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Olava stand mit dem Rücken gegen den Steinwall und flapperte und fror und hielt die Schürze vor, die der Wind jeden Augenblick über ihren Kopf hoch blasen wollte. Nur ein kleiner Schein von der Laterne durfte auf das Grab fallen.

Aber sie sagte nichts.

Einige Male mußte Jver den Rücken aufrichten und aus­schnaufen, und da sah er sich um, machte einen Schritt nach dem Wall und spähte hinüber. Aber es war nichts Lebendes zu sehen, und das war auch nur natürlich; denn was sollten die Leute in einem solchen Hundewetter draußen? Und zum Himmel sah er auf, ob der Wind ihn etwas aufhellen würde. Aber die schwarzen Wolken fuhren mit großer Haft an dem Monde vorbei, der gerade hinter der Kirchthurmſpite ſtand.

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ruhig fortfahren, denn wenn sie jemand hörte!... Das würde 400 Meter breit und 21 Meter tief. Das Gestein besteht auf allen etwas für den Klatsch geben, wenn es hieß, er hätte mitten in der Seiten aus weißem Quarzit, der auf Thonschiefer ruht; doch tritt Nacht ein Grab aufgegraben. dieser nirgends zu tage. Während die westlichen Ufer gut bewaldet find, wird die Ostseite des Sees von kahlen, bis 45 Meter hohen Sie wird Klippen begrenzt. Hier befindet sich die Höhle. von gewaltigen überhängenden Felfen gebildet; den Raum zwischen der Unterseite dieser Felsen und der Wasserfläche wechselt zwischen und 5 Zentimeter. Die Höhle ist nach Südwesten gekehrt; sie hat eine sehr unregelmäßige Gestalt, und an einer Stelle hallt es von der Decke und den Wänden wieder, wenn eine tiefe Baßnote gesungen wird. Gerade am Eingange der Höhle ist das Wasser 20 Meter tief und bis in eine beträchtliche Tiefe sehr flar. Da die Felsen das Wasser so dicht überhängen, so können die optischen Erscheinungen nur von einem Schwimmer wahrgenommen werden. Nähert man sich schwimmend der Mündung der Grotte, so tritt die blaue Färbung deutlich hervor, aber die schönen Lichtwirkungen werden am besten gesehen, wenn man in die Oeffnung eindringt und nach außen gegen das Licht blickt. Das Wasser wechselt in der Farbe vom Nilgrün durch Türkis- und Himmelsblau bis zum tiefen Indigo und zeigt in allen diesen Schattirungen, wenn es bewegt wird, den der Grotte von Capri   eigenthümlichen silberigen Schimmer. Ein in das Wasser getauchter Körper erscheint in schönem Silberglanz, ähnlich dem re­flektirten Mondlicht. Das Wasser zeigt diese Farben zu allen aplins Stunden; sie sind am stärksten, wenn die Sonne im Zenith steht, und am schwächsten des Nachmittags, wenn einige Sonnenstrahlen in die Höhle dringen und sie erhellen. Das Wasser behält die eigen­thümliche Farbe( aber ohne den Silberglanz) an wolkigen Tagen und sogar während des Regens; werden die direkten Sonnenstrahlen start. Der Zusammenhang zwischen den verschiedenen grünen und blauen Farbenschattirungen und dem Zustande des Himmels, ob ( ,, Boss  . Ztg.") flar oder bezogen, war nicht festzustellen.

Und so beeilte er sich wieder. Nun mußte er bald unten an der Kiste sein.

Horch, dort auf dem Wege ging jemand! In einem Nu tauerte Olava sich zusammen und Iver troch längst des Steinwalles zu ihr hinüber. Aber der Spaten schlug an einen Stein, so daß man einen schwachen Klang hörte.

Blößlich hielten die Schritte auf der Landstraße an. O Gott, was ist das!" sagte eine Frauenstimme. War da etwas?" fragte ein Mann.

Olava preßte einen Arm hart au Jver.

Ja, gewiß!"

