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Bersonen in diesem Roman davon besigen, sieht es mit ihrer Ver­wendbarkeit in einem bürgerlichen Berufe windig aus; sogar zum Bücherschreiben reicht es offenbar nicht hin. phil.

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Kleines Feuilleton.

Kunft.

-hl. Im Westen Berlins , in der Bittoriastraße, ist wieder ein neuer Kunstsalon eröffnet worden. Die Besizer, Bruno und Paul Cassirer , haben zugleich einen Kunstverlag eingerichtet, der als erstes Wert eine ausgezeichnet gelungene Mappe mit Kleinen Radirungen Liebermann's herausgebracht hat. Die eigentlichen Ausstellungsräume sind einfach gehalten. Nur ein Lesezimmer ist - Ein altes kommunistisches Recht im Kanton Gran- von van de Velde eingerichtet; auch dieses ist sehr einfach, aber bünden. Als eines der schönsten Alpenthäler der Schweiz , schreibt durch die gediegene, harmonisch durchgeführte Dekoration das beste der Sct. Gall. Stadt- Anz.", ist das bündnerische Vorderrheinthal moderne Zimmer, das wir bisher in Berlin gesehen haben. Eine bekannt; es ist reich an Eigenthümlichkeiten der Natur, und auch in schönem Roth gewachste Holzbekleidung bedeckt die Wände bis zu seine Institutionen sind besonderer, charakteristischer Art. Dazu ge- etwa Manneshöhe, die übrige Wand ist in dazu passendem Grün hört das Recht des Weidgangs, wie es im Vorderrheinthal gehalten, und zu der glatten weißen Decke leitet ein mit Stuckornamenten und auch in anderen Bündner Thälern noch existirt. Es besteht verzierter Fries über. Ein mächtiger Tisch, Stühle, ein offener darin, daß der Unbemittelte im Frühling und im Herbst sein Bücherschrank, die Beschläge dazu, alles in den foliden Koustruktions­Schmalvieh auf die Weide des begüterten Nachbars treiben darf, formen van de Velde's, und ein prachtvoller Ofen mit grünen Kacheln daß in den Frühlings- und Herbstmonaten das Privateigenthum an ergeben durch den einheitlichen Charakter ihrer dekorativen Linien Weiden und Wiesen quasi aufgehoben wird, die Zäune eingerissen ein gut gestimmtes Ensemble. Es ist z. B. äußerst interessant zu werden müssen, welche das Gut des wohlhabenden Bauern beobachten, wie die ornamentalen Linien der Paneele in den Motiven bon demjenigen des mittellofen trennen. Wiesen und Felder werden des Stuckfrieses wieder aufgenommen und abgewandelt werden. Die wieder zur Almend, auf welcher das Bieh des Reichen neben Ausstellung selbst vereinigt drei Künstler, die zu den besten unserer demjenigen des Armen weidet. Das Volk hält an dem ange- Zeit gehören, Degas , Liebermann , Meunier. Von den letzteren stammten Recht fest mit der Zähigkeit des Bergbewohners. Die Ver­fuche, welche seitens des Großgrundbesizes zur Abschaffung desselben unternommen wurden, find sämmtlich mißglückt. Auf dieser Seite behauptete man: infolge der Freiheit, welche den Kleinbauern ge­statte, seine Schweine auf allen Gütern der Gemeinde weiden zu lassen, werde der Graswuchs zerstört und die ungehindert herum laufenden Ziegen vernichteten die Wälder. Die Bauern gäben sich nicht mehr die Mühe, ihre Wiesen und Felder gehörig zu besorgen; sie lungerten in den elenden Dörfern müssig herum. Da dem Klein vieh vor dem Großvieh der Vortritt gelassen sei, fresse jenes diesem alles weg. Im Frühling verwüsten Schafe und Ziegen den jungen Graswuchs, so daß die Frucht der Wiese und des Feldes nie recht aufzukommen vermöge.

