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als wollte er das Meer aus seiner Tiefe schleudern und die Erde aus ihren Angeln heben.

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Kleines Feuilleton.

und

Der Seelenbarger" wurde klar gemacht, und sechszehn un­Der Friedenskongres von 1850 in Frankfurt   a. M. erschrocene Lootsen suchten denselben aus dem Hafen zu rudern, Ein Altfrankfurter" schreibt der Franff. 3tg.": Es ist ein mert­doch erwies sich die Strömung zu start, ste konnten das Boot nicht würdiger Zufall, daß genau an dem Tage( 29. August), an dem uns vorwärts bringen. So mußte man das Fahrzeug über die Stein- Lesern der Abrüstungsvorschlag des Zaren bekannt wurde, vor mole des Hafens heben und in die Brandung an der Küste bringen. 48 Jahren hier in Frankfurt   a. M. in der Paulskirche   ein Friedens­Wie ein gieriges Ungeheuer stürzte die See daher, den grünen fongreß. beschickt von 6-800 Männern aller Nationen, zusammentrat. Wellenrachen aufreißend, in dem die weißen Schaumzähne blitzten, An der Spizze dieser Versammlamg standen Männer wie Richard um die kleine Nußschale zu verschlingen, die es wagen wollte, ihr Cobden, hervorragende französische   Geistliche wie Coquelin, Cormenin  , die Beute zu entreißen. Doch machtlos zersplitterten ihre Zähne an der bekannte Amerikaner Elihu Burrit u. s. w. Der damalige heisen­den Stahlplanken des Bootes, an denen das rothe Kreuz auf weißem darmstädtische Minister Jaup, der auch eine Zeit lang dem voran­Felde hell glänzte, und wie sie die braven Männer auch umfaßte gegangenen deutschen Reichsparlament vorstand, hatte die Präsident­und umschnürte, ihre Glieder erstarrend, unerschrocken rangen sie mit schaft übernommen. Eine interessante Erscheinung auf diesem Kon­der Rasenden, ihr die breite Brust entgegenstemmend. greß waren eine Anzahl Neger- Pfarrer aus Amerika  , nicht etwa Nach langer, aufreibender Anstrengung und Arbeit war der Halbblut, nein, reine Reger, die sich jedoch Seelenbarger" flott geworden, und die Lootsen legten sich in die Gehaben in nichts von anglikanischen Geistlichen unterschieden. Am Riemen. Wie eine vielbeinige Wasserspinne troch das Fahrzeug über meisten angestaunt wurde der Sohn eines Häuptlings der Indianer die Wellen dahin, bald hoch emporgeschleudert, bald niedergezogen, aus Nebraska  , mit Namen Ka- ge- ga- ga- buh, schon wegen seiner bald in Gischt und Schaum begraben, aber der Ente gleich immer heimathlichen Tracht, in der er sich zeigte und in der er wieder emportauchend und die Wassermassen von sich abschüttelnd. auch sprach, und zwar in gutem Englisch  . In seiner am Das Magnesiumlicht am Strande   warf seinen fahlen Schein in die 31. August gehaltenen Rede versichert er die Versammlung schwarze, unheimliche Tiefe hinaus und beleuchtete grell das Wrack der Friedensliebe aller amerikanischen   Indianerstämme und cines Schiffes, über das die Wogen dahirstürzten, als breiteten sie giebt dieser Friedensliebe damit Ausdruck, daß er dem Präsidenten ein weißes Todtenlinnen über dasselbe. Dumpf trachte und splitterte Jaup, in offener Sizung, die Friedenspfeife überreicht. Ein Stück der Rumpf unter diesen wilden Umarmungen, und taum schien far west war somit in natura in die Frankfurter Paulskirche   ver­die See erivarten zu können, daß der letzte Nagel nachgab, die letzte pflanzt. Was die Versammlung selbst anbelangt, so war ihr Verlauf Plante sich löste, um ihr Opfer in Empfang zu nehmen. ihrem Zwede gemäß. Richard Cobden   hielt eine fulminante englische  Nede über die Wohlthaten des Völkerfriedens und unser verstorbener Professor Creizenach schloß sich seinen Bestrebungen ebenfalls in einer vortrefflichen Rede an. Die französischen   Geistlichen, die alle Pro­testanten waren, glänzten nicht minder durch ihre Reden. Auch italienisch ließ sich ein Redner, Namens Salieri  , bernehmen. Kurz, man redete in allen Zungen und die Versammlung war voll des heiligen, friedlichen Geistes."

