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Da hatte ich mit der älteren Schwester meines Schülers ein kleines| blieb, und als er wieder auftauchte, kein Wort von vorgeblichen Berhältniß Und wissen Sie, warum sie mir ihre Gunst zu- Abenteuern zu sagen wußte. Der Verleger hat inzwischen eine wandte? Weil ihr Vater geizig war, und ich ihr hier und da kleine halbe Million der Nummern, in denen der neue Robinson fabelte, Schmucksachen verehrte, die ich von meiner Mutter geerbt hatte. Als verkauft. ich keine mehr besaß, wollte sie mehr.
Ich verschaffte mir das Geld dazu. Einige Wochen später wurde ich verhaftet, weil ich den Bergwerksbefizer bestohlen hatte...
Nachdem ich meine Strafe verbüßt hatte, bekam ich keine Stellung mehr. Mit mehreren Landstreichern, die ich im Gefängniß kennen gelernt hatte, ging ich auf die Wanderschaft. Das gefiel mir. Ich wollte es nicht wieder lassen, aber sie steckten mich in die Arbeiterkolonie. Da habe ich Tischlerei gelernt und nun will ich arbeiten und mir endlich einen Hausstand gründen. Ein kleines Weibchen zu haben
Profit!" sagt er und erhebt sein Glas;„ einen Ganzen!" Mit einem Zug stürzt er den Inhalt hinunter und stellt das Gefäß mit einem Ruck dem Wirth hin.
Der lächelt und fragt:„ Auch ein Schnäpschen?" „ Auch ein Schnäpschen!" nickt der Blonde.
Die Nacht kommt mit breitem Mantel über die Haide. Ueber unserem Tisch brennt eine Hängelampe, auf die der Wirth eine zerbrochene Milchglasglocke gestülpt hat. Ihr Schein fällt aus dem Fenster über den Weg; ein Obstbaumi, den die Strahlen treffen, leuchtet gespenstisch auf.
Der Kopf des Blonden, der mir noch gegenüber fit, glüht, seine Augen sind geschwollen. Vor ihm steht eine geleerte Weinflasche. Der Wirth pries sie ihm an als etwas vornehmes, er müsse doch den ersten Tag seiner Freiheit feiern. Das neue Leben wäre doch eine Flasche Wein werth.
Jetzt will der Blonde sein Nachtlager aufsuchen. Er steht taumelnd auf und streift ſeine Hermel hoch.
" Hab' ich nicht Muskeln zum Arbeiten?" lallt er und schlenkert mit den schlaffen, dünnen Armen.
Der Wirth will erst die Zeche bezahlt haben, ehe er ihm ein Nachtlager giebt.
Der Blonde taumelt hin und her." Ich kann... doch... arbeiten!"
Er zieht eine gelbe, edige Ledertasche hervor, die er an einer Schnur um den Hals trägt.
...
Einzelu zählt er dem Wirth das Geld auf. Der wird u geduldig, als der Blonde immer wieder lallt: Und dann... kann ich... arbeiten... und hei... heirathen. Schließlich nimmt der Wirth dem Blonden die Geldtasche fort und schüttelt sie aus. Der sicht erstaunt zu, als der Wirth das Geld zählt. Plötzlich schreit der Wirth wüthend auf:" Hä! Das Geld reicht ja nicht mal für Deine Sauferei! Nun foll ich Dir noch Nachtlager geben?!"
Er packt den Blonden an der Hüfte und schüttelt ihn. Der tortelt und will sich am Tisch halten, während er mit der Linken seine Reisetasche umhängt.
Der Wirth reißt ihm die Tasche fort: So, für die Zeche!" Dann schiebt er den Taumelnden mit starken Armen durch den Flur hinaus in die Dunkelheit. Die Thür wirft er hinter ihm zu, daß das ganze Haus zittert und die Thürklingel lange schellt.
" So'n Kerl!" schimpft er, als er mit vor Zorn blassen Lippen wieder im Zimmer steht. Erst stecken sie ihn aus Mitleid in die Kolonie, um einen ordentlichen Menschen aus ihm zu machen, Kaum ist er' raus, versäuft er die paar Spargroschen. So'n Hund! Säuft und kann mich nicht mal bezahlen! Der bleibt doch immer ein Landstreicher."
