Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 169.

Dienstag, den 30. August.

( Nachdruck verboten.)

65] Um die Freiheit. Geschichtlicher Roman aus dem deutschen Bauernkriege 1525. Von Robert Schweichel  .

„ Auf die Rädelsführer, hussa!" schrie Adam von Thüngen. " Insonderheit diejenigen, welche ein Schandfleck ihrer Geburt und unseres Standes sind," ergänzte der Graf von Kastell.

Adam von Thüngen richtete seine hochmüthigen Augen Herausfordernd auf Wilhelm von Grumbach   und rief:" Den höchsten Galgen für Florian Geyer  !"

1898

Ochsenfurt   einen Sicherheitsschein sich zu erwirken. Die Unter­haltung der Reiter verstummte. Die Dorfgasse, durch die sie ritten, war wie ausgestorben.

Und jetzt verhielt Florian Geyer   seinen Rappen. Seine ernsten Augen hafteten auf der Wiege seiner Geburt, auf der verwüsteten Stätte seines jungen eheliches Glückes. Dachlos standen die vom Rauch geschwärzten Thürme, deren einer ge­borsten war. Von dem Wohnhause ragten noch ein paar verkohlte Dachsparren in die sonnige Luft. Von den zer­hauenen Thorflügeln lag der eine am Boden, der andere hing noch schief an einer Angel. Hellebarden und Kugeln hatten das Wappenschild über dem Thor   verstümmelt und durch dieses blickte das Auge im Hofe auf Schutt und Die Begleiter Florian Geyer's   hatten wie er ihre Rosse Seid Ihr denn schon alle besoffen?" rief Hans gezügelt. In schweigender Theilnahme ruhten ihre Augen von Grumbach von Wein und Zorn roth, schleuderte seinen auf ihm. Der Pfarrer Denner glaubte ihn trösten zu sollen Becher zu Boden und trat mit dem Fuß darauf. und er sprach wie Eliphas zu Hiob  :" Siehe, selig ist der Sein jüngerer Bruder brachte für den Gatten seiner Mensch, den Gott strafet, darum weigere Dich der Züchtigung Schwester kein Wort vor. Unbewegt saß er in dem wüsten des Allmächtigen nicht. Denn er verleget und verbindet, er Lärm, den Blick Adam's mit einem Lächeln aushaltend, zerschmeißet und seine Hand heilet. Aus sechs Trübsalen wird bei dem seine spißen Wolfszähne blinkten. Die schlanken er Dich erretten und in der siebenten wird Dich kein Uebel Finger seiner Rechten umspannten langsam den Dolchgriff. rühren." Plöglich rief jemand:„ Loset, es donnert!"

„ Hussa! hujja!" fielen fast alle ein und Philipp Trümmer. von Finsterlohr   ahmte das Geheul der Meute nach.

Florian wandte sich langsam zu ihm und erwiderte:„ Du Nur der Barfüßermönch schien es gehört zu haben und irrst, Pfarrer; ich hadre nicht. Mein festes Haus mußte er ging aus dem Saale  , während die anderen zu den Fenstern fallen, wie alle Burgen fallen müssen, damit der Bauer sein eilten. Es war aber von einer Wetterwolfe nichts am Himmel Haupt erheben und die Frucht seines Fleißes selbst genießen wahrzunehmen, und man kehrte zu den Bechern zurück. Der fann. Die Ruinen aber werden ihn an die überwundene wilde Zeisolf forderte Adam von Thüngen auf eine Kanne Knechtschaft erinnern und noch seine spätesten Nachkommen heraus, die etwa drei Maß enthalten mochte. Während das lehren, wie wir zur Wehr zu greifen, wann die Tyrannei Duell ausgefochten wurde, an dem sich viele durch Betten versuchen sollte, ihm wieder den Fuß auf den Nacken zu um den gleichen Tieftrunk betheiligten, kehrte der Barfüßer jegen."

zurück.

Damit schlug er einen scharfen Trab an und die anderen „ Da ist der Blik," sagte er trocken und ließ eine eiferne folgten seinem Beispiele. Eine dicke Staubwolfe wirbelte Kugel vor dem Domprobst auf den Tisch fallen. Eine Feld- hinter ihnen auf. schlange vom Klasberg hat ihn ausgespuckt. Ein paar Dach­ziegel sind zerschlagen, weiter nichts."

"

,, Und Du sollst der Schlange den Kopf zertreten," Iallte der Domherr von Lichtenstein, ließ das weinschwere Haupt auf die Brust sinken und begann zu schnarchen.

Die Ritter und Junker betrachteten neugierig die Kugel und wogen sie in den Händen. Silvester von Schaumburg warf sie in die Höhe und fing sie wieder auf: Und mit solch Kinderbällen wollen sie das Schloß einwerfen," spottete er.

