Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 178.

Sonntag, den 11. September.

1898

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Um die Freiheit.

Geschichtlicher Roman aus dem deutschen Bauernkriege 1525. Bauernschaft umspannen, vor dem Angesicht der ganzen Nation

Von Robert Schweichel  .

Werfet den Wisch ins Feuer! Was kümmert uns das Blaffen der Dorfföter?" rief Graf Wolf von Kastell.

„ Es gehet auch uns an," erwiderte der Domprobst. " Denn es ist gerichtet an alle Kurfürsten, Fürsten  , Grafen  , Freiherren  , Ritter, Knechte, Amtleute, Schultheißen  , Bürger­meister, Räthe, Dorfmeister und Gemeinden."

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( Nachdruck verboten.) mit denen Fürsten   und Feldherren ihre Siege schändeten, das Gewebe von Vorwürfen, Verdächtigungen, Anklagen, Lügen und Verleumdungen, mit welchen die Feinde unermüdlich die zerrissen würde. Sie sollte hauptsächlich wissen, daß die Erhebung in Waffen gegen die Obrigkeit weder eigenmächtig, gewalt­thätig und frech, noch unchristlich sei, wie sie fortwährend gescholten wurde, sondern im Gegentheil auf die heilige Schrift und die Apostel sich stützte; daß die Bauern ihr Menschen­recht kraft des Christenthums, das durch spätere menschliche Sakungen gefälscht und unterdrückt worden sei, forderten. Der Gedanke war Florian Geyer's  , die Feder des Bruders Uff." machte Philipp von Finsterlohr, und der Hofmeister Ambrosius. und Doktor der Rechte, Sebastian von Rotenhahn, bemerkte: An demselben Tage, an dem die Bauernschaft ihr Manifest " Das gehet ja schier an die ganze deutsche Nation, als ob an die ganze deutsche Nation gleich einem Heroldsrufe ein Reichstag einberufen würde." ergehen ließ, folgte der oberste Hauptmann des ,, Lasset uns hören," sprach der Domprobst und Markgraf Tauberhaufens, Hans Kolbenschlag aus Mergentheim  , von Brandenburg   und las: Kund und offenbar ist es, wie mit 5000 Mann dem evangelischen Heere nach Kraut­bisher die Gewerbsmänner, die Kaufleute und wer sonst auf den heim. Früher schon war Gregor von Burgbernheim Straßen zog, vielfältig beschädigt worden, wie ihnen Hände mit seinem Fähnlein gegen den Markgrafen Kasimir nach und Füße abgehauen und die Ohren abgeschnitten wurden, Windsheim   aufgebrochen, während der lange Lienhart mit wie man sie niederstach oder einterferte, plünderte und in den den Rothenburgern nach Endsee ging und dort das Lager Block legte; daß ferner der arme gemeine Mann mit schlug, um den gegen seine eigenen Unterthanen mit Schwert unerträglichen Beschwerden, Frohndiensten, Schahungen, Auf- und Feuer wüthenden Markgrafen   von der Seite zu fassen. lagen und anderen Belästigungen unterdrückt und dermaßen Gleichzeitig bewegte sich der Bildhäuser Haufen in nördlicher geschunden wurde, daß der mehrere Theil des Landvolkes mit Richtung, um von Melrichstadt aus in Verbindung mit der seinen Kindern in die bitterste Armuth gerathen ist-" Bürgerschaft von Meiningen   dem Grafen von Henneberg   und

Unter den Rittern und Junkern war ein Murren ent- dem Landgrafen von Hessen   die Stirn zu bieten. Der standen, das lauter und lauter wurde. Jetzt brach es in knorrig zähe Johannes Schnabel war just der rechte Mann wüthiges Geschrei und Fluchen aus über die Frechheit der für den Henneberger. Bauern. Sie fühlten sich bis ins Innerste getroffen und Als Kolbenschlag nach Krautheim   kam, fand er daselbst wollten nichts weiter hören." Ins Feuer! Jus Feuer anstatt des Evangelischen Heeres einen Befehl von dessen damit!" schrieen sie. Die geistlichen Herren aber schwiegen und warfen einander Blicke zu, in denen sich eine geheime Schadenfreude verrieth. Der Domprobst, dessen Stirn ebenfalls der Zorn röthete, ließ den Sturm eine Weile toben; dann gebot er mit einem Zeichen der Hand Stille und las weiter: ,, daß endlich, was das beschwerlichste ist etliche geistliche und weltliche Obrigkeiten sich unterstanden haben, ihren Unterthanen das heilige Evangelium und das Wort Gottes, das eine Speise ihrer Seelen ist, zu entziehen, falsche Lehren wider die heilige Schrift öffentlich zu beschützen, die recht­schaffenen, christlichen Lehrer aber zu verjagen, sie in das Ge­fängnuß zu werfen und ihr Blut auf eine tyrannische Weise zu vergießen."

