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fie fortfuhr, ihn anzustarren, sette er leise hinzu:, Bedenke, steht, mit der es freilich gegenwärtig übel bestellt ist. Vielleicht der bon französischen daß dieser beklagenswerthe Tod ihn vor dem schimpflicheren ist sie ein Erbtheil bei Fontane , durch den Henker und Dich und uns alle vor der Schande Dichter 1819 geboren wurde, findet sie sich nicht allzu häufig vor. Réfugiés abstammt. Auf dem Neu- Ruppiner Boden selbst, wo der
bewahrt."
Da schrie sie wie wahnsinnig auf:„ Ein böser Bub' hat's gethan. Hast Du's gehört?" und ihr Kopf fiel schwer auf die Brust des geliebten Todten.
Der Schrei ward von keinem wieder vergessen, der ihn hörte, und die Worte trugen den Keim eines Verdachts in sich, der wuchs und wuchs und den Namen Wilhelm v. Grumbach's brandmarkte. Der Berg im Gramschager Walde aber, an dessen Fuß die Leiche des reinsten und edelsten Freiheitshelden jener Tage gefunden wurde, erhielt von dem Volke, für das er kämpfte und starb, den Namen der Geyersberg.
Zehntes Kapitel.
Diese Form der inneren, zuversichtlichen Heiterfeit war es, die es erst möglich machte, daß Fontane , der„ Alte" der jungen, anfangs revoltirenden Literatur ein freundlicher Begleiter wurde. Ein Mahner, ein Rathgeber, ein Bahnweiser wollte Fontane nicht sein. Auch dazu fehlte ihm der Sim für Feierlichkeit, der allem lehrhaften Thun gerne beigemengt wird. Aber es wohnte teine Altersverbitterung in ihm. In nichts erinnerte er an Ibsen's Baumeister Er Solneß, den die Furcht vor der nachdrängenden Jugend plagt. polterte nicht hinter den Neuen her, noch war er bemüht, es ihnen an Schneid gleich zu thun und sich als Stürmer zu geberden. Dazu war in ihm das Maßhalten in allen Dingen und die wirklich französische Furcht, lächerlich zu werden, zu sehr lebendig.
Der Werdende wird immer dankbar sein, heißt es bei Goethe, und das werdende Geschlecht sah eben mit liebevollem Dank zum alten Fontane empor, der ihm als Ausnahme erscheinen mußte, inmitten all der Verachtung, all' der Angriffe, denen vor einem Jahrzehnt die literarische Jugend ausgesetzt war? So vergaß man denn, daß Fontane's ganze Geistesrichtung von anderen Ideen aus gegangen war, als denen, die die Gegenwart zum größten Theil bevegen; man freute sich am milden, reifen Realismus seiner Alterswerke, an der schlichten, klar anschaulichen Wahrheitsschilderung; und Wahrheit war ja damals der allgemeine Schrei der
Sehnsucht.