Drittes Kapitel.

Auf dem Hauptmarkte von Rothenburg   hatte sich eine große Menge von Bürgern und Bauern angesammelt und aus dem Fenster ringsum schauten Menschen heraus. Es war am Morgen des Sonntags Cantate  , dem 14. Mai, und sonntäglich hatten die Menschen sich herausgeputzt, insonderheit die Frauen und Fräulein an den offenen Fenstern. Sonn­täglich war auch die Stimmung und hauptsächlich die zahl­reichen Handwerksknechte gewährten ihrem derben Humor freies Simon Neuffer hatte die Feldschlange gerichtet und ab- Feld, unter ihnen Kaspar Etschlich. Die Menge erwartete ein gefeuert. Es war ein Probeschuß. Florian Geyer   übte auf dem Schauspiel. Die Gesandtschaft des fränkischen Hecres, die Nikolausberge eine aus seinen Schwarzen erlesene Mannschaft bereits am Tage vorher ihre Beglaubigungsschreiben sammt in der Bedienung und im Richten der Geschüße, und er fuhr den Artikeln überreicht hatte, sollte vor Rath und Ausschuß darin fort, bis es dunkel wurde. Die Zeit drängte; denn er erscheinen, um auf ihre Forderungen Bescheid zu erhalten. war noch am Vormittage zum Gesandten an Rothenburg   Der Rath feinerseits hatte. Florian Geher und dem Schult­gewählt worden und ihm in gleicher Eigenschaft der Schultheiß heißen Pezold in dem bescheidenen Gasthof auf der Würzburger von Ochsenfurt  , Hans Pezold beigesellt, um die Stadt Gasse, wo sie abgestiegen waren und mit ihren Begleitern auf der endgiltig in den evangelischen Bund zu bringen und schweres Stadt Kosten zehrten, als Ehrengeschenk je ein Meßgewand von Geschütz und Munition zu fordern. Der Pfarrer Denner als schwerem Sammet mit einem silbernen Christus daran über­Schreiber, der lange Lienhart und Sebastian Raab aus Geb- reichen lassen. Auch hatte er Boten auf alle Dörfer des fattel, ein Steinmek, waren zu ihren Begleitern erkoren, sämmt- Gebiets geschickt, damit die Gemeinderäthe ein oder zwei Mit­lich Gegner des längeren Verziehens vor dem Marienberg. glieder auf diesen Sonntag nach Rothenburg   abordneten. Die Wahl der obersten Hauptleute und Räthe war daher Die Gesandten hörten erst noch in St. Jakob die Predigt des eine sehr fluge, wenn sie nur die schleunigste Ausführung des Dr. Deutschlin. Auftrages bezweďte.

Die schärfsten Glossen, mit denen Kaspar Etschlich seine Noch dampften am nächsten Morgen die Nebel über dem Freunde unterhielt, kritisirten die patrizischen Fräulein und breithinfließenden Main   und verschleierten leise das junge insbesondere die schöne Gabriele und Sabine, die an einem Grün der Rebenufer, als die Gesandtschaft von Heidingsfeld   Fenster im Hause Konrad Eberhard's   sichtbar waren. Sabine aufbrach und die Lehne hinauritt. Zu ihrer Rechten schaute von Muslor betrachtete das Treiben auf dem Markt­sie auf das Wipfelmeer des weit sich hinstreckenden Gutten- plat weniger theilnahmslos, als ihre gewöhnliche Art berger Waldes, durch welchen der Weg von Würzburg   nach war. Ihre Vermählung mit dem obersten Stadthaupt­Lauda an der Tauber sich wand. Die Wintersaaten auf der mann Albrecht von Adelsheim war wegen der unruhigen fie Hochebene standen vorzüglich; mit dem Sommergetreide Zeiten aufgeschoben worden und ließ sich die fah es übel aus. Die Felder waren spärlich und spät bestellt spöttelnde Bemerkung ihrer Freundin gefallen, daß die Ver­worden. Es fehlte an Händen; anstatt des Pfluges führten zögerung ihr willkommen wäre wie die Sommerferien, als sie sie das Schwert. Hier und dort wurde das Versäumte von beide noch Klosterschülerinnen gewesen. Da kommt der Ritter Beurlaubten nachgeholt. Als die Sonne über den bewaldeten von Menzingen," äußerte Sabine. Was er für einen stolzen Suppen der Hochebene sich erhob, lag das Dorf Giebelstadt Gang   hat! Und wie biedermännisch er auf die Grüße dankt!" vor den Reitern. Das feste Haus der Zobel war unversehrt. Die schöne Gabriele trümmte die weiche Wellenlinie inwes Denn Fritz Zobel hatte nicht versäumt, von Jakob Köhl in dunkelrothen Mundes verächtlich. Ihre feindselige Gesinnung

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