: Ja, Kinderchen, was habt Ihr denn mun eigentlich? Soll unser Berlin denn noch schöner werden, als es ohnedies ist?
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Aber die Bauern gaben ihm eine über die Maßen harte Nuß zu fnacken. Der Statthalter mußte mit dem Domkapitel zu Mainz die zwölf Artikel annehmen und geloben, alles, was durch den hellen Haufen und andere gemeine Haufen Freilich wird diese innige und so sehr erfreuliche Zuversicht nicht hernach von frommen, geschickten, gelehrten und verständigen von jedermann getheilt und als gar bösartige Raisonneure erwiesen Leuten in diesen Sachen und in allen anderen christlichen sich insbesondere die Architekten vom Schlage des genial veranlagten Dingen und Anliegen gemeinen Landes erkannt und geordnet Bruno Schmitz . Aber man weiß schon, wie es mit dieser Sorte werden würde, ohne Ausnahme zu befolgen. Alle Städte von Menschen geht. Das sind excentrische Leute, und sie stellen und Flecken sollten, wo es von nöthen wäre, dem hellen überspannte Forderungen. Da haben staatliche und städtische BeHaufen Beistand und Zuzug thun mit Leib, Geschütz und an- errichtet, haben Denkmäler sorgsam in Reih und Glied aufgestellt, haben hörden ihr möglichstes gethan, haben die massigsten Kastengebäude derem Vermögen, ohne von dem Erzbischof gehindert zu wer- aufrechte Straßenzüge geschaffen und so stramm auf Geradlinigkeit den, und alle Städte dem hellen Haufen offenstehen. Alle und Proppertät“ gesehen, daß jeder ordnungsliebende Soldatenblick Klöster und Klausen , Mönchs- und Nonnenhäuser sollten z. B. mit Wohlgefallen darauf verweilt und nun kommen die denen geöffnet werden, die darinnen ihren Habit ablegten, exaltirten Schmitz und Genossen und möchten am liebsten mit tollwo es nicht geschähe, sollten Hauptleute und gemeine Bauern- dreister Verachtung dessen, was mun einmal würdig und weise geschaft Macht haben, solche ihres Gefallens abzustrafen. Aller schaffen ist, für ihre Hochfliegenden Pläne Millionen verpuffen. Adel des Stiftes sollte binnen eines Monats bei den Haupt- Mir ist es immer wunderlich erschienen, daß namhafte Künstler, leuten des hellen Haufens persönlich erscheinen und in die ernsthafte Gelehrte immer wieder auf Enqueten hin, die nichts sind, Vereinigung eintreten, jeder, der es nicht thäte, überzogen horcher Rede und Antwort stehen, wenn er nur von dem meistverbreiteten als mehr oder weniger verschämte Zeitungsspekulationen, jedem Auswerden. Endlich mußte der Statthalter geloben, dafür, daß unpolitischen Blatt gedeckt wird. Wie macht man Berlin zur die Bauern das mainzische Gebiet verließen, binnen vierzehn schönsten Stadt der Welt? Welche Kindlichkeit, höflich gesprochen, Tagen dem hellen Haufen für das Domkapitel und die ganze liegt in dieser Frage an sich. Als ob sich das nach ein paar RathPfaffheit des Stifts 15 000 Gulden zu Handen zu stellen. fchlägen von einigen freundlichen Menschen bei gutem Willen und Max Stumpf erbot sich aus freien Stücken, mit vor Würz- rühmlicher Umsicht in wenigen Jährchen schaffen ließe. Wir machen burg zu ziehen. alles, warum soll also Berlin nicht zur schönsten Stadt der Welt
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Wendel Hipler durfte stolz darauf sein, einen solchen gemacht werden?" Feste drauf los, es wird schon gehen." Vertrag zu stande gebracht zu haben. Er wurde dessen Allerdings auf die anspruchsvollen Leute und auf jene jedoch ob der Sorge nicht froh, mit der Göz ihn bedrängte. Pessimisten, die auf die lokalpatriotische Frage mit darf man Göz kam immer wieder auf seine Forderung zurück, läglichen:" Das können wir nicht!" antworten, nicht hören. Den einen Künstler verdrießt bereits die
und der Wiener Ringstraße , wo bei gewundener Linienführung dennoch das moderne, Prinzip möglichst weiter Verkehrsfreiheit gewahrt ist. Der sieht, wenn er auf die Kreuzberghöhe steigt, ein Häuſergewimmel, das sich auf mächtiger Fläche ausdehnt und dabei unruhig wirkt. Denn es fehlen die charakterischen monumentalen Denkmale, auf denen das Auge wie auf Ruhepunkten verweilt. Ein anderer vermißt ein weites, blinkendes Thalgelände wie das der Seine oder einen Höhenzug, der einen festumrissenen Hintergrund abgäbe. Aber alles in allem, läßt sich denn derlei„ machen"?
