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Die Verkäuferin wollte sich wieder der alten Fraut zuwenden, nachdem sie den Damen zugerufen hatte:„ Bitte, einen Augenblick!" Doch da rief eins der jungen Mädchen:„ Und die Rosen?"
Die Verkäuferin wendete sich um:„ Bitte einen Augenblick!" Da flüsterte ein anderes junges Mädchen, daß es in dem kleinen Laden bis in jede Ecke gehört werden konnte: Ach, ist das hier eine vornehme Bedienung!" damit drückte sie ihre Nase in eine Nose, daß die Blätter der Blume auseinanderfielen.
Was wünschen Sie?" fragte fie höflich.
" Etwas Tafelschmuck. Ein bischen was Besonderes!" antwortete die junge Frau.
bei Goldau giebt, gewährt ein Bild von der plötzlichen, ver-| Heerenden und alle anderen Ausdrücke der Naturfraft über treffenden Gewalt, mit der die einmal entfesselten Elemente der Schwere und Bewegung auf diesen geneigten Abhängen sich Bahn brechen. Und doch spielte sich auch hier, wo Hunderte von Menschen dem Schicksal nicht zu entrimmen vermochten, die Katastrophe gleichfam in mehreren Abjäzen ab. Erst begannen die Rasenflächen der Rüthiweide an der halben Höhe des Roßberges lebendig zu werden, Die Verkäuferin sah die alte Frau an. Diese zwinterte nur mit dann bewegten sich ganze Tannenwälder der Tiefe zu, Matten und Wiesen, Häuser und Höfe hoch oben am Abhang begannen den Augen, sette den Blumentopf zurück auf das Gestell in die Reihe zu gleiten und dann endlich erfolgte unter Donnern und der anderen Alpenveilchen und legte die Arme über der Brust zuKrachen, Brausen und Rollen der plötzliche Zusammensturz sammen. Die Verkäuferin ging zu den Damen, die dabei waren, der ganzen Steinbergerfluh. Nun erst begann das eigentliche die Blumen aus den Vasen zu zerren und sie durcheinander zu Zerstörungswerk. Von dem schauerlichen, wirbelnden Durcheinander werfen. der Milliarden Bestandtheile vom hausgroßen Block bis zum Staubatom, in welche sich gleich darauf die steile Bergwand aufgelöst hatte, und die nun mit wahnsinniger Eile über den geneigten Bergabhang ins Goldauer Thal hinabsausten, hat Berlepich eine unver geßliche Schilderung entworfen:" Hausgroße Gebirgsbrocken mit aufrecht darauf stehenden Tannen fausten, wie von dämonischen Fäusten geschleudert, frei schwebend, gleich fliegenden Vögeln, hoch durch die Lüfte; andere Felsenscherben ricochettirten wie Geschosse einer Riesentanonade, von Zeit zu Zeit auffegend, immer wieder in hohem Bogen emporgeschnellt; noch andere prallten auf ihrer Sturzbahn mit ihren Sturmesgenossen zusammen und zersprigten wie die Funken weißglühender Eisenstangen unter der Wucht des Eisenhammers. Es war eine Szene aus dem Titanentampfe der griechischen Mythe." Noch heute wird jedem Rigibesucher an der gegenüberliegenden Flante des Roßberges die breite Sturzbahn des fast 100 Jahre alten Bergrutsches gezeigt, die in einer Breite von 5 und in einer Länge von 6-7 Kilometern fast von der Höhe des Berges bis zur Straße zwischen Arth und Steinen hinabzieht und die Thalsohle bis weit auf den entgegengesetzten Abhang hinauf verwüstet hat.
Da sind hier Azaleen... oder Nellen... oder Orchideen. Ach bitte, werfen Sie die Blumen nicht so umher!" bat sie noch immer ruhig. Die jungen Mädchen sahen spöttisch lächelnd einander an. Die junge Frau fragte nach den Preisen.„ Ach, ist das thener! schrien die Damien, als die Verkäuferin die Preise genannt hatte. Haben Sie nichts Billigeres?"
" Ja, Veilchen und Schneeglöckchen." Sie schob ihnen zwei Schüsseln voll der kleinen Blüthen hin."
