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ungeheuerlicher Baumwollener, mit Schild und Stuk ver­unzierter Ungethüme mit besonderem Wohlgefallen zu be­trachten schien.

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J

Sonntagsplauderet.

größen wandeln und die gewichtigsten Steuerzahler. Nein, väterlich harrte er bei den Seinen aus und milde lächelte er etwa seinem alaien zu, denn es gab teinen Unterschied zwischen ihnen; sie vereinigten fich harmonisch zur Zeit der Landtagswahl.

Einträchtig und ganz bescheiden zogen sie mit einander aus, der Sista kam dies alles wenig vertrauenerweckend bor. Ein Fürst von Hohenlohe und feine Hausmannen. Sie zogen nicht in sonderbarer Kauz schien's in jedem Fall zu sein, vielleicht der Herr inmitten seiner Diener und Hausgenossen. Und er, der die Schlacht, aber zum Wahlkampf. Ein patriarchalischer Anblid: aber hatte er auch seine guten Gründe, sich untenntlich zu mächtige Kanzler, wählt mit ihnen, in ihren Reihen, ganz ohne Ueber­machen. Recht geheuer war es mit dem Mann sicher nicht! hebung, wie es sich für einen Wähler der dritten Körperschaft ge­Laurent hatte eine diebische Freude an der Verlegenheit der ziemt. mißtrauien Frau, die sich noch steigerte, als er bemerkte, Nicht auf der einsamen Höhe mochte er thronen, wo die Finanz­wie sie eise und vorsichtig das auf dem Ladentisch liegende Schlüsselbund an sich nahm und einsteckte. Er stülpte schließ­lich eine der verwegenſten Müßen, die das Glück eines echten und rechten Hafenstrolchs ausgemacht hätte, auf den Kopf und Ist das nicht ein friedlich- demokratischer Zug unserer Zeit, und fragte nach dem Preise. Die Verkäuferin gab ihm so verwirrt wer wird noch über Stände- und Klassenunterschiede murren wollen, und mit solch drolliger Miene Bescheid, daß er sich zusammen- wenn er es erlebt hat, wie der Schloßherr aus der Wilhelmstraße nehmen mußte, um nicht loszuplagen. Aber er bezwang im friedlichen Verein mit den subalternen Schloßinsassen auf einer feine Heiterkeit und begann sich mit aller Gemächlichkeit Linie seiner Bürgerpflicht genügte? im Spiegel von allen Seiten zu betrachten, während Siska Es sind über die merkwürdigen Schicksalsfügungen, wie sie die sich beeilte, das Wechselgeld auf den Zwanzigfrankschein auf- mammonistischen Loose in Berlin besonders entschieden haben, zuzählen, um den verdächtigen Kunden so schnell wie möglich ein Cäsar sein am Rande des Weichbildes von Berlin und muß genug Betrachtungen angestellt worden. Loszuwerden. Aber da pflanzte er sich plöglich so vor sie hin doch im Alltagsleben sehr bescheiden dahertrotten; und und sah ihr mit lustigen Augen starr ins Gesicht. Und nun fann als Hocharistokrat und gefürstete Persönlichkeit im Herzen der wußte auch die Frau, wer da vor ihr stand, sie verfärbte sich Stadt mit seinem Leibjäger gemeinsam seine Stimme für irgend und schloß den jungen Mann mit einem lauten Aufschrei in einen kleinen, aber wohlgesinnten Mann abgeben. Run also? fragten die Arme. die Blätter der strengen Autorität. Nun also? Was wollt ihr mehr, ihr ewig Unzufriedenen, ihr Gleichheitslümmel? Ist das demokratische Jdeal nicht schon erreicht?

" Ja, freilich bin ich's. Jch, Laurent Paridael, in eigener Gestalt Ihr Lorki!"

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Lorti! Herr Laurent! Jst's denn möglich?" rief die Frau in der Freude ihres Herzens.

