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Shimmer in den großen blauen Augen und winkte ihrem der gemeinsamen Mutter und dem Vater des Mädchens tiefes Manne zu. Bedauern mit einem Zusatz von Gewissensqualen bereiten mußte.
Gieb mir einen Zehner, Lieber," flüsterte sie. Als sie damit in der Hütte gewesen war und wieder Herausfam und sich unter die Gesellschaft mischte, betrachtete man sie mit ganz anderen Blicken, als vorher. Sie hatten das Gefühl, als wenn die kleine Frau Hellvik ein paar Zoll gewachsen wäre. Es herrschte eine förmlich feierliche Stimmung in der Gesellschaft. Aber Frau Hellvik verscheuchte fie sogleich mit den freundlichen Worten:
,, Heiliges Kreuz, die ganze Gesellschaft hat auf mich gewartet!"
Eine der Damen flüsterte empört ihrer Nachbarin zu: Nein, solch' eine Frau! Drinnen predigt sie wie ein Missionspastor, und nun flucht sie wie ein Reitknecht!
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Diese Bemerkung vernahm auch Onkel Gustav. Zuerst ärgerte er sich für seine Schwägerin und murmelte ziemlich deutlich: Alte M... M... Meerkaze!" aber da er ein sehr gerechter Mann war, hielt er sich gleich darauf verpflichtet, einen Tadel auszusprechen. Er trat heran, ergriff die Schwägerin beim Arm und flüsterte:
,, Liebe Emma, so was, wie Du f... soeben sagtest, m... mußt Du nicht sagen, das t... klingt so verd.. dammt unweiblich!"
Frau Hellvik sah ihren Schwager mit einem Blick an, in dem sich Bedauern und Schelmerei in komischer Weise paarten, und erwiderte:
,, Da hast Du recht, Onkel Gustav, das ist eine alte, schlechte Angewohnheit von mir!"
III.
Wenn
Es war Anfang Juli. In Gesundbrunn lag offenbar etwas in der Luft. Eine eigenthümliche Unruhe hatte die ganze Kurgesellschaft ergriffen. Nur einige wenige Eingeweihte wußten, was es war; die übrigen ahnten es nur. Frau Hellvik die Leute flüstern sah und mystische Gesichter machen, faßte sie sich unwillkürlich nach dem Kopf und sagte: and Kinder, mein Haar ist doch wohl in Ordnung?"
Der junge Arel aber versicherte treuherzig: ,, Na, sehen Sie mich nur nicht an! Wahrhaftig, ich habe fetzt nichts Böses angestellt!"
Und Onkel Gustav, der auch eine Empfindung von der allgemeinen Spannung bekam, stellte sich vor den Barometer hin und sagte:
" Ich möchte nur wissen, ob wir nicht ein Gewitter be
tommen?"
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W
Baron Sternfeldt hatte sich bereit erklärt, die Rolle des liebenden Halbbruders zu übernehmen, obwohl er erst spät gefragt worden, und die Oberstin Bärfeldt, die bei Licht noch sehr jung aussah, hatte von Anfang an versprochen, die liebende Schwester darzustellen, nachdem der alte Oberst, auf ihre schriftliche Anfrage, erklärt hatte, daß er nichts dagegen habe, wenn nur alles vorüber wäre, bis er am Sonntag in vierzehn Tagen zum Besuch käme, denn dann wollte er nicht durch die Probenlauferei gestört sein".
Alles machte sich gut, alle interesfirten sich für die Sache, und der Assessor Halldelin überlegte auf seinen einsamen Spaziergängen am Bach- Ufer, was er verlangen sollte, wenn das Stockholmer ,, Dramatische Theater" infolge des glänzenden Erfolges Unterhandlungen mit ihm einleiten würde. ( Fortsetzung folgt.)
In den Berliner Kunstsalous herrscht jetzt reges Leben. Seit dem die Große Berliner Kunstausstellung ihre Pforten geschlossen, ist der Konkurrenzkampf der fleineren Salons eröffnet, und eine Ausstellung drängt die andere. Es scheint ein bemerkenswerthes Symptom, daß schon wieder ein neuer Salon eröffnet werden konnte, der Salon Ribera" in der Potsdamerstraße. Berlin wird in immer erhöhtem Maße Kunstmarkt; nicht nur in der großen offiziellen, fonden auch in den kleineren Ausstellungen ist die Bahl der Verkäufe in der letzten Zeit bedeutend gestiegen. Diese Thatsache wird mehr als alles Andere den seit Jahren geführten Kunststreit", ob Berlin oder München in Deutschland künstlerisch die Führung habe, zu gunsten Berlins entscheiden.