Aber näher und näher kam die Hilfe. Die muthigen Männer kämpften mit Einfeßung ihres eigenen Lebens, die Unglücklichen dem Verderben zu entreißen, dem sicheren Tode.

Endlich ist das Brack erreicht. Von dem Bord des Schiffes müssen die dort an den Tauen sich anklammernden Menschen in den Seelenbarger" springen, wehe demjenigen, der zaudert, denn die nächste Welle hat das Boot weit, weit in die empörte See hinaus­gerissen. Aber wieder strebt es heran, wieder und immer wieder, bis alle gerettet sein werden.

Nur der Kapitän und ein Steuermann befanden sich noch auf dem Wrack, zum letzten Male näherte sich das Boot demselben, da rollte eine mächtige Woge daher, als wollte die See ihre Opfer nicht fahren lassen, und warf sich mit Wuth auf das dem Verderben geweihte Menschenwerk, daß es krachend und splitternd zerbarst und in die schäumende Tiefe versant.

Da die Lootsen sich ganz nahe bei dem Wrack befanden, konnten sie die Gesichter der bleichen Männer deutlich erkennen, die Angst und Entsegen verzerrte, konnten sie die Hände hilfeflehend aus­streden sehen und mußten sie doch machtlos ihrem Schicksal über­lassen. Ein geller Aufschrei, der vom Lande beantwortet wurde, bebte auf Aller Lippen, aber noch war er nicht verhallt, noch hatte die See ihr Opfer nicht verschlungen, da rief eine Heisere Stimme: Dat is jo Hinrich Gornista!" und bevor die anderen Lootsen es verhindern konnten, oder seine Absicht auch nur ahnten, hatte sich Stephen Podens dem Untergehenden nachgestürzt und ihn mit starkem Arm erfaßt.

Stephen, Stephen, büst Du ganz vun Simmen?" kreischte der alte Jansen.

Still!" flang die helle, klare Stimme des Lootsenfommandeurs durch Sturm und Wogen, wie die Schlachttrompete: Jungs, nun zeigt, was Ihr könnt, arbeitet bis zum letzten Athemzuge, unseren Kameraden zu retten!"

