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bei dieser Technik die Arbeit des Pinsels als solche bewundern gekauft. Die fleinen Gewerbetreibenden waren verzweifelt. Selbst muß. der Lämmerstädter Anzeiger", der während der letzten Wochen seine neutrale Haltung unter den schwierigsten Verhältnissen durchgeführt hatte, mußte den großen Erfolg zugeben.

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Die künstlerische Wirkung der Bilder ist aber das entscheidende Kriterium für ihre Beurtheilung. Sie ist außerordentlich. Es sind Bilder unter den ausgestellten, die durch die Leuchtkraft und die Nach einigen Wochen jedoch begann der Zulauf im Bazar nach Sättigung ihrer Farben alles, was die Malerei bisher hervor zulassen. Die Krämer schöpften wieder Muth. Nur zwei, welche die gebracht, weit hinter sich lassen. Nicht alle Bilder sind natürlich beiden Nachbarläden des Bazars innegehabt hatten, verkauften ihre bon gleichem Werth. Uebrigens ist auch die Gruppe der Neo- Geschäfte an zwei junge Leute aus der Residenzstadt  , und zwar zu sehr Impressionisten in den fünf Künstlern, die Bilder gesandt haben, günstigen Bedingungen. Die beiden Anfänger brachten wieder Leben nicht vollständig vertreten; vor allem fehlen die Bilder des Be- in den Karpfenteich. Täglich ließen sie eine seitenlange Annonce gründers der Technik, Georges Seurat  , und von Henry im Anzeiger" los, die ihre Spize hauptsächlich gegen den van de Velde, der sie vielleicht für seine Kollektiv- Riesenbazar richtete. Dieser antwortete mit einem zwei­Ausstellung zurückgehalten hat. Von den in der Aus- seitigen Inserat. Der Besizer des Anzeigers" rieb sich die Hände. stellung vertretenen Künstlern vermögen auch Petitjean und Die Lämmerstädter spitzten die Ohren und stürmten die beiden kleinen Croß nicht besonders zu fesseln. Für die stillen Waldivinkel und Kaufläden, in denen mit bewundernswerther Rührigkeit stets die die badenden Jungfrauen, die der erstere darstellt, scheint die an- Artikel, die der Bazar brachte, um 10 und 20 pCt. billiger verkauft spruchsvolle Technik zu schwer; die Wirkung, die er erzielt, ließen wurden. Die Pleite des Bazars war nur noch eine Frage der Zeit. sich sehr gut auch auf dem gewöhnlichen Wege erreichen. Zu einem und richtig, ein halbes Jahr später, konnte der Anzeiger" die für intimen Bilde bringt er es in dem Porträt eines jungen Mädchens, niemand mehr überraschende Meldung bringen, daß der Riesenbazar das in zarten rothen und blauen Tönen gemalt ist. Unklar in der mit dem gestrigen Tage in den Besitz der beiden jungen Anfänger über­Raumwirkung, übertrieben und hart in den Farben sind die Land- gegangen sei, und daß sie in den alten und neuen Räumen ihre reellen schaften von Croß; nur in einigen Strandszenerien sind ansprechende und bewährten Geschäftsprinzipien weiter zur Geltung bringen farbige Momente. Auch bei Luce ist man nicht überzeugt, daß die würden. Eins ist damit jedenfalls bewiesen", schloß der Anzeiger, neue Technik die einzige für ihn mögliche Ausdrucksweise ist, obgleich daß der intelligente und strebsame Kleinhändler den sogenannten er sie, stark gemildert, für die mannigfachsten Motive anwendet, für Kaufhäusern", die nur auf ihr Kapital pochen, noch immer gewaltig Straßenszenen und Landschaften wie für Interieurs. Eine schöne überlegen ist". Die Lämmerstädter theilten diese Ansicht durchweg Farbigkeit in sonst auch gekannter Art ist ihr Vorzug. und drängten sich seitdem begeistert und ohne weitere Gewissensbisse Tag ein, Tag aus in den weiten Räumen des Riesenbazars. Die Hälfte der Seleinhändler schloß ihre Läden. Der bisherige Besizer des Bazars packte gleich nach der Geschäftsübergabe seine sieben Sachen. Es hieß, daß er in einer anderen Kreisstadt, ganz am Ende der Provinz, einen neuen Bazar eröffnen wolle. Er that es auch, hatte aber wieder Pech, da kurz darauf zwei schneidige, junge Kaufleute aus der Residenz sich in den Nachbarläden festsezten. So erging es ihm noch viermal. Da sezte er sich zur Ruhe und lebte einen schönen Tag, den er sich als that­sächlicher Eigenthümer von sechs gut gehenden Provinzbazaren uun Franz Kahler.

