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sächlich will, wenn der in der Morgennummer mitgeteilte Regie­rungserlaß diesen Sinn haben soll, dann ziehe man die unerbitt- lich notwendige Konsequenz und verschließe den Be° nniten die Parlamente. Glaubt man wirtlich, von ihnen fordern zu müssen, daß sie in jeder einzelnen Frage nicht ihre eigene Ueberzengung, sondern die Meinung der jeweiligen Regierung verlreten sollen, so zwingt man sie zu einem offenkundigen Verfassungsbruch.Daß irgend ein Mensch im stände sei, seine freie Ucberzeugung sofort nach der Vorschrift der Regierung zu wechseln,' ist undenkbar, und sollte es solche Leute geben, dann wären sie zum Amte eines Volksvertreters im höchsten Grade ungeeignet.' Das Blatt weist auf den Zickzackkurs hin und erinnert die Regierung daran,wie in den letzten Jahren nicht bloß in kleinen, sondern in sehr be­deutenden Dingen die Anschauungen der Regierungen gewechselt haben'. Nach dem Wortlaute des Erlasse? müßte leder Beamte jeden solchen Wechsel sofort mitmachen.' Wir sehen mit Staunen, eine wie gelehrige Schülerin socialdemokratischer Logik dieDeutsche Tageszeitung' plötzlich ge­worden ist. DerReichSbote", das einzige konservative Organ, daS nach den Dortmunder Reden seine Opposition aufgegeben hat, fragt jammernd: Was soll denn nun werden? Man kann der Regierung darin mir zustimmen, was sie über dieamtliche Stellung' der Beamten sagt, muß ihr aber widersprechen, fall? fie das Gesagte auf die Stellung der Beamten als Abgeordnete ausdehnt! und tief be« danern mutz mau es, wenn infolge dieses Erlasses die Beamten aus den Parlamenten fern bleiben müßten. Das kann weder die Regierung, noch die konservative Partei, noch das Volk wünschen.' Diese Hofpastorale Weinerlichkeit hat in der Junkerschast kein Echo. DerReichsbote' vertritt nur die kleinen Kreise der in Pfaffen- demut ersterbenden konservativen Opposition. DieFreisinnige Zeitnng" hebt mit uns daS verfassungs­widrige der Maßnahme hervor: Gegen dies Vorgehen der Regierung muß auf daSent« schieden sie Einspruch erhoben werden. Die Maßregelung der konservativen Abgeordneten wegen ihres parlamentarischen Verhaltens ist ein Verstoß gegen die Verfassung und ein schwerer Eingriff in die parlamentarische Freiheit der Abgeordneten. Artikel 83 der Verfassungs« Urkunde für den preußischen Staat besagt, daß die Mitglieder der Kammern nach ihrer freien Ueberzengung stimmen und an Austräge und Instruktionen nicht gebunden find. Art. 84 setzt fest, daß die Abgeordneten für ihre Abstimmung in der Kammer niemals, für ihre darin ausgesprochene Meinung nur innerhalb der Kammer auf Grund der Geschäftsordnung zur Rechenschaft gezogen werden können. Im vorliegenden Falle' ergiebt sich der klare Thatbestand, daß Abgeordnete wegen ihrer Abstimmung zur Rechenschaft ge- zogen worden sind.' Sie hebt ferner hervor, daß die Wartegeld- Politik für die Steuerzahler sehr kostspielig ist, weil jetzt zwei Landräte statt eines zu bezahlen sind, einer, der Landwirt ist. und ein anderer, der es nicht mehr ist, aber wartet, daß er es wieder werden wird. Das gleiche gilt von den Regierungspräsidenten, die 12 000 M. jährlich Gehalt beziehen. Die liberale Presse vom Schlage derKölnischen Zeitung " ist natürlich über das stramme Vorgehen hoch- deglückt sie hat in der ganzen Kanalkampagne keinen anderen Ehrgeiz gehabt, als das möglichste Höchstmaß von Würdelosigkeit zu erreichen._ Er ist nicht müde k DieNorddeutsche Allgemeine Zeitung' schreibt: Eine Auslastung der Münchener Allgemeinen Zeitung ' be- schäfttgte sich dieser Tage mit dem Befinden deS Viceprästdenten de« StaatSministeriumS, Finanzminister Dr. von M i q u e l. Unter anderem hieß es