Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 186.

Donnerstag, den 22. September.

1898

( Nachdruck verboten.) bock, sondern auch Mitschuldiger und Anstifter. Dabei war er ebenso geschickt in vielen Dingen, wie er, gleich dem Junker, unerschrocken, ja waghalsig war, wenn es darauf ankam. Für Geschichtlicher Roman aus dem deutschen Bauernkriege 1525 seinen Vortheil alles einzusehen, war er ebenso bereit wie sein

82]

Um die Freiheit.

Von Robert Schweichel  .

Wilhelm Grumbach   stieß einen Fluch aus, schenkte sich einen Becher voll, den er auf einen Zug hinunterstürzte, und lief in der Stube hin und her. Dann warf er sich in einen der beiden, mit schwarzgewordenem Leder bezogenen Lehn­stühle, die zu Seiten des Kamins standen, und ächzte: Was kann denn noch geschehen?"

"

Nichts, wenn Du nicht gesonnen bist, die Scheide Deines Schwerts wegzuwerfen," antwortete sein Schwager trocken. Und wenn?" fragte Wilhelm von Grumbach   mit ge­spannten Blicken.

Florian Geyer   verließ seinen Platz am Tische und setzte sich ihm gegenüber. So höre denn," hob er an, und ent­wickelte ihm, wie Stephan von Menzingen, seinen Feldzugs­plan, auf die Streitkräfte hinweisend, die zu dessen Durch führung den Bauern noch zur Verfügung ständen.

Den Ellenbogen auf die Seitenlehne des Stuhles, den Kopf in die Hand gestügt, hörte Wilhelm von Grumbach   zu, mitunter einen scharfen Blick aus seinen stahlblauen Augen auf den Sprechenden zückend. Mit zusammengezogenen Brauen sagte er, ohne den Kopf zu heben, als jener schwieg:" Ich glaub's nit, daß sich Würzburg   auch nur eine Woche lang gegen den Truchseß halten fann. Und nachher-?"

junger Herr.

Ein Ding, das man Gewissen nennt, besaß er nicht, und nur Verleumdung hätte von ihm behaupten können, daß er je eines guten Gemüthes gegen seine Nebenmenschen gewesen wäre. Allerdings war er schlau genug, es zu ver fchleiern, wo er nicht frech sein durfte. Ob Junker Wilhelm ihn durchschaute, muß bezweifelt werden. Er war nicht der Mann dazu, über einen Leibeigenen sich den Kopf zu zerbrechen. Wenn es noch ein Pferd oder cin Hund gewesen wäre! Deren gute oder schlechte Eigen­schaften zu erfunden, hätte der Mühe gelohnt. Es genügte ihm, daß Matthäus Lang   ihm unbedenklich gehorchte, allen seinen Launen und schlechten Instinkten schmeichelte, ihnen auch durch die That Vorschub leistete und immer Rath wußte. Da Wilhelm von Grumbach   vor ihm kein Geheimniß daraus gemacht, in welcher Absicht er Florian Geyer   in Heidingsfeld  aufgesucht hatte, so vertraute er ihm auch jetzt, welchem Zwecke die beiden Boten dienen sollten.

,, Hm," meinte Thes, indem er seinen breiten Unterkiefer mit der Hand umfaßte und die Augen zusammen kniff, wenn die Briefe nicht von Euch, sondern von dem Ritter geschrieben sind, so können wir sie ja wegschicken. Ihr dürfet in diesen Sachen nir Schriftliches von Euch geben, gnädiger Herr. Ich will selbst nach Würzburg   machen und scharf zusehen, wie's dort steht. Nach Melrichstadt wollen wir den Wendel schicken. Er ist flug und Eurem Schwager ergeben."

