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ästhetischen Bedürfnissen. Soll man aber jemanden darum schelten.| Barteiblätter und bittet fie um eine günftige Besprechung einer weil er aus primitiveren Kulturerscheinungen nach höheren drängt? Reihe von kulturgeschichtlichen Darstellungen mit historischem Ans Nicht um Ehre und Schande handelt es sich; sondern um Indolenz hange", die er herauszugeben gedenkt. Das erste Heft liegt unter und neue Regfamkeit, neues Bedürfniß. dem oben angeführten Titel bereits vor. Bevor wir darauf näher

Die Hygiene im Bauernhaus; das allein wäre ein Kapitel, über eingehen, lassen wir Herrn Gräz selbst seine Absichten darstellen; er bas ein erfahrener Landarzt die seltsamsten Dinge zu erzählen schreibt: Aus diesem und den folgenden Heften werden Sie ersehen, wüßte. Wenn nun ein Dorfschullehrer, der gewiß nicht hoch- daß jedes einzelne die betreffende Periode wahrheitsgetreu behandelt Herrschaftliche Gelüfte hat, für sich und sein Haus ein bischen freiere und dabei eine unterhaltende und durch den historischen Anhang bes Luft verlangt, wenn er nicht die kondensirten Stalldünste direkt ein- lehrende Lektüre bietet. Das Werk soll in dieser Form die jeweilige athmen will, giebt er darum ein böses Beispiel? Lage der niederen Volksschichten schildern und vor allem die Klassen­fämpfe behandeln, beginnend in den ersten Perioden der Kultur­staaten bis zu der Neuzeit, nicht der Reihe nach, sondern abwechselnd in Abrissen aus Alterthum, Mittelalter und Neuzeit bestehen. Auch die Entstehung der verschiedenen Religionen, Ereignisse aus dem Gebiete der Erfindungen und Entdeckungen, furz es soll eine Welt­und Sittengeschichte in Erzählungen werden, die dem Arbeiter einen billigen und aufklärenden Lesestoff bietet. Aus alledem werden Sie ersehen, daß ich mir Mühe gebe, scharf zu charakterisiren und historisch getreu den Stoff auszuarbeiten."

Kann mit dem immerwährenden Verweis auf alte Tugenden Tugenden, die der Noth und der Beschränkung entsprangen, das Miquel'sche Wort erfüllt werden: Die Landwirthschaft muß das Be­streben haben, sich ihre Leute zu erhalten? Welcher Doppeltang! Einmal die patriarchalische Sucht, die doch im Sinne der Ostelbier nicht mehr aufrecht zu erhalten ist, und dann die Ermahnung an die Land­wirthschaft, milde zu sein und durch Liebe zu binden! Herr v. Hammer­stein spricht wenigstens vom niedersächsischen Bauer auf seiner Scholle. Der hat doch noch eine Heimath und ist im Allgemeinen ein stolzer Mann. Wie aber im Osten? Woher sollten scheue und verschüchterte Dienstboten inmitten der patriarchalischen Zucht", mit der sie gelenkt werden, das stolze Heimathsgefühl sich bewahren.

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Kleines Feuilleton.