dort, nach seiner eigenen Bekundung sehe der Ministerdem Zeitpunkt, da er seines schivierigen und ver- antwortungSreichen Amtes endlich enthoben sein werde, mit Sehn- sucht entgegen.' Aus dieser, möglicherweise auf eine gelegent- liche, bei dem hohen Alter des Ministers leicht verständliche Aeußerung zurückzuführenden Angabe sind in der Presse allerlei Meldungen über angeblicheAmtsmüdigkeit" des Finanzministers und dergleichen entstanden. Daß von einer Amtsmüdigkeit des Ministers in dem sSinne, als ob er sich außer stände fühle, den Anforderungen seines Amtes weiterhin gerecht zu werden, nicht die Rede sein kann, läßt sich unseres Erachtens schon aus dem Maße der Teilnahme des Mi- nisters cur den parlamentarischen Arbeiten der verflossenen Session, nicht nur im Plenum des Parlaments, sondern auch in den ver- schiedene» Kommissionen, schließen.' Daß Herr Miquel immer noch der arbeitsfähigste Minister der gegenwärtigen Regierung ist, daran zweifelt kein Mensch. Es fragt sich nur, ob er nicht wirklich die Lust verloren hat, weiter zu amtieren, namentlich seitdem die zum Weinen lustige Tragikomödie von den gemaßregelten Landräten begonnen hat.'ES muß doch kein Ver- gnügen sein, derartige Handlungen mit einem politischen Namen zu decken. Geächtet. Graf Limburg-Stirum , der Führer der Konservativen in der Kanalfronde, ist von der Hofliste gestrichen worden. ES ist ihm also die Hoffähigkeit aberkannt worden. DaS Wartegeld, lieber die einstweilige Versetzung in den Ruhe st and trifft das Gesetz vom 21. Juli 13S2 betreffend die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten Bestimmungen. Nach dem§ 87 dieses Gesetzes könnendurch königliche Verordnung jederzeit die nachbenannten Beamten mit Gewährung de« vorschriftsmäßigen Wartegeldes einstweilen in den Ruhestand versetzt werden: Unterstaatssekretäre. Ministerial- Direktoren, Oberpräsidenten, Regierunasvräsidenten und Vicepräsidenten, Beamte der Staatsanwaltschaft bei. den Gerichten, Vorsteher königlicher Polizeibehörden, Landräte, die Gesandten und andere diplomatische Agenten. Weiter wird tn diesem Z 87 be­stimmt:Wartegeld-Empfänger sollen bei Wicderbesetzung erledigter Stellen, für welche sie sich eignen, vorzugsweise berücksichtigt iverden.' Eine KcwissenSfrage. Im preußischen Abgeordnetenhaus sitzen zweifellos eine Anzahl Reservelieutenats, die gegen den Kanal, also gegen die Interessen der Landesverteidigung gestimmt haben. Sind sie noch fürderhin würdig, dem edelsten der Stände an- zugehören? Sind sie nicht moralisch zu militärischem Gehorsam verpflichtet und könnten sie nicht eventuell kriegsgerichtlich zur Ber- antwortung gezogen werden? Hohenlohe wird Antwort wissen, Laffalle ein Führer der Slnttseuiite». Zum Parteiiag der deulich-socialen Reformpartei, der vom 9. bis 11. September in Hamburg stattfindet, hat der Antisemit Karl Lebermann, Hamburg - St. Pauli , den Autrag eingebracht: Der Parteitag wolle beschließen, in das Parteiprogramm folgende Forderung anfzunehme»:Lösung der socialen Frage durch die freien individuelle» Produktiv-Associationen der Arbeiter vermittelst Staatskredits nach den Principien von Ferd. L a s s a l l e als das unerläßlichste Bedürfnis unserer Zeit und als eisernen Bestand der Jnitiativ-Anträge im hohen Deutschen Reichstage.' ®a_ sieht man, wie weit die Verjudung vorgeschritten. Selbst die Antisemiten begeben sich in die Geistesknechtschaft eines Juden. Von der preußischen Bergverwaltung. Auf recht seltsame Zustände in der preußischen Bergverwaltung des SaarrevierS läßt eine Verfügung der Bergdirektion Saarbrücken schließen, die zwar alsgeheim" behandelt werden sollte, durch eine Zuschrift an dieStraßburger Bürgerzeitung' aber ans