daß die zwölf Artikel geändert, gemäßigt, abgeschwächt landschaftliche Lage Berlins , der andere ist entrüstet über die uniforme würden. Hipler hielt folches für unmöglich, obgleich er Göz Geradlinigkeit und verweist auf das Beispiel der Pariser Boulevards gerne gefällig gewesen wäre, denn einestheils glaubte er die jüngsten großen Erfolge an den Namen des Ritters geknüpft, anderntheils war er selbst überzeugt, daß manche Forderung der zwölf Artikel ermäßigt, ja ganz gestrichen werden müßte, wenn der Staat, den er erstrebte, verwirklicht werden sollte. In dieser Verlegenheit erhielt er den Besuch eines Mannes, den Hans Flux und seine Heilbronner nicht mit wohlwollenden Augen betrachteten. Auch Hipler fannte ihn schon seit längerer Zeit von Heilbronn her, das Hans Und wie viel Kultur mittel erst müssen, abgesehen von mehr Berle zu wiederholten Malen auf Reichs- und Bundestagen oder weniger bevorzugter landschaftlicher Lage, zusammenfließen, um und bei anderen politischen Verhandlungen mit den besten die Schönheit erstehen zu lassen! Ließe man selbst einem Duzend Erfolgen vertreten hatte. Er war in allen Künsten und Kunst- von Architekten wie Bruno Schmit einer ist, völlig freie Hand, dürften stückchen der Diplomatie erfahren und gewandt wie ein Wiesel. fie unbehindert ihren Eingebungen oder ihren Liebhabereien man folgen, täme selbst dann nur bon weitem jener Schon in Neckarsulm und Weinsberg war er zu den Bauern Schönheit nahe, die nicht auf Kommando nicht auf Kommando geschaffen wergekommen, um zu erspähen, ob sich nicht unter ihnen Be- den kann, die sich vielmehr als edelster Kulturniederschlag ziehungen anknüpfen ließen, die zum Vortheil seiner Vater einer Gesammtheit darstellt, einer Gesammtheit von Schaffenden stadt ausgenügt werden könnten. Nach seinen Rathschlägen und Empfangenden? Es käme doch nichts Organisches, das sich war dann deren Rath verfahren und hatte derselbe Hans einheitlich über ein Städtebild erstreckt, zu stande. Flur zu seinem Sündenbock erkoren. Jezt schickte ihn die Stadt nach Amorbach , um bei den Siebenern über die Böckinger , welche die Eigenthumsrechte Heilbronns rücksichtslos verletzten, Beschwerde zu führen, und er kam zu Wendel Hipler , um sich dessen Beistand und Vermittelung zu sichern.
( Fortsetzung folgt.)
Sonntagsplauderei.
Altbürgermeister Zelle darf mun freier athmen. Nicht wie ein Mann, den die Amtsbürde niedergebeugt hat, scheidet er aus dem öffentlichen Leben. Auch die bösen Vorwürfe, die aus Anlaß des achtundvierziger Jubiläums auf ihn niederhagelten, machen ihn nicht grämlich. Immer vergnügt, das ist sein Wahlspruch noch heute; und so verkündet der Alte durch willfährige Zeitungsschreiber: Nun wolle er erst recht leben und genießen, da er der Berufspflichten ledig sei. Raum habe er sich zum Theaterbesuch Zeit gönnen dürfen und so sei er denn in der westeuropäischen Bildung so sehr zurückgeblieben, daß er nicht einmal Sudermann's" Ehre", von der doch alle Welt gesprochen hat, gesehen habe.
Man kann dem Altbürgermeister den gerechten Schmerz hierüber ebensowohl nachfühlen, wie man seiner Vergnüglichkeit noch recht frohe Stunden gönnen mag. Unter nörgelsüchtigen Menschen war
Der Sommer wird wieder vergehen, die Aushorcher des großen unpolitischen Machers werden wieder anderen Leuten lästig fallen, die guten Rathschläge, wie macht man die schönste Weltstadt, werden verrinnen, wie glitzernde Seifenblasen: wir aber werden unsere nach- siebziger Parvenu- Kultur behalten, die Kultur aus der Periode der vielgezüchteten Millionäre. Sie brachte uns die knallprogige Scheinwelt, sie überschwemmte uns mit dem, was ich die Studkultur nennen möchte; den schreienden Aufpuz, statt gediegener Echtheit. Stud, Stuck, aufgedonnerte, überschminkte Schönheit statt solider Natur.
*** Das überströmende Uebermaß der Stuckfultur, der unsere Geldherrschaft nach Siebenzig so gierig huldigte, ist in den letzten Jahren wohl eingedämmt worden, das ist richtig. Aber immer noch tritt es so augenfällig auf, daß in der Fremde, und nicht immer auf Feindesseite, oft schon die bittersten Urtheile darüber gefällt wurden. Ein solches Verdammungsurtheil war in diesen Tagen in einer Wiener literar- wissenschaftlichen Revue zu lesen. Nicht immer gerecht, nicht immer sachkundig und nicht immer mit Rücksicht auf das besondere Leben Berlins urtheilte der Beobachter, er irrte mitunter auch, wenn er unproletarische Erscheinungen mit in den Kreis seiner Berliner Betrachtungen zog, aber im großen lebte in seiner Darlegung ein Zug von Aufrichtigkeit.
Beachtenswerth bleibt es immer, wie der Fremde selbst bis ins proletarische Alltagsleben hinein, die Spuren des plutokratischen Einflusses verfolgt. Leider fommt er mitunter zu schiefen Verall