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Wie es in Berlin bei den in die Schule eintretenden Sechs- nahe dem Rosenthaler Thor gelegenen Mädchenschule gemacht wurde, jährigen um den Reichthum an Naturanschauungen steht, zu dieser von allen der Pfefferberg" und nur von einigen außerdem noch der Frage wurden kürzlich, in der Unterhaltungsbeilage vom 4. Sep- Windmühlenberg und der Kreuzberg genannt. Es ergab sich, daß tember, einige statistische Angaben gemacht. Die dort mit- die Kinder überhaupt ein Vergnügungslokal als wesentliches Merkgetheilten Zahlen sind freilich schon aus dem Jahre 1869. Damals mal des Begriffes Berg" betrachteten.) Die Vorstellung ,, Dorf" wurde durch den Berliner „ Pädagogischen Verein" eine sorgfältig vor- war in Berlin nur bei 34 pet. festzustellen, aber 31 pet. bez. 25 pet. bereitete, aber unvollkommen ausgeführte Aufnahme über den Vor- und 12 pt. wußten sogar, daß sie in Treptow bezw. Stralau und stellungsfreis der sechsjährigen Schulkinder veranstaltet.( Der Gedante Rummelsburg gewesen waren. Von den Kindern Blauens waren einer solchen Statistit war schon 1856 durch Berthold Siegismund in 43 pet. in einem Dorfe gewesen.
seinem Buche„ Kind und Welt" angeregt worden). Heute dürfte es Weniger anfechtbar als die bisher genannten Zahlen sind die in den Köpfen der Berliner Kinder nicht mehr ganz ebenso aus- folgenden. Ihre Wohnung fonnten angeben in Berlin 90 pCt., sehen. Ihr Vorrath an Naturanschauungen wird in manchen Be- Weimar 92 pCt., Annaberg 80 pt.; den Namen des Vaters kannten ziehungen noch kleiner, in anderen aber größer geworden sein in Berlin 85 pCt., den Stand des Vaters in Berlin 89 pCt., den fleiner, weil das Häusermeer sich seitdem immer weiter ausgedehnt Namen und Stand des Vaters in Weimar 88 pCt., Annaberg 61 pet. hat größer, weil die Vermehrung und Verbilligung der Fahr Was eine Kugel ist, wußten in Berlin 76 pet., Weimar 86 pet., gelegenheiten( Pferdebahnen, Vorortzüge) weitere Ausflüge erleichtert Annaberg 80 pet.; was ein Dreieck ist, in Berlin 42 pCt., Weimar haben. 10 pCt., Annaberg 10 pet.; was ein Viereck, in Berlin 55 pct., Weimar 26 pCt., Annaberg 15 pet.
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Neuere Untersuchungen sind nach jenem Berliner Versuch, der sich auf 2238 Kinder erstreckte und übrigens nicht blos die Vor- Auch nach religiösen Borstellungen wurde geforscht. Die Vorstellungen aus dem Naturleben betraf, mur in mittleren und stellung„ Gott " hatten in Berlin 66 pCt., Weimar 89 pt., Annaberg In Berlin war fleineren Orten gemacht worden. Veröffentlicht sind die Ergebnisse 59 pCt., Plauen 51 pCt., auf den Dörfern 66 pct. der Aufnahmen, welche veranstaltet wurden: 1878 auf Anregung den aus Kindergärten und Bewahranstalten kommenden Kindern die des Schuldirektors Dr. Lange( Plauen ) an über 500 Elementarschul- Vorstellung Gott " und überhaupt die religiösen Vorstellungen Kindern von Plauen im Vogtland und an über 300 Kindern aus weniger geläufig als den Kindern, die direkt aus der Familie 21 Dorfschulen der Umgegend, 1880-84 durch Bürgerschul- Direktor tamen. Man sollte das Gegentheil erwarten, und heute dürfte es Dr. Hartmann( Annaberg ) au 1312 Bürgerschul Kindern von auch in der That umgekehrt sein. Im übrigen zeigte sich, daß die Annaberg im Erzgebirge , 1886/ 87-88/ 89 durch Bürgerschul- Kinder aus Kindergärten und selbst die aus Bewahranstalten vorLehrer Bergmann( Weimar ) an 180 Bürgerschul- Kindern von Weimar . stellungsreicher als die aus Familien kommenden Kinder waren. Die Ergebnisse sind insofern überraschend, als sie zu zeigen Auch waren bei weitem die meisten Vorstellungen( etwa drei Viertel scheinen, daß die Naturanschauungen auch bei den Kindern kleiner aller Erfragten) bei den Knaben häufiger als bei den Mädchen. Orte recht mangelhaft sind, zum theil sogar gegen alle ErZu Vergleichungen am besten zu brauchen sind die Erhebungen