Licht der Oeffentlichkeit gezogen wird. Seit dieser vom zuständigen Mini st er be- st ä t i g t e n Verfügung ivird einer einzelnen privaten Firma deS Taarbrücker Kreises die Lieferung des gesamten Stamm« und StempelholzbedarfeS der elf Berg- inspektionen des SaarrevierS übertragen. Diese Lieferung im Werte' von etwa elf Millionen Mark war bisher im Wege Lfsent- licher Ausschreibung unter ca. 20 Lieferanten verteilt' und ist nunmehr für eine Reihe von Jahren der erwähnten Firma freihändig übertragen worden. Diese freihändige Ueber- tragung steht in direktem Widerspruch mit dem Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten vom 17. Juli 1885, welche grundsätzlich vorschreibt, daß sämtliche in sein Ressort fallenden Lieferungen und Leistungen von über 1000 Mark in öffentlicher Ausschreibung ver- geben werden müssen. Durch das Verhalten der Saarbrllckener Bergwerksdirektion werden sowohl der Berg- wie der Forstfiskus, die Gemeinde- und Privatwaldungen wie zahlreiche Geschäftsfirmen in weitem Umkreis erheblich geschädigt. Dasselbe steht im diametralen Gegensatz zu dem von der Staatsregierung so oft und so pompös ausgesprochenen Grundsatze, daß der Mittelstand sowie der kleine Mann in dem ungleichen Kampfe gegen das Großkapital kräftig unterstützt werden sollen. Begnadigt. DerLothringer Zeitung' zufolge ist der Ober- lieutenant S ch l i ck m a n n, der am S. Januar d. I. den Sohn des Mühlenbesitzers Tillement in Metz im Duell erschaffen hatte und deshalb zu zwei Jahren Festungshaft verurteilt worden war, jetzt, nach Vcrbüßung von sieben Monaten feiner Hast, vom Kaiser begnadigt worden. Ausland. Liberale und Socialisten in Belgien . Man schreibt uns aus Brüssel : Die Kammer hat diese Woche die Diskussion darüber fort- gesetzt, ob der Gesetzantrag, das Pluralstimmrecht durch daS all­gemeine zu ersetzen, zur Debatte gestellt werden soll. In der Sitzung vom Dienstag hat der neue Minister des Innern, de Trooz, zu beweisen versucht, daß diejenigen, welche die Revision der Verfassung fordern, im Lande nicht die Mehrheit bilden. Uebrigens hat er erklärt, daß er den Census als Grundlage der Zusatzstimmen bedaure.(Der Familienvater von 35 Jahren bat eine zweite Stimme, falls er 5 FrS. direkte Steuern befahlt). Ein bemerkenswertes Zugeständnis! Woeste, der Führer der anti-proportionalistischen Klerikalen, hat eine außerordentlich heftige Rede gehalten. Sein Thema war:Die Regierung zieht es vor, der Gefangene einer liberalen Fraktion zu sein, als auf die Ratschläge ihrer Freunde zu hören. Woeste ist für das Einstimmrecht und haßt wütend den Chef der Proportionalisten, Beernaert, der Vorsitzender der Kammer ist. In der Mitlwock-Sitzung hat L o ra nd, der Kührer der vier Liberalen, die für die Proportionalvertretung mit Pluralstimmrecht stimmen werden, Woeste entgegnet, daß ein Bündnis zwischen ihm und der Regierung nicht existiert. Dabei beging er die Un- geschicklichkeit, die Socialisten anzugreifen. Die Socialisten müßten die Porportionalvertretung auS dem schönen Grunde an« nehmen, damit die Regierung eine Majorität hat und nicht den Drohungen der Straße zu weichen braucht. Nun ist Lorand Korrespondent derA u r o r e' in Paris , und in einer Korrespondenz stachelt er die Regierung an,nicht zu weichen; denn das würde das Ende des parlamentarischen Regimes in Belgien sein, und die Herrschaft des Cäsarismus bedeuten'. Sie mußden Sieg der Straße verhindern oder verschwinden". Dieser liberale Rat, fich um das Volk nicht zu kümmern, gefiel der socialistischen Linken natürlich nicht, und Vandervelde geißelt in starken Ausdrücken den elenden Umfall dieses Mannes, der früher im Parlament und auf der Straße mit uns kämpfte der im