Draußen im Lichtschein taumelt der Blonde am Fenster vorüber, zornlos, mit stieren Augen, starrt er herein.—
Kleines Feuilleton.
- Ein angeblicher Robinson. Der Köln . Volksztg." wird aus London geschrieben: Seit etwa zwei Monaten hat eine ungeheuere Reklame die„ Abenteuer" eines neuen Robinson" zum Gegenstande des öffentlichen Unterhaltung ganz Englands gemacht. Die von den unwahrscheinlichsten Erlebnissen handelnden Berichte eines Herrn Louis de Rougemont erschienen in dem World Wide Magazine", und es gelang der schreienden Reklame des Verlegers, den Helden sogar vor die in Bristol tagende„ British Association" zu bringen, eine hochangesehene wissenschaftliche Körperschaft, wo er einen Vortrag halten durfte und von Geographen, Anthropologen und Naturforschern ganz ernsthaft genommen wurde. Ja, es hat sich sogar eine Gesell schaft gebildet, um die vorgeblich von dem Abenteurer aufgedeckten Schätze an Gold, Diamanten und Berlen auszubeuten. Die Zweifel, die freilich die mehr als romanhafte Erzählung weďte, wurden lauter und bestimmter, und die„ Daily Chronicle" hat sich der nicht geringen Mühe unterzogen, den Helden bis in seine Wiege zurück zu verfolgen. Nunmehr ist der Beweis gelungen, daß Mr. de Rouge mont nichts ist als ein ungewöhnlich frecher Betrüger, der von dem, was er als Erlebniß schildert, weitaus den beträchtlichsten Theil der Phantasie oder wilden Mären verdankt. Er ist ein Schweizer von Geburt, heißt nicht de Rougemont, sondern Grin, und hat seit fiebzehn Jahren in Sydney sehr fragwürdige Geschäfte gemacht. Von der Angabe, er habe dreißig Jahre unter Kannibalen zugebracht, ist erwiesenermaßen nur so viel richtig, daß er drei Jahre unbekannt
u. Die Veränderlichkeit der Tageslänge. Daß die Tage nicht sämmtlich gleich lang sind, weiß jeder aus der Schule, und wer es da nicht gelernt haben sollte, der erfährt es gerade jetzt durch eigene Beobachtung, und die Hausfrauen noch dazu durch den bedenklich gesteigerten Verbrauch von Petroleum . Aber wie wir in der Schule gelernt haben, daß die relative Dauer des Tages und der Nacht sich mit den Jahreszeiten ändert, so haben wir auch gelernt, daß ein Tag und die darauf folgende Nacht zusammen genommen eine unveränderliche Länge von 24 Stunden haben. Dies letztere wird nunmehr in unserer steptischen Zeit angezweifelt, und vermuthlich haben die Zweifler recht, d. h. die Zeit, in der unsere Erde eine Drehung 1m ihre Are ausführt, ist nicht, wie man früher annahm, unveränderlich. Bekanntlich ist die frühere Annahme, daß die Erdare, d. i. die Linie, welche den Nordpol und den Südpol miteinander verbindet, stets dieselbe Richtung im Weltenraum einnehme, durch die in den letzten Jahren gemachten Beobachtungen als falsch erkannt worden. Man weiß jeßt, daß die Erdare gewisse, allerdings mur kleine und nur mit den feinsten Instrumenten meßbare Schwankungen vollzieht. Da aber die tägliche Drehung der Erde eben um ihre Are stattfinden muß, liegt der Gedanke nahe, daß mit der Veränderung der Richtung der Erde auch die ganze Natur der täglichen Erddrehung, und namentlich ihre Dauer, Aenderungen unterliegt. Und die Rechnungen des bedeutenden Astrophysikers S. Newcomb zeigen allerdings, daß in den letzten 200 Jahren die Tageslänge sich mehrfach bis zu den für praktische Zwecke zwar unerheblichen, aber immerhin doch deutlich meßbaren Betrage von 10 Sekunden geändert hat. Besonders scheint zwischen den Jahren 1679 und 1789 eine Verlang sammung der Erddrehung stattgefunden zu haben, ebenso zwischen 1840 und 1861; von 1862 folgte darauf plöglich eine stark ausgesprochene Beschleunigung der Erddrehung, die bis zum Jahre 1870 etwa anhielt. Um zu erfahren, wie die Tageslänge sich seitdem bis jetzt verhielt, bedarf es noch genauerer, auf die jüngsten Beobachtungen gestützter Berechnungent.-
Theater.
