Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 189.

85]

Dienstag, den 27. September.

( Nachdruck verboten.)

Um die Freiheit.

1898

als er sich einige Stunden später zu dem Bankett begab, das ihm der Rath aus der Stadt gemeinem Säckel in dem großen Saal des Rathhauses gab. Er hielt es auch nicht der Mühe werth, das Grau seiner Mißstimmung zu verbergen, und die

Geschichtlicher Roman aus dem deutschen Bauernkriege 1525 Ehrbaren, die er einiger Worte würdigte, konnten sie be­

Von Robert SchweicheI.

zeugen. Erasmus von Muslor begleitete ihn und nannte ihm die Namen der so wenig schmeichelhaft Ausgezeichneten. So geschah es denn auch. Markgraf Rasimir empfing sie Die goldenen Sterne gewannen jedoch an Kraft, als sein und ihre Begleiter noch huldvoller als in Bamberg . Denn Feldherrnauge die Schaar der Frauen und Jungfrauen Frau Margarethe hatte ihm unter der Hand durch seinen musterte und unter ihr die schöne Gabriele entdeckte. Sie Geheimschreiber 2000 Gulden Lösegeld anbieten lassen, und trug ein blaues Gewand von knisterndem Atlas mit gelbunt Else's Schönheit, deren Adel durch die schwarze Tracht in erlegten Schlißen über einem gelbseidenen Unterkleide. Ein einer rührenden Weise hervorgehoben wurde, verfehlte auf furzes Krägelchen von dem Stoffe und der Farbe des den Frauenkenner ihre Wirkung nicht. Er entließ Frau von Oberkleides und ebenfalls gelb gefüttert, schwebte auf ihren Menzingen mit der tröstlichen Versicherung, daß die Feinde nackten Schultern, ohne den reizend gewölbten Busen neidisch ihres Gatten vor seiner Gerechtigkeit zu Schanden werden zu verhüllen. Das schwarze Haar war in zwei dicken follten. Flechten, die von Perlen durchschlungen waren, über die

können, als wie auf einen Felsen."

