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Ich will nicht weiter suchen. Ich habe soeben in der Ede meiner Zelle ein schreckliches Bild in weißer Farbe ge­sehen. Es stellt das Schaffot dar, das in dieser Stunde vielleicht für mich errichtet wird. Die Lampe   ist mir beinahe aus den Händen gefallen.

VII.

Schnell sekte ich mich auf mein Strohlager und stüßte das Haupt auf die Kniee. Dann wich der kindische Schrecken von mir, und eine merkwürdige Neugier ergriff mich, die Lektüre meiner Zellenwände weiter fortzusehen.

Unteroffiziere von La Rochelle  . Armer junger Mann! Wie Begriffe der Kinder von der menschlichen Gestalt zum Ausdrud berabscheuenswerth ist Eure angebliche politische Nothwendig- kommen. Es kehren hier Elemente der kindlichen Auffassung wir fie auch in den ersten Zeichenversuchen teit." Der Lohn für eine Idee, für einen Traum war die wieder, wie graufige Guillotine! Und da will ich Elender mich noch be- der Kinder, die sich mit der Gestalt des Menschen befassen, wiederfinden. In diesen tritt uns eine hohe Werthschätzung der flagen, der ein wirkliches Verbrechen begangen, der Blut ver- runden oder ovalen Formen entgegen, die für Kopf und Körper gossen hat! verwendet werden, und ebenso der gabelförmigen Linien, die die Beine darstellen. Dieselbe Neigung für das Runde und Ovale, das fich den Kindern als ein Hauptmerkmal der menschlichen Gestalt darbietet, ist es, die sie runde Gegenstände wie Kissen, Orangen, auch Gurken und Haarbürsten als Puppe wählen läßt. Die hohe Be deutung der menschlichen Beine scheint von ihnen gewürdigt, wenn fie etwa zu Zangen, Stiefeltnechten und Schemeln greifen. Für die Schemel tritt sogar eine besondere Vorliebe zu Tage, da die Füße desselben theils die Füße, theils die Arme der Puppe bedeuten können. Man fann so hübsch mit der Puppe spazieren gehen, meinte ein kleines Mädel, man kann sie an der Hand halten wie ein kleines Kind." Ein Schemel hat noch dazu den Vorzug, mitstehen bleiben zu fönnen, wenn fie Belaunte trifft, eine andere Puppe muß gestigt werden, und man ist doch nicht immer in der Nähe einer Wand". Andere Kinder pflegen den menschlichen Körper auch durch ein­fache Linien darzustellen. An diese naive Zeichenkunst erinnern Puppenformen wie Stöcke und Klammern. In anderen Fällen wieder liegt der Grund für die Wahl eines Gegenstandes in ganz untergeordneten Zügen. Das Haar vor allem erscheint immer in großer Fülle in den findlichen Kunstproduktionen; es spielt auch eine große Rolle bei einer hübschen, süßen Puppe". Spuren dieser Haarbewunderung der Kinder findet man in der Wahl von Rüben und Karotten, an denen noch die Blätter sigen. Wir brauchen nur an des Kindes lebhafte Phantasie zu denken, die solche Kleinen An­bentungen gleich für das Ganze nimmt, und die eigenthümlichsten werden erklärlich. Launen, die in der Wahl der Ersatzpuppen zum Vorschein kommen,

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Neben Passavoines Namen habe ich ein großes Spinn­gewebe abgerissen, das ganz verstaubt in einer Ecke hing. Unter diesem Gewebe standen vier oder fünf völlig leserliche Namen unter andern, von denen nur ein Fleck an der Wand übrig geblieben ist. Dautun 1815. Poulain 1818.- Jean Martin 1821.- Castaing 1823.- Beim Lesen dieser Namen sind mir gar trübselige Erinnerungen gekommen. Erinnerungen an Dautun, der seinen Bruder in Stücke zer schnitten, den Kopf in einen Brunnen und den Rumpf in eine Kloake geworfen hat. Erinnerungen an Poulain, der seine Frau ermordet hat; an Jean Martin, der einen Pistolenschuß auf seinen Vater in dem Augenblick abgab, wo der Greis ein Fenster öffnete, an den Arzt Castaing, der seinem Freunde, als er ihn während der letzten Krankheit pflegte, die er selbst verursacht hatte, anstatt der Medizin Gift eingab. Erinnerungen endlich an Passavoine, den furcht­baren Wahnsinnigen, der kleine Kinder mit Messerstößen in den Kopf tötete.