Auch dann ist noch nichts verloren, nur darf es sich nicht ergeben," erwiderte Florian Geyer   ohne Zögern. Es stehen dort noch 5000 Mann, während der Truchseß bei So geschah es denn auch, und erst als die Briefe be­Königshofen und Ingolstadt   bedeutende Verluste erlitten hat. fördert waren, gestattete es sich Florian Geyer  , den während Können sie die Stadt troßdem nicht halten, bis der Entjak zur dreier Nächte versäumten Schlaf nachzuholen. Thes Lang Stelle ist, so müssen sie sich ohne Zeitverlust mit allen Vor- fehrte gegen Abend zurück. Er war über die Höhe gegangen, räthen, die sie zusammenraffen können, herausziehen. Der die bei dem Dorfe Rimpar allmälig zu einer weit aus­Gramschazer Wald ist bald erreicht, und er deckt den Rückgebreiteten Hochfläche ansteigt und vor Würzburg   in Wein­zug in die nur wenige Stunden entfernten Berge bergen ziemlich steil abfällt. Die Höhe war von dem Feinde zwischen Röhn, Spessart   und den Vogelsbergen. noch nicht besetzt gewesen und er hatte seinen Brief für Dort stehen wir in einer uneinnehmbaren Veste. Bermeter am Pleichacher Thor   abgeben können. Die Wache Die Reisigen, die der Bauer so fürchtet, vermögen sei guten Muthes gewesen, berichtete er, und aus der Stadt nichts in den Waldgebirgen, die durch Verhaue und Ab- sei stark gegen St. Burkhard, was der Truchseß besetzt habe, grabungen leicht zu schüßen sind. Und auch die langen Spieße heraus geschossen worden. Auf das rechte Mainufer sei der der Fußknechte sind in den Wäldern wenig nüße, abgesehen Feind noch nicht übergegangen. davon, daß sich eben jezt erwiesen hat, wie wenig Verlag auf Schlimm lauteten dagegen die Nachrichten, die Wendel das Fußvolt ist. Der Bauer, der seine Handwehr zu führen am nächsten Tage aus Melrichstadt brachte. Der Churfürst weiß, strect es aus dem Gebüsch nieder, ehe es seiner von Sachsen   hatte am Pfingstfonntage den Bildhauser Haufen noch ansichtig wird. Die Kriegskunst des Truchseß geschlagen, Wilhelm von Henneberg, seines Eidschwures ver­fällt dort nicht schwer ins Gewicht. Sie wird lahm gelegt gessend, mit ihm sich verbunden, die Bürgerschaft von durch die Ortskenntniß der Bauern, die Weg und Steg im Meiningen  , feig verzagend, Hans Schnabel gefangen ge­Gebirg wie ihre Kappe kennen und darum nach allen Seiten nommen und für die Gewähr von Straflosigkeit der Stadt hin Ausfälle in fruchtbare Gegenden zu machen im stande an den Henneberger ausgeliefert. Das Schlimmste sollte find. Zudem gebricht es dort nicht an Eisenschmieden, die leicht in aber Florian Gecher nicht mehr erfahren, Waffenwerkstätten umgewandelt werden können, und abgehärtete nicht, daß der lange Lienhartin sein Verderben Männer giebt es im Ueberfluß. Dort sind wir unbesiegbar." geritten war. Die Unterthanen von Schwäbisch Hall   hatten ,, Lieber des Teufels als des Bischofs," rief Wilhelm von der Stadt neu gehuldigt, die Bauern der Schenken von Grumbach, der den Oberkörper allmälig aufgerichtet hatte und Limburg  , eingeschüchtert durch die blutigen Siege des Truchseß, Florian Geyer   mit Augen betrachtete, in denen sich etwas wie mit ihren Herren sich vertragen und ihre Waffen abgeliefert, Bewunderung verrieth. Er sprang auf. der Haufen der Gaildorfer   sich zerstreut. Als der lange Lienhart trotzdem unverzagt seinen Auftrag zu erfüllen trachtete, wurde er eines Tages in einer einsamen Waldschänke von Knechten der Limburger überfallen und erstochen, nach­dem sein gewaltiges Schwert ihrer die Mehrzahl den dunkeln Pfad des Todes vorangeschickt hatte.

,, Und jetzt, bitte, schaffe mir Schreibgeräth und zwei zuverlässige Boten. Wir haben feine Zeit zu verlieren." Und wohin die Boten?" fragte der Junker.

,, Nach Würzburg   der eine, um Hans Bermeter zu benach richtigen, was er zu thun habe. Nach Melrichstadt der andere, damit Schnabel mit seinen Bildhäusern sogleich hierher auf­breche."

Die Hiobsbotschaft Wendel's vermochte die Entschlossen­heit Florian Geyer's   nicht zu beeinflussen. Er traf seine Vor­fehrungen auf alle Fälle, durchforschte den Gramschatzer Wald  nach der geeignetsten und durch Verhaue am leichtesten zu schüßenden Rückzugslinie und bemühte sich, die Bauern der in die War Waffen zu bringen. der Tag voll Mühe und um Sorge, so wohlthuender am Abend auf Rimpar   bei Weib und Thes Lang mochte um fünf bis sechs Jahre älter als fein die Ruhe Herr sein. Er war der Sohn eines Leibeigenen aus dem Kind. Wilhelm und Grumbach störte sie nicht; Dorfe Rimpar, als Hofjunge auf die Burg gekommen und ihm waren fleine Kinder und vollends ihr Geschrei wider­hier in die Gunst Wilhelms als dessen Spielkamerad und wärtig. Frau Barbara verbarg ihre schweren Gedanken, Prügelfnabe für alle dummen und schlechten Streiche hinein- wußte sie doch, daß ihren Gatten nichts davon abhalten könnte, gewachsen. Oft genug war er freilich nicht nur der Sünden- I das Schwert für die Freiheit zu führen, so lange noch ein

Federn, Tinte und Papier gab es nur in der Amts­stube im Erdgeschoß. Wilhelm von Grumbach   holte es selbst herbei und gab dann seinem vertrauten Diener Matthäus Lang   den Auftrag, die Boten auszuwählen, während Florian Walddörfer Geyer die Briefe schrieb..

denn