Ein reichhaltiges Programm, große Versprechungen! Nach dem aber zu schließen, was das erste Heft thatsächlich bietet, scheint Herr Grätz in betrübender Weise seine Kräfte zu überschäßen: er Lichtenberg , von dem zu Anfang hier erzählt wurde, hat den hält nicht, was er verspricht. Wir können daher sein Unternehmen Großthuern, die unter allen Umständen den nationalistisch nicht empfehlen, sehen uns vielmehr genöthigt, von dem Eriverb der einseitigen Glauben fanatisiren wollen, mit einem be- Hefte( deren 30 jährlich zum Preise von je 15 Bf. erscheinen sollen) sonderen Merksprüchlein gedient. Es kommt nicht darauf an, abzurathen. Damit nicht wieder nach berühmten Mustern die wollen wir dieses meint er, ob die Sonne in eines Monarchen Staaten nicht unter- Klage über ungerechte Unterdrückung ertöne, geht, wie sich Spanien ehedem rühmte; sondern, was sie Urtheil ausführlicher begründen, als die Arbeit an sich verdiente. während ihres Laufes in diesen Staaten zu sehen Die Aufstände der unfreien Arbeiter im römische Staate und bekommt. Wie mit dem großen Vaterlande, ist's mit der der Fechterkrieg sind zweifellos wichtige und interessante Vorwürfe engeren Heimath. Wem sie nur Druck und Verbittering bedeutet historischer Forschung und Darstellung. Bucher sagt darüber z. B.: hat, der wird sie nicht mit jener Zärtlichkeit umfassen, als ein Anderer, Jedenfalls gebührt dem Emanzipationskampfe des unseligsten aller dem sie sonnigere Tage bereitete. Alpha. Arbeiterproletariate, der so ganz neue Bahnen quer durch die überkommenen Anschauungen hindurch einschlug, dieselbe Auf­merksamkeit, wie sie das Bestreben der edlen Gracchen, den alten Klaffenstaat in zeitgemäßer Weise umzubauen, immer gefunden hat. Charakterisirt er doch mehr als alles Andere jene Zeit, in welcher dg. Der Nikolai Kirchhof, der durch den Abbruch der alten ieder denkende Staatsmann Hlar empfand, daß die organischen Uebel, Häuser in der Spandauerstraße aus seiner beschaulichen Ruhe etwas an welchen die Gesellschaft krankte, den Staat dem Untergange ent­gegenführen müßten, wenn nicht bald der Arzt käme, der mit herausgerückt wurde, ist die älteste Begräbnißstätte Berlins . Schon Schneiden und Brennen den kranken Leib behandelte. Sie sind lehr­im frühen Mittelalter zog er sich um St. Nikolaus, die Koopmannsreich, diese Perioden, welchen das Hutten'sche: Es muß durch­firche to dem olden Berlin ". In seinem Grunde haben bereits die gebrochen werden", auf der Stirne geschrieben stand Bewohner des Dorfes Berlin " die legte Ruhestatt gefunden, Von einer Charakterisirung jener Zeit findet sich aber in der Graetz­Urkundlich wird der Friedhof zwar erst 1692 zum ersten Wale er schen Schrift kaum eine leichte Spur, die novellistische Einkleidung ist schlecht wähnt; die Geschichte aber weiß von mancher bewegten Szene, erfunden und bringt ganz unmögliche Szenen, der Stil ist falopp, unfertig, die sich auf seinem Boden abgespielt hat. leber seine an vielen Stellen durch grobe Fehler verunziert( auf dem Umschlage: Hügel ging der Hochzeitszug Dietrichs von Quigow, des gefürchteisten Raubritters der Marken; über seine Gräber drangen" Jeder, Erzählung ist ein historischer Nachtrag einbegriffen und ins­die Häscher, die Kohlhaas aus dem Küsterhäuschen von St. Nikolaus gesammt 24 Seiten start"; Seite 6: Seine Worte, die halb vom Fett erstict, an seinen Nachbar gerichtet waren, rangen sich nur in den Kerker schleppten. Unter seinen Bäumen hielt Tetzel seine widerwillig und mit sichtbarer Anstrengung von seinen Lippen"; Ablaßzettel feil, predigte der zweite Elias", jener sonderbare Seite 2:... zwar perlte ihm der Schweiß aus allen Poren. Schwärmer, der im letzten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts als und nur ein mühsames, heiseres Röcheln entrang sich der ausgetrockneten wandernder Bußprediger durch die Marken zog. 1692 war der Friedhof den Berliner Bedürfnissen bereits zu eng geworden und Kehle. Aber kein Laut kam über seine von Durst und Hize braun­Die Datirung der Ereignisse ist Probst und Prediger von St. Nikolaus brachten den bisherigen ungenau oder falsch: Spartacus tämpfte 73-71, man darf also Schügenplay" vor dem Königsthor( jetzige Seibelstraße) als passenden diese Ereignisse nicht ins Jahr 70 fegen. Die Schreibung der Eigen­Platz in Borschlag. 