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stattfand; die beiden Hotels" von Canobbio   Die Kanone" und hohen Preis herauszuschlagen, während der Händler selbstverständlich " Der Friede  " rufen uns mit ihren Namen das historische Ereigniß möglichst wenig bezahlen will und demzufolge kein gutes Haar an den in bleibende Erinnerung. ihm angebotenen Sachen läßt. Schließlich einigen sie sich aber doch

Es giebt Schmuggler, die förmliche Dynastien bilden und mit Stolz auf mehrere Generationen und besonders berühmte Ahnen zurückblicken. Der Schmuggel der ganzen Gegend von der wir augenblicklich reden, steht unter einheitlicher Leitung. Je schlechter die Witterung, desto günstiger und willkommener ist sie. In Nächten mit pechschwarzem Himmel, in denen der Sturm heult und der Regen herniederprasselt, machen sich die einzelnen Kolonnen auf den Weg. Tragjäcke, bis zu dreißig Kilo belastet, um den Hals gehängt, schleichen die gegen Angst und Furcht gefeiten Männer von dannen.

Die Schmuggler zogen sich nunmehr in die wildromantischen und das Mädchen erhält für einen Haufen Kleider, die einmal Thäler der Mossa, Calancasca und Traversagna zurück. Senkrecht, 50 oder 75 Dollars gekostet haben mögen, vielleicht 75 Cents. wie Mauern, starren die theilweise bis in die Regionen ewigen Manchmal kommt auch die Herrin des Hauses selber und bemüht Schnees ragenden Berge empor. Und doch ist der Aufstieg sich, einen annehmbaren Preis für ihre alten Sachen zu erzielen. fast ein Kinderspiel im Vergleiche zum Abstieg im Schußbereich Ihr bietet der Händler selten Geld, sondern gewöhnlich allerlei des Feindes". Sieht man sich in diesen Gegenden um, so erkennt glänzende Zinnwaren, die, wie er anpreist, ihrer Küche ewig zum man auf den ersten Blick, daß schon die natürlichen Hindernisse, die Schmucke gereichen würden. Seiner Beredtsamkeit und Schlauheit der Schmuggler zu überwinden hat, eine nur durch lange Uebung gelingt es dann in der Regel, von der Herrin des Hauses für zu erwerbende Geschicklichkeit voraussetzen und daß nicht ein jeder Küchengeräthe im Werthe von etwa 40 Cents ebenso viel Kleider zu dem gefahrvollen und unheimlichen Berufe taugt. Eine gründ- herauszuschlagen, als er vom Dienstmädchen für 75 Cents Baargeld liche und geraume Lehrzeit macht der ragazzo( Knabe) durch, bis er erhält. Zwei bis drei Besuche dieser Art füllen seinen Sack, und dann zum giovanotto( Jüngling) und endlich zum vollbürtigen maestro tritt er den Gang zur Börse" an, die um 4 Uhr nachmittags er­( Meister) avanzirt. Nicht nur auf seine förperliche Geschicklichkeit, auf öffnet wird und bis 8 oder 9 Uhr abends dauert. In der Stadt Findigkeit und Spürfinn, sondern auch auf Festigkeit des Charakters wendet der Händler seine ganze Beredtsamkeit auf, um die Schlechtig und auf Zuverlässigkeit wird er geprüft und erforscht; ist doch das den keit der in Frage stehenden Kleider zu schildern; an der Börse" da Schmuggler entehrendste Verbrechen der Verrath, der auch stets mit gegen hat er nur die feurigsten Lobesworte für dieselben sie sind dem Tode geahndet wird. alle wie neu". Aber er findet in dem Käufer seinen Mann, wenn derselbe auch nicht viel spricht. Sein Gesicht ist so bewegungslos wie der hölzerne Tisch, auf den er sich lehnt. Er verschmäht es sogar, auch nur einen Blick auf die vor seinen Augen ausgebreiteten Herrlich­feiten zu werfen, und sieht konsequent nach einer anderen Seite. Selbst bei Erwähnung des Preises zuckt keine Muskel in seinem Antlig. So mögen etwa fünf Minuten vergangen sein, und der Käufer hat noch kein Zeichen des Lebens gegeben. Da packt der Sammler seine Herrlichkeiten zusammen und geht zum nächsten Stäufer, wo sich genau dasselbe Spiel wiederholt. Von Käufer zu Käufer wandelt nun der Sammler, und obgleich er bei jedem den Diese Vorliebe für den romantischen Schmuggel ist unter den Preis etwas niedriger angiebt, erhält er höchstens ein verächtliches Achsel­Lombarden und Ticinesen ebenso verbreitet, wie unter den Sizilianern zucken zur Antwort. So kommt er manchmal zum ersten Käufer zurück, ehe das Näuberwesen. Nur sind die Schmuggler sonst Leute, die mit er mit seinem Preise soweit herabgegangen ist, daß man ihn überhaupt anderen Paragraphen des Strafgesetzbuches selten in Konflikt ge- eines Wortes würdigt. Aus dem Benehmen seiner Kunden fann er ganz rathen. Still und schweigend nehmen sie Abschied von den genau sehen, wann er sich dem Preise nähert, zu welchem überhaupt ein Ge­Ihrigen; denn es gilt immer einen Gang auf Leben schäft abgeschlossen wird. Eine leise Bewegung des Augenlids, ein etwas und Tod. Alle sind mit Schuß- und blanker Waffe be- weniger unfreundliches Grunzen ist ein bedeutsames Zeichen, und wehrt; einige davon ziehen nur bewaffnet mit, unt durch er fühlt den Boden unter seinen Füßen fester werden. Schließlich Scheingefechte die Wächter zu täuschen und sie von der wahren kommt er zu dent Manne, der das erlösende Wort spricht: Laß Marschlinie abzulenken. Die Schmuggler verstehen das Kriegs­handwerk aus dem Fundament und find gebildete Taktiker". Jeder Schuß aber, der bis in die Schweizer   Thäler hallt, erweckt dort bange Sorge und schauerliche Gefühle. Ist ein Schmuggler oder ein Wächter getroffen? Oder ward ein Verräther gerichtet? Glücklich der, den das Geschoß getödtet; der nur Verwundete darf in diesen Gegenden auf keine Hilfe und Nettung mehr rechnen; langsam und qualvoll muß er enden...