-r. Das Schiller- Theater hat zur Erinnerung daran, daß das Theater zu Weimar vor hundert Jahren zum ersten Male Wallenstein's Lager" aufführte, am Mittwoch gleichfalls dies dramatische Gedicht gegeben. Die Sache ging pietätvoll nach dem am 12. Oftober 1798 gegebenen Muster von statten: Herr Bach, der Darsteller des Max, trat im Piccolominikostüm vor den Souffleurtasten und sprach die schönen Verse des Schiller 'schen Prologs, die Musit fiel ein und schmetterte das Soldatenlied herunter, und dann begann die Aufführung des Vorspiels zu Wallenstein Wie gesagt, sehr hübsch und pietätvoll, aber wenig animirend für die Zuschauer, die noch immer am vergnügtesten waren, wenn die Direktion Schiller Schiller sein ließ und Herren wie Moser, Kadelburg und Schönthan zu Ehren brachte. Wir sind überzeugt, daß dieser leidige Umstand der Direktion recht fatal ist, aber ändern kann sie es nicht, und ihr bleibt als Trost nur die von ihr auf dem Programm verzeichnete Erinnerung, daß auch schon vor hundert Jahren in Weimar neben Schiller's Dichtungen die gleichgiltigsten Schmöker auf dem Repertoir standen.
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Musik.
Interessante und die Entwidelung des deutschen Rückschau auf die Konzertspielzeit von 1897/98, welche Max Hesse's Konzertlebens kennzeichnende Angaben bringt diesmal die Deutscher Musiferkalender für 1899 enthält. Den breitesten Raum ( acht Seiten) nimmt nach wie vor Beethoven ein; der Raum von vier Seiten, den Rich. Wagner beansprucht, wird diesmal noch von Brahms erfordert. Es folgen Mozart und Mendelssohn mit je 312, Schumann mit 3 Seiten. Es schließen sich an Haydn mit 21/2 Schubert mit 2, Max Bruch mit 13/4, Bach, Händel, Liszt und Weber mit je 11/2, Dvorschat, Gade, Grieg , Saint- Saëns und Tschaikowsky mit je 1, Berlioz , Raff, Karl Reinecke, Rheinberger und Rubinstein mit 3/4 Seiten. Nur je 1/2 Seite haben Alb. Becker, Cherubini, Glud, Goldmart, H. Hofmann, Klughardt, Arnald Krug, D. Popper, Smetana , Spohr, Nich. Strauß, Svendsen, Vieurtemps und Wieniawski in Anspruch genommen. Völkerkunde.
kg Von den Voltsstämmen in Kamerun , die zwischen Mpundu und Bali wohnen, erzählt Conrau in den Mittheilungen von Forschungsreisenden und Gelehrten aus den deutschen Schußgebieten". Eine merkwürdige Ansicht über die Weißen und die Handelsartikel, die sie von ihnen erhalten, haben die Leute aus der Umgegend von Mundane, Mokonye und Keinde. Sie behaupten, die Geister ihrer Verstorbenen gingen in das Land der Weißen und wohnten dort, von ihnen ungesehen, in der Erde. Sie wären es, die all die schönen Dinge verfertigten, die die Sehnsucht der Schwarzen ausmachen; dann brächten sie diese an einen bestimmten Ort und riefen durch ein Glockenzeichen die Weißen. Die Europäer fönnten selbst nichts anfertigen, sie besäßen nur die Dampfer, mit denen sie die von den Geistern der Väter für ihre Kinder be stimmten Güter an ihren Bestimmungsort brächten. So verfertigt nach der Meinung der Keinde- Leute der Geist ihres verstorbenen