Jahre 1886 sogar bedauerte, daß der Aufstand nicht noch heftiger war._ Die Pest. Oporto , 31. August. Heute wurde ein verdächtiger Krank- heitsfall gemeldet. Der Ausschuß der kauftuännischen Vereinigung richtete an den König und den Gouverneur Eingaben, in welchen um Antwort auf die vorgebrachten Beschwerden gebeten wird. Einige Geschäfte in der Stadt sind geschloffen. Heute nachmittag verlas der Präsident der kaufmännischen Vereinigung vor einer großen Volksmenge eine Verfügung der Regierung, durch w e l ch e B e r- s a m m l u n g e n verboten werden. Die Menge protestierte i» lärmender Weise, Gendarmen zerstreuten dieselbe und nahmen mehrere Verhaftungen vor. Aus Petersburg wird gemeldet: Die Pestkommisfion erklärte den Hafen Jntou sJing- tse- Kau bei Niutschivang?) in der Mand- schüret für pestverseucht._ Schweiz . Zürich , 1. September. (Eig. Ber.) Während eine Reihe von Kantonsregierungen die vom Bundesrat im Auftrage der Bundes- Versammlung gestellte Frage: ob es wünschbar sei, die Ein- bürgcrung von Ausländern in der Schweiz zu erleichtern, ver- »unten, haben sie verschiedene andere bejaht. Darunter auch diejenige des Kantons Zürich . Neben Genf und Basel leben hier die meisten Ausländer, nämlich 70 300 auf eine gesamte Ein- ivohnerzahl von etwa 420 000, d. h. rund 17 Proz.; in der Stadt Zürich kommen 48 000 Ausländer auf 160 000 Einwohner. Das ist cm arges Mißverhältnis und es war daher zu erwarten, daß sich die Züricher Regierung für die Erleichterung der Einbürgerung von Ausländern' aussprechen wird. Im Kanton Zürich kostet heute das Staatsbürgerrecht für den Ausländer 200 biS 500 Fr. und das Gemeindebürgerrecht im Minimum 100 Fr., meiste»« aver 500 Fr. und hier und da noch mehr, so daß jeder Eingebürgerte mit Recht sagen kann: teuere Heimati Gewöhnlich kommt die Einbürgerung auf S00 Fr, zu stehen. Da vielleicht 90 Proz. der Ausländer Besitz- lose find, so erkennt der Regierungsrat auch in der Höhe der Ei»- kaufsgebühren die Hauptursache, daß sich so wenige Ausländer um da« Bürgerrecht bewerben, im Durchschnitt alljährlich kaum mehr als 200. Die Regierung schlägt daher eine Re- duktion der Gebühr für da« Staatsbürgerrecht auf 50 Franks vor, ebenso eine erhebliche Reduktion der Gebühr für das Gemeindebürgerrecht und endlich die Schaffung eines Rechts auf Einbürgerung nach einer gewissen Dauer des Aufenthalt«, eventuell sogar auch die unentgeltliche Einbürgerung. Diese Vor« schlüge werden mit rechtlichen, polittschen und militärischen Motiven begründet. Die Züricher Regierung wünscht aber, wohl in genauerer Kennmi« der erschreckenden Engherzigkeit, mit der weite Volksweise der Frage der Einbürgerung gegenüber stehen, daß da durch die geltende Bundesgef'etzg'ebung Wandel geschafft werde. Frankreich . Greuel deS Militarismus. DerMatin" veröffentlicht nach Dokumenten au» dem Kolonialministerium Einzelheiten über die Grau- samkeiten, die sich die Mission v o u l e t- C h a n o i n e hat zu schulden kommen lassen. Am 8. Januar wurde ein Eingeborener, der erklärte, den Weg nach dem Osten nicht zu kennen, auf Befehl Voulets enthauptet. An demselben Tage ließ Voulet 20 eingeborene grauen mit ihren Kindern, darunter Säuglinge, durch Lanzenstiche nieder- machen; er wollte einExempel statuieren". Ferner schoß Voulet einem Schützen, weil er mit seiner Munition verschwenderisch umgegangen war, eine Kugel in den Kopf. Um dieselbe Zeit brannte die Mission eine Stadt von 10 000 Einwohnern nieder, die einen Handelsmittelpunkt bildete. Ferner wurden zwei Träger, die, weil sie nur mit Lanzen bewaffnet waren, nicht gewagt hatten. Ein­geborene, die mit Pfeilen bewaffnet waren, zu verfolgen, auf Be- fehl Chanoine'S ohne Urteil