ss. Fischfang durch Gewehrschüsse. Ueber dieses Thema findet sich in der italienischen Rivista di Artiglieria e Genio eine interessante Mittheilung. Major Michelini, der Verfasser derselben, war Leiter des Artilleriedienstes in Massana und erhielt als solcher Gewehre des Modells 1891, um eine größere Zahl von Versuchs­schüssen damit vorzunehmen. Er hatte dazu auf dem Schieß­plage, mumittelbar an dem Gestade des Rothen Meeres, Ziel­scheiben aus Kisten und Steinen errichten lassen. Eines Tages fiel es ihm ein, einige Schüsse gerade in das Meer unter einem Winkel von 45 Grad abzufeuern, und er bemerkte, daß an einer von einem Schusse getroffenen Stelle ein Fisch auf dem sandigen Meeres­boden lag. Er glaubte zunächst, denselben regelrecht erschossen zu haben und ließ ihn aus dem Wasser holen. Zu seinem Erstaunen aber hatte der Fisch keine Verlegung an sich, sondern er mußte von dem Schusse betäubt worden sein. Diese Wahrnehmung gab er­wünschte Gelegenheit zu einem neuen Zeitvertreib, indem man auf Fische schoß, die man in einiger Entfernung unter dem Wasser schwimmen sah, ohne direkt auf sie zu zielen, sondern nur annähernd auf ihre Richtung feuerte. Es gelang jedesmal, den Fisch zu betäuben, und zuweilen sogar, ihn zu tödten, ohne daß das Geschoß auch nur ein einziges Mal getroffen hätte. Man hat hier also eine neue Art des Fischfangs vor sich, die nicht viel Geschicklichkeit seitens des Schüßen verlangt, sondern nur die Beachtung der einen Regel, daß das Geschoß mit einer gewissen Neigung auf das Wasser auftreffen muß, um in dasselbe einzudringen; schlägt das Geschoß zu flach ein, so wird es von der Wasserfläche zurückgeschlagen und tanzt über dieselbe hin wie ein gewöhnlicher Kieselstein, den ein spielender Knabe flach gegen die Wasserfläche wirft. Daß der Fisch sogar getödtet werden kann, ohne daß ihn ein Geschoß selbst trifft, ist nicht so schwer zu erklären. Wenn das Geschoß eines Gewehrs von großer Anfangsgeschwindigkeit in das Wasser eindringt, so wirkt es ähnlich wie eine Dynamitpatrone, in­Stephen Podens hielt den bewußtlosen Hinrich Gornikka mit dem die Fluggeschwindigkeit von 600 Metern in der Sekunde plötzlich erstarrten Händen über Wasser, mehr und mehr fühlte er seine Sträfte einen außerordentlich starken Widerstand findet, die Flüssigkeits­schwinden, vor seinen Augen wurde es Nacht, alles flang, als käme schichten heftig zusammendrückt und dieselben in einem gewissen Um­es aus weiter Ferne, er wurde so matt, so matt wenn die Hilfe freise einer außerordentlich gewaltsamen Störung unterwirft. Nach nicht bald fam, war es zu spät, er fühlte es. Aber mochte der den Versuchen von Michelini ist diese Wirkung in einem Umkreise Sturm seinen breiten Nacken gegen das Fahrzeug stemmen, mochten von 60-70 Zentimeter um den Einschlogspunkt des Geschosscs die Wogen sich ihm rasend entgegenwerfen, ihre Schaumlocken start genug, um alles Leben im Wasser zu zerstören. Freilich schüttelnd, nichts vermochte die wüthende Anstrengung der Seeleute darf man nur eines der neuen Gewehre dazu benutzen, die ein zu hemmen, vorwärts schoß das Boot, unwiderstehlich vorwärts! Kleines Staliber besitzen und ihrem Geschosse eire bedeutende Anfangs­Und jetzt, jetzt hatte es die Schwimmenden erreicht, und mit fast geschwindigkeit verleihen. Schon das Wetterli- Gewehr, das alte übermenschlicher Mühe wurden die Beiden dem nasjen, talten Grabe italienische, genügte nicht zur Erzielung günstiger Resultate beim entrissen. " Fischschießen". Michelini macht darauf aufmerksam, daß diese Wirkung des Kleinkalibrigen Geschosses im Wasser auch die Schwere der Verlegungen im menschlichen Körper erklärt, wenn ein solches Geschoß weiche Theile trifft, die stark mit Flüssigkeit gefüllt sind. Auch hier erfolgt dann die gleiche, an eine Dynamitpatrone er­innernde Sprengwirkung, die die Verlegung auf eine weite Um­gebung um den Schußkanal herum verbreitet.

Und da hättet Ihr sehen müssen, wie die wetterharten Gesellen sich in die Nuder legten! In weiter, weiter Ferne erblickten sie die Jünglinge, und es schien, als zöge sie die Fluth nieder, aber der Storkpanzer, mit dem jeder Lootse umgürtet ist, trug sie und riß sie inner wieder aus der schaurigen Tiefe empor. Mit Schaum und Gischt bedeckte sie die Fluth, grollend vor Zorn und getäuschtem Blutdurst.

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Mite, Wife, id bring' em di!" das waren die letzten Worte, die von Stephen's starren, bleichen Lippen bebten.

Hinrich Gornizka erholte sich wieder, aber bei Stephen Podeus blieben alle Belebungsversuche erfolglos, starr und blaß lag er auf dem gelben, vom Winde aufgewirbelten Sand der Düne, aber seine Züge waren wunderbar verklärt.

An seiner Seite fuiete der alte Jansen, dem die hellen Thränen über die Wangen rollten, und der kopfschüttelnd einmal über das andere Mal meinte: Hei paßte nich in dese Welt!"

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Literarisches.

Karl Theodor Schulz: Seelentämpfe". Berlin  . 1898. Richard Eckstein Nachf. Auf dem Gebiete der Literatur wird ja viel, sehr viel gesündigt; derjenige, dem viele Bücher, namentlich belletristischen Inhalts, durch die Finger gehen, wird mit der Zeit gegen derartige Sünden abgehärtet werden.