1901
Anterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 248.
Mittwoch, den 21. Dezember.
( Nachdruck verboten.)
1898
uff de Weid, is das hier de reene Hölle. Denn sehen Se, Fru, de Sommerweid ist für so e Pferdevieh affrat det, wat Die Badevrile der Familie Hellvik. fo e Gesundbrunn für de Mensche is. Bliewe wi noch lang
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Von Alfred af Hedenstjerna.
Es hatten sich etwa zwanzig Personen eingefunden, und im lebhaften Crescendo tönten die zornigen Stimmen der beiden Mütter und die heulenden ihrer Sprossen durcheinander: „ Er hat mir meine Angel zerbrochen" Halten Sie Ihre Jungen in Raison"" Ich habe selbst Angelgeräth" Sie mögen noch so sehr Bade- Inspektorin sein, dennoch hat Ihr Junge kein Recht, andere Kinder ins Wasser zu stoßen" Die Roznase"... Schweigen Sie, ich gehe zum Direktor!"...
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"
Mein
hier?"
,, Nicht so sehr, Peter. In ein paar Wochen reisen wir." ,, Gott sei gelowt, Fru!"
Der Regen fiel noch immer unaufhörlich, aber Frau Hellvik schritt weiter. Schlechte Laune war bei ihr etwas ganz Ungewöhnliches, wenn sie aber von einer solchen befallen war, dann pflegte sie so lange zu laufen, bis sie vorüber und völlig ausgetrieben war. Verdrießlichkeit und Aerger waren wie Gift für Frau Hellvik's Natur, die kräftig dagegen reagirte und immer schnell damit fertig wurde..
Plötzlich erhellte sich ihre Miene, und sie begrüßte den Baron Sternfeldt mit ihrem sonnigsten Lächeln. Er war nun " Ich schlage Dich braun und blau, Willy einmal ihr entschiedener Günstling. Aber es war schrecklich, Mann wird hier Ordnung schaffen, daß Sie d'ran denken wie ernst er heute aussah. sollen..." Willst Du noch mehr Wichse haben, Arel!... Boztausend, ist Ihnen nicht wohl, Herr Baron?" " Solche Jungen, die gar keine Manieren haben!..." Ich ,, ja, danke, förperlich fehlt mir nichts," erwiderte er werd' unserm Peter sagen, daß er Dich durchwichst, Du und schloß sich ihr an. Bengel..."
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Den Mienen der Umherstehenden konnte man ansehen, daß sie aus Mangel an Besserent herzlos genug waren, das Ganze als ein kleines, recht luftiges Morgenschauspiel zu betrachten.
Als es schließlich Frau Hellvik gelungen war, ihren Jungen von dem Unglücksplak fortzubringen, nach Hause in die Villa Nr. 7, erklärte ihr Gerdachen, daß sie die ganze Nacht Zahnschmerzen gehabt habe, da sie sich in dem Najaden- Kostüme erfältet hätte. Anna meinte, wenn Mama ebenso streng gegen die Jungen gewesen wäre, wie gegen die Mädchen, brauchte sie jetzt nicht mit Arel nach solch einem Schauspiel heimzukommen, worauf Arel gegen sie die Zunge ausstreckte und schrie:
Dorschtopf! Klatschbase! Alte Bum- Baute!"
Aber da fuhr Mama Hellvit auf ihn los, gab ihm ein paar knallende Ohrfeigen mit ihrer fleischigen Hand, und warf Anna einen Blick zu, der diese veranlaßte, erröthend ihren Stopf zu fenken; und dann war der Gehorsam und die Ruhe wieder hergestellt.
" Mama," sagte Anna plötzlich.
,, Giebt es noch mehr Jammer heute?"
" Ich weiß nicht. Sieh mal den kleinen Karl an. sieht so merkwürdig im Gesicht aus."
Er
„ Herr Gott, das ist ja ein Ziegenpeter! Na, daran stirbt feiner, aber das ist ein reiner Unglückstag. Und Papa schläft und schläft...
"
" Das thut er min zwar nicht, meine Liebe; ihr macht ja einen Lärm, als wenn ihr das ganze Haus einreißen wollt! Was giebt's denn?" fragte Papa, der im Schlafrock in der Thüre stand und sehr besorgt aussah.
Hinter Papa tauchte noch ein Stopf auf, ein fast haarIoser Kopf, eine riesige Billardkugel.
W... w... was giebt's denn? Du m... mußt strenger sein gegen den F... Jungen, Emma! Frau M... M.. Möller hat ganz recht, sie sagt, Arel m... muß gez... zogen werden!"
