Anterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 165.
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Mittwoch, den 24. August.
( Nachdrud verboten.)
Um die Freiheit.
Geschichtlicher Noman aus dem deutschen Bauernkriege 1525. Von Robert Schweiche I.
,, Oho," murrte es unter den Zuhörenden und Hans Leminger, der Bader zum Löwen, rief mit einer dünnen, spizzen Stimme:„ Wir haben seine Miserikordia unser Lebtag an unserem Leib und Gut erfahren. Hätten wir dermalen den Bischof aus der Stadt nit ausgelassen, so müßte er alle unsere Bedingungen annehmen, und aus wär's."
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die Art dem Baum an die Wurzel gesetzet. Der Tanz hat erst recht angefangen und es soll einem jeden Fürsten vor seiner Thür gepfiffen werden. Wollen wir die Art zurückhalten? Wollen wir selbst schon wieder aufhören?"
,, Nein! Nein! Nein!" rief die Menge und die Hauptleute und Räthe stimmten fast alle ein. Von der Thür her schmetterte es hell wie eine Trompete:
„ Das Rattennest muß zerrissen und zerschmissen werden." Hans Bermeter stand dort. Wir sind 20 000 und ihrer kaum 250, darunter gar viele Kutten."
Silvester von Schaumburg stieß sein Schwert heftig gegen den Fußboden und rief, der warnenden Geberde des Dechanten nicht achtend, mit zornig rothem Gesicht: Versucht's, Ihr follet willkommen sein!"
Kaspar von Reinstein sette hinzu:„ Wir haben Bulver und Steine genug, um Eure 20 000 Mann in die Luft zu blasen."
Haltet das Maul, seid so gut," fuhr Jakob Köhl ihn an und der Dechant von Guttenberg sprach weiter: Diese Miserikordia, dieses wahrhaft christliche Erbarmen mit Euch, den Verirrten und Verführten, ist es, das uns hierher führt. Wir wollen Frieden und Versöhnung. Die Besagung des Ungewöhnlich flink schnellte der Dechant von seinem Schlosses unserer lieben Frau ist bereit, die zwölf Artikel für Sessel in die Höhe und bat:„ Gebietet Eurer nur zu gerechten sich anzunehmen, überzeugt, daß unser Hochwürdigster Bischof Entrüftung, edle Herren! Mit feurigen Worten löschet man Konrad damit einverstanden sein werde. Nur eine Frist begehren feinen Brand. Bedenket, daß wir Boten des Friedens sind!" wir, um seine Meinung einzuholen. Will man fünftig eine„ Aber Euer Hoffen stehet auf den Fürsten ," entgegnete Reformation vornehmen, so wollen auch wir dabei bleiben." Florian Geher. hr bauet auf Sand. Die Fürsten können Ihr Die Ueberraschung war groß und sie schlug rauschende nicht zusammen kommen, sie sind im Schach. Ihre Zeit ist Wogen in der Kapitelstube.ch sieh' einen Fuchsschwanz," um, und sie können wider die Bauern nichts vornehmen." raunte Mezler aus Brettheim feinem Nachbar zu, während Hier ergriff der Pfarrer Bernhard Bubenleben ein Blatt, der Dechant mit einem von Wohlwollen glänzenden Gesicht über das seine Feder krakend geflogen war, und sprach und sich wieder sehte. Schau, wie der Florian Geyer seinen las: Vernehmet den Antrag derer von der Tauber: Der Snebelbart streicht," murmelte der lange Lienhart. Die Art Frauenberg mit allen noch übrigen Schlössern des Bisthums fenn' ich an ihm. Gieb' acht, er wird dem Fuchs auf den und allem Geschüß und allen Vorräthen wird an das Schwanz treten." evangelische Heer übergeben. Den Geistlichen zusammen wird ,, Mich dünket, daß wir die Bedingungen annehmen eine genügende Schatzung gezahlt, der Besahung Leib und sollen, so vortheilhaft sind sie," ergriff Göz von Berlichingen, Gut und freier Abzug gewährt. Bei der Stadt Würzburg , der unterdessen angelegentlich auf Jakob Köhl eingeredet der Landschaft und des Stifts Gefallen soll es stehen, den hatte, das Wort. Beschwöret die Besatzung die zwölf Artikel, Frauenberg ungebrochen zu lassen oder nicht." so stehen wir ohne Blutvergießen am Ziel und gewinnen an dem Frauenberge eine feste und mächtige Stüße für unsere weiteren Unternehmungen."
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Das düntet mich auch," pflichtete Köhl ihm bei und fügte mit der ganzen Wucht seiner Stimme hinzu:" Nehmen wir's an, Brüder!"
