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Welt, was es entschuldigen konnte, wenn man sich nicht ihm des Volkes Anzeichen dafür, daß man dem hoffnungsfreudigen Grün in den Weg stellte? tiefe Bedeutung zum Weihnachtsfeste beilegte. In der Weihnachts­Mach qualvollem einstündigem Kampf zog sie die Gummi- Nacht follte ein geheimnißvolles Grünen und Blühen der Obstbäume stattfinden, besonders in der Rhein - und Maingegend, und in Eng­schuhe und den Regenmantel wieder an. Die Oberſtin land war es der berühmte Weißdorn von Glastonbury nebst seinen wohnte in der Villa Nummer 11, in derselben, in der der zahlreichen Ablegern, dem ein solches Weihnachtswunder nachgerühmt Dichter und Assessor Halldelin haufte. Auf dem Wege be- wurde. Man schmückte die Wohnungen und Kirchen mit Tannen­gegnete fie dem Onkel Gustav, der sonst schlechtes Wetter reisig, mit den immergrünen Zweigen von Epheu, Stechpalme, schlimmer, als die Sünde haßte. Er kam unter einem Regen- Lorbeer und Cypressen und hing den Mistelzweig an der Decke auf, schirm und mit aufgefrempelten Hosen in Gesellschaft der alte Gebräuche, die der Weihnachtsbaum jezt größtentheils ver Möllerschen Damen dahergestolpert, die, trotz des Regens, drängt hat. fehr ausgeputzt waren. Onkel Gustav blieb mit verlegener Vergangenheit, ist sie draußen in freier Natur aus der Wetterlage

Miene stehen.

,, Ach

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,, Liebste Frau Hellvik," nahm Fräulein Möller das Wort, der Herr Landrichter war so überaus freundlich, Mama und mich zum Besuch der Konditorei einzuladen. Sie find wohl erstaunt, uns so draußen im Regen herumtraben zu sehen?" Gewiß nicht! Mein Sohn Arel behauptet immer, dann beißen die Fische am besten an... Ich danke, lieber Gustav, ich trinke niemals eine Stunde nach dem Frühstück Chokolade..."

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Nicht so leicht, wie die grüne Weihnacht" im Zimmer aus der zu erklären. Betrachten wir vorerst einmal die Weihnachtstage ... D... Du... E... E... Emma! der lektvergangenen Jahre! 1897 befand sich Deutschland Was t... t... tausend willst Du in d... diesem schlechten im letzten Drittel des Dezember zwischen einem oceanischen W... W... Wetter draußen? Na, willst Du m..m.. Minimum und einem von ihm langsam nach Südost verschobenen mitkommen, da Du nun einmal d... d... draußen bist?" Hochdruckgebiet in der Mitte. Infolge dessen herrschten sehr milde ,, Wohin?" Südwestwinde, die strengeren Frost. selbst in wolfenlosen Nächten verhinderten und die Temperatur in den letzten Tagen des Monats bis auf 5 Grad und darüber steigen ließen, während die Nieder­schläge minimal blieben. In den Weihnachtstagen des vorher­gehenden Jahres breitete sich ein Minimum über der skandinavischen Halbinsel aus, was für Deutschland bis zum Jahresschlusse feuchten Südwest und etwas reichlichere Niederschläge zur Folge hatte. Die Temperatur der Weihnachtswoche hielt sich meist über Nnll und übertraf die Normaltemperatur um ein weniges. Ganz ungewöhnlich verlief der Dezember des Jahres 1895, dessen erstes Drittel mit feiner Gewitterhäufigkeit, seinen Stürmen und leberschwemmungen wohl noch in frischer Erinnerung ist. Die Temperatur war von be­trächtlicher Höhe und wich von der normalen fast um 4 Grad Celsius ab. Als der im nördlichen Rußland lagernde Hochdruck gegen Ende des zweiten Monatsdrittels nach Skandinavien hinübergriff, so daß die Winde immer mehr nordöstlich wurden, sank das Thermometer und gelangte kurz vor Weihnachten unter den Gefrierpunkt. Da griff denn die seit dem 20. auf den mitteldeutschen Gebirgen liegende Schneedede endlich auch auf die Ebene über. Kräftige Schneefälle und scharfen Frost gab es aber nur in Ost­ deutschland und zwar erst am Jahresschluß: also auch in diesem Jahre grüne Weihnachten, wenngleich stark gefährdete. 1894 herrschte während der Weihnachtsfeiertage mit einer Unterbrechung ant 26., der stellenweise verregnete, milde, ruhige meist heitere Witterung, die, wenigstens in Norddeutschland, mehr an Ostern als an Weih­ nachten erinnerte. Vorher hatte infolge einer tiefen Cyklone im Norden Englands heftige Nordweststürme gewüthet.