Und hr, werthe Herren", wandte er sich an die Bürger, Stirn gelegt, so daß sie einem Diadem glichen, und Gabriele die sie begleiteten, saget der Bürgerschaft, daß ich zwar un- trug den feinen Kopf so stolz, als ob ihn wirklich ein nachsichtig streng gegen die Rotte der Bösewichter bin, und Strönlein zierte. Es war aber ein anderer Dämon als der nicht ruhen werde, bis ich sie mit Stumpf und Stiel aus- des Hochmuthes, der aus ihren großen schwarzen Augen genichtet habe; daß aber die Gutgesinnten auf mich bauen schaute. Sobald der Markgraf ihrer gewahr wurde, schritt er Sein Trost war keine eitle Vertröstung. Er hatte sich gerade auf sie zu und sagte zu Herrn Erasmus, während von seinem Geheimschreiber über die Urgichten Stephans fie vollendet hösisch in die Erde sant, wie sie es von von Menzingen und der beiden Geistlichen eingehenden Vor- der Schwester Lamperta gelernt hatte: gelernt hatte:" Ihr seid ein trag halten lassen und war überzeugt, die Angelegenheit zu neidenswerther Mann, Bürgermeister, daß Ihr ein solches seiner Zufriedenheit leicht erledigen zu können. Zu diesem Kleinod in Eurem Hause heget." Gabriele senkte, die lang­Zwecke hatte er den Inneren Rath nach Beendigung des bewimperten Augen, um sie desto strahlender wieder aufzu­Gottesdienstes- denn es war Sonntag zu sich beschieden. schlagen, und er fuhr fort, ihr fernige Schmeicheleien über " Ich bin des Wesens erstaunt, ehrbare Herren," so sprach ihre Reize zu sagen. Erasmus von Muslor mußte den Spiel­er, die Akten zur Hand, die pünktlich Erschienenen an." Was leuten auf den Bänken, die sonst Richter und Schöffen ein­stehet denn Großes in den Urgichten? Daß der Menzingen den nahmen, verstohlen ein Zeichen geben, damit ihre Musik end­Karlstadt gespeist und wider Verbot in die Stadt gelassen, lich die Gäste zu Tisch brachte. Sie waren längst hungrig und daß er den Bürgern gerathen, einen Ausschuß zu machen und die Speisen drohten zu verderben. als Steuerer feine eigene Steuer in der Rolle ausgelöscht Frau von Muslor war die Dame des Markgrafen und hat. Das ist sicher straffällig, aber doch keines ein todes- er begnadigte sie mit dem bleichen Abglanz des Wohlgefallens, würdiges Verbrechen. Und was Deutschlin und der blinde das Gabriele ihm cinflößte. Sabine hatte ein Unwohlsein Mönch auf der Folter bekannt haben, das ist vollends der vorgeschützt, um an dem Bankett nicht erscheinen zu dürfen. Schärfe nit werth. Fast übereinstimmend räumen sie ein, daß Die Freundschaft zwischen ihr und Gabriele hatte völlig sie mit Karlstadt verkehrt, seine Lehre vom Sakrament ge- Schiffbruch gelitten. Ihre von Florian Geyer zurückgewiesene billigt, gegen die Messe gepredigt und die Obrigkeit gescholten Leidenschaft hatte Gabriele grenzenlos erbittert und sie ver­haben, weil sie die Verkündung des lauteren Evangeliums barg es kaum nothdürftig, wie verhaßt ihr die alten berhinderten. Das ist alles. Gotts Marter, wer behielte Verhältnisse waren. Lieber den Tod, als in ihnen weiter seinen Kopf noch auf den Schultern, wenn ich nach Eurem leben! Ihre Vergangenheit fortwährend durchwühlend und Maße messen wollte? Leget ihnen eine Geldbuße auf, aber durchgrübelnd, machte sie Mar dafür verantwortlich, daß gebet sie frei, und ich will Eurer Stadt in Gnaden gewogen sie geworden war, wie sie war, erschien ihr dessen Liebe bleiben." zu Else als der Urquell aller ihrer Leiden. Und sie Der Haß aber machte die Rathsherren blind, so daß ihnen erinnerte sich, was sie dem Paare geschworen hatte. Der mehr daran gelegen war, ihre Feinde zu vernichten, als die Augenblid war gekommen, den Schwur zu erfüllen. Das Gunst des Markgrafen sich zu sichern. Sie weigerten sich Blut, welches nun auch in Rothenburg geflossen war, be hartnäckig, dessen Verlangen zu erfüllen, drohten ihm selbst rauschte sie, belebte sie. Und es war, als ob dieser Rausch mit einer Klage beim Bunde und Konrad Eberhard erklärte sich in ihrem ganzen Wesen verrieth, so daß sie die Blicke ihm in ihrem Namen:" Der Rath kann in Ew. fürstlich des Markgrafen immer wieder zu sich zwang. Nach dem Gnaden Begehr nicht willigen. Denn wenn Ihr den ersten Gange schichte er ihr seinen Pagen mit dem Er­Menzingen und die beiden Geistlichen ungestraft lasset, so suchen, ihr einen Zutrunk widmen zu dürfen. Verbindlich ist den Zehn, die gestern gerichtet worden, von fürstlicher neigte er seinen Becher gegen sie und sie dankte ihm mit Hoheit ein höchstes Unrecht geschehen. Denn just die drei, einem Lächeln, das ihn veranlaßte, seinen gekräuselten das sind die rechten Urfächer und Häupter der ganzen Schnurrbart zu liebfosen. Nach dem zweiten Gange tam Empörung." Hieronymus Hassel fügte hinzu: Auch haben er, um mit ihr zu plaudern. Ihr alter, stets schnöde der Deutschlin und der blinde Mönch öffentlich gepredigt, daß von ihr behandelter Verehrer, der Junker von Hornburg, hinfüro keine Zehnten, nicht Tranksteuer noch Klauengeld mehr der sie zu Tisch geführt hatte, wollte dem Markgrafen feinen entrichtet werden sollen. Wenn das nit Aufruhr ist, was ist's?" Blatz einräumen. Er zog es aber vor, hinter ihrem Stuhle Dem Markgrafen schwoll die Zornader auf der Stirn und er verabschiedete den Rath mit den Worten: Ueberleget's noch einmal! Denn eher soll mir die Zunge verdorren, ehe daß ich in Euer Begehren willige." Der Graf von Pappen­heim äußerte, als beide allein waren: Wozu mit den Holz­töpfen noch länger fich placken? Auf diese Weise kommt Em. Liebden mit ihnen nit zu Rand. Schicket eine Rotte Fußknechte, um die Gefangenen aus dem Thurm zu holen, und basta."

stehen zu bleiben, den Duft ihres Haares einzuathmen und die Blicke in ihren Busen zu tauchen, wenn sie denselben nicht mit ihrem Fächer schützte. Später sandte er ihr einen Teller mit Konfekt und dann nahm er ohne Umstände den Platz an ihrer Seite ein und verließ ihn erst gegen Ende der Tafel.

Von dem, was beide bald scherzend, bald lachend, bald ernst und angelegentlich mit einander sprachen, vermochte ihre Nachbarschaft kaum ein Wort aufzufangen, und dann war es eine Betheuerung von seiner Seite, die bestätigte, was alle Markgraf Kasimir machte in das Kerbholz der Stadt sahen, daß es ihm nämlich Gabriele's Reize angethan hatten. einen neuen und sehr tiefen Einschnitt. Erklärlich, daß seine Konrad Eberhard beobachtete seine Mündel unausgesetzt, Laune dem mit kleinen goldenen Sternen besäten silbergrauen begegneten sich aber ihre Blicke, so vermochte er in den ihrigen Damast glich, in den er von Kopf bis Fuß gekleidet war, I nichts von dem zu lesen, wonach er so begierig spähte. Sie