( Fortsetzung folgt.)

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றேம். Wie Kinder mit Puppen Spielen. Was ist es eigentlich, das den Kindern die Puppe so lieb und theuer macht? Da es dem Erwachsenen kaum begreiflich ist, was ihnen an dem starren leblosen Ding, wie es ihm erscheint, gefällt, so muß es eigentlich Wunder nehmen, daß man es fast noch garnicht versucht hat, diesem Problem ernstlich näher zu treten und die Vorgänge in der Seele des Kindes, das mit seiner Puppe spielt, zu erhellen. Einem amerikanischen Gelehrten, Professor Stanley Hall  , einem der namhaftesten dortigen Psychologen, blieb es vor­behalten, das Puppenland für seine Wissenschaft zu entdecken. Er hat viele und manche ganz merkwürdige Eigenschaften der Puppe zusammengestellt. Die wichtigsten Resultate, zu denen er gekommen ist, seien hier wiedergegeben:

Die Schwierigkeiten des Problems beginnen gleich beim ersten Schritte. Wie soll man die Puppe eigentlich definiren? Der Er­wachsene denkt zunächst daran, daß die Puppe ein Ebenbild der menschlichen Gestalt sein soll. Das gilt aber nur für eine Gattung, die Hall die konventionelle" Puppe nennt, wie fie in jedem Laden zu laufen ist. Nach der Haartracht und der Kleidung handelt es fich hier zumeist um Mädchenpuppen", Jungenpuppen sind bedeutend feltener.

Diese tonventionelle Buppe genügt aber den Kindern durchaus nicht, sie machen sich vielmehr mit Vorliebe selbst Puppen". Er­wachsene find wieder geneigt, in den selbsthergestellten Buppen einen " Ersatz" zu sehen, der nur in Ermangelung des Besseren gewählt wurde. Ein armes Kind, das sich aus Flicken und Lappen eine Buppe macht, mag hierin einen Ersatz für die schöne, ihm nicht zu­gängliche, die es im Schaufenster gesehen, erblicken. In vielen anderen Fällen verhält es sich aber nicht so. Auch die Kinder, die regelrechte Puppen genug haben, bauen sich selbst aus allen mög­lichen Gegenständen oft die unförmlichsten Dinger, für die sie dann eine besondere Liebe hegen. Diese Anhänglichkeit an eigene Schöpfungen ist uns noch räthselhafter als es die Liebe zur un­beweglichen Wachspuppe ohnehin schon ist.

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Bedeutungsvoller noch als die Charakteristik dieser Eigenschaften der Puppen sind die Beobachtungen über die Art, wie die Kinder fich mit ihnen beschäftigen. Die erste und einfachste Beschäftigung besteht darin, die Puppe zu liebkosen, sie im Arm zu tragen und von einem Orte zum anderen zu bringen. Keinen kleinen Theil der Zeit nimmt natürlich das Aus- und Anziehen in Anspruch. Ein bes sonderes Vergnügen aber scheint den kleinen Müttern das Waschen und Kämmen zu bereiten. Es tönnen sehr verschiedene Motive dafür gesucht werden. Schwerlich ist diese Neigung ganz auf die Reinlich­feitsgewohnheiten zurückzuführen, die ihnen in der Kinderstube bei­gebracht werden. Das Spielen mit Waffer" hat für Kinder ja immer einen besonderen Reiz. Hall vermuthet schließlich auch, daß in vielen Fällen auch ein wenig Malice darin steckt, indem die Kleinen das an Anderen ausführen wollen, was ihnen selber so unangenehm ist, wenn es an ihnen vollzogen wird!