Das war ein reiner Unglückstag!--

Die Oberstin war zu Hause, auch allein, und kam ihrem Besuch ein wenig unruhig und nervös entgegen. Im hinteren Zimmer stand ein halbeingepackter, eleganter Koffer.

Frau Hellvik wußte nicht, wie sie sich verhalten sollte. Sie schämte sich und konnte doch nicht schweigen. Die Oberstin wollte sie offenbar so schnell wie möglich loswerden. Das Gespräch gestaltete sich sehr abgerissen und einsilbig. Aber plötzlich konnte sich Frau Hellvik nicht länger be­herrschen, mit ausgebreiteten Armen segelte sie auf die Oberstin zu, drückte sie an ihre Brust und schluchzte:

Theuerste Frau Oberstin!... Liebes, geliebtes Kind, thun Sie es doch nicht! Um Gotteswillen, denken Sie doch an Ihr heiliges Gelübde, an den, dem Sie es gegeben, an Gottes Gericht, an Ihr Gewissen und an die Zukunft! Thun Sie es nicht, Frau Oberstin! Unterlassen Sie es, liebe Freundin!" ( Fortsetzung folgt.)

( Nachdrud verboten.)

Grüne Weihnachten. Grüne Weihnachten.-weiße Ostern: zwei gleich unerfreuliche Erscheinungen, von denen nach weit verbreiteter Annahme die erstere gar noch die andere nach sich ziehen soll. Uns scheint nach den Er­innerungen aus der eigenen Kindheit zu einem richtigen Weihnachts­fefte eine tüchtige Portion Frost nebst schimmernder Schneedecke und glatter Eisbahn zu gehören. Die jetzige Jugend wird vielleicht ein­mal anders denken; denn seit einer Reihe von Jahren sind grüne Weihnachten schon völlig auf der Tagesordnung, der Schnee glänzt nur noch im Zimmer von den Zweigen des Tannen­baumes, auf Schlittenfahrt und Eislauf ist vor Neujahr nicht mehr zu rechnen: so spät und unvollkommen gelingt es den Frost- und Reifriesen, sich der Herrschaft über die weiten Land­schaften Westeuropa's zu bemächtigen.

Die milde Winterwitterung hängt im allgemeinen von dem Wettertypus ab, der nach der Terminologie des Meteorologen Van Bebber als der fünfte Haupttypus zu bezeichnen ist. Er wird durch hohen Luftdruck im Süden oder Südwesten, tiefen Luftdruck im Norden, also durch einen vorwiegend westöstlichen Verlauf der Linien gleich hohen Luftdrucks, der Isobaren, charakterisirt. Er repräsentirt das warme Westwetter mit West- und Südwestwinden und den sie begleitenden Niederschlägen. In den Weihnachtswochen der beiden vergangenen Jahre kam dieser Wettertypus fast völlig zum Ausdruck; er ist es also hauptsächlich, dem wir die grünen Weihnachten ver­danken. Darauf beschränkt sich aber auch unsere ganze Wissenschaft. Weiter zurückzugreifen und das Zustandekommen dieser Wetterlage zu erklären, gestattet der jugendliche Zustand der meteorologischen Wissenschaft noch nicht.