wartung noch mangelhafter als in Berlin . Dabei sind freilich die aus Plauen und Umgegend, da sie nach einheitlichen Gesichtspunkten Schwierigkeiten der Aufnahme in betracht zu ziehen, die sich aus der veranstaltet sind. Sie zeigen deutlich, daß das Landkind dem StadtSchüchternheit oder sprachlichen Unbeholfenheit oder andererseits tinde an Anschauungsreichthum überlegen ist. Selbst die Fragen, auch aus entgegengesezten Eigenschaften mancher der befragten wer schon einen Schuhmacher, einen Tischler, einen Maurer habe Kinder ergaben. Ein Kind kann eine Vorstellung bereits haben, ohne arbeiten sehen, wurden in den Dörfern öfter mit ja beantwortet als daß etwas darüber aus ihm herauszubringen ist. Umgekehrt wurde in der Stadt( Schuhmacher: Plauen 79 pEt., Dörfer 80 pCt.; in Berlin durch einen Theilnehmer an der Aufnahme beobachtet, daß Tischler: Plauen 55 pCt., Dörfer 62 pet.; Maurer : Plauen Dörfer bei Befragung vor der ganzen Klasse beinahe doppelt so viel Kinder 86 pCt., daß 92 pet.). Dabei ergab sich, die reiner auf die betreffenden Borstellungen zu haben behaupteten als nach her, Kinder Fabrikdörfer ziemlich gleicher Stufe denen der Auch Industriestadt standen. in Berlin wo sie in kleineren Gruppen noch einmal befragt wurden. Muß mit man auch aus diesem Grunde besonders die Berliner Zahlen mit zeigte sich übrigens, daß der Vorstellungsvorrath der Kinder in den einiger Vorsicht aufnehmen sie sind wohl fast durchweg als noch verschiedenen Stadttheilen je nach der dort vorherrschenden Gesellzu hoch anzusehen so wird es doch lehrreich sein, eine Auswahl schaftsschicht verschieden war, was zu der gleichfalls damals gemachten davon neben die Zahlen kleinerer Orte zu stellen. Beobachtung stimmt, daß die Bildungsfähigkeit der Kinder verschiedener Stadtgegenden auffallend ungleich ist; doch sind zahlenmäßige Belege dafür nicht veröffentlicht worden.
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Unter allen befragten Kindern hatten, den Ermittelungen zufolge, 3. B. die Vorstellung Sonnenaufgang" in Berlin rund 30 pet., in Plauen 18 pet., auf den Dörfern 42 pet.( in Weimar und Annaberg wurde nicht danach gefragt). Die Vorstellung„ Sonnenuntergang" hatten in Berlin 46 pct., Weimar 7 pct., Amaberg 12 pCt., Plauen 23 pet., auf den Dörfern 58 pCt. Die Berliner dürften hier etwas start aufgeschnitten" haben, namentlich hinsichtlich des Sonnenaufganges". Die Vorstellung„ Mond " hatten in Berlin 62 pCt., Weimar 96 pCt., Mondphasen" in Annaberg 28 pet., Sternenhimmel" in Berlin 81 pct., Weimar 100 pct.( also sämmtliche Kinder), Annaberg 62 pCt.,„ Mond und Sterne" in Blauen 84 pct., auf den Dörfern 82 pet. Es versteht sich von selbst, daß auch unter denjenigen Kindern, bei denen die Vorstellungen nicht als vorhanden waren, doch noch viele und wahrscheinlich sogar die meisten den Mond, die Sterne u. s. w. gesehen, aber nur keinen bleibenden Eindruck davon empfangen hatten.
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Zur Frage nach dem praktischen Nutzen solcher Erhebungen Ein Knabe theilt Hartmann folgende drei Musterbeispiele mit. aus gebildeter Familie brachte von 100 Borstellungen, nach denen gefragt wurde, 75 mit und besuchte die Schule mit gutem Erfolge. Ein Mädchen aus einer Handwerkerfamilie, die ihr Auskommen hatte, brachte von 100 Borstellungen 41 mit und machte ebenfalls ganz hübsche Fortschritte. Ein Knabe, armer Leute Kind, Sohn eines Bosamentenarbeiters, brachte nur 12 Vorstellungen mit in die Schule und machte trop Aufmerksamkeit, Ordnungsliebe und Fleiß anfangs sehr geringe, später bessere, aber doch recht mäßige Fort schritte. Freilich, die mangelnden Anschauungen", sagt Hartmann, werden sich schwerlich ganz erseßen lassen, und bei allem Ehrgefühl wird der arme Junge, mit dem sich offenbar die Eltern wenig beschäftigt haben, zeitlebens hinter den meisten seiner Altersgenossen einhertrotten müssen."
