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Nach seiner Meinung sollte das Feuer die meisten Krankheiten| Dame her, unsicher, weil er sich von ihr beobachtet glaubt. Regel­heilen; was Feuer nicht heilen könnte, würde Wasser heilen. Troß- mäßig wischt er das Blut ab. dem hatte er einige fleine Packete mit verschieden gefärbten Pulvern, denen er außerordentliche Kräfte zuschrieb.

Ich fürchte, Dein Patient wird sterben," bemerkte ich. " Das mag sein," war die Antwort, aber daran wird der Batient schuld sein, nicht die Kur. Außerdem, was kommt es darauf an, ob man heute oder morgen stirbt?"

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Und mit diesem berufswidrigen Diftum verließ er mich.

Kleines Feuilleton.

-w- Der Unfall. So, das war wieder nichts gewesen! Der große Konfektionär konnte mir solche Hausdiener gebrauchen, die schon im Fache gearbeitet hatten. Ja, so hatte der lebhafte, elegant gekleidete Mann geschäftsmäßig zu ihm gesagt. Nun, für heute war es also nichts mehr. Die große Ihr drüben über dem Uhrenladen zeigte schon auf halb drei. Das war die Zeit, wo die Chefs zu Tisch gingen.

Er bog in die Leipzigerstraße ein. Zwischen Damen mit Päckchen und zum Geschäft eilenden Verkäuferinnen schritten würdevoll, mit dem Ausdruck faufmännischer Liebenswürdigkeit, mehrere Geschäfts­befizer. Einige, denen aus ihrem tadellosen Azug, der fest­getnüpften Stravatte und den neuen Glacés die übertriebene Solidität, die Pedanterie der Zahlenmenschen guckte, hatten ihren Regenschirm geöffnet. Doch schüßte der sie nicht vor der Feuchtig teit, die in ganz feinen, mit bloßem Auge nicht erkennbaren Tropfen, die Luft durchzitterte. Vorsichtig setzten sie ihre Füße. Das Pflaster war glitschig. Auf dem Straßendamm lag ein zäher Brei, daß die Wagen schleuderten und die elektrische Bahn unaufhörlich ihr grelles Klingen ertönen lassen mußte. Die Pferde dampften und teuchten. Bedrückender Dunst legte sich über die Menschen und die Wagen. Die Geschäftsleute gingen zu Tisch Jhu   erwarteten wieder fragende Gesichter. Und Essen? Gestern Abend hatten sie die letzten Brotreste in Wasser aufgeweicht.

Ha! Wie glatt das hier ist! Beinah' wäre er hingeschlagen. Die Stiefelabsätze, die find fast ganz runter. Wenn die gerade wären, dann würde er wohl nicht rutschen. Und dann war es auch gerade eine Einfahrt mit großen Steinen, die von den vielen tausend Fußgängern, die über sie hinweggeschritten, blankgescheuert worden. Da mußte ja jeder ausrutschen. Na, da wäre er auch aus­gerutscht, wenn die Absäge grade gewesen wären.

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Kunst.

