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Tes Abends schimmert das Zifferblatt, auf dem der Beiger die Stunde angiebt, hell auf der düsteren Fajjade. XXXVIII.

ecar

Es ist ein Viertel nach eins.

Ich empfinde jetzt Schmerzen.

Ein heftiges Kopfweh. Jm Rücken

bin ich falt und die Stirn brennt jedesmal, wenn ich mich erhebe oder bewege. Es ist mir, als ob eine Flüssigkeit in meinem Schädel wogt, als ob das Hirn gegen die Schläfe hämmert.

Ich habe konvulsivisches Zittern, und von Zeit zu Zeit fällt mir die Feder, wie durch einen galvanischen Schlag aus der Hand.

Die Augen brennen, als ob ich in Rauch gehüllt wäre. Die Ellenbogen schmerzen mir.

Noch zwei Stunden und fünfundvierzig Minuten, und ich werde geheilt sein!

( Fortsetzung folgt.)

Pallauer Klingen.*)

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Klingen die Leichtigkeit gebenden Hohlschliff noch zu feiner fo großen Kunstfertigkeit gebracht, wie in den maurisch- spanischen Werkstätten. Indessen die deutschen   Meister lernten fleißig hinzu, und die Beliebts heit ihrer Schwerter, besonders der Passauer  , stieg während des dreizehnten Jahrhunderts erheblich. Vielleicht so erheblich, daß man in jener Zeit in Toledo  , dem Hauptsitz der weltberühmten spanischen  Klingenindustrie, zu der Ueberzeugung gelangte, es sei nicht mehr mit Sicherheit möglich, eine Toledaner Klinge ohne äußere Mert zeichen sofort von einer anderen zu unterscheiden. Die fremd­ländischen Schmiedewerkstätten fingen anscheinend an, Toledo   ge­fährlich zu werden. Die Toledaner Meister entschlossen sich daher um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts, ihren Klingen, Ursprungs­marken" aufzudrücken. Die mit Fug und Recht auf ihre unüber­trefflichen Erzeugnisse sehr stolzen Toledaner waren natürlich der festen Ueberzeugung, es bedürfe blos dieses Hinweises auf den Ursprungsort Toledo  , um ihre Klingen allen anderen Fabrikaten gegenüber konkurrenzfrei zu machen.

