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Troß dieser mißlichen Umstände brachte ihm die Rückreise eine nicht unwichtige geographische Entdeckung. Schon auf der Hinreise hatte er in einer Höhe von mehr als 6000 Metern( mehr als 1000 Mtr. über dem Montblanc ) östlich von dem heiligen See Mansarowar den nördlichen Quellfluß des gewaltigen Brahmaputra entdeckt, eines der größten Ströme Erde , der im Norden des der Himalaya entlang fließend sich im Osten der Bergketten nach Süden umbiegt und nach einer Gesammtlänge von etwa 3000 Kilometern mit dem Ganges vereinigt ins Meer fließt. Der Rückweg wurde etwas südlicher unternommen, als die Hinreise, und führte ihn zu der zweiten Quelle der Brahmaputra , so daß der Reisende trop des verunglückten Planes zwei geographisch wichtige Stellen näher aufnehmen konnte, die vorher zu betreten noch keinem Europäer ge( Schluß folge.) glückt war.
Kleines Feuilleton.
dem einen Ende an einer Schnur, die sie quer über einen Weg, etwa einen Gebirgspaß oder Fußpfad, spannen. So lange sich dann ein solcher Lappen bewegt, ist dies ein Gebet. Solche fliegende Gebete verfertigen sie bei den verschiedensten Gelegenheiten; sie binden die Lappen an Stöde, Pfähle oder Baumäste, und zwar sehr fest, damit diese Gebete möglichst lange vorhalten. Gewisse Sträucher und Bäume an unheimlichen, romantischen Orten in den Bergen sind mit diesen religiösen Zeichen ganz bedeckt; eine große Zahl ähnlicher kleiner Flaggen sieht man auf den Dächern fast aller Wohnungen der Shota's, neben den Gräbern und an den Außenthoren der Dörfer. Die Shota's befigen eine allgemein benutzte Einrichtung, durch die den jungen Leuten beiderlei Geschlechts Gelegenheit gegeben wird, einander näher kennen zu lernen. Es ist das der sogenannte Rambang, ein Versammlungsort oder Klub, wo junge Mädchen und junge Männer nachts zusammenkommen und um ein großes Feuer Wolle spinnend und lustig bei einander sitzen. Wenn ein Paar sich hier zum Bunde fürs Leben zusammengefunden hat, geht der junge Mann mit geringen Geschenken zu den Eltern seiner Erivählten, die ihn, falls ihnen die Ehe genehm ist, freundlich empfangen. Er zahlt Ein neuer ,, Kaspar Hauser ". In Neßlau im Toggen ihnen dann noch ein sog.„ Milchgeld", je nach dem Stande der burg ( Kanton St. Gallen ) ist ein etwa sechzigjähriger Mannt ge= Brautleute fünf bis hundert Rupin, und damit sind die noth storben, über dessen Herkunft und Jugend ein räthselhaftes Dunkel wendigen Formalitäten erledigt. Auch die Hochzeitszeremonie liegt. Er war seit 1853 Insasse der Armenanstalt in Neßlau und ist äußerst einfach. F& wird ein Kuchen gebacken, von unter dem Namen„ Seluner " im ganzen Toggenburg als geheimnißdem die Freunde beider Familien sowie auch Braut und Bräutigam volles Wesen bekannt. Er wurde im Anfang der fünfziger Jahre als essen. Häufig unterlassen sie selbst diese einfache Handlung, und etwa 15jähriger taubstummer und halb verwilderter Bursche auf dem begeben sich ohne weiteres in die eheliche Gemeinschaft; jedenfalls Selum im Obertoggenburg aufgefangen und dann als Heimathloser findet nie eine besondere Form von Gottesdienst zur Heiligung des Ehebundes statt. Dabei halten sie die Ehe selbst sehr