„ Ei, habt Ihr es so eilig?" fragte Florian Geyer . Er durchschaute, warum Göß von Berlichingen auf den Vorschlag des Dechanten so bereitwillig einging. Es trieb den Ritter mit der eisernen Hand, so bald wie möglich an seinen alten Feind, den Bischof von Bamberg , mit dem er in so mancher Fehde und auch vor dem Reichstammergericht sich herumgezerrt hatte, sein Müthchen mit überlegener Macht zu fühlen. Aber der Führer der Schwarzen Schaar erkannte auch, daß der Dechant nur Zeit zu gewinnen trachtete, indem er des Bischofs Zustimmung zu seinem Erbieten sich ausbedang, und als erfahrener Kriegsmann wohl wissend, wie bedenklich, ja verderblich für das Bauernheer ein langes Stillliegen vor dem Frauenberge sein mußte, versuchte er, einen Druck auf die Unterhändler auszuüben. In dieser Absicht sprach er weiter:
Im Kreuzgang unten bin ich einen alten Leichenstein gewahr worden, an dessen vier Eden je ein Näpflein ausgehöhlt ist. Ihr werdet ihn auch bemerkt haben. Darunter schlummert der edle Minnesänger Walter von der Vogelweide . Als er zu sterben fam, hinterließ er dem Neumünster ein Vermächtniß, daraus den Vögeln jeden Morgen ein Futter in den Näpfen gestreut werden sollte. Die frommen Chorherren aber gedachten der heiligen Schrift, darin zu lesen ist, daß Gott die Vögel unter dem Himmel erhalte, obgleich sie weder säen noch ernten, und die Chorherren verwendeten die Stiftung zu Frühstückssemmeln für sich."
Stürmischer Beifall ertofte und erstickte allen Widerspruch, auch derjenigen, welche die Zerstörung des Schlosses ver langten. Die Hauptleute von Creglingen , Weitersheim, Lauda, Königshofen schlugen an ihre Wehren. Göt von Berlichingen trocknete sich die kahle heißgewordene Stirn und Balthasar Würzberger, der stattliche Viertels meister und Wirth zu der Schleyen rief mit dröhnender Stimme aus der Menge:„ Das war ein Manneswort! Würz burg muß wieder freie Reichsstadt werden."
Ja das war ein Wort, wie ein Schlag just auf den Kopf des Nagels," sagte Jakob Köhl.„ Wer meiner Meinung ist, ich meine, wer dem Bubenleben seinem Vorschlag zu stimmt, der erhebe eine Hand."
Da streckten sich die Hände nicht nur der Hauptleute und Bauernräthe, sondern auch der Zuhörer in die Höhe.„ Es ist ein Mehr!" verkündete Köhl.
Das gilt nicht," rief Bermeter und versuchte zum Tische vorzubringen," Die Zwingburg muß gebrochen werden." Ja," fielen ihm die Würzburger zu, die Tauberthaler riefen: Nein!"
So schrien sie heftig gegeneinander. Göz überhäufte den obersten Hauptmann mit Vorwürfen, daß er die Versammelten überrumpelt habe. Der Pfarrer Denner wollte Ruhe stiften, aber seine Stimme verhallte in dem Lärm, der es den Gefandten nicht geheuer machte. Götz, Mekler und die Räthe der Odenwälder gingen unmuthig davon. Jeht heischte Jakob Röhl mit seiner Stentorstimme Ruhe und hieb dazu mit der Faust krachend auf den Tisch. Ihr habet hier garnir zu reden," fuhr er Hans Bermeter an. Und wer jetzt noch sein verfluchtes Maul aufthut, den schmeiße ich zum Fenster.' naus. Höret die Boten!"
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,, Roma locuta, cansa finita," fagte der Dechant sarkastisch. „ Das heißet zu Deutsch : Ihr habet gesprochen und wir haben Eure Meinung vernommen, das ist das End. Den Marien berg auf Eure Bedingungen zu übergeben, dazu haben ivir nicht Vollmacht. Wir werden darüber berichten."
Ein schallendes Gelächter nöthigte ihn, innezuhalten. Auch Götz von Berlichingen lachte und der Dechant lächelte. Mit strengem Tone nahm Herr Florian seine Rede wieder auf: ,, Also haben die Bischöfe alle Rechte und Freiheiten des Herzogthums Franken verspeiset. Und ist, wo wir für sie das Schwert in die Faust genommen haben, da sollen Damit verneigte er sich und verließ unter allgemeinem wir sie für ein Linsengericht von Versprechungen verkaufen? Schweigen mit seinen Begleitern die Kapitelstube. Sie waren Wer traute noch dem Krummstab? Wann wären die armen froh, wieder den freien Himmel über sich zu haben. Leute nicht durch die schönen Worte der Herren ge-" Ihr Herren," fragte der Dechant leise die beiden Edelnasführt worden? Es ist die Zeit gekommen und Teute, als sie im Geleit Bermeters heimritten,
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habet Ihr