Ach nein! Das ist so etwas Alltägliches! Das hat ja ein Jeder! Das ist gar nicht vornehm," meinten die Damen und verzogen ihre Gesichter.
Die Verkäuferin blieb ganz gelassen.
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" Ja," erklärte die junge Feau; ich würde ja die Azaleen nehmen aber Sie müssen mir ein Bund Nellen zugeben." Bedauereich bin nicht Geschäftsinhaberin; das darf ich nicht!" erwiderte die Verkäuferin. „ Na aber ein paar Rosen?" ,, Es thut mir leid..." Die Verläuferin zuckte die Achseln. " Nein, nein; dann laffen wir es;" meinten die Damen verletzt und gingen hinaus durch die Thür, die sie beim Eintritt offen gelassen hatten. Ist das ein unvornehmes Geschäft!" jagte die Eine noch mit einem verachtungsvollen Blick durch das Schaufenster.
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Die alte Frau, die sich unterbeffen die Blumen an den Wänden und im Schaufenster betrachtet hatte, trat wieder zu dem Alpenveilchentopf zurück und fragte, als wenn sie nicht unterbrochen worden wäre: Was tostet der Topf?"
Sechzig Pfennige!" sagte die Verkäuferin freundlich. Ohne ein Wort zu sagen, holte die alte Frau ihr Portemonnaie
Völkerkunde.
Glücklicherweise sind Katastrophen dieses Umfanges selten und noch seltener, vielleicht einzig dastehend, sind derartige Einbrüche, wie sie in vorhistorischer Zeit, ja wohl schon in einer früheren geologischen Epoche das Thal des Vorderrheins zwischen Flims und Berjam, Reichenau und Jlanz zugeschüttet hat. Die Schutthalde dieser, sonst unseres Wissens beispiellosen Katastrophe, die vielleicht allein in den Alpen den Namen eines Bergsturzes, nicht nur eines Felssturzes verdient, beginnt an jener merkwürdigen Vereinigungsstelle des Vorder- und Hinterrheins, wo die von Chur tommende Straße den Strom verläßt, um hüben und drüben an den Bergwänden emporzuſteigen. Sie zieht hier über Versam und Käftris, dort über Tamins und Flims , auf- und absteigend zwischen bedeutenden Berghöhen und tiefen Tobeln, und umgürtet einen öden Landstrich von 3 bis 5 Stilometern unter der blauen Schürze hervor und bezahlte. Breite und 12 Kilometern Länge, um sich endlich bei Jlanz wieder zu bereinigen. Dieser ganze Landstrich zwischen den beiden Heerstraßen, aus Berg und Hügel in verworrener Gestaltung bestehend, von dichten Tannen- und Lärchenwäldern überwuchert, von acht fleinen Seen erfüllt, bildet den Schauplatz eines einzigen Bergsturzes, der schon vor der Eiszeit von den hohen Kalkwänden des Segnespasses herabgekommen sein muß. Der Rhein und seine Nebenflüsse haben sich in tiefen, unzugänglichen Schluchten ihren Weg durch das Bergland gebahnt, das durch diesen Sturz entstand, die Straßen aber folgen weit vom Strome entfernt hüben und drüben in beständigem Bergauf und Bergab den Dörfern imd Städten, welche allmälig, die wilde Einöde zu beiden Seiten der Rheinschlucht fliehend, hoch an den Flanken des ehemaligen Rheinthales entstanden sind. Als ragender Denk stein der alten Katastrophe aber redt noch heute hoch über Flims der Crap da Flem oder Flimser Stein nördlich von Flims seine fahlen und steilen Felswände, von denen sich einst vielleicht die niederstürzenden Felsmassen gelöst haben, 1500 Meter empor. Ob solche Bergstürze gewaltigsten Umfanges häufiger oder nur ganz vereinzelt an der heutigen Gestaltung der Alpenthäler gearbeitet haben, bleibt wohl der weiteren Forschung vorbehalten zu entscheiden, daß aber im Kleinen nicht nur die nagende Kraft der Berggewässer, sondern auch die unmittelbarer wirkende Kraft der Schwere oft gemig ihre Veränderungen an der Gestalt der Berge hervorbringen, beweisen fast jährlich gewaltige und oft genug schreckensvolle Ereignisse.-
Reinhold Spacer.