,, Ach nein doch, komm nur!"

Und so gingen die Beiden weiter.

Lange blieben Jver und Olava sitzen, ehe sie sich zu erheben durch weiße Wolfen aufgehalteit, so erscheint die Farbe besonders wagten. Herr Gott!"

Still, still Olava! Sei ganz ruhig, die Harmonika ist ganz unversehrt, denn die Erde ist trocken."

Wieder arbeitete er, und bald sah sie, daß die Kiste nach oben tam, an den Rand des Grabes.

Her mit der Leiche!"

In einem Nu war sie bis auf den Grund hinabgelassen. Und Jver letterte auf und ab, um Erde in das Loch zu schaufeln. Fort   ging es.

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Frühmorgens wollte er das Grab puzen und schmüden. Dazu war jetzt feine Zeit. Beide schlichen Heimwärts. In dieser Nacht schliefen sie spät ein.

Am nächsten Morgen besichtigte Olava zuerst genau die Kiste und die Harmonika; denn es wäre doch Spott und Schande ge­wesen, wenn Joakim sie bei seiner Rückkehr in irgend einer Weise verletzt wiedergefunden hätte.

Aber Jver war schon vor sieben Uhr draußen auf dem Kirchhofe und arbeitete, damit das Grab bis zum Frühstück hergerichtet war. Er mußte an etwas denken, dessen er in der Nacht nicht ledig werden konnte, als er schlaflos dalag. Und das waren die drei Schaufeln Erde  . Er mochte es drehen und wenden wie er wollte: die Har­monika und nicht die Kinderleiche, die hatte die drei Schaufeln Erde  erhalten. Und während er das Frühstück nahm und später, als er in der Werkstatt stand und an einem schönen Kinderſarg hobelte, konnte er es auch nicht leugnen, daß es die Harmonika war, die mit drei Schaufeln Erde   beworfen worden. Aber vielleicht kamen sie nun dem Kinde zu gute, nachdem es seinen Platz hatte, und die Harmonika fort genommen war. Und außerdem waren doch drei Schaufeln Erde feine Seligkeitsfrage.

Mehrere Tage dachte Jver darüber nach; aber er sagte nichts zu seiner Frau, so daß sie nicht wußte, was ihn plagte. Olava war noch zu weltlich; aber der Herr erreichte sie wohl auch einmal!

Und eines Tages saß Jver in der Stube des Pastors und er zählte, wie es mit der Kinderleiche zugegangen war; aber er wagte nicht, dem Priester in die Augen zu sehen, und das Weinen zitterte in der Stimme, ehe er es merkte.

" Du bist ein ehrlicher Mann, Jber!"

" O ja, Gott   Lob, in aller Schwachheit. Ich wollte feinen christ­lichen Menschen um drei Schaufeln Erde   betrügen. Es ist ja das legte, was man hier bekommt."

"

Aber sei ein anderes Mal vorsichtiger!"

" Oja, aber wenn es nur nicht unter die Leute kommt!" Das ist nicht nöthig, da es ja keiner neuen Beerdigung mehr bedarf!" " Doch, ich würde gern den Priester bezahlen für eine neue Beerdigung."

Aber der Priester sah zum Fenster hinaus und lächelte. " Ich sehe, Du bist Dir im Kleinen treu geblieben. Man wird Dich einmal über Viele erheben!"

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gk. Ein Krämerbuch aus dem Ende des 15. Jahrhunderts wird im Neuen Laufizer Magazin" beschrieben. Das eigenartig eingebundene Manuskript in Quartformat   befindet sich jetzt im Görlitzer Rathsarchiv. Der ursprüngliche Besizer war ein Görlitzer Krämer, Hans Brückner  , der in der Zeit von 1476-1481 auch mit Der Umsatz darin betrug einige gedruckten Büchern handelte. hundert Gulden. Brückner kaufte fast alle Bücher auf der Leipziger Messe und als Verläufer hatte er verschiedene diener" oder , buchfurer". Seine Abnehmer waren fast ohne Ausnahme Geist­liche. Die meisten der Bücher waren in Straßburg  , Nürnberg   oder Basel   gedruckt. Theater.