Sie ließ ihn los und trat ein paar Schritte zurück, um ihn noch einmal ordentlich zu betrachten, dann herzte sie ihn aufs neue und schrie, vor Freude und Aufregung puterroth, ein um das andere Mal: Nein, so ein Junge! Spielt mir da eine solche Komödie vor!"

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diesmal

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und in der Tagesgeschichte Berlins machten sie sich faum bemerkbar. Sonst waren fie freilich nicht aufregend, die Tage der Kämpfe, Man haftete nicht, man drängte nicht. Das gut- bürgerliche Phlegma wird nicht erschüttert. Gemessen und bedachtsam, das ist das Mert­zeichen jener Wahlhandlung, in der aus dem Urbrei der erlesene Wahlmann in seiner Glorie ersteht.

Wenn nun dann die erneuerte Auslese getroffen wird und der Kammerdeputirte fertig ist, so werden dann bald die neuen Männer ein neues Heim beziehen. Dieser neue Palast steht an einer Stelle, auf der durch lange, lange Jahre fich eine Tragikomödie abgespielt hat es viele Kämpfe gegeben, bis der Durchbruch nach der König­hat. Wo an der Wilhelmstraße die Zimmerstraße sich fortsetzt, da

Der Lärm hatte auch Vincent herbeigelockt, der weniger angenehm überrascht war, wie seine Ehehälfte. packten beide Laurent an der Schulter und schoben und drängten ihn in die anstoßende Hinterstube, die einer grägerstraße geschah. Kabine zum Verwechseln ähnlich sah. Durch die enge Fensterlute fiel ein so trübes, fahles Dämmerlicht, daß man den Eindruck hatte, als befände man sich wirklich unterhalb der Wasserlinie. Die weiſeſte Raumausnutzung hatte es möglich gemacht, in dem engen Loch eine unglaubliche Zahl von Menschen und Dingen unterzubringen. Nicht ein Zoll breit blieb unbenutzt. Das Stübchen hatte einen braunen, mahagoniähnlichen Anstrich, und seine Wände schmückten eine Anzahl Bilder, die landschaftliche Szenerien zur Darstellung brachten. Auf dem Kaminsims stand das von Tilbak gefertigte Miniaturmodell eines in vollem Segelschmuck paradirenden taristisch- fistalischem Gegnerthum streiten. Aber endlich sant vor Dreimasters, umgeben von einigen jener großen Muscheln, die man nur ans Ohr zu halten braucht, um das Gebrüll des Ozeans zu hören.

Es ist in gewissem Sinne eine denkwürdige Stätte. Modernes Berkehrsinteresse, das gewaltige Reden und Ringen einer Großstadt auf der einen Seite, und auf der anderen der starre Fiskus und beengtes Altpreußenthum. Jahrzehnte lang wogte der Klein- Krieg zwischen diesen Elementen, und die Sadgasse blieb bestehen. Am Gartenbesis des Kriegsministeriums sollte nichts geschmälert werden. Die Kouplet dichter zehrten von diesen Dingen, zu einer Hochfluth schwollen in dichter zehrten von diesen Dingen, zu einer Hochfluth schwollen in der Berliner Posse die komischen Bemerkungen an; ja selbst die schämige Tante Boß wurde zynisch und wißig, wenn sie, wöchentlich zweimal, auf die verstopfte Straße" zu sprechen kant. Neu- Berlin mußte immer härter, als andere jungaufstrebende Städte, mit milis: mehreren Jahren die Sperrmauer doch. Dort steht nun der Land­tagspalast in seinem Aeußern fertig da.