erschossen. Andere Blätter berichten, Voulet und Ehanoine hätten sich die Hände der niedergemachten Eingeborene» bringen lassen, um die Zahl derselben festzustellen Serbien . Belgrad , 1. September. Den zahlreichen hier eingetroffenen ZeitungL-Korrespondenten wurde bekannt gegeben, daß die Eröffnung der Verhandlungen im Attentats- und Berschwörunasprozeß neuerdings auf unbestimmte Zeit verschoben ist. Zahlreiche Offiziere und Beamten wurden teils ihres Dienstes enthoben, teils pensioniert. Afrika . Die TranSvaalkrifiS. Die Situation bleibt weiter sehr gespannt. Präsident Krüger berief den Raad zu einer geheimen Sitzung am Donnerstagabend, um über Ehamberlains letzte Depesche zu beraten. Staatssekretär Reitz besprach die Vorschläge Trans- vaalö, welche Chamberlain in nicht formeller Form durch den britischen Agenten mitgeteilt worden. Ehamberlains Antwort habe den Inhalt gehabt, daß, falls Transvaal solche Vorschläge mache, wie sie ihm mitgeteilt worden seien, dieselben ihrem Werte gemäß erwogen werden würden. Ferner meldet dasReutersche Bureau": In ihrer letzten Mit- teilung an die englische Regierung erklärt die Regierung der Süd- afrikanischen Republik, falls ihre Gegenvorschläge von England an- genommen werden sollten, werde der Raad aufgelöst werden und nach erfolgten Neuwahlen in wenigen Wochen daS neue Gesetz in Kraft treten. Der Zweck, welchen man mit dieser Hand- lungSweise verfolge, sei, von Südafrika einen Krieg abzuwenden, der die weittragendsten Folgen haben würde. Gleichzeitig spricht die Regierung ihre Ansicht dahin auS, daß die Bestimmung, wonach ein Aufenthalt von 7 Jahren zur Erlangung des Wahlrechts er- forderlich fei, genüge, den Bedürfnissen der neuen Bürger zu ent- sprechen. Und aus Zanzibar wird vom 1. September telegraphiert: Der englische KreuzerPhilomele' und das Kanonenboot»Widgeon' sind nach der Delagoa-Bai abgegangen. Amerika. Washington , 1. September. Die Voranschläge für die Marine weilen für daS nächste'Jahr eine beträchtliche ?u n a h m e auf. Insbesondere werden 13 Millionen Dollar für ie Vermehrung der Flotte, neue Schiffe und Trockendocks bean- tragt._ 13. Parteitag der norivegischen socialdemakratisihen Arbeiterpartei. 3. und 4. Verhandlungstag. Montag und Dienstag wurden fast ganz von den Debatten ein- genommen, welche den Borstandswahlen vorausgingen. Bisher hatte Advokat Ludwig Meyer die Stellung als 1. Vorsitzender und als Cheftedaeteur zugleich inne und diese Posten hat er unentgeltlich venvaltet. Der Antrag der Opposition, daß die Posten getremit werden sollen,>v»rde gegen 5 Stimmen abgelehnt und beschlossen, eS dem Gesamtvorstande zu überlassen, eveni. einen besoldeten Chef- redactenr anzustellen. Die hierauf vorgenommene Wahl ergab die Wiederwahl des Genosse» Meyer mit 78 Stimmen. Gegen 11 Stimmen wurde hieraus eine Resolution angenommen, worin der Parteitag dem Vorstände für seine Thätigkeit dnnlt. Zu Iveitere» Vorstandsmitgliedern wurden gewählt: Bnchdruckereibesitzer Chr. Knudsen, Olaf Ström, Advokat Hazeland, Frau Anne Andersen, I, Johansen, Oskar Pedersen und Frl. Birgitte Heloorsen. Nachzutragen ist noch die Resolution, betreffend die Ein­wanderungsfrage. Sie besagt, daß der Parteitag mit den Gesetzes- vorschlafen einverstanden ist, soweit sich dieselben gegen Leute richten, die sich innerhalb einer gewisse» Zeit krimineller Verbrechen schuldig gemacht haben, er protestiert aber ganz entschieden gegen ein Gesetz, welches geeignet wäre, fremde ehrliche Arbeiter unter Polizei- Auf- ficht zu stelle». Ueber die Frauenfrage wurde folgende Resolution angenommen: Zur besseren Agitation unter den Frauen und Mädchen wird der Parteivorstand ersucht, von einer oder n,ehreren