heilig und seiner Auffindung wissen, erzählen, daß dieselbe eine eigentliche der Gemeinde Neßlau zugeschrieben. Alte Männer, die noch von bestrafen den Ehebruch, der nur sehr selten vorkommt, mit Kon- ſeiner Hezjagd gewesen sei. Da er stumm und taub war, konnte man fistation des Vermögens, die oft nicht nur den Missethäter, sondern nichts über seine Herkunft erfahren; man gab ihm den Namen Joauch seine Verwandten trifft. hannes Seliner, und im Volksmund galt es allgemein als sicher, Die englische Herrschaft gewährt diesem friedfertigen Volke mur baß der Unglückliche ausgefekt worden und das Opfer eines Verwenig Schutz; nach dem Berichte des englischen Reisenden Landor, brechens sei. Ueber sein Verhalten in der Armenanstalt Neßlau der im vorigen Jahre von Cumaon aus nach Tibet eindrang, ist bringt der„ Toggenburger Anzeiger" interessante Mittheilungen. die britische Oberherrlichkeit an der tibetanischen Grenze mur In seinem ganzen Wesen glich er einem halb verthierten eine scheinbare, die wirklichen Herren des Landes sind die Tibetaner, Menschen, und man hatte Mühe, aus der affenähnlichen die sich fast täglich ungestraft Grenzverlegungen und lebergriffe herauszufinden. Nur gegen die Schokas zu schulden kommen lassen. Sie erheben Grund- Physiognomie menschliche Züge Augen seien prächtig und lebhaft gewesen. Bis ins vor steuer von ihnen und zwingen fie, für ihre Streitigkeiten vor gerückte Alter war es nie möglich, Seluner in Kleidung und tibetanischen Behörden auf tibetanischem Grund und Boden Recht zu Nahrung menschenähnliche Gewohnheiten beizubringen. Er besaß nehmen, wie sie sich auch eine Strafgewalt über sie anmaßen, ohne eine geradezu herkulische Kraft, die er oft an den Bäumen und an daß die indische Regierung einen nachdrücklichen Einspruch erhebt. den Wuhren an der Thur erprobte. Jm Toggenburg wird erzählt, daß Nach Landor's Bericht ist denn auch das Ansehen der Engländer, von vor etwa zwanzig Jahren ein„ vornehmer Herr" ins Thal gekommen denen sie nie einen Schutz genießen, unter diesen gutmüthigen sei und alle Armenhäuser abgesucht habe. Als er auch in Neßlau Gebirgsbewohnern nur ein geringes. eintraf, sei Seluner, freudige und unartikulirte Töne ausstoßend, Der schon genannte Reisende Landor hatte für das vorige Jahr auf den Fremden losgestürzt, und habe mit thierischen Zeichen den Plan der näheren Erforschung Tibets gefaßt. Weil er wußte, freudiger leberraschung des Besuchers Knie umfaßt. Der„ vornehme daß der Zugang von Britisch- Indien aus untersagt und deshalb mit vielen Schwierigkeiten verbunden ist, wollte er durch das russische Fremde" aber habe sofort mit der Post das Toggenburg wieder verTurkestan, durch Buchara und das chinesische Turkestan gehen, um lassen und habe sich seither nie mehr sehen lassen.- Tibet von Norden aus zu betreten. Da aber der Dampfer, der seine Ausrüstung trug, Schiffbruch litt, und es zweifelhaft schien, ob er
Theater.
die
beim Festhalten der russischen Route Die Reise nicht-In der Wiener Rundschau" schreibt Adele Sandrod um ein Jahr aufschieben müßte, entschloß er fich troß über die Burgschauspieler: Bei jedem Auftreten, selbst bei
der
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Völkerkunde.