Deutsches Theater. Hätten wir Edmund Rostand's  Komödie, Cyrano von Bergerac  " vor zehn Jahren kennen gelernt, wer weiß, ob sie den Beifall erzwungen hätte, dessen sie am Mittwoch während der Erstaufführung im Deutschen   Theater theil­haftig wurde. Damals sollte die Welt, die Scheinwelt des Theaters wenigstens, von einem neuen Geschlecht erobert werden. Man war der überzuckerten Kunstspielereien satt geworden. Man dürstete nach wirklichem Leben, und erschiene es in der rauhesten Form. Ibsen   spricht im Volksfeind" davon, daß eine normal aus­gewachsene Wahrheit ihre zwanzig Jahre oder etwas darüber lebe; und wie furzweilig sind dann erst unsere sogenannten Stunftströmungen. Sie dauern oft nicht länger, als eine sparsame Hausfrau ihre Hut­form benützt. Und dennoch beharren Schwärmer auf ihrer Meinung, daß wir trotz aller Schwankungen und Irrungen mitten in der großen Kunst steckten! Gewiß war der Naturalismus sammt seinen Auswüchsen nur eine nothwendige Reaktion gegen die Zuckerkand= poesie, in die wir gerathen waren. Aber stürzt man in Zeiten großer, großer, stetiger Kunstentwicklung faſt unvermittelt von einem Extrem ins andere? Nun holt man wieder zur Ergöz­lichkeit des großen Kindes, des Publikums, das alte romantisch über­fleidete Spielzeug hervor. Ich sage mit Bedacht. romantisch über­fleidet", denn mit der sehnsüchtigen, das Vergangene verklärenden Romantik, die dem Seelenbedürfniß einer Zeit entspringt, hat die modische Maskerade eigentlich wenig gemein.

Herr Rostand   ist ein junger Mann. Im verarmten Frankreich  von heute kam er früh zu großem literarischem Ansehen; und auch in Deutschland   wurde von ihm viel Aufhebens gemacht. Daran ist zum großen Theil eine lärmende deutsche Korrespondenten- Klique in Paris   Schuld. Dieselben Menschen, die in Dreyfus- Angelegen­heiten das französische   Volt als eine verderbte Horde darzustellen lieben, wedeln und kriechen, wenn irgendwo auf dem Theater oder in den Journalen ein gefälliges Talentchen auftaucht. Es ist eine Taktik, in der eine gewisse Methode nicht zu verkennen ist.

So erhielten wir denn im Vorjahr Kunde von der großen Dichtung Chrano von Bergerac"; und unser Vetterlein für alles,

" Oja, das habe ich auch immer gehofft!" Und Jver sagte der formgewandte Ludwig Fulda  , übertrug Rostand's   Verse in viele Worte des Dankes und der Freude und ging.

Kleines Feuilleton.

Eine blaue Grotte im Kleinen hat H. Carrington Bolton am Minnewaskasee im Staate New- York   entdeckt. Der Sce liegt in den Shawangunkbergen etwa 500 Meter über dem Meeresspiegel; sein zur Eiszeit ausgehöhltes Becken ist ungefähr 800 Meter lang,

deutsche Reime. Das gab denn einen großen Premièren- Abend". Wir haben auch bei uns in den letzten Jahren romantisch über­zuckerte Süßspiele gekannt. Ich erinnere nur an die Schönthan'schen Reimereien in der Renaissance". Veredelt und stilisirt man diese Gattung mit feinerem Geschmack, so kommt man auf den Weg, den Herr Rostand   betrat. Man braucht den anmuthigen Esprit des französischen   Plauderers Nostand nicht zu verkennen und geht am Ende doch hungrig weg von des Dichters Tisch. Die Kulturbildchen aus der Vergangenheit, die zierlich zugespizten Anekdoten und Epi­