Es war am Morgen des 28. Juni, als der Wächter von dem Rathhausthurm den Schreckensruf erschallen ließ Sie tommen!" Jm Nu waren die Gassen von Rothenburg wie ausgestorben, alle Krambuden, Läden und Hausthüren geschlossen. Denn derjenige, welcher fam, war der Markgraf Kasimir von Brandenburg. Der Truchseß war mit seiner Macht zum Rhein abberufen, wo die Revolution frisch auf loderte, nachdem er im Bisthum Würzburg schrecklich mit Schwert und Feuer gehaust hatte. Der Markgraf und der Es wurde dann der Siebzigjährige als Freund und Genosse Erbmarschall Joachim von Pappenheim waren von ihm be gleichsam gefeiert. Es war das letzte wirkliche Schriftstellerfest auftragt worden, an seiner Statt das Strafgericht an Rothen- in Berlin und hatte mit den üblichen Gratulations Jubiläen burg zu vollziehen. Da hatte selbst den Herren vom wenig gemein. Von der mitfeiernden Jugend fiel ein Glanz auf Inneren Rathe das Herz gebebt, und ſie hatten das Fest. Wenn die Alten noch jung zu werden vermögen, hieß es, eiligst Konrad Eberhard , Hieronymus Hassel und noch was kann uns die Welt anhaben? Und das Merkwürdige geschah, einige von ent- daß ein Stück von dem hoffnungsseligen Enthusiasmus jener Tage den Geschlechtern dem Markgrafen auf einen preußischen Minister, den damaligen Kultusminister Goßler gegengeschickt, der von Bamberg heranzog, wo er, wie auch fiel. Auch er besang hochgestimmt das Recht der literarischen Jugend. in den eigenen Landen, gleich dein Truchseß gewüthet hatte. Der Schreiber dieser Zeilen, der heute über seine damalige Naivetät Dem Bischof von Bamberg war damit nicht genügt lächelt, hatte seinem Gedächtniß die Tischrede Goßler's Wort für und der Kirchenfürst fuhr noch fort, auf eigene Wort eingeprägt und sie wie ein wichtiges Dokument betrachtet. Faust mit dem Henker Umzug imt Bisthum zu Es sind inzwischen andere Tischreden preußischer Minister von kiinſt halten. Der Markgraf hatte die Abgesandten nicht lerischer und wissenschaftlicher Freiheit erklungen, und es war nichts empfangen, sondern seinen Marsch auf Rothenburg fortgesezt damit, wie mit dem Toast Goßler's. und sie erst nach mehreren Tagen in Burg- Bernheim beschieden, daß er mit seinem gesammten Kriegsvolt sein Lager in Rothenburg nehmen und den Einzug sich erzwingen werde, wenn man ihm denselben verweigere. Sein Geheim schreiber Anton Graber hatte sie geslissentlich die Vollmacht des Truchseß lesen lassen, welche den Markgrafen und Joachim pon Pappenheim beauftragte, das Gebiet Rothenburgs mit der That zu beschädigen, mit Todtschlag, namentlich Brand und Plünderschatzung, dazu in all andre Weg sie nach Gelegenheit der Sachen und eines jeden Verschuldung zu strafen". Dennoch fehlte es in Rothenburg nicht ganz an solchen, die dem Markgrafen als Retter entgegenharrten.
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Ueber Fontane's Schriftstellerei selber sind viel Schlagworte gemünzt worden. Sie treffen und umschreiben das Wesen dieses vielbeweglichen Geistes nicht. Man hat ihn den Dichter der Mark und des Preußenthums genannt und dabei hat man sich doch vielfach nur an das Stoffgebiet, das er beackerte, gehalten. Seiner Künstler schaft nach war Fontane nicht preußisch", wenn man schon auf diesen Schlagwörtern herumreiten will, die stets lediglich eine Ihn zeichnet die straffe, martige, halbe Wahrheit bedeuten. zur Sprödigkeit neigende Zucht nicht aus. Er ist aber vielmehr sehr sensibel und fein empfänglich für wandelbare Eindrücke jeder Art. Er befeuert nicht, aber er erwärmt. Scharf- kantiges liebt er zu mildern, wie es dem heiteren Grundklang seiner Seele am besten entsprach. Er war ferner eins jener Plaudertalente, die auf schwerem deutschen Boden selten wachsen. Gefällig, ohne seicht zu werden; ironisch, ohne Bitterkeit.