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oberstem Feldhauptmann vor, ohne Zeitverlust über Dehringen auf Neckarsulm   zu ziehen. Er verwunderte sich freilich, warum ihm dieser weite und beschwerliche Umweg über das Hohen­ lohe  'sche Städtlein vorgeschrieben wurde; allein er gehorchte und brach mit wegkundigen Führern auf, nachdem Mann und Roß sich gestärkt und verruht hatten. In der Nacht kam er an Dehringen vorüber; von Göß   von Berlichingen und Jörg Megler keine Spur. Plötzlich sah er in dem Thal zu seinen Füßen unzählige Wachtfeuer aufleuchten. Es war aber nicht, wie die vorsichtig ausgesandten Kundschafter berichteten, der Ritter mit der eisernen Hand, sondern der Truchseß, der bor  Neckarsulm   lag. Nach den weit verbreiteten Biwacht­feuern zu urtheilen, war dessen Macht zu überlegen, um einen Angriff mit Erfolg wagen zu dürfen, und Hans Kolbenschlag 30g sich auf Dehringen zurück. Der Truchseß von Waldburg  hatte aber in unbegreiflicher Nachlässigkeit sein Heer weit und breit zerstreut und Kolbenschlag würde ihn in den Neckar  geworfen haben, wenn er auf ihn niedergestoßen wäre.

" Quatsch!" rief der Domdechant Guttenberg dazwischen. Der Markgraf Friedrich fuhr fort: Um nun diese unerträg­lichen Beschwerden abzuthun und solchem verderblichen Für­nehmen zu begegnen, und weil man Gott, dem Allmächtigen, mehr gehorsam sein muß als den Menschen, so haben wir uns in dem Namen Gottes zur Erhaltung des heiligen Evangeliums Erschöpft von dem langen beschwerlichen Marsche und und zur Handhabung des Friedens und des Rechtes in eine ausgehungert langte der Tauberhaufen bei Sonmaufgang freundliche und brüderliche Bereinigung zusammengethan und wieder vor Dehringen an. Von dem Evangelischen Heere verbunden. Wir wollen nisis anderes schützen und durch keine Spur. Die Stadt hielt ihre Thore verschlossen. Lärm­sezen, als was das Wort Goites gebietes id nichts abthun, schüsse der Vorposten störten die Bauern von ihren als was ihm zuwider ist. Daran wollen is festhalten, so weit Frühstückskesseln auf. Von Westen wälzte sich eine ungeheure sich unser Leib, unsere Ehre und unser Bermögen erstreckt. Staubwolke, aus der Waffen hervorblikten, heran. An den Dabei sind wir auch gesonnen, alle schädlichen Schlösser Fahnen, die dann und wann aus der Staubwolte auftauchten, und Raubhäuser, daraus den Gewerbsleuten und den erkannte Hans Kolbenschlag, der wieder zu Pferde gestiegen Gemeinden so viel Nachtheil und Schaden begegnet ist, und zu den Vorposten geritten war, daß es das Evangelische sämmtlich auszureuten, wie wir es auch mit des Allmächtigen Heer war. Aber alle Ordnung desselben war in ein unbeschreib­Hilfe bereits zur Zeit gethan haben, um dadurch den ge- liches Gewirr und Gewühl von Bewaffneten zu Fuß und zu meinen Frieden auf Straßen und Wässern zu fördern. Des- Pferde, von Kanonen, Pulverkarren, Rüst- und Gepäckwagen halb bitten wir Euch unterthänig und freundlich, uns in diesem aufgelöst. Es war wie ein Heer auf dem Rückzuge nach ver­christlichen Unternehmen Hilfe und Beistand zu thun und uns lorener Schlacht und fast auf die Hälfte zusammengeschmolzen. weder mit der That noch auf andere Weise aufzuhalten."

Hans Kolbenschlag fand kaum die Sprache, als jezt Der Domprobst legte das Blatt still aus der Hand. Alle Wendel Hipler   und Jörg Megler an ihn heransprengten, und schwiegen, wie erdrückt von der Wucht der angeführten That- ersterer, wie von einem Alpdruck befreit, ausrief: Dem sachen und in einem unheimlichen Bangen vor dem Richter, Himmel sei Dank, daß Ihr endlich da seid!" Jörg Megler vor den sie das Manifest in so kräftiger Sprache stellte. aber lachte, als hätte er den Verstand verloren, wie Kolben­Scheu vermied jeder den Blick des Andern. Nur die Unschuld schlag von seinem nächtlichen Marsch berichtete. Und wir erträgt das Auge der Wahrheit. Hans von Grumbach lagen derweil in Adolzfurt  ," ächzte der Kanzler. Aber um brümmelte in seinen Becher:" Die Fänge fenn' ich, sie sind Gotteswillen, was hattet Ihr denn dort abseits zu thun?" des Geyers". fragte der Hauptmann des Tauberhaufens, und sah sie ver­Er irrte darin auch nicht. Florian Geyer   hatte darauf ständnißlos an. Hätten wir uns nicht verfehlt, würden wir gedrungen, daß den unerhörten Grausamkeiten gegenüber, I den Truchseß aufs Haupt geschlagen haben. Oder seid Ihr

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