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Unter den Salons scheinen zwei neue die Führung an sich zu bringen, der von Keller und Reiner und der von Cassirer, von denen schon in diesen Blättern Notiz genommen ist. Neben der bereits erwähnten Ausstellung moderner französischer Meister enthält der erstere jezt eine Sammlung von Werken Ludwig v. Hofmanns, der erst vor kurzem bei Gurlitt mit Man seinem Bilde Frühlingssturm" einen Triumph feierte. fann nicht sagen, daß dieser Eindruck durch die jetzt ausgestellten Werke noch vertieft würde. Jedes Wort, daß man gegen sie sagt, ist zu schwer, und doch, wenn man sie alle auf engem Raum zusammengedrängt sieht, so bleibt ein flein wenig der Eindruck des Flüchtigen, Leeren. Sie sind alle dekorativ von ausgezeichneter Wirkung, es find glänzende Farbenharmonieen, aber es fehlt ihnen in etwas die Erdenfestigkeit, der Eindruck des Körperhaften, Aber der Zollamts Assessor Ephraim Halldelin hätte namentlich da, wo es sich um die Darstellung des menschlichen nicht so ruhigen Herzens die Versicherung abgeben können, Körpers handelt. Vollkommen beherrscht ist freilich in einigen daß er nichts angestellt habe, wie Arel Hellvik; ob es frei- Bildern die Naturstimmung. Wie auf dem einen der Blick unter lich etwas Böses war, konnte erst die Zukunft zeigen; es war stark vom Rahmen überschnittenen Bäumen hin in die Tiefe geht, nämlich ein Theaterstück. wie man von der kleinen Erhöhung des Vordergrundes_auf den Er gehörte zu den von den Hauptstadtdirektoren ber- breiten Streifen über den Rasen huscht, und hinten eine leise blau„ ber- Waldteich, der in der Mitte liegt, hinabfieht, wie die Sonne in kannten Genies", auch die Hauptstadtverleger wußten ihn graue Dämmerung sich um die Baumstämme breitet, das ,, nicht nach Gebühr zu schäßen", und die Kritiker waren die ist mit einer außerordentlichen Kraft gegeben; und auch reinen dioten", aber nun hat er seine Rache, sein dreiaktiges in einem anderen Bilde, auf dem mant von erhöhtem Drama, man sicht Die Missethaten der Eltern" war von Standpunkt auf einen Meeresstrand hinabblickt dem Vergnügungskomitee vom Gesundbrunn zur Aufführung nichts weiter als einen Ausschnitt des Ufersandes und der herans angenommen und einige der Hauptrollen glücklich aus dem rollenden Wellen ist das schwierige Problem, einen tiefer liegenden. sich dafür intereffirenden und kunstverständigen Kreise be- Ort darzustellen, für unser Empfinden klar gelöst. Zu einem interessanten Vergleich bieten die Landschaften des feßt, ehe die übrige Gesellschaft mehr als eine dunkle Ahnung Schotten James Paterson Gelegenheit, die in der zweiten Ausstellung von Cassirer's . Kunstsalon zu sehen sind. Man wird auch von diesen nicht sagen können, daß in ihnen ein Stück Natur so lebendig wiedergegeben sei, daß es wie Wirklichkeit wirkt. Alle dieſe Landschaften sind in weichen, verschwimmenden grünen, braun und gelbrothen Tönen gehalten; es sind die Stimmungen, die einer solchen Neigung des Malers entgegenkommen, der hereinbrechende Abend, das dämmerige Waldinnere, der Vorfrühling mit seinen zarten Farben und der Herbst in weichem Braunroth; oder die Sonne kämpft sich mühsam durch dichten Dunst und gießt einen goldig braunrothen Schimmer über die Dinge. Das ist alles von einer so traumhaft wirkenden Schönheit, die Farben wirken so eindringlich weich und, einschmeichelnd wie Musit, daß sich die Frage nach der Realität dieser Natur garnicht aufdrängt. Hoffmann's Farben sind hell, sie sind glänzend, aber auch schärfer; in hellem Sonnenschein liegt. meist die Natur bei ihm, und der Widerspruch zwischen dem jubeln den Leben in dieser und einer gewissen Starrheit und Leblosigkeit in den Körpern macht sich um so stärker fühlbar. Bei Paterson ist noch eins bewundernswerth, die Technik. Er ist- Aquarellist, eigentlich auch da, wo er mit Delfarben arbeitet, wie überhaupt die Aquareйtechnik in England und besonders in Schottland ihre höchste künstlerische Durch bildung erfahren hat. Nicht ängstlich in einander vertrieben und vers waschen, sondern frisch nebeneinander gesetzt, mit den scharfen Grenzlinien, die ihnen eigen sind, erscheinen die einzelnen Pinselstriche, und doch
von der Sache hatte.
Einige waren gekränkt, das kreuzweis blickende Fräulein Berg lehnte eine Nebenrolle ab, weil man sie nicht zu den Vorberathungen zugezogen hatte, und Onkel Gustav sagte beim Mittagstisch so laut, daß wenigstens zwei Leiter der Sache es hörten:
W. 10. warum haben Sie nicht unsere M M.... Mädchen geb... b... beten mitzuspielen, die doch am besten von allen aussehen. Sie k... konnten Anna wenigstens für die Dienstm... m... mädchenrolle genommen haben!"
Aber das allgemeine Interesse für den großen Clou der Saison verdrängte bald all' den fleinlichen gegenseitigen Neid, und schließlich bewegten sich alle Gespräche und Gedanken nur noch um das bevorstehende Vergnügen.
Die Missethaten der Eltern" waren hauptsächlich erotischer Natur, und die Strafe kam in der Form, daß zwei von der Mutter inniggeliebte Kinder, die Halbgeschwister waren, ohne eine Ahnung davon zu haben, sich in einander verliebten und tief unglücklich wurden, als sie auf Grund der Macht der Verhältnisse und der Beschaffenheit der Umstände auf die er träumte Seligkeit der Ehe verzichten mußten, was natürlich