Ist die Kolonne glücklich über die Grenze gelangt, so findet sie sich an einem gemeinsamen Sammelpunkt ein, an dem der italienische Abnehmer seiner Lieferanten" harrt und außer dem Preis für die Waaren jedem Mann des Trupps 25 Franken bezahlt. Und dann geht es mit den leeren Säcken auf der wohlgepflegten Landstraße singend und scherzend über die Grenze in die Schweiz   zurück. Die Wachen können nur gute Miene zum bösen Spiel machen; sie nehmen dankbar die ihnen angebotene Prise und wechseln lächelnd einen Hände­druck mit den Schmugglern. In das heimathliche Dorf aber von dem glücklich bestandenen Feldzuge zurüdgefehrt, veranstalten die Sieger Gelage, bei denen es mit Tanz und Wein hoch hergeht. Und dabei erzählt dann ein Alter der gespannt lauschenden Jugend, wie oft er schon die Wachen gefoppt und wie er vor Jahren einmal einen Leichenzug veranstaltet und einen reichen italienischen Gutsherrn, der in der Schweiz   plöglich verstorben, über die Grenze transportirt hatte. Um die Wächter ganz sicher zu machen, hatte er sie schlau benachrichtigt, daß kurz nach dem ersten noch ein zweiter Sarg fomne, in dem sich lauter tostbare zollpflichtige Waaren befänden. Ueber diesen fielen die Zollbeamten her und fanden zu ihrem Entsezen gerade darin den Leichnam. E. Miller.

Kleines Feuillekon.

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- Ein großstädtischer Erwerbezweig. Man schätzt, daß die drei Millionen Einwohner von New- Yort jeden Tag in der Woche in runder Summe 50'000 alte Hüte, Röcke, Hosen, Westen, Kleider 2c. ablegen und daß 75 pCt. davon ihren Weg in das schmutzige Quar­tier der Händler mit alten Sachen an der Bayard Straße finden. Man könnte dieses Quartier als die Börse jener Händler bezeichnen. Die Aufregung in diesem Viertel während der Geschäftsstunden ist thatsächlich nicht weniger intensiv und fieberhaft wie in der Börse. Zwar stehen in der Bayard- Straße vielleicht bei einem Geschäft nur drei Gents auf dem Spiele, aber die Spannung der Be­theiligten tönnte nicht größer sein, wenn es sich um eine halbe Million Dollars handelte. Zwei Kneipen haben ein Monopol auf das Geschäft: sie bilden die eigentliche Börse für alte Kleider, und in einer von beiden pflegen sich Käufer und Verkäufer zu treffen, um ihre hochwichtigen Geschäfte einzuleiten. Der Verkäufer ist ein schlauer Geselle. Er ist der Mann, der unermüdlich durch die Straßen wandert mit einem großen Sack auf dem Rücken und sein melodisches Cash for ol' clo's"( baares Geld für alte Kleider) er schallen läßt, das so lieblich in den Ohren des Dienstmädchens klingt, dem die abgelegten Sachen der Familie überwiesen werden. Das Mädchen holt seine Schätze hervor, natürlich bemüht, einen möglichst