Kleines Feuilleton.
h. Vornchm. Die alte Frau war eben dabei, sich einen Alpenveilchentopf auszusuchen. Da wurde die Ladenthür aufgerissen, und ein Schwarm junger Damen drängte herein. Die eine, mit dem ficheren und würdevollen Ausdruck der jungen Frauen, trat vor. Die andern gingen neben und hinter ihr. Sie traten an der Verfäuferin vorbei auf den Ladentisch zu, wo die abgeschnittenen Blumen in hohen Vasen standen.
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Was kostet dieser Topf?" fragte die alte Frau, ein Alpenveilchen hochhaltend. Die Berkäuferin wollte den Preis nennen, da rief die junge Frau: Was fosten die Azaleen? Diese hier, mit den langen Stielen, und diese mit den kurzen Stielen?"
- Ueber den Desemer, die uralte vollsthümliche Waage der norddeutschen Küstengebiete, sprach Sockeland in der letzten Sizung des Vereins für Volkskunde". Er führte nach einem Bericht der " Boff. Ztg." Folgendes aus: Die Waage besteht aus einem Stabe, der an einer Seite in eine mit Blei oder sonstwie beschwerte Verdickung ausläuft, am anderen Ende trägt er einen Halen zum Aufhängen der zu wägenden Last. Seiner Länge nach ist er mit einer Eintheilung versehen, gewöhnlich mittels eingeschlagener Messingstifte. Gewisse Stellen dieser Eintheilung sind dadurch hervorgehoben, daß zwei oder drei Stifte nebeneinander stehen. Die ganze Vorrichtung wird an einem Bindfaden aufgehängt, dessen Euden an den Enden eines hölzernen Handgriffs befestigt find. Er wird beim Wägen so lange hin und her geschoben, bis das Gleichgewicht des Wagebalkens, als welcher der Horizontal gelegte Stab gelten muß, erreicht ist. An der Eintheilung des Stabes liest man das Gewicht ohne weiteres ab. Es versteht sich von selbst, daß genauere Wägungen mit diesem einfachen Geräth nicht auszuführen sind, und da außer dem die Möglichkeit betrügerischer Handhabung sehr nahe liegt, so ist der Desemer nicht mur allmälig außer Gebrauch gekommen, sondern vielfach sogar verboten. An seine Stelle ist die bekannte Wage getreten, die noch jetzt auf unseren Märkten, z. B. zum Wägen der geschlachteten Gänse benutzt wird. Statt des verschieblichen Aufhängepunktes bei feststehendem Gewicht, wie das dem Defemer zufomnit, hat sie einen festen Aufhängepunkt und ein verschiebliches Gewicht. Die auf das Verbreitungsgebiet des Desemer gerichteten Untersuchungen des Vortragenden ergaben, daß er nur in Schleswig- Holstein , Mecklenburg , Pommern , Brandenburg , Posen, West- und Ostpreußen bekannt ist. In Mecklenburg - Strelig fann man ihn sogar noch neu anfertigen lassen. Der Eintheilung der Gewichtsskala liegt meist die Zahl 7 zu Grunde, aber auch die 5, 6, 10, 15 und 21. Der Vortragende hat 26 Desemer zu sammeln vermocht, und das Museum für Volfstrachten enthält weitere vier. Jedenfalls sind für diese verschiedenen Eintheilungen theils allgemeinere ( Liespfund), theils örtliche Gewichtssysteme maßgebend gewesen. Mehrere Defemer haben eine doppelte Stala. An ihrem Gebrauchsorte find also zwei verschiedene Gewichtssysteme entweder nebeneinander oder nacheinander in Kraft gewesen. Ein aus der Gegend von Memel stammender Desemer zeigt z. B. sowohl die dem russischen, wie die dem preußischen Gewichtssysteme entsprechende Eintheilung; er diente eben dem Grenzverkehre. Von einem anderen, aus Mecklenburg stammenden, ist beglaubigt, daß er die zweite Stala