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hl. Eine deutsche Blatat Ausstellung ist in den Räumen des ersten Stocks Leipzigerstr  . 128 veranstaltet worden. Der erste Eindruck, den man von ihr empfängt, läßt schon den starken Einfluß erkennen, den die in allen deutschen Kunstzentren in den Vorjahren veranstalteten Ausstellungen von modernen Plakaten des Auslandes auf die deutschen Künstler ausgeübt haben. Die Prin zipien des Plakatstils, die in den Arbeiten eines Chéret, Lautrec­Toulouse, in den englischen und amerikanischen   Plakaten zum Aus­druck kamen, haben sich auch bei den deutschen   Künstlern durch­gesetzt: eine flächenhafte Behandlung mit einfachen, flaren Kon­turen und eine ebenso flare, auf wenigen starken Gegensätzen be­ruhende Farbengebung, so daß aus diesen beiden Elementen ein Bild entsteht, das auch für den flüchtigen Blick aus der Entfernung sofort erkennbar ist und sich einprägt. Da für den Druck eines jeden Farbentons eine besondere Platte nöthig ist, so kommen diese Forde rungen auch den Bedingungen der Technik entgegen; je weniger Platten gebraucht werden, um so besser. Aber andererseits er­fordert gerade diese Einfachheit der Technik ein großes künstlerisches Vermögen, ein feines Gefühl für Linien und Farbenkomposition, ein gewisses Etwas, das man gemeinhin Geschmack" nennt und das ebenso wenig zu definiren als zu erarbeiten ist. Gerade dieses lettere war es, was an den Plakaten der Franzosen   und Amerikaner dies ist es auch, woran es den deutschen so sehr gefiel, und Plakaten noch so vielfach fehlt. Sehen wir von vorn herein von den in der gegenwärtigen Ausstellung auch noch zahlreich vertretenen Plakatbildchen niedlichsten" Genres ab; auch unter den stiliſirenden Plakatentwürfen kommen ganz groteste Arbeiten vor, die um so hilfloser erscheinen, als das Vorbild bei ihnen gar zu deutlich durch­schimmert. Besonders die Umrandung der Konturen durch eine weiße Linie, die Bradley bei seinen oft einfarbigen Entwürfen an­wendete, durch die er die entzückende Grazie seiner Linien so fein zu steigern wußte, hat es vielen angethan. Nur fehlt eben ihren Linien die Grazie; dafür haben aber sie statt der einen womöglich drei Kontur­linien in verschiedenen Farben. Ein anderer Amerikaner, Woodbury, hatte prachtvoll stilisirte Bäume entworfen, unter denen eine Frau mit ihrem Kinde lustwandelte; hier kehren die Bäume in derselben Art wieder, und an dem einen Ast hängt sinnig ein Pneumatit, zu dessen Nuhme das Plakat dienen soll. Ueberhaupt finden sich ganz groteske Jdeen". Sicherlich liegt es im Wesen des Plakats, daß die Idee einem sofort einleuchten, sogar verblüffen muß mit sie im Gedächtniß haftet. Aber daß man, um eine Zigarette anzupreisen, auf einem riesig hohen Plakat einen Ritter in voller Er sieht sich flüchtig um. Die Vorübergehenden kümmern ihn Rüstung zu Pferde auf einen schroff vorspringenden Felsen klettern alle nicht. Was die denken, ist ihm gleich. Aber die junge Dame, läßt, um dort Pferd und Reiter den Duft einer Zigarette, die unten die schräg hinter ihm geht! Das ist ihm peinlich, daß sie seine brennend liegt, mit allen Zeichen der Begeisterung einathmen zu Lassen, tomischen Verrenkungen gesehen hat. Und er betrachtet sie heimlich, das ist eine jener Ungeheuerlichkeiten, vor denen ein guter Dabei ist dieses Plakat indem er scheinbar in die Läden sieht, an denen sie vorübergehen. Geschmack den Künstler bewahren würde. Sie hat gar nichts Auffallendes oder Brahlerisches in der Kleidung. von G. Brandt in seiner künstlerischen Durchführung sehr werthvoll. Und doch sieht sie nach besonderem aus: Graues Kleid mit schwärz- Uebrigens scheinen sich die Veranstalter der Ausstellung über den Werth Arbeiten durchaus klar gewesen zu lichem Pelz. Aber das Gesicht hat so etwas Verständnißvolles, der ohne Jury aufgenommenen sein. In dem vorderen Raum ist ziemlich Alles zusammengebracht, Leidendes Ihm frieren die Hände. Er steckt sie in die Taschen. Jetzt was ernsthaft in betracht kommt. Es ist nicht allzuviel, aber es sind Eins scheint charakteristisch. Die besten kommt wieder eine Einfahrt mit großen Steinen. Sie ist noch ab­schüssiger und glatter wie die vorige. Ihm wallt der Hebermuth Arbeiten haben nichts gemein mit jener Leichtigkeit, die an den hoch. Er will stolz, aufgerichtet darüberhin balanziren. Aber Franzosen so gefiel, mit der sprühend lebendigen Kunst der Chéret in der Mitte wird er plößlich unsicher. Er glaubt, die junge Dame und Forain  ; es sind vielmehr ernste, gediegene Werte von einer beobachte ihn, ob er nicht wieder so komische Seiltänzerstückchen bedeutend stärker betonten Bild wirkung. So ist ein Plakat des machen werde. Da rutscht er auch schon Müncheners Frip Rehm( für Kindernährung), ein abgerundetes, im Detail ausgeführtes Bild, und um die Scene, ein kleines Mädchen in einer schönen Waldlandschaft, rankt sich eine köstliche stilisirte Umrahmung, zwei Bäumchen, deren Gezweig und Blätter sich deren Wurzeln sich unten ineinander sälingen. oben und Es würde zu weit führen, die erwähnenswerthen Arbeiten einzeln durchzugehen, es muß genügen, die Namen aufzuführen. Von dem Dresdener Frizz Philipp Schmidt, von dem Darmstädter Schmoll von Eisenwerth, von Cisarz, Schmidhammer und Rösl in München  , von Neuenborn( Düsseldorf  ) und von den Berlinern Halte, Baluschek  , Edel, Brandenburg  , von Banfelow u. a. sind beachtenswerthe Arbeiten ausgestellt. Gegenüber diesen meist als Bild gearbeiteten Plakaten fällt die start stilisirende Art Albert Knab's( Berlin  ) sehr günstig auf, der entweder nur dekorative Linien und Flächen giebt oder etwa aus einer Landschaft die Silhouette einer Hochstehenden Windmühle nimmt und sie in einen kräftigen Farbentontrast zu dem Hinter grunde setzt.