Vielfach ist versucht worden, dem Problem, mit dem die grünen Weihnachten zusammenhängen, also dem Auftreten ungewöhnlich milder Winter und ebenso dem naßtalten Sommer, durch statistische Untersuchung großer, Jahrhunderte, ja Jahrtausende umfassender Aber auch hier scheiterte die Untersuchung Perioden beizukommen. an dem jugendlichen Alter der Meteorologie als Wissenschaft; Aber nicht nur weil die meteorologischen Buthaten fehlen, auch genaue, als sichere Grundlage brauchbare Wetterdaten giebt es erst Daher kommen die Forscher bei Be­in des Wortes eigentlicher Bedeutung ist das Weihnachtsfest jetzt feit 150-200 Jahren. den wider­" grün". Die Natur ist in Feld und Wald noch nicht erstorben nutzung noch früherer Angaben bisweilen zu überall, wo mur ein geschütztes Plätzchen sich findet, am Graben- sprechendsten Ergebnissen. Zweifellos ist das gruppenweise Auf­So hatten wir bord, am Waldrande, auf der Sonnenseite der Hügel und Berg. treten falter und warmer Winter resp. Sommer. bon 1856-1880; seitdem lehnen grünt, ja blüht es lustig ført. Konnte man doch in diesen' 3. B. eine Periode heißer Sommer Tagen in Berlin zurückkehrende Ausflügler mit Sträußen von find die heißen Sommer aber wie verschwunden und haben einer blühenden Lupinen und Schafgarben nebst schwellenden Weiden - naßtalten Temperatur Plaß gemacht, die sich 1887-89, 91, 94 in Inospen in der Hand sehen! Ueberall fönnen wir unserem hervorragendem Maße zeigte. Mit diesen fühlen Sommern scheinen Kanarienvogel ein saftiges Frühstück von grünender, selbst mit zier- auch die wärmeren Winter eingezogen zu ſein; andere Unter­lichen Blüthensternen geschmückter Miere pflücken, und wer weiß, ſuchungen, z. B. eine auf grund der bis 1720 zurückreichenden ob das Osterfest mit den Zwölften an Grün und Blumen- Berliner Temperaturreihe beruhende, stellen freilich wieder das Gegen­schmuck fich messen können wird. Diese anhaltende Lebensfreudigkeit der Vegetation, die der aufmerksame Naturfreund jetzt alljährlich fonstatiren kann, hat ebenso wie die ungewöhnliche Temperatur auch in vergangenen Jahrhunderten die Verwunderung mancher Generation erregt und die Chronikschreiber zu Aufzeichnungen veranlaßt. So lefen wir aus dem Jahre 1340, daß es zu Weihnachten so warm war, wie an St. Johannes des Täufers Tag( 24. Juni). 1374 war nach der Konstanzer Chronik ein so milder Winter, daß die Apfel­bäume im Februar blühten; eine Reihe sehr milder Winter gab es 1383-1385, so daß der Roggen schon im April Aehren hatte, und die Trauben am Rhein Mitte August reif waren. 1471 blühten die Blumen bis tief in den Dezember hinein, und im ganzen Winter fehlten Eis und Schnee fast völlig.

Auch Legende und Sage liefern ebenso wie Brauch und Sitte

theil als richtig hin. In einem gewissen Zusammenhange stehen die periodisch auftretenden Gruppen fühlerer Sommer und wärmerer intermonate auch wohl mit den bekannten von Brückner festgestellten 35 jährigen Klimaschwankungen. Ebenso ist neuerdings eine Ab­hängigkeit von den Sonnenfleden behauptet, und zwar so, daß milde Winter vorherrschend auf Fledenmagima folgen sollen.

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Hans Brendel

Kleines Feuilleton.

-ld. Zwischen den Buden. Kinderschwärme und vereinzelte Erwachsene zogen den schmalen Weg zwischen den Verkaufsständen entlang. Die Händlerinnen ließen sie ziehen, ohne ihnen nach­zurufen: Fünf Steinpflaster für'n Froschen!"- Eine Bürsten­

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