Frauen Agitations- reisen vornehmen zu lasten, ferner werden die Fachvereine auf- gefordert, von Zeit z» Zeit für Frauen und Mädchen besondere Ber- sammlungen einzuberufen. Dem vom Parnivorstande vorgelegten Plan zur Gründung einer Aktiengesellschaft behufs Uebernahme der Druckerei, in welcher das Partei-Organ gedruckt wird, spricht der Parteitag seine Shm- pathie aus. Um ein besseres Zusammenarbeiten mit den Gewerkschaften her- zustellen, ivird beschlossen, daß zwei von den Gewerkschaften zu wählende Genosien dem Parteivorstande angehören sollen und daß andererseits zwei Mitglieder des Parteivorstandes dem Sekretariat der gewerkschaftlichen Landesorganisation angehören. Wegen vorgerückter Zeit(Titan hat bereits einen Tag länger getagt, als anfänglich angenommen wurde) werden die Punkte 6, das neue Jagdgesetz. 7,, Gewerbegerichte und 3., Erhöhung der Zoll- tarife auf Lebensirnttel, bis zum nächstjährigen Parteitage vertagt. Die Einberufung deS nächsten Parteitages wird dem Borstande überlasten. Hierauf schloß der Präsident den Parteitag mit einem Hoch auf die internationale Socialdemokratie. Ein Jubiläum. Unser Erfurter Parteiblatt, dieTribüne". kann auf ein zehnjähriges Bestehen zurückblicken. Sie wurde an« 1, September 1889 begründet als Kopfblatt des früheren Leipziger Wählers" und erschien anfangs nur zweimal die Woche. Jetzt erscheint das Blatt täglich. An der Redaktion waren in den zehn Jahren nacheinander die Genossen Karl Schulze, P. Ed. Wehder, Güldenberg. A. EnderS, Hülle, Rose, Leven, Rauh, Hnth, Wiertelarz, E. Wiehle, Ziegler, Coors, Heinrich Schulz , Karl Wiehle, A. Rudolph, Pappe und May beteiligt. Bon den Kämpfe», die daS Blatt in dieser Zeit zu bestehen hatte, giebt die Straflisre seiner Redacteure sprechendes Zeugnis. Es wurden über sie insgesamt 6 Jahre Gefängnis, 22 Tage Hast und 6300 M. Geldstrafe verhängt, wozu mehr als 7000 M. Prozeß- kosten kommen. Eine Strafsache gegen den Redacteur Genossen Rudolph schwebt noch. ES handelt sich um eine Wiedergabe der von uns gegen das Dresdener Ober-Landesgericht gerichteten Kritik, die vom hiesigen Gericht als eine berechtigte anerkannt wurde. Trotzdem ist unser Bruderblatt lräftig emporgewachsen. Wir wünschen ihm ein ferneres gutes Gedeihen. Politeiliches. kSerichtlichrs usiv. Der Bürgermetster von VollmarShanfe»(Kaffek) gc- nehmiat eine Voltsversammlungnur für hiesige Einwohner und nicht für auswärtige Personen". Vollmarshausen scheint demnach sein eigenes VerewSgesetz zu haben. In Rennes . Die Freitag-Sitzuiig wird um 6 Uhr 35 Min. eröffnet. Der Präsident läßt die über den Zeugen Dubreuil eingezogenen Erkundigungen verlesen. Aus denselben geht hervor, daß Dubreuil niemals Pferdehändler war und ein sehr ehrenwerter Mann ist. Auf eine Frage Dubreuils erNärt Drehfus, im Jahre 1887 hätten seine Beziehungen zu Frau Bodson aufgehört. Dubreuil erbietet sich, den genauen Zeitpunkt, an welchem dies geschehen ist. durch zwei ehemalige Bedienstete der Frau Bodson feststellen zu lassen. (Gelächter.) DreyfuS ist aufgebracht darüber, daß man von seinen persönlichen Beziehungen zu Frau Bodson spreche und versichert, daß er niemals irgend eine ausländische Persönlichkeit bei Frau Bodson getroffen habe; er ersuche, über diesen Punkt eine Untersuchung anzustellen. Der nächste Zeuge ist der Zureiter des Mülhausener Pferde- Händlers. Germaiu. Er sagt aus, er habe im Jahre 1886 das Pferd gesattelt, welche» DrehfuS benutzte, um de» deutschen Manövern im Elsaß zu folgen. Später sei er im Bois de Voulogne DreyfuS begegnet. D'Jnfreville habe ihm gesagt:«Das war Lieutenant DreyfuS." Der Präsident fragt Germain, ob er DreyfuS wiedererkenne, wa» Zeuge mit Bestimmtheit bejaht.