Musik.

Dagegen erheben sich zwei der Neo- Impressionisten weit über das gewohnte Mittelmaß, Paul Signac  , der schon erwähnte Theoretiker der Gruppe, und van Rysselberghe  . Es ist nicht möglich, die Schönheit der Landschaften Signac's auch nur annähernd mit Worten deutlich zu machen. Sie liegt in dem herrlichen Kolorit, das bei ihm eine Leuchtkraft und eine Differenziirung erreicht hat, die mit der leisesten Nuancirung unendlich viel auszudrücken weiß. Es sind einfachste Motive: Hafeuscenerien in Abendbeleuchtung, ein mächtiger Baum, der gegen den purpurn schimmernden Abendhimmel steht, ein Gebäude im Schneetreiben, das ist alles. Und diese Bilder wirken wie Farbenträume. Wie der Abendhimmel alle wohl leisten konnte. Schattirungen vom Goldgelb zu lichtem Grün durchläuft, wie die leichten Wolken in rosiger Gluth strahlend dahin­3wei Konzerte verdienen ein Voransgreifen vor unseren ziehen, wie das alles flirrt und flimmert, während auf den Ufer- Wochenbericht. Am Montag wurde Bruckner's Symphonie Nr. 5 bergen drüben schon die blauen Schatten des Abends liegen, wie B- dur von den Philharmonitern unter Nitisch als Neuheit das ganze Bild in dem leise bewegten Wasser verklärt, eine Nuance aufgeführt und errang einen großen Erfolg, mag diefer auch noch tiefer wiederkehrt, das ist von einer unendlichen Feinheit und einem feinem Hineinhören des Publikums in diese ungewohnte Kompositions­überwältigenden Reichthum. Und auf dem Bilde des Schneetreibensweise entsprungen sein. Bruckner's Musit will ohne Anspruch auf ist alles in einem föstlichen Blaugrau, nur hie und da leuchtet ein Melodien, auf tanzähnliche Rythmen, auf Figurationen und auf ivenig Rothgrau auf ein Bild voll tiefer Schwermuth. Wieder ein flare Einheitlichkeit gehört sein und verlangt ein gespanntes Ver­anderes ist ein Bild der Kraft: Tiefblaue Wolken ballen sich am folgen der zahlreichen, in allerlei Wendungen mit einander ver­Himmel, über das Wasser fährt ein erster scharfer Riß und giebt den flochtenen Motive sowie ein Herausfühlen der reichen Kombinationen furzen Wellen einen stahlfarbenen Schimmer, und aus der Mitte heraus von Stimmungen, zumal der Verbindung gelehrter" Schul­leuchtet die noch von der Sonne getroffene gelbe Häuserreihe meisterei mit naiver Kindlichkeit und hellem Humor. Die am Ufer. Das alles ist rein durch die Farbe gegeben, es Philharmoniker brachten das auf einen ganz besonders fehlt den Bildern die Erdenfestigkeit; sie wirken wie glänzende prägnanten Vortrag angewiesene Werk und namentlich die ge­Traumbilder der Wirklichkeit, nicht wie die Wirklichkeit selbst. waltige bis zum Eintritt eines zweiten( Blech-) Orchesters geführte Steigerung des Schlusses wirkungsvoll heraus. Sie vollführten damit wieder ein Stück Nettung" eines angeblich verkannten und in der That lange verkannt gewefenen Genius, für den jedoch seit 1 bis 2 Jahrzehnten in einer Weise Lärm geschlagen wird, daß einem derart ungerechten Parteitreiben entschieden entgegengetreten werden muß. Herr Nitisch kann ganz wohl wissen, was unseren Konzertprogrammen außerdem noch fehlt. An jene Novität schloß sich der Vortrag von Beethoven's   Violinkonzert durch Herrn Bur­mest er. Unsere Freude insbesondere über den idealisirten Ton, mit dem der Künstler spielte( wir hörten nur den 1. Saz) sagt bei seiner Beliebtheit wohl nichts Neues.