beiden ist an dieser Stelle schon oft gesprochen worden. Von Liebermann sind ein paar Werke ausgestellt, die zeigen, daß dieser ernst ringende Künstler noch immer fortschreitet: die badenden Jungen" und der Schweinemarkt". Ein in seiner lichten Farben­gebung hervorragendes Wert ist das erste: Eine Strandszene. Hinten ziehen sich schwere graue Wolfen herauf, vorn trifft die Sonne mit fast stechendem Glanz die Jungen, die lustig im Meere herumplätschern, während andere sich schon am Strande wieder ankleiden. Das Bild ist von einer hohen Schönheit des Tones, vor allem in dem schillern­den Grün des Meerwassers. Von besonderem Reiz sind die zahl­reichen Handzeichnungen und die Radierungen, die in der Unmittel­barkeit und Lebendigkeit ihrer Wirkung über den ausgeführten Bildern Liebermann's stehen. Unter den von Meunier aus­gestellten Werken, die fast alle hier noch nicht zu sehen waren und alle Zeugnisse seiner großen Kunst sind, fallen die Reiterbilder auf, ein Krabbenfischer", der bergan, ein Arbeiter, der bergab reitet, und jungen Unternehmung, daß sie eine ganze Anzahl von charakteristi schen Werken von Degas , dem Künstler, von dem so viel geredet wird und sonst so wenig in deutschen Ausstellungen zu sehen ist, zu­fammengebracht hat. Aus den verschiedenen Perioden seines Schaffens sind Proben da, so daß man ein Bild seines Entwicklungsganges erhält. Es ist L'art pour l'art", die Degas kultivirt, von einem ungeheuer gesteigerten Raffinement der Farbe und einer sprühenden Lebendigkeit in der Wiedergabe der momentanen Bewegung. Sein Stoffgebiet ist sehr eng und eindeutig, Szene vom Ballet" und Badende" oder Bei der Toilette" sind die sich stetig wiederholenden Titel. Eins ist besonders hervorzuheben: Niemand vor Degas hat die Paſtelltechnik mit solcher Meisterschaft geübt wie er. Von Bildern, in denen er diese Farben ganz im herkömmlichen Sinne ineinander verrieb und einen köstlich- duftigen Glanz erzielte, ist er später zu einer Technik übergegangen, in der er nur noch wie mit Kreide in großen Strichen arbeitete; und je stizzenhafter er wurde, um so lebendiger, unmittelbarer wirkte seine Darstellung der oft außerordentlich komplizirten Bewegungsmotive, um so mehr steigerte sich der prickelnde Reiz seiner Farben.

Das war vor Jahren. Aber nichts von alledem ist eingetroffen. Wer das Vorderrheinthal hinaufzieht, wird vergebens nach den Ver­wüstungen ausschauen, welche der Rest von Kommunismus aus dem Mittelalter verursachen soll. Der Wahrheit gemäß bezeugt Professor eine Wallyre" in fühnster Bewegung. Es ist eine Leistung der Dr. Platter, daß auf den Wiesen das herrlichste, feinste Gras wächst, und die Aecker bis nach Chiamutt hinauf, dem höchsten Dorfe der Schweiz , mit prachtvollen, schweren Achren bestanden find. Das Bolt wohnt in einfachen, aber sauberen Hütten; rothe und weiße Nelken blühen vor den Fenstern. Müßten die Vorderrheinthaler ihr Bieh das ganze Jahr in den Dorfställen halten, so wäre der Heu­ertrag allerdings vielleicht etwas ergiebiger, ob beffer ist eine zweite Frage; die Leute aber könnten ihr Bich nicht mehr halten, die Alpen würden blos noch von den Murmelthieren und die Maiensäße von den Hasen bevölkert. Graubündens Wälder gehören zu den schönsten im Schweizerlande, und der Schaden, welcher ihnen s. 3. durch die Geldgier der Eigenthümer zugefügt wurde, steht in keinem Vergleich zu den unbedeutenden Schädigungen, welche infolge des Weidgangs der Ziegen entstehen. Volkswirthschaftlich ist das Recht des Weidgangs für die Kleinbauern gleichbedeutend mit der Er­haltung ihrer Selbständigkeit. Würde dasselbe aufgehoben, so müßte wohl der größte Theil der Bauern des Vorderrheinthals auf die selbständige Existenz Verzicht leisten und sich als Knecht an die paar Großgrundbesitzer verdingen. Das kleine Stück Boden allein könnte die paar Ziegen oder Schafe des Kleinen Mannes nicht allein er­nähren; hebt man den freien Weidgang auf, so tritt eine aus­gedehnte Proletarifirung der ländlichen Bevölkerung ein.-

Literarisches.

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Volkskunde.