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Frau Margarethe von Menzingen und die Ihrigen er hofften von ihm die Befreiung des Gatten und Vaters. Mar Fontane's äußeres Leben verlief, wie seine Dichtung, ohne Eberhard war, sobald er dessen Gefangennahme erfahren, zu stürmische Erregungen. Sein Vater, dem er ein Denkmal in den Angebörigen des Ritters geeilt, um sie mit Rath und seinen Jugendmemoiren seßt, war Apotheker. Er muß eine ori That zu unterstüßen. Elje sank ihm von Thränen erschöpft an die ginelle Gestalt gewesen sein. Die Engländer würden ihn mit Brust, die Mutter war wunderbar gefaßt. Die Wetterwolfe, sammt seinen Schrullen und genialischen Wunderlichkeiten einen Humoristen nennen. Apotheker sollte auch Theodor werden. die drohend über ihrem Haupt gehangen, seitdem sie mit ihrem hielt auch tapfer und pflichttreu aus, bis er als mannbarer Jüngling Gatten wieder vereinigt war, hatte den Blizz entbunden, in Berlin sich völlig dem literarischen Beruf widmete. Den elemenfurchtbar war er niedergefahren, aber er hatte allem taren Drang des echten, starken Genies kannte das feinsinnige ungewissen Bangen ein Ende gemacht. Ihr blondes Haar Talent Fontane's nicht; andererseits war es zu gefund, um sich in war unter der Folterqual durch unbestimmte Schreckensbilder trampfhafteit Anstrengungen der Scheingenies zu gefallen; und völlig ergraut. Jezt kannte sie das Schreckliche, das ihrem so schuf Fontane denn die längste Zeit im Dienst des Journalismus. Auch als Gatten bevorstand, und sie raffte sich zur That auf. Seine Seine politischen Instinkte waren niemals stark. Feinde wollen ihn tödten, und sie sind seine Ankläger und lange Jahre hindurch an der Kreuz- Beitung" thätig war, hätte Richter zugleich, da kann nur ein Mächtigerer helfen!" So man ihn sicher nicht mit einem Kreuz- Zeitungs- Mann" verwechselt, sprach sie in thränenlos bitterem Schmerz zu Mar und er dazu war er doch zu wenig im Vorurtheil befangen und menschlich zu milde. So wurde seine preußisch- patriotische Grundgefimmung nie mußte ihr beipflichten. Denn hätte er es nicht bereits aus aufdringlich. Dazu kam ein Aufenthalt in England, der den Blick der Geschichte gewußt, so lehrte es ihn die Gegenwart, daß des Stockpreußen" weiter und freier machen mußte. Die Mark es im Bürgerfriege feine Gerechtigkeit giebt, sondern nur der hatte Fontane, wie ein Poet, durchwandert und ihre landschaftlichen Wahrspruch gilt: Wehe den Besiegten!" Heimlichkeiten mit liebevollem Dichterauge aufgestöbert. Hier wurde alter Geschichte vertraut, hier entstanden die Anregungen zu seinen frischesten Balladen. Sie sind, wenn man will, aus und altpreußischem Geist geboren fie haben sicherlich mit unserer modernen Welt nichts zu schaffen. Aber wie unterscheiden sie sich in ihren Humoren, in der schlichten Kraft ihrer Sprache so weit von irgend einem Wildenbruch'schen Geschmetter! Die Gabe, anschaulich und interessant zu schildern, fam Fontane's Kriegsberichten 1866 und 1870 sehr zu paß. In Frankreich wurde Fontane auch„ Kriegsgefangener". Man behandelte den Zeitungsschreiber" wie einen höheren Offizier. Er imponirte schon durch sein äußeres Gehaben, ohne imponiren zu wollen. So war's auch mit seiner äußeren Erscheinung in den letzten Jahren. Wer ihn im Theater sah, oder im Thiergarten ihm begegnete,
( Fortsetzung folgt.)
Eine Frohnatur ist mit Theodor Fontane dahingegangen. Eine Frohnatur nicht etwa im Sinne deutscher, genügsamer Stillvergnüg lichkeit, obwohl die dem dahingeschiedenen Dichter nicht fremd war. Fontane's Wesen wehrte gewiß auch melancholische Reize nicht ab und begriff leidenschaftliche Tumulte. Aber zum Schluß drang eine Art von tapferer Heiterkeit durch. Sie erinnert an das, was man unter gallischer Freude, unter gallisch- unverwüstlicher Lebenslust ver
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