Komm herein, Onkel Gustav, aber komum nur nicht mit dem, was die Möllers sagen! Die Alte soll nur auf ihre Heirathslustige alte Jungfer von Tochter aufpassen, die hier herumgeht und sich rein zum Narren macht. Für meine Kinder sorg ich schon selbst!" rief Frau Hellvik und eilte faft weinend hinaus, um ihren begonnenen Ausgang zu Ende zu führen.
Dieser führte sie am Stall vorbei, wo Pluto und Proferpina einquartirt waren. Die treuen Thiere drehten die Köpfe nach der Stallthüre herum und wieherten.
Peter nahm seine Mühe ab und feufzte: ,, Ach ja, ja, ja...!"
,, Wird Dir die Zeit lang, Peter?"
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,, Na ja, man kann nicht immer gleich guter Laune sein. Sonst hat es Ihnen hier recht gut gefallen, nicht wahr, Herr Baron?" Es war die schönste Zeit meines Lebens, und dafür habe ich hauptsächlich der Familie Hellvik zu danken, die immer..." 10.
,, Ach, Herr Baron, keine Schmeicheleien, ich bitte..." 2 „ Daß ist auch keine Schmeichelei, Frau Hellvik; das fühlte ich besonders mun, da die Zeit bald zu Ende ist. ,, Wie? Wollen Sie schon abreisen?"
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Ja, Anfang nächster Woche!"
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Und dann fügte er plötzlich, halb gegen seinen Willen, aber von einem unwiderstehlichen Impuls angetrieben gegenüber dieser wohlwollenden, mütterlichen Freundin hinzu:
Es macht keine Freude, Frau Hellvik, an einem Plake zu bleiben, an dem unsere holdesten Hoffnungen in Trümmer gesunken sind, auch wenn es einen des Anblicks beraubt, der einem
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?"
" Ja," erwiderte er, lüftete schnell den Hut und ver
schwand.
Frau Hellvik guckte ihm erstaunt und wirklich ärgerlich nach. Dann ging sie weiter und murmelte vor sich hin:
" Ja, ja, dieses Mädchen, dieses Mädchen! Hätte Baronin werden können, reich und einen so guten und liebenswürdigen Mann bekommen. Natürlich hat er gestern mit Gerda gesprochen, und sie hat dem Aermsten alle Hoffnung genommen. Aber warte nur, mein Büppchen! Es könnte ein Weilchen dauern, bis Mama Hellvit ihre schönste Tochter dem Viehdoktor giebt..
Dies war wohl der jeste und hochmüthigste Gedanke, der seit zehn Jahren die sonst so gütige Seele der Mama Hellvik durchzuckt hatte; aber sie konnte nichts dafür.
Hu, es war fast schon zu viel vor dem Frühstück. ni Sie mußte ihren Vorsak, sich gute Laune zu erlaufen, aufgeben, ging nach Hause, ordnete ein wenig ihren Anzug und begab sich mit den Ihrigen hinauf in den Epsaal.
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Dort oben war die Verstimmung und Verdrießlichkeit ziemlich allgemein, sie kamen in fleinen Trupps und unregel mäßigen Zwischenräumen hinein, aßen unter ziemlich allgemeinem Schweigen und gingen schnell ihres Wegs. Nachdem Frau Hellvik eine Weile auf der Chaiselongue in ihrem Zimmer gelegen und gedrusselt" hatte der Regen strömte noch immer herab fuhr sie plöglich in die Höhe und sprang auf. Großer Gott, sie hatte ja nun, über ihrem eigenen Summer, während ganzer zwei Stunden völlig das Schreckliche vergessen, das heute ein paar andern Leuten widerfahren sollte und von dem sie so unerwartet Kenntniß erhalten hatte.
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Konnte sie etwas thun, um es zu verhindern? Sollte sie wie eine Mutter mit der Oberstin reden, sie bitten und anflehen, ihr Pflichtgefühl und ihren Stolz anrufen?
,, Ach ja, e bisken. Im Anfang da wär es jo ganz nett, denn es giebt ja hier ganz niedliche Mächen zu seh'n, det fann man ja nich derrede. Aber nu häw ick an vier Abende Aber wie konnte sie das? Sie hatte ja das, was bevor teene Grüß gekriegt, und de Teufels- Buere schäme sich nich, stand, in einer schmachvollen Weise erfahren durch Horchen... sechtig Dere für det Pfund Heu zu nehme, wo hier alle Wiese Aber wenn man einen Menschen im Begriff sieht, sich in grün sind, un für de Pferde, die ihre Friheit gewöhnt sind einen Abgrund zu stürzen, gab es dann wohl etwas auf der