Wie das wohl ausgesehen haben mag, als er mit den Händen in der Luft herumfuchtelte, um sich auf den Füßen zu halten? Lächerlich, recht lächerlich.

Im Thoriveg kommt er wieder zu sich. Er lehnt an der Mauer. Zwei Männer halten ihn. Ueber seinem Auge sticht es. Mit dem Handrücken drückt er zitternd drauf. Es ist feucht, warm; er blutet. Hnt, also gestürzt! Mehr vor Schred als vor llngeschicklichkeit. Und dann die Schwäche. Seit gestern dem unablässig wie eine Maschine arbeitenden Magen keinen Stoff zum Verarbeiten gegeben! Und er schließt nochmals die Augen. Er hört, wie die ihn umdrängenden Menschen flüstern und rusen: Er wird wieder bewußtlos!"

Er sicht auf. Neugierige, entsegte Augen starren ihn an. In manchen liegt auch etwas Ekel. Er sieht an sich herunter; von oben bis unten ist er voll Straßenschmuß. Ganz mechanisch streicht er schwerfällig über die kleine Wunde auf der Stirn. Sie blutet weiter. Aber sie schmerzt fast garnicht. Nur ein bischen Brennen. Er würde weiter gehen, wenn er sich nicht so schwach fühlte. Das Geräusch der Straße summt ihm in den Ohren. Da dringt eine scharfe Stimme an sein Ohr: Der Mann muß nach der Unfall­station! Sofort! Wer weiß, was ihm passirt ist!"

Er erkennt den großen Konfektionär. Wie mitleidig das Ge schäftsgesicht verzerrt ist! Warum hat er ihm keine Arbeit gegeben? Dann hätte ihn die Schwäche nicht so übermannt. Und als alle auf ihn einreden: Nach der Unfallstation! Nach der Unfallstation!" richtet er sich trotzig auf und drängt sich durch:" Das werden wir nicht machen, und es wird auch gehen!"

Die Mitleidigen sind verlegt, entrüstet. Ein Herr, der einen Schußmann geholt hatte, entschuldigt sich bei diesem, daß der Ver­unglückte den Hohn hört. Nur die junge Dame sieht ihn freundlich, aufmunternd an.

Er will gar keine Hilfe. Wenn man ihn verhungern läßt, warum denn nicht auch verunglücken? Und er geht vor der jungen

gute Leistungen darunter.

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Volkskunde.

da

kg. Die Macht der Klänge im Volts glauben. In der Zeitschrift Melusine  " wird eine Reihe von interessanten Beispielen dafür zusammengestellt, daß im Volksglauben den Klängen zu allen Zeiten faszinirende und mystische Wirkungen zugeschrieben wurden. Im klassischen Alterthum war allgemein die Anschauung verbreitet, daß der Klang, der durch den Schlag auf Eisen- oder Bronzegegenstände hervorgebracht wird, die Kraft hat, jeden Schand­fleck zu entfernen. Nach Apollodor wurden derartige Klänge aus diesem Grunde bei jeder Art von Sühmungs- und Heiligungszeremonien ver­wendet. Der Hekate, der mystischen Gottheit des Sput- und Zauber­wesens, wurden Hunde geopfert; Sophron   sucht dies damit