Zunächst erivies sich diese Berechnung auch als ganz richtig. Bald aber folgten andere Städte dem Beispiel Toledos, und Passau  entschloß sich ebenfalls noch im dreizehnten Jahrhundert zur An­nahme einer Kenmarke. Es wählte dazu den Wolf". Jedoch ent­stammen die ältesten und bis jetzt bekannt gewordenen Schwerter mit der Wolfsmarke erst der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts. Dieser später so berühmt gewordene Passauer Wolf" war dem städtischen Wappenbilde Passau's entnommen, und die gewerbfleißige Donaustadt legte damit, wahrscheinlich ganz ahmungslos, den Grund Die Anfänge einer selbständigen deutschen   Klingenschmiedekunft zu einem mächtigen Aufblühen ihrer Klingenindustrie. Das Bild reichen nachweisbar bis in die Zeit Karls des Großen zurück. Die ihrer Marke stellte zwar harte Anforderungen an das Vorstellungs­vortrefflichsten Schwertllingen waren, wie alle Errungenschaften auf vermögen des Beschauers, denn man konnte die Gestalt eines Wolfes, allen Gebieten, wie alle Kultur, jede Kunst und jegliche Technik, aus aus dem Wirrsal von Strichen heraus, nur mit sehr viel gutem dem Orient zu uns gekommen. Meist nahmen sie den Weg über Willen und auch nur, wenn es einem vorher gesagt wurde, errathen. Spanien   oder Italien  , aber immer tamen sie auf dem Wege des Aber die Marke war dennoch eine glücklich gewählte. Gerade die rohen Handels und erst durch dritte oder vierte Hand zu uns. Nach dem Längsstriche, welchs die Umrisse des Wolfes vorstellten sollten, und die Eindringen der Mauren   in Spanien   schlugen in Cordova, Valencia  , die letzteren rundum durchkreuzenden, die Haare des Thieres ver Toledo   und Sevilla   maurische Waffenschmiede ihre Werk- finnbildlichenden kurzen derben Querstriche fielen in ihrer abgehackten stätten auf und erzeugten die so begehrten orientalischen schroffen Form ins Auge und prägten sich leicht dem Gedächtniß ein. Schwerter auf europäischem Boden. Die trennende See fam Dazu kam noch, daß sich die Passauer   nicht mir als vortreffliche für den Handel in Wegfall, und bald traf man auch Klingenschmiede, sondern auch als höchst geriebene Geschäftsleute in Nordspanien, in Frankreich   und am Rhein   häufiger auf gute erwiesen, die es meisterlich verstanden, auf die Dummheit der Menschen, farazenische Klingen. Karls des Großen Kriege in Spanien  , be- auf den im Mittelalter so hoch entwickelten Aberglauben zu spekuliren. sonders sein erster, erweiterten die Bekanntschaft mit den Mauren   So schmiedeten sie ihre Klingen unter allerhand merkwürdigem wesentlich. Durch wiederholtes längeres Verweilen in Spanien   Hofuspofus, murmelten geheimnißvolle Sprüche vor sich hin, brachten gelang es einigen im Heere Karls anwesenden Waffenschmieden, das neben dem Wolf noch manche kabbalistische Zeichen und Inschriften Geheimniß der maurischen Klingenschmiedekunst zu ergründen. Regens- an und ließen überall aussprengen, die Passauer   Klingen feien gefcit, burg   ist durch Roland's Schwert bekannt, und von Baffau sagt es gingen von ihnen zauberhafte Kräfte aus. So sollte ein Streich man, im achten Jahrhundert, als wegen des drohenden Einfalls von einer Wolfsklinge jeden Gegner unbedingt tödlich treffen, die der Avaren der Siz des Bisthums Lorch   nach Passau   verlegt Klinge selbst aber deren Träger hieb- und stichfest machen. Ein wurde, feien steyerische und österreichische Eisenarbeiter aus- fagenhafter Nimbus umgab die Schmiedewerkstätten Bassau's, und gewandert und unter Führung ihrer Seelsorger nach Baffau ge- bald murmelte man überall im ganzen Reich und darüber hinaus zogen, wofelbft fie den Grund zu der dortigen berühmten Eisen- von der mystischen" Passauer Kunst". und Schwertindustrie legten. Das flingt nicht unglaubwürdig, läßt sich aber durchaus nicht mit Sicherheit nachweifen. Die Ur­anfänge der Passauer Industrie liegen noch heute in tiefes Dunkel gehüllt. Nur von Köln   wissen wir gewiß, daß es thatsächlich schon zu Karls des Großen Zeiten in der Schwertindustrie eine hervors ragende Rolle gespielt hat. Allerdings hat es den Anschein, als ob Köln   sich mehr mit dem Schwerthandel, als mit der Herstellung von Klingen befaßt hätte.

Die Schwerter von Köln   werden uns als überans prächtig ge­schildert. Besonders die Verzierungen am Griff, die reiche Ausstattung der häufig mit Sammt und Goldarbeiten überzogenen Scheide und des mit Edelsteinen besetzten Gehänges werden gerühmt. Jn Köln stand während des ganzen Mittelalters die Goldschmiedefunft auf einer hohen Stufe, und man greift wohl nicht fehl, wenn man annimmt, daß die unbestreitbare Berühmtheit der Kölner   Schwerter jener Epoche auf das Verständniß und die Geschicklichkeit der Kölner   Gold­schmiede zurückzuführen ist. Wahrscheinlich führten diese letzteren in Spanien  , Italien   oder im Orient geschmiedete Klingen in größeren Mengen ein, setzten sie in Köln   zusammen, statteten sie reich aus und brachten sie dann als Kölner   Schwerter in den Handel. Denn es ist bekannt, daß die Beziehungen der Kölner   Goldschmiede zum Orient ſehr alten Datums sind, daß sie aber auch gleichzeitig mit Italien   im engsten Geschäftsverkehr standen, der noch( z. B. mit Mailand  ) bis in das fünfzehnte Jahrhundert hinein nachweis­bar ist.