Eine andere Hauptbeschäftigung ist das Füttern, das auf sehr verschiedene Weisen vollzogen wird. Einige Kinder stellen das Essen neben die Puppe, andere halten es ihr sehr lange vor den Mund, wieder andere brechen ihr gar einige Zähne aus und stopfen das Effen mit einer Stecknadel in den Mund. Ein kleines Mädchen nahm regelmäßig etwas vom Mittagstisch in die Kinderstube für die Buppe mit und es dann allein auf; es war nicht etwa die eigene Eglust, die sie dazu trieb, denn sie bat die Mutter, ihr nicht so große Portionen aufzulegen, da sie doch noch eben etwas essen müsse". Sehr gewissenhaft führte sie der Puppe auch an einem Tage doppelte Quantitäten zu, als sie es an dem vorhergehenden Tage vergessen hatte. Von einem kleinen Amerikaner erzählt Hall, er habe eine so aufopfernde Liebe zu seiner Puppe" gezeigt, daß er halb verhungerte, um heimlich einen alten Rußknacker zu füttern, den er als ein ,, Mit­glied der Familie" betrachtete.

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Die Puppe zu Bett bringen, ist nach der Anschaumg der Kleinen natürlich auch ein Geschäft von größter Wichtigkeit. Einfingen und Wiegen bis die Arme schmerzen" spielen dabei eine große Rolle. Schläft die Puppe, so ist man sehr rücksichtsvoll, geht auf Fußipißen und spricht im Flüsterton, um sie nicht zu weden. In der Art der Behandlung giebt sich indeß die verschiedenste Auffassung von dem Alter des" Kindchens" fund. Ein Kind wollte seine Puppe nicht einfingen, weil es fie als junge Dame" betrachtete. Andere hielten sie wenigstens für alt genug, daß sie wachend ins Bett gelegt werden fonnten. Ihre realistische Auffassung zwingt die Kinder aber in der Regel, der Puppe die Augen zu verdecken, wenn sie teine von selbst schließenden Augen hat.

Eine eigenartige Lieblingsbeschäftigung ist die Krankenpflege". Die Puppen scheinen alle möglichen Krankheiten durchzumachen. So stellte ein fleines Mädchen bei ihrer Puppe Lepra" fest, weil die Farben fledig geworden wären". Ju einem anderen Falle wurden mit Hilfe eines rothen Bleistiftes Masern" hergestellt. Eine besonders aufmerksame Beobachterin riß ihrer Puppe, nachdem sie hohes Fieber" gehabt, die Haare aus.

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Stanley Hall   hat eine Liste der Gegenstände aufgestellt, die er alle als solche Ersatzpuppen" beobachtet hat. Es ist unglaublich, was darin alles vorkommt: Rissen, Stöde, Flaschen, Aehren, Klammern, Besen, Schuhfnöpfer, Stühle, Schemel u. A. find ziemlich häufig. Andere Dinge find ihm nur vereinzelt aufgestoßen, z. B. ein Rasten, ein Krug, eine Apfelfinenschale, ein Betttuch, ein Buch. Ein- Puppen müssen auch erzogen werden. Die Methoden, nach ander mehr entgegengesetzte Gegenstände würden sich nur schwer denen dies geschieht, spiegeln getreu die Behandlung wieder, die die finden lassen. Es scheint auch zunächst unmöglich, das bindende Kinder selbst erfahren haben. So fagte 3. B. ein Kind: Ich spreche Glied zwischen ihnen herauszufinden. Trotzdem müssen wir an oft vernünftig auf meine Puppen ein; denn das ist ihnen sehr nüz­nehmen, daß in all diesen Fällen die Kleinen Mädchen, die solche lich," ein anderes dagegen: Ich prügele meine Puppen oft, wenn Dinge zur Puppe wählten, von einem ganz bestimmten Gedanken fie nicht gehorsam sind, das macht so viel Spaß." Ein gut Stück geleitet wurden. Charakteristik der Eltern beider steckt in diesen naiven Aeußerungen. Das Gespräch des Kindes mit seiner Puppe ist aber keinerivegs immer belehrend und unterhaltend; meist handelt es sich um einen

Sieht man genauer zu, so findet man, daß in der That in all den Ersatzpuppen, die so unpuppenhaft aussehen, doch rudimentäre