1707 wurde derselbe gewährt. Trotzdem fanden auf dem alten Stirchhof noch immer Beerdigungen statt, so wurde namen schwankt: Katilina, Graffus, Spartakus , Crigus, Lucullos, hier 1711 der erste mit einer chriftlichen Bestattung begnadigte" Ingurtha statt Jugurtha u. f. w. Schauspieler auf Betreiben des Magistrats ehrlich begraben" 50 Jahre schweigt die Geschichte des Friedhofes, dann entspinnt sich, ein neuer Beweis, daß Alles schon dagewesen", ein Kampf ium's Gitter. Der alte Zaun ist baufällig geworden, theils gestohlen, theils durch die Schlächter, die ihre Beile dareinhauen"( um den Kirchhof zogen sich Schlächterscharren), verunziert. Der Kirchhof selbst wurde gleichsam als Abladestelle benutzt und glich eher einem Düngerhaufen als einem Begräbnißplay. Die Streitigkeiten um Errichtung des neuen Zaunes und würdige Instandhaltung des Platzes zogen sich in das Endlose, im November 1765 erst wurde die Angelegenheit er­ledigt. 1788, als die Passage in der Poststraße etivas eriveitert werden und die alt dieser Stelle befindlichen Schlächter- Im Berliner Theater wurde am Freitag ein neues scharren auf den Kirchhof zurückgelegt werden sollten, Schauspiel Bidy" von Otto Fuchs Talab aufgeführt. In ging es an einen Umzug der Todten. Ein Wächter hatte aufzu Wiener Gesellschaft spielt das Stüd; aber das Wienerische ist mehr paffen, daß die Straßenjungens" teine Gebeine verschleppten. In äußerlich angeheftet als nothwendig. Mit ein paar abgeänderten den folgenden Jahren ging es auf der Stätte des Friedens recht naturalistischen Strichen kann das Stück in ein Berliner Ehebruchs­unfriedlich zu. Zunächst fabbeln sich die Herren Prediger mit dem drama verwandelt werden. Der Wiener Verfasser benutzt die vor­Kupferschmied Lusche in der Bollengasse, der sie durch das Getöse handenen Schablonen: das unbefriedigte, hysterische Weibchen und greint während dreier Akte, und wenn es seiner Werkstatt stört. Nachdem diese Sache erledigt, streiten Sister lärmt dann ausgegreint hat, ist der Tumult aut Entde und Todtengräber mit dem Bierschänker Wolf", welch' letterer fich daran Anstoß nimmt, daß die Kirchenbeamten den alten Kirchhof und das Weibchen fetzt sich fein ſtill in eine Ofenecke. zum Bettensommen und Wäschetrocknen benuzten. Erst 1823, als der So marschirt der Autor theils in der Nachhut der Naturalisten, баз giebt einen Todtengräber dem dritten Begräbnißplatz der Nikolaigemeinde am theils macht er im larmoyanten Lärm; Prenzlauer Thor bezog, hörten die Zänkereien auf.- unerquidlichen Mischmasch. Die Frau mit der großen Sehnsucht hat diesmal bereits einen halbwüchsigen Sohn, den jungen Kadetten Victor( Vicky mit dem Kosenamen). Aber sie ist in dem sd. Paul Gräz, Die Boltsbewegungen im gefährlichen Alter mn die Mitte der dreißiger Jahre; und da ihr Alterthum, Mittelalter und der Neuzeit. Erzählungen Gatte ein pedantischer Fünfziger ist, so fann sie natürlich nicht fürs Volk. Heft 1: Spartacus römischer Silavenkrieg 70 bor anders und muß mit dem modernen, starten Künstler durch­Christi Geburt." Dresden 19. Verlag von Alfred Niedrich. In brennen. Da erfährt sie, daß Vicky um ihretwillen sich geschlagen einem Werther Genosse!" überschriebenen Zirkular wendet sich Herr und schwer verwundet sei. Die Mutterliebe siegt; das verliebte Paul Gräz, Schriftsteller in Dresden , au die Redaktionen der Weib bringt ein Opfer und verspricht, fortab bürgerlich brav zu

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Literarisches.

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Der Verfasser mochte wohl selbst fühlen, daß die von ihm ges wählte Form ihren Zwed nicht erfüllt, denn er fügt der Novellette noch einen historischen" Anhang an: das ist in anderer Art die Wiederauferstehung der lächerlichen Fußnoten aus den ge­schichtlichen Romanen à la Ebers.

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Wir wiederholen immer und immer wieder: Für das Vollt ist uns das Beste gerade gut genug. Wer das Bedürfniß hat, schrift ftellerische Versuche anzustellen, mag das thun nur darf er nicht mit durchaus unzulänglichen Produkten auf den Geldbeutel des Voins spekuliren.- Theater. 2 us time tuuled