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Van Ryffelberghe ist fefter, wohl auch etwas kühler und raffi nirter. Seine Bilder wirken schneller, stärker, geschlossener, und eins von ihnen bedeutet gewiß einen erreichten Höhepunkt moderner Kunst. In jedem Bilde erscheint er anders. Er hat es auch allein vermocht, diese Technik für Interieurbilder überzeugend anzuwenden, in dem großen Bilde einer Geigerin und in dem kleineren eines Mädchens in olivgrünem Kleide. Es ist wunderbar, wie aus den Farbenflecken in einiger Entfernung das Bild eines Ge­fichts von zarter Farbe, belebt durch ein feines Spiel von Reflex­lichtern, entsteht. Ein geradezu verblüffendes Bild ist das des Malers Signac  , der in seinem Segelboot am Steuer sitt. Nur das untere Eckchen des Segels ist noch zu sehen, aber man fühlt, wie es zieht; Eine Streichquartett- Gesellschaft, die Amsterdamer Pro­und auf dem Wasser, das man nur in dem kleinen Raum zwischen fessoren, führte sich am 22. Oftober im Saal Bechstein neu ein. Sie Grosbaum und Bootrand sicht, tanzen tausend glizernde Sonnentupfen. spielen, wie es jetzt überhaupt Mode zu werden scheint, mit so zarter Etwas von der überschäumenden Lust, die das Spiel der Lichter Zurückhaltung und so klassischer" Keuschheit, daß die Plastik und auf dem bewegten Wasser an einem klaren Sommertage in uns her manchmal selbst die Deutlichkeit leidet; namentlich gilt dies vom vorruft, ist in das Bild übergegangen. Und dann malt Rysselberghe ersten Geiger, Herrn Cramer, der doch wahrlich mehr loslegen wieder eine Strandlandschaft, ganz in den zarten, ruhigen könnte. Mit dieser Einschränkung aber konnten wir uns über das Tönen des Abends, ivenit die Sonne hinabgetaucht ist meisterhafte Zusammenspiel, über den vollendet schönen Klang der und nur noch ein schwacher Abglanz am Himmel steht. Streicher und zuletzt über Herrn Risler, der nach Haydn   D- dur Sein größtes Bild aber, auf das wir schon hindeuteten, stellt und Beethoven F- moll- in Schumann's Klavierquintett den Klavier­badende Frauen am Strande einer Meeresbucht dar. Wieder ist part mit kräftigem, in diesem Verhältniß wohl zu kräftigem Aus­Abendbeleuchtung. Die Sonne wirft rosige Gluthen über die Szene. Druck spielte, nur auf's lebhaftefte freuen. Frauen, halb oder ganz entkleidet, lagern in wohliger Ruhe auf dem Strande  , eine steigt aus dem Meere, andere tummeln sich noch im

Wieder schimmert der Wasserspiegel in bezaubernden Farben. Wie diese schönen Körper unter den Strahlen der Sonne roth glühen, wie sich die warmen Töne mit den kalten blauen Schatten mischen, das ist von einer nie zuvor erreichten Lebendigkeit. Man fühlt die Luft, die diese Gestalten umschwebt.

Ostar Küh I.

Kleines Feuilleton.

Der Sieg der Kleinen.( Nachdruck verboten.) Der große Riesenbazar an der Ecke des Marktplatzes und der Breiten Straße war eröffnet. Ganz Lämmerstadt hatte sich satt gegafft und viel

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Archäologisches.

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SZ.

kg. Von sehr bemerkenswerthen archäologischen Funden in Nordafrika   machte Gaudler in der Académie des In­scriptions zu Paris   Mittheilung. An verschiedenen Stellen find dort große römische Mosaiken gefunden worden, die in das Museum von Bardo( in Tunis  ) übergeführt wurden. Die wichtigste derselben wurde in einer römischen Stadt in Tunis  , in Medeina entdeckt. Es ist eine Art von figürlichem Katalog für die Meer- und Flußschiff. fahrt etwa in der Mitte des zweiten Jahrhunderts it. Chr., dar­gestellt auf einem mächtigen Mosaitpflaster in der Form eines Kreuzes. den einander gegenüberliegenden Enden des Kreuzes entsprechen sich einmal die Darstellungen eines Meer­und eines liegenden Flußgottes, das andere Mal zwei Küstenland­

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