man

des

So hat nun Jung- Berlin , die Hauptstadt des Reiches, wie Laurent sah sich einer ganzen Orgelreihe von Kindern unsere Barlamente. Ueber den Landtagspalast wird sicherlich weniger die Metropole Preußens, die beiden großen Heimstätten für aller Altersstufen gegenüber. Zunächst wurde ihm Henriette gestritten und weniger Tinte vergossen werden, als über Wallot's vorgestellt, ein nettes Hausmütterchen, das zwei Jahre jünger Bau am Königsplatz im Thiergarten. Hier ist ein Versuch gewagt als er selbst war. Ein hübsches, gefällig gerundetes Gesichtchen, worden, für eine wesentlich moderne Institution, wie das blaue erstaunlich sanft blickende Augen, frauses Blondhaar, eine heutige Barlamentswesen ist, etwas Neues zu schaffen, einen be fluge vertrauenerwedende Physiognomie. Das ganze Persön- sonderen architektonischen Rahmen zu gewinnen. Für und wider chen machte den Eindruck unverderbter Ursprünglichkeit und fonnte angeregt werden. Wie der Landtagspalast fich darstellt, wird um feinetwillen niemand heftig und schroff werden. Da sollte nichts quellfrischer Natürlichkeit. Die Eristenz dieser jugendlichen Erbprinzessin gab Laurent ristirt werden; weder alterthümelnde hizige Liebhabereien sollten wie schafft Anlaß zu topfzerbrecherischer Rechenarbeit. Das Erempel ich austoben, noch sollte experimentirt werden: ein fünstlerisches Symbol jungen Parlaments­wollte indeffen nicht stimmen, so lange konnten die Eheleute wesens.( Eine traffe, einseitige Ständevertretung, wie die gegen nach seiner Schäßung ja noch gar nicht verheirathet sein. wärtige, nähme sich unter solchem Symbol allerdings wunderlich Vincent mochte wohl ahnen, was Laurent so nachdenklich genug aus.) Es ist also ein Respektsbau entstanden von akademischer gemacht hatte, denn er benutzte den Augenblick, als das Mädel Würde und Ruhe. Bewährte, respektable Formen find verwandt. einmal den Rücken wandte, um seinent jungen Freunde mit Von der unrespektabelsten Seite enthüllten sich im Laufe der dem vertraulichen Rippenstoß und dem vergnüglichen Schmunzeln, jüngsten Tage gewisse Vorgänge im Berliner Dasein. Es handelt mit dem das Volk seine zweideutigen Geschichten erzählt, zuzu- jich um die zerstörenden, großen Kuppelwesen und um die verderb­raunen: Sehen Sie, Herr Laurent, wenn sie Siska zu lichen Fäden, die sie spinnen. Da sigt solch unholdes Weib, wie Bette gebracht hatte, mußten wir uns doch die Zeit ver- Fran Hartert, in ihrem bordell duftenden Salon. In diesem " Salon" jammelt sich die Welt, in der man sich amüsirt". Bei treiben. Das Büppchen that nur in Ihrer Anwesenheit aufgedonnerter Eleganz troftlos öder und einförmiger Gimpel­so zimperlich und spröde, sonst war sie gar nicht so..." fang. Immer weiter spannt das Kuppelweib seine Netze; mit einer der besten Witterungen für alles, was angegangen" ist, was faulend zu riechen beginnt, ist es zudem begabt. Zu solchem Salon drängten sich nun Vertreter der uniformirten wie nicht uniformirten Lebewelt. Eine seltsame Mischung. Kreuz- Zeitungs"-Leute fönnten höhnisch ausrufen: Was wollt Ihr weiter? Das ist auch eine demokratische Erscheinung. Schnitten sie sich nur nicht selber ins eigene Fleisch. Bei dünnem Firniß von Anständigkeit und bürger­lichem Gehaben ist eine tüchtige Dofis lumpenproletarischer, ab­geftumpfter Gefinuung bei der Frauenwelt des Salons vor­

Ja richtig, jetzt erinnerte sich auch Laurent jener ge­heimnißvollen Krankheit, die eine vierwöchentliche Luft­beränderung nöthig gemacht hatte!

Nach Henriette tam Felix, ein schwarzlockiger vierzehn jähriger Schlingel, der dem Vater wie aus dem Gesicht ge­schnitten war, dann folgten ein zwölfjähriger Bube, Gierket mit Namen, und Luise, ein Fräuleinchen, das seine sechs Jahre zählen mochte. ( Fortsetzung folgt.)