In der Oftobersihung des Vereins für Volkskunde sprach Dr. Max Bartels über Zwei merkwürdige Kreaturen". Ge­meint sind der Maulwurf und die Fledermaus, deren Literarisches aus Japan . Seit dreißig Jahren lesen absonderliches Leben, bei dem einen unter der Erde, bei dem andern die Japaner ungeheuer viel, und die Lektüre hat ihre ganze geistige nächtens in der Luft, der Phantasie des Volkes mancherlei Nahrung Bildung umgestaltet. Berühmte ausländische Werke der schönen gegeben hat. Biele llebereinstimmungen zeigt der Aberglaube, der Literatur sind übertragen worden, und zwar die allerlängsten und sich an die beiden Thiere knüpft. Beide gelten als Todesboten, schwierigsten: die Misérables" von Viktor Hugo , Wilhelm Meister", aber auch als Verkünder bevorstehenden Glücks. Zu diesem Rufe ist " Pendennis" von Tackeray und Hauptwerke von Dickens . Die ver- der Maulwurf wohl gekommen, weil er dem Volte als ein breitetsten modernen Autoren Europa's sind jedoch in Japan noch erfolgreicher Schatzgräber erscheint, während es sick bei gänzlich unbekannt, z. B. Zola, Tolstoi u. s. w. Die einheimischen der Fledermaus um uralte, und aus China überkommene Schriftsteller, die sehr wenig verdienen, etiva 60 M. für einen Ueberlieferungen handeln dürfte. Dort heißt die Fleder­Roman von 300 Ceiten, werden 1: ur vom Volle gelesen. maus Fee, welches Wort gleichzeitig Glid" bedeutet und Diese Schriftsteller spekuliren nur auf die niederen Neigungen, er so ist dort das Bild der Fledermaus zu dem Symbole des Glückes zählen die banalen Liebesgeschichten der Geisha's ", Mord und geworden. In der Volksmedizin haben beide Thiere weite Bedeutung Todtschläge und die abscheulichsten Greuelthaten werden so dargestellt, gewonnen. Es werden sowohl die ganzen Thiere als auch einzelne als ob sie in Japan das Alltäglichste, Amüsanteste wären. Nie ver- Theile von ihnen als Heilmittel gebraucht, und zwar sowohl in Form steht ein Autor, Seelenstimmungen zu schildern oder seine Helden von Medikamenten wie auch als Amulete. Man will sowohl Krant­poetisch zu gestalten. Der gebildete Japaner hält das Romanelesen heiten mit ihnen bekämpfen als auch dem gläubigen Träger allerhand für ein Zeichen von geistiger Juferiorität. Dafür findet er reichliche Vortheile zuwenden. Als Liebeszauber und Liebesorakel dient der Entschädigung an wissenschaftlichen Werken, Essays 1. dal., die er am Maulwurf nicht, umſomehr aber die Fledermaus. In hohem An­meisten bevorzugt. Spencer, Schopenhauer , Kant, Hegel, Niessche sind in schen stehen beide Thiere als zuverlässige Wetterpropheten. Auf guten Ueberjeßungen vorhanden. Die Werke Pasteur's , Bill- die erotischen Fledermäuse, an die sich der Vampyrglaube knüpft, roth's u. a. m. sind weit verbreitet. Unter den wissenschaftlichen ging Redner nicht näher ein. Der zufälligen Begegnung mit den Revuen nehmen Taiyo"( Sonne)," Taikoka Bangoka"( nationale beiden Thieren wird natürlich im Volte auch große Be Literatur), Nipponjia"( Japaner) die erste Stelle ein und behandeln deutung beigelegt, und sogar und sogar das Träumen von ihnen alle interessanten Themata des wissenschaftlichen und literarischen hat prophetischen Werth. Nach dem Glauben der Zigeuner ist die Gebiets. Im Jahre 1896 wurden nach einer Mittheilung der Zeit- Fledermaus aus einem Kusse des Teufels entstanden. Vom Maul­schrift Aus fremden Zungen" in Japan 26 965 Bände veröffentlicht; wurfe werden auch die aufgeworfenen Hügel zu allerhand Bauberei davon" machten die Romane nur 462 Bände aus, während die verwendet. Endlich gedachte Redner noch des Aberglaubens, daß schönen Künste 3000 Bände umfaßten.- die Fledermaus dem in die Haare fliegt, der sich abends unbedeckten

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