damit verbundenen Gefahren, von Indien aus in den Wiederholungen des nämlichen Stückes hatte ich die Empfindung, tibetanischen Theil des Himalaya einzubringen. Es gelang als ob nie eine Probe vorhergegangen wäre. Gin freundnachbarihm auch, mehrere Monate in Tibet zu verweilen und liches Zusammenleben auf der Szene existirt da nicht mehr. Fast neben manchen geographischen Feststellungen interessante Be- jeder spielt, als ob er allein auf der Bretterwelt wäre. Nur der obachtungen über Land und Leute anzustellen, die er in seinem Dichter könnte hier noch großen Erfolg erzielen, der ein Stück socben erschienenen Reisebericht*) in anziehender Weise dargestelli schriebe, in welchem jede einzelne Person die andere in den Grund hat. Das Ziel feiner Sehnsucht, die heilige Stadt Lhassa , wo der zu bohren trachtet und niemand einen Funken Menschengefühl in Dalai Lama , der oberste Priester, residirt, erreichte er allerdings der Brust hegt. Ich begegnete stets fragenden Mienen:„ Wer bist nicht. Die tibetanischen Behörden, die von seinem Vorhaben Du? Wie heißt Du? Wir sind in jedem Stück ein und dieselben, Kenntniß bekommen hatten, ließen ihn durch eine beträchtliche mur Du bist in jeder Rolle eine andere; darum kennen wir Dich Truppenmacht verfolgen, der er mehrmals durch kühnen Wagenmuth nicht."- entging. Schließlich ließ er sich aber täuschen und ging in der Meinung, ein Zeltlager friedlicher Nomaden vor sich zu haben, von denen er, wie schon öfter, Lebensmittel und Reitthiere einhandeln könne, unbewaffnet dorthin. Es war dies jedoch eine ihm gelegte Falle; er wurde überwältigt und nebst seinen zwei Gefährten als Gefangener abgeführt. Ursprünglich waren sie zum Tode verurtheilt, und sie wurden nach tibetanischer Art vor der Vollstreckung des Urtheils vielen grausamen Torturen ausgefeßt. Doch traf schließlich noch vor ihrer Enthauptung ein Befehl ein, sie wieder an die indische Grenze zurückzuschaffen. So legten sie den Rückweg auf gezwungener Route unter tibetanischer Eskorte zurück. Doch gelang es dem Reisenden auch unter diesen Umständen noch, Aufzeichnungen über die Reise zu machen und eine Karte seines Weges anzufertigen. In einer Tasche befand sich noch etwas Papier, das die Tibetaner beim Durchsuchen seiner Sachen entweder übersehen oder nicht beachtet hatten; als Schreibstift benutzte er ein fleines Stück chen Knochen, das er am Wege aufgehoben hatte, und als Tinte diente ihm das Blut, das ihm aus seinen von der Tortur herrührenden offenen Wunden reichlich zur Verfügung stand. Dabei befanden sich seine Hände in Handschellen, und er mußte es vor seiner mißtrauischen und abergläubischen Wache verbergen, daß er die rechte Hand daraus befreien und zeichnen und schreiben konnte.
*) Henry S. Landor. Auf verbotenen Begen. Reisen und Abenteuer in Tibet. Leipzig , F. A. Brockhaus. 1898.
Ueber das Färben mit dem Safte der Purpurmuschel im alten Amerita sprach in der Oktober- Sigung der Anthropologischen Gesellschaft Professor von Martens. In Zentral- Amerika, an der Westküste von Costarica scheint die Purpurfärberei schon vor alter Zeit geübt worden zu sein. Uloha, der 1744 dort mit Vermessungen beschäftigt war, berichtet, daß die Indianer den Saft einer Schnecke zum Färben von Baumwollfäden benußen, die sie dann auf die Kleider aufnähen. Dieser Saft sei zunächst weiß, werde aber an der Luft grün und dann roth. Es kann sich offenbar nur um den Saft der Purpura patula handeln, denn es ist für Amerika teine andere Schnecke bekannt, die einen Saft von dauerhaft rother Farbe liefert. Fraglich kann nur sein, ob die Purpurfärberei nicht vielleicht erst aus Spanien in Amerika eingeführt iſt. Vortragender ist nicht dieser Ansicht, schließt vielmehr aus mancherlei Berichten und Thatsachen, daß es sich um eine schon vor Columbus in Amerika geübte Fertigkeit handelt. Er verbreitete sich auch über die Art und Weise, wie man den Purpursaft in der Schnecke entdeckt haben mag. Es sei das vermuthlich durch Zufälligkeiten erfolgt, wie sie eintreten können, wenn man die Schnecken zum Verspeisen zubereitet oder wenn man sie aus dem Gehäuse entfernt, um dies als Blasinstrument oder zu noch anderen Zwecken zurecht zu machen. Flecke, die der dabei ausgeträufelte Saft auf Kleidern u. dergl. erzeugt habe, werden die Leute bald auf dessen Färbekraft aufmerksam gemacht haben.