Inzwischen hatte die Schwvertindustrie auch an anderen Orten Fortschritte gemacht. Nach und nach bildeten sich in Deutschland  Gewerkschaften von Klingenschmieden heran, so in Regensburg  , Passau  und Solingen  . Obwohl die Anfänge in Regensburg   und Passau  zwar durch urkundliche Belege nicht feststellbar sind, sind sie doch ohne Zweifel weit älter als die Solingen's. Die Blüthezeit Bassau's aber, von der hier hauptsächlich die Rede sein soll, begann erst mit der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts.

Bis zum zwölften Jahrhundert war es der deutschen   Klingen­industrie nicht möglich gewesen, gegenüber der im höchsten Ansehen stehenden mauriſch- spanischen wesentliche Erfolge zu erringen. Zwar schuf man schon gute Schiverter, doch fehlte ihnen die Eleganz und Leichtigkeit der Toledaner Klingen. Denn man hatte es in dem den

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*) Aus der Wochenschrift Das neue Jahrhundert" ( Köln  , Verlag von Friedrich Werth.)

Nicht lange dauerte es, und fein Kriegsmann wollte mehr eine andere als eine Wolfsklinge führen. Die besten Fabrikate wurden von dem abergläubischen Volte verschmäht. Nur unter dem Zeichen des Wolfes gedachte man zu siegen. Besonders in dem dem Aber­glauben von jeher zugeneigten Italien   litt die einheimische Industrie unter dem gefährlichen Wettbewerb Baffau's. Denn dort fanden andere als Wolfsklingen kaum noch Absatz.

Die Passauer Klingenschmiede hatten bald nicht Hände genug. die ihnen massenhaft zugehenden Aufträge zufriedenstellend zu erledigen, d. h. ohne unter der Massenanfertigung die Qualität leiden zu lassen. Denn es ist einleuchtend, daß die Passauer Klingen, trog des Wolfszeichens, den Erfolg nicht haben konnten, wenn sie nicht gleichzeitig jenen sehr hohen Ansprüchen an die Leistungsfähigkeit genügt hätten, den die in Beurtheilung der Waffen wohlerfahreneu Kriegsleute damaliger Zeit an eine Klinge ersten Ranges zu stellen pflegten.

Zwar übertrafen die Passauer Klingen die Meisterwerke maurischer Schmiedekunst feineswegs, ja, in Gefälligkeit der Form, in fünstlerischer Ausführung, in Leichtigkeit und Schmiegsamkeit standen sie denselben ent­schieden nach. Indessen das Material war ausgezeichnet, die Arbeit so folid, wie nur irgend eine aus Toledo   oder Valencia  . Der Wolf hielt einen Siegeszug durch die ganze bekannte Welt, während die spanischen  und italienischen Klingen mit der Zeit von der großen Menge weniger begehrt wurden.

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Was war nun die Folge davon? Um im Absatz nicht hinter Baffau zurückzubleiben, sahen sich die stolzen Werkstätten Spaniens  , Italiens  , ja selbst des Morgenlandes schließlich gezwungen, das plöglich so begehrte Wolfszeichen nachzuahmen. Sie fügten ihren Beschau-" und" Meistermarken" eine dem Passauer Wolf sehr ähnliche Figur hinzu. Sogar die berühmtesten unter den Meistern der spanischen   Waffenschmiedefunst, wie z. B. Julian del Rey, ein der Werkstätten von Weltruf in Granada  , getaufter Maure, Saragossa   und Toledo   unterhielt und( nach Wendelin Boeheim  ) mit dem unter dem letzten Könige von Granada  , Boabdil  , dienenden angesehenen maurischen Klingenschmied Redutan identisch zu sein scheint, nahmen ihre Zuflucht zu einer Marle, welche zwar " Perrillo"( Hündchen) genannt wurde, die indessen nach den neueren Forschungen erster Fachleute weiter nichts ist als eine verschämte Nachahmung des Passauer Wolfes. Dieses Vorgehen der Spanier beweist besser als alles Andere, wie empfindlich ihnen die Passauer  Konkurrenz gewesen sein muß. Noch dazu eine Konkurrenz, der die