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mich sie sehen!" Der Sack wird geöffnet und Stück für Stück des Inhalts einer gründlichen Untersuchung unterzogen. Ueber jedes einzelne kommt es zu einem endlosen Wortgefecht. Die übrigen Händler drängen sich herzu, helfen ihrem Kollegen die Kleidungsstücke schlecht machen und den Preis drücken. Der eigentliche Berkaufsprozeß nimmt eine gute Stunde in Anspruch, während mit den Präliminarien schon viel mehr Zeit verloren gegangen war. Jeder Käufer wirft dann die erstandenen Stücke auf einen besonderen Haufen. Es kommen andere Sammler an und bei jedem wiederholt sich das alte Spiel. Die Profite, die das Geschäft abwirft, find ganz erheblich. Der Sammiler hat viel­leicht für eine Tracht Kleidungsstücke 2 Dollars bezahlt und verkauft fie für 5 Dollars. Ein Anzug, für den der Sammler vielleicht 40 Cents und der Kleiderhändler 75 Cents bezahlt hat, wird dann schließlich, nachdem er mit einem Kostenaufwande von 50 Cents aus­gebessert und aufgefrischt" worden, vielleicht für 31/ 2-41/ 2 Dollars verkauft. ( Hamb. Storr.")

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Literarisches.

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b. Was die Leute sagen". Roman von Paulostat Höcker. Vita. Deutsches Verlagshaus. Berlin  . In den Flie genden Blättern" war einmal zu sehen, wie ein kleiner Bauernjunge einen Landschaftsmaler fragte: Muß denn die Wiese gemalt werden? Und so fragte ich mich auch beim Lesen dieses Romans: mußte denn das Buch geschrieben werden? Nur der, welcher uns etwas zu sagen hat, hat das Recht, für sich und seinen Vortrag unsere Aufmerksamkeit in Anspruch git nehmen. und Paul Oskar Höcker   hat uns auch rein garnichts zu sagen. Die Menschen und Berhältnisse ficht er mit den Augen einer Pensions­vorsteherin, die Dinge und die Landschaft wie ein Philister. Nie ein eigenes Wort, ein persönlicher Zug, alles im ausgetretenen Geleiſe: und trotzdem es nur Sommerbier" aus der nahen Dorfschänke gab, tam bald die gemüthlichste, himmlischste, harmloslustigste Das und hundert andere Stellen, ja fast das Stimmung auf." ganze Buch könnte ein Backfisch von achtzehn Jahren geschrieben haben.

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Psychologisches.

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Recht bemerkenswerthe Mittheilungen über den Einfluß des Tropentlimas auf die Gemüths- und Denkart macht Dr. Rajch Corau in der Allg. Zeitschr. für Psychiatrie". Dr. Rasch machte seine Beobachtungen in Bangkok  , der Haupt­stadt von Siam, die sich verhältnißmäßig noch eines guten Klimas erfreut, und berichtet über elf selbst erlebte Fälle, von denen die bemerkenswerthesten hier stizzirt werden mögen: Ein höherer Beamter zeigte nach halbjährigem Tropenaufenthalt eine gänzliche Veränderung des Charakters, er wurde reizbar, rücksichtslos, großthuerisch, ein wahrer Rüpel", und fing an, sich zu betrinken. Nach einer leichten Insolation wurde alles noch schlimmer, sein Verhalten brachte ihn und seine Landsleute in Ver­legenheiten, sodaß er veranlaßt werden mußte, nach Europa   zurück­zukehren. Ebenso drastisch ist der folgende Fall: Ein mäßiger, ruhiger, pünktlicher Unterbeamter wurde nach dreiviertel Jahren ein Renommist, log folossal, wurde brutal, ergriff z. B., während er mit einem Kollegen sich unterhielt, dessen Hund und schnitt ihm eine