Reines Feuilleton.
bm.
Bis zu einem gewissen Grade darf das wohl auch von einigen der folgenden Vorstellungen gelten. Es hatten, angeblich, die Vorstellung eines im Freien laufenden Hasen" in Berlin 25 pCt., Weimar 19 pCt., Annaberg 16 pCt. ,,, einer Lerche bezw. ihres Gefanges" in Berlin 18 pCt., Weimar 5 pet., Annaberg 12 pct., gk. Ein Schnittmusterbuch aus dem 17. Jahrhundert, das Plauen 20 pet., auf den Dörfern 70 pCt., eines im Wasser schwim- dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg geschenkt wurde, menden Fisches" in Berlin 59 pCt., Weimar 22 pet, Annaberg wird in den Anzeigen desselben abgebildet und beschrieben. Die 20 pCt., Blauen 72 pet., auf den Dörfern 83 pCt.,„ einer im Freien Kunst des Schnittzeichnens ist keine Erfindung der Neuzeit; sie hat friechenden Schnecke" in Berlin rund 47 pct., Weimar 27 pCt., Anna- sich vielmehr entwickelt, sobald man anfing, anliegende Kleider zu berg 31 pct. Es behaupteten gesehen zu haben eine Eiche im tragen. Schnittmusterbücher aus früheren Jahrhunderten find aber sehr Walde" in Berlin 26 pct., Plauen 18 pct., Dörfer 57 pet., eine wenige erhalten. Das vorliegende haben die vier Meister von Birke im Walde" in Berlin 13 pCt., Weimar 11 pct., Annaberg Brud( Oberpfalz ) im Jahre 1682 dem Handwerk der Schneider zu 3 pct., eine Stiefer im Walde" in Berlin 18 pCt., eine Fichte im Nittenau geliefert. Es sind Zeichnungen für Gewänder von GeistWalde" in Weimar 76 pet., Annaberg 22 pet., ein Mehrenfeld" in lichen, Edelleuten, Bürgern und Bauern darin enthalten. Das Berlin 41 pct., Annaberg 22 pCt.,„ das Kornbinden" in Weimar 12 pCt., Manuskript umfaßt acht Blätter in Quart mit derben „ ein Kornfeld" in Plauen 64 pet., auf den Dörfern 92 pet. Wie Federzeichnungen; einige Erläuterungen sind beigegeben, die aus Getreide Brot wird, wußten in Plauen 28 pet., auf den zum theil in, zum theil neben die Zeichnungen gesezt Dörfern 63 pCt. Bei manchen dieser Vorstellungen ist anscheinend find. Die Zeichnungen find ungenau, die angegebenen ein Einfluß zufälliger Umstände( Nähe von Wasser, von Wald oder Maße stimmen nur annähernd oder garnicht mit ihnen überein. Bartanlagen mit bestimmten Baumarten) anzunehmen. Die Berliner Stüde , welche über den Rand des Stoffes hinausstehen, haben Zahlen aus der Thier- und Pflanzenwelt find wahrscheinlich viel Zeichen, unter denen sie auf dem Stoff nochmals gezeichnet sind. zu hoch: Liegt der Stoff an einzelnen Stellen doppelt oder mehrfach, so ist Einen Fluß" wollten in Berlin mur 11 pet. Kennen( obwohl dies gewöhnlich den Zeichmmgen eingefchrieben, liegen Vordertheil vermuthlich die meisten die Spree gesehen hatten), in Weimar und Rücktheil übereinander, so sind die Verschiedenheiten des Schnittes 69 pCt., Annaberg 23 pet. In Plauen erinnerten sich 71 pet., auf beider kenntlich gemacht. den Dörfern 82 pct., schon einen Fluß oder Bach gesehen zu haben. Die Vorstellung„ Berg " ließ sich in Berlin nur bei etwa 33 pet. ermitteln; in Plauen waren ihrer Aussage nach 48 pet., auf den Dörfern 74 pet. auf einem Berge gewesen.( In Berlin wurde bei einer Umfrage, die damals probeweise